Jan Zbikowski – Busse & Bahnen
Homepage Busse & Bahnen Sprachen
Blog
Fotos
Themenseiten
Reiseberichte
Statistiken
Studienarbeit
BAHN-Netze
Links

Startseite > Busse & Bahnen > Reiseberichte > Kent 1999

Reisebericht Kent 2.7.99

Planung
Hinfahrt

Planung

Im Sommer 1999 fuhr ich mit einem Freund mit dem Zug an die Küste von Kent. Unsere Familien hatten sich dort gemeinsam für drei Wochen in einem Ferienhaus einquartiert, für die letzte Woche stießen wir dazu.

Als Reisetermin legen wir Freitag, den 2. Juli fest: den Tag nach meinem letzten Vorlesungstag in diesem Semester. Wir wollen mit dem Eurostar bis Ashford International fahren und uns dort abholen lassen.

Dazu nehmen wie anders als sonst empfohlen von Köln nach Brüssel nicht den Thalys, weil die DB-Auskunft 25 min Übergangszeit zum Eurostar vorsieht. Dadurch, dass der favorisierte Eurostar 6 min früher als die übliche Taktlage der Eurostars abfährt, reicht bei dieser Verbindung die Übergangszeit vom Thalys nicht aus. Also lassen wir uns Plätze im D-Zug reservieren, was nach Auskunft der Reisebüroangestellten auch preislich günstiger ist. Allerdings verkürzt sich so die Übergangszeit in Köln Hbf. Insgesamt kostet uns das Ganze 321,50 DM (164,38 €), wobei mein Anteil als BahnCard-Inhaber etwas geringer als die Hälfte ausfällt.

Hinfahrt

Freitag, 2.7.99

Recklinghausen Hbf ab  9.57 IR 2217
Köln Hbf           an 11.06

Am Reisetag treffen wir uns am Hauptbahnhof in Recklinghausen und gehen zum Bahnsteig. Der Interregio ist leicht verspätet, wir setzen uns auf unsere Plätze und unterhalten uns über Gott und die Welt. Bis Köln gibt es keine besonderen Vorkommnisse, die Verspätung nimmt zum Glück auch nicht zu, so dass der Übergang zum D-Zug funktioniert - wenn wir uns auch etwas beeilen müssen, da wir auf dem Kölner Hbf, der (wie übrigens auch der Bahnhof in Recklinghausen) gerade umgebaut wird, noch auf den Nachbarbahnsteig wechseln müssen. Wir nehmen unsere Plätze im noch recht leeren Großraumwagen ein, und bald geht es los.

Köln Hbf           ab 11.12 D 420
Bruxelles-Midi     an 14.06

Wir fahren durch das Gleisgewirr am westlichen Kopf des Kölner Hbfs und erreichen schon bald die Strecke nach Aachen. Die Strecke wird zur Zeit viergleisig ausgebaut, um den Fern- (und Hochgeschwindigkeits-) und den Regionalverkehr zu trennen. Die Bauarbeiten scheinen unterschiedlich weit fortgeschritten zu sein, teilweise fährt der Zug auch schon auf den beiden neuen Gleisen. Landschaftlich ist die Strecke nicht besonders interessant, außer dass es immer bergiger wird, kurz vor dem Aachener Hbf gibt es sogar einen mittelgroßen Viadukt.

Die Lok (eine belgische Mehrsystemlok) muss in Aachen nicht gewechselt, wohl aber die Spannung der Fahrleitung von 15 kV/ 16,7 Hz Wechselstrom auf 3 kV Gleichstrom umgeschaltet werden. Nach kurzem Aufenthalt passieren wir den Stadtrand von Aachen und einen Tunnel, hinter dem die Gleise niveaufrei „getauscht“ werden, d.h. das rechte wird unter dem linken hindurchgeführt, um den belgischen Links- und den deutschen Rechtsverkehr aneinander anzupassen. Bis zu unserem Zielbahnhof Ashford werden wir uns jetzt immer auf dem linken Streckengleis bewegen, allerdings unter drei verschiedenen Stromsystemen. Genaues Hinsehen (auf das Aussehen der Fahrleitungsmasten) verrät übrigens, dass wir immer noch in Deutschland sind. Erst kurz vor einem Bahnübergang überschreiten wir die belgische Grenze und fahren weiter durch die bergige Landschaft mit zum Teil recht imposanter Streckenführung. Nach einem kurzen Halt in Verviers erreichen wir bald Lüttich/ Liège, wo eine offenbar nagelneue Schnellstraße neben der Bahnstrecke verläuft. Der Bahnhof Guillemins ist weniger neu, ein Umbau ist, wie ich später lese, allerdings bereits in Planung.

Auf dem weiteren Streckenverlauf wird die Landschaft wieder flacher, und wieder begleiten uns die Bauarbeiten für den viergleisigen Ausbau. Die modernen Schnellzugwagen bieten über der Tür eine große Anzeige, aus der sich nicht nur die nächsten Haltebahnhöfe erkennen lassen, sondern auch die in der durchfahrenen Region hauptsächlich gesprochene Sprache. Nach Deutsch und Französisch auf den vorherigen Streckenabschnitten ist nun Flämisch bei den Anzeigen und Ansagen die erstgenannte Sprache, denn wir nähern uns Löwen/ Leuven. Auch dort wird der Bahnhof gerade umgebaut, und der Zug (der übrigens in Belgien als IC läuft) füllt sich zusehends - offenbar mit belgischen Urlaubern, die an diesem warmen Freitag auf dem Weg zur Endstation Oostende sind. Wir verlassen Löwen wieder, und dank meines Sitzplatzes links am Fenster kann ich die Bauarbeiten am Streckenausbau weiter beobachten. Hier ist noch nicht ganz so viel zu erkennen wie auf deutscher Seite: manchmal ist ein breiter Streifen neben der Strecke planiert, manchmal enden Brücken im Nichts oder es ist auch noch gar nichts zu erkennen. Bald fahren wir am Flughafen von Brüssel vorbei, und die Bahnstrecke vom Flughafen wird niveaufrei in unsere eingefädelt. Kurz darauf durchfahren wir Schaarbeek und halten in Brüssel-Nord, einen Bahnhof, der offensichtlich im Geschäftsviertel liegt und von klotzigen Hotels und Bürogebäuden umgeben ist. Anschließend fahren wir in den Brüsseler Innenstadttunnel ein, in dem wir noch am Zentralbahnhof halten.

Etwa einen Kilometer hinter der Tunnelausfahrt liegt der Brüsseler Südbahnhof (Bruxelles Midi/ Brussel Zuid), der mit seinen internationalen Verbindungen quasi der Hauptbahnhof ist. Das Aussteigen ist angesichts des vollen Zuges nicht ganz einfach, aber schließlich erreichen wir den Bahnsteig und gehen hinunter in die Bahnhofshalle. Der nicht renovierte Nebengang, in dem wir zunächst landen, macht nicht gerade einen guten Eindruck, aber die Haupthalle ist dafür um so schöner und moderner. Einer der Infomonitore gibt bekannt, dass die Strecke Aachen - Lüttich inzwischen wegen eines Viehunfalls gesperrt ist - wir haben offensichtlich Glück gehabt. Wir sehen uns ein wenig in der Bahnhofshalle um und begeben uns schließlich zur Abfertigungshalle des Eurostar, die wir allerdings erst nach einigem Suchen finden.

Da wir keine maschinenlesbaren Fahrkarten haben, müssen wir uns in der längsten Schlange anstellen. Am leichtesten haben es die Fahrgäste, die nur bis Lille fahren wollen: sie haben einen eigenen Durchgang ohne Kontrollen. Als wir den Abfertigungsschalter erreichen, zeigen wir unsere Fahrkarten vor. Die werden daraufhin mit „Boarding Pass“ gestempelt und wir erhalten einen solchen: eine Art maschinenlesbare Version der Fahrkarte. Nicht nur das erinnert mich an den Ablauf bei Flugreisen, die ich allerdings bis dahin nur vom Hörensagen kenne: Wir müssen unser Gepäck röntgen lassen, einen Metalldetektor passieren und anschließend unsere Ausweise vorzeigen. Anschließend können wir zum Bahnsteigaufgang gehen, wo wir aber erst darauf warten müssen, dass der Zug freigegeben wird. Das geschieht, indem sich die Türen zu den Rolltreppen öffnen, so dass wir zum Bahnsteig fahren und einsteigen können. Die Eurostars fahren von den vorderen Gleisen des Bahnhofs ab, die sich in einer abgetrennten Halle befinden. Der Bahnsteig wirkt nagelneu, sauber und da ihn ja nur Passagiere betreten dürfen, auch leer. Ein Aufzug soll der direkten Verbindung mit den benachbarten Thalys- und TGV-Bahnsteigen dienen. Ob dadurch nun die 25 Minuten Übergangszeit und die Sicherheitskontrollen verkürzt werden, kann ich nicht erkennen.

Bruxelles-Midi     ab 14.56 EST 9141
Ashford Int.       an 15.36

Der Zug ist nicht übermäßig voll, als er um 14.56 Uhr den Bahnhof verlässt. Wir fahren durch nicht besonders hübsche Vororte von Brüssel und erreichen bald die Hochgeschwindigkeitsstrecke, die zunächst noch parallel zu einer konventionellen Bahnstrecke verläuft. Aus der hohen Geschwindigkeit wird allerdings an diesem Tag nichts, der Zug bleibt zwischendurch sogar mehrmals stehen - wie uns viersprachig mitgeteilt wird, wegen einer Signalstörung. Als es weitergeht, verraten uns eine halbe Stunde später nur die Verkehrsschilder an den überquerten Straßen die Überschreitung der Grenze nach Frankreich. Direkt danach biegt der Zug von der Hauptstrecke ab, und wir halten im Bahnhof Lille Europe. Ich bin mir nicht schlüssig, ob ich die Sichtbeton-Architektur nun modernistisch-schön oder zweckmäßig-hässlich finden soll. Für Kontrast ist allerdings gesorgt, da aus der Bahnhofshalle die historisch-flämische Altstadt von Lille (dessen flämischer Name übrigens Rijsel lautet) zu sehen ist.

Nach kurzem Aufenthalt fahren wir weiter über die nicht besonders erwähnenswerte Hochgeschwindigkeitsstrecke zum Kanaltunnel, dessen Durchfahrt uns schon bald angekündigt wird (nun allerdings nur noch auf französisch und englisch). Kurz darauf der große Moment: es wird dunkel im Zug, und für die nächste Zeit ist auch dann fast nichts zu erkennen, wenn man direkt am Fenster sitzt. Selbst die beiden Gleiswechselhallen, die wir ungefähr nach 1/3 und 2/3 der Tunnellänge passieren, sind allenfalls zu erahnen. Nach etwa einer halben Stunde (und damit deutlich länger als angekündigt) erscheint das sprichwörtliche Licht am Ende des Tunnels, und wir haben England auf dem Landweg erreicht.

Direkt am Tunnelausgang befinden sich ein riesiger Güterbahnhof und das Terminal für die Auto-Shuttlezüge. Ab hier gibt es keine Oberleitung mehr: der Zug absolviert die dritte Stromumstellung von 25 kV/ 50 Hz Wechselstrom auf 750 V Gleichstrom mit Stromschiene. Der Zug fährt nun deutlich langsamer, durchfährt noch zwei kleinere Bahnhöfe (Sandling und Westenhanger), und wir erreichen Ashford International, wegen der unfreiwilligen Aufenthalte hinter Brüssel über 20 Minuten zu spät. Wie in Brüssel ist der Eurostar-Bahnhof von den anderen Gleisen getrennt und nur für Fahrgäste zugänglich. Wir durchschreiten noch eine Kontrolle und werden dann von unserem Empfangskomitee abgeholt und zum Ferienhaus gebracht.



↑ Zum Seitenanfang ↑

Inhalt: Jan Zbikowski; Design: Nils Müller.
Kontakt; Datenschutz- und andere Hinweise
Letzte Änderung dieser Seite: 18.10.2003