Rhein-Main-Verwirrung

Seit gut zwei Jahren wohne ich ja nun im Übergangsbereich des Rhein-Main-Verkehrsverbundes und kenne mich deswegen auch einigermaßen mit dem RMV-Tarifsystem aus. Trotzdem sind mir einige Dinge bis heute schleierhaft geblieben, zum Beispiel:

  • Warum ist der Tarif zwar in Zonen und Preisstufen organisiert, aber werden Fahrscheine trotzdem nur für eine bestimmte Relation ausgegeben? In anderen Verkehrsverbünden (z.B. dem VRR) werden Fahrscheine nach Preisstufen verkauft und gelten dann eine bestimmte Zeit lang in allen Tarifzonen, die vom Abfahrtsort aus innerhalb dieser Preisstufe liegen. So kann man fast alle verkehrsüblichen Wege zwischen Start- und Zielort benutzen, ohne sich beim Fahrscheinkauf schon festlegen zu müssen.
    Nicht so beim RMV: Hier muss man nicht nur beim Start schon den Zielort angeben und dabei selber die vierstellige Zielnummer, wie 3601 für Obertshausen oder 9142 für Goldbach, kennen oder hoffen, dass der Automat oder der Busfahrer sie weiß. Man muss oft auch genau sagen, über welchen Weg man fahren will, weil sich danach der Preis unterscheidet. Von Aschaffenburg nach Obertshausen gibt es zum Beispiel drei verschiedene Wege mit drei verschiedenen Preisen. Wenn man dann einen Zug verpasst und einen anderen Weg fahren muss, kann man nur auf die Kulanz des Kontrolleurs hoffen.
  • Warum gibt es zwar einen BahnCard-Rabatt, aber nur dann, wenn man ausschließlich mit Eisenbahnzügen fährt? Der eigentliche Grund dafür ist klar: Die DB erstattet vermutlich den kommunalen Verkehrsunternehmen nicht die Kosten, die sie durch die Anerkennung der BahnCard hätten. Für mich widerspricht das allerdings stark dem Gedanken eines Verkehrsverbundes, in dem schließlich ein Fahrschein in allen Verkehrsmitteln gelten soll. Und im Fernverkehr bekomme ich inzwischen den Anreiz, dass ich den örtlichen ÖPNV nur dann benutzen kann, wenn ich einen Fahrschein mit BahnCard-Rabatt kaufe.
  • Warum kosten Fahrscheine in Frankfurt außerhalb der Hauptverkehrszeit weniger? Vergünstigungen sind zwar immer etwas Schönes, aber ein spezieller Tarif für eine bestimmte Zeit in einer bestimmten Stadt macht das Tarifsystem nicht gerade einfacher. Ebenso unübersichtlich ist der Kurzstreckentarif, den es in manchen Städten (mit jeweils unterschiedlicher Streckenlänge) gibt, in anderen wieder nicht. Eine Vereinfachung im Rahmen einer Mischkalkulation würde das Tarifsystem hier deutlich transparenter machen. Nachtrag August 2014: Dieser Rabatt wurde vor einiger Zeit abgeschafft.
  • Als kleines Kuriosum möchte ich noch die Nummern der Preisstufen erwähnen, die nach den Zahlen von 1 bis 7 weitergehen mit 17 (gleicher Preis wie 7, aber anderer Geltungsbereich), 13 und 45. Wenn man hier überhaupt eigene Preisstufen braucht (Übergangsverkehr etc.), hätte man nicht z.B. mit Bezeichnungen wie 2a oder Ü1 arbeiten können? So fühlt man sich ein wenig an die Ziehung der Lottozahlen erinnert.

Zum Schluss aber noch etwas Positives: Im Gegensatz zu anderen Verbünden kann man im RMV, wie auch in der VAB, sein Fahrrad kostenlos mitnehmen (Nachtrag August 2014: außerhalb der Ausschlusszeiten, zu denen eine Fahrradmitnahme gar nicht möglich ist). Das ist nicht nur für Radausflüge sehr praktisch, sondern auch, wenn die Busanbindung des Zielbahnhofs schlecht ist oder es nachmittags anfängt zu regnen, wenn man mit dem Rad zur Arbeit gefahren ist.

Nachtrag August 2014: Danke an Colaholiker aus dem ICE-Treff für die Hinweise.

Typisch deutsch – typisch belgisch?

Am Samstag war es soweit: ich ging auf die lange geplante Fahrt nach Brügge. Bis Köln ist nichts Bloggenswertes passiert, interessant wurde es erst, als von dort der Thalys endlich losfuhr (nachdem das Einsteigen aller Fahrgäste immerhin etwa zehn Minuten gedauert hatte).
Gleich nach der Abfahrt kam die viersprachige Durchsage, dass man seinen Fahrschein doch bitte immer im Zug mit sich tragen sollte. Diese Regelung mag für Fahrgäste un- und für die Bahngesellschaft praktisch sein (und ich muss gestehen, dass ich mich selten daran halte). Ein Fahrgast neben mir kommentierte es jedoch mit „Typisch deutsch“ – für einen Zug, der zu 62% in französischer und zu 28% in belgischer Hand ist, eine bemerkenswerte Äußerung.

Auf der Strecke Köln–Brüssel hatte sich seit meiner letzten Fahrt im Jahr 2001 eine Menge geändert: Der neue Aachener Buschtunnel ist fertig und die Bahnhöfe Lüttich-Guillemins und Löwen sind komplett neu gebaut, vor allem aber ist die NBS/ABS Lüttich–Brüssel inzwischen in Betrieb. Bis Löwen verläuft sie komplett auf eigener Trasse, dahinter ist die vorhandene Strecke viergleisig ausgebaut, wobei der Fernverkehr interessanterweise auf den inneren Gleisen fährt.

In Brüssel angekommen, bekam ich dann den Beweis dafür, dass auch Verspätungen mit schlechter Informationspolitik nicht „typisch deutsch“ sind: Der Zug nach Ostende war mit +15 angekündigt. Nach insgesamt einer halben Stunde Warten und Ansagen auf französisch und flämisch mit französischem Akzent, die ich leider kaum verstanden habe, kam schließlich ein Zug nach Knokke, der auch über Brügge fuhr. Mein „eigentlicher“ Zug hatte, wie ich dann an der Bahnsteiganzeige in Gent sehen konnte, inzwischen 42 min Verspätung.

Am nächsten Tag war ich dann schon wieder in Brüssel, diesmal als Ausflug von Brügge aus. Auf dem Weg zum Atomium wollte ich eine U-Bahn fotografieren und wurde sofort von einem Sicherheitsmann angesprochen und darauf hingewiesen, dass das nur mit Genehmigung erlaubt sei. Die Begründung war nicht etwa, dass der Blitz den Fahrer irritieren könnte (das hätte ich noch eingesehen), sondern, dass es sich schließlich um Privatgelände handele. Belgische Verkehrsbetriebe scheinen aber sowieso etwas eigen zu sein, denn bis auf die wallonische TEC haben alle eine Klausel, dass Links auf ihre Seiten nur nach Genehmigung erlaubt sind. Ob das eine gute Werbung und rechtlich haltbar ist, sei dahingestellt, jedenfalls gibt es so eben von meiner Website aus keinen Link.

Die weitere Reise konnte ich dann aber ohne Komplikationen genießen. Auf der Rückfahrt aus Brügge fiel mir auf, dass die alte Strecke Lüttich–Aachen, die Thalys und ICE benutzen, an zwei Stellen die Neubaustrecke kreuzt und letztere schon komplett ausgestattet aussah. Nach meinen Recherchen ist das kein Wunder: die Strecke ist seit Dezember 2007 fertig und wird nur deswegen nicht benutzt, weil weder ICE noch Thalys das erforderliche ETCS haben.

Das meiste ist also absolut glatt gegangen, aber es gibt vieles, was im europäischen Eisenbahnbau und -betrieb noch im Argen liegt. Nur merkt man bei einer Fahrt über die Grenze ziemlich schnell, dass davon herzlich wenig „typisch deutsch“ oder „typisch belgisch“ ist …

Himbeerberg und Rufstein

Mein neues Lieblingsblog → Strange Maps zeigt eine interessante Karte für alle, die mit der Stockholmer U-Bahn fahren wollen, ohne Schwedisch zu können: Eine englischsprachige Zeitung aus Schweden hat sich für eine Werbung die Mühe gemacht, alle Stationsnamen des U-Bahn-Netzes zu übersetzen. Aus „Hallonbergen“ wird so „Raspberry Mountain“ und aus „Ropsten“ der „Shout Stone“. Andere Namen sind genau so kurios („Wheeltown“ für „Hjulsta“), romantisch („Hazel Village Beach“ für „Hässelby strand“) oder eher abschreckend („Awful Village Hospital“ für „Danderyds sjukhus“).
Den ganzen Beitrag mit der übersetzten Karte gibt es hier: → Big Bog, Rock Star, Spoon Farm and other stops on the Stockholm Metro. Zum Vergleich kann man bei den Stockholmer Verkehrsbetrieben auch die → originale Karte als PDF-Datei ansehen (rechts auf „The Metro System“ klicken). Ich frage mich, ob man so etwas auch für eine deutsche Stadt machen könnte – „Poppenbüttel“ oder „Jungfernheide“ ergäben natürlich amüsante Übersetzungen, aber wie übersetzt man „Pasing“ oder „Rahlstedt“?

Strange Maps stellt übrigens hin und wieder auch andere Karten mit ÖPNV-Bezug vor, zum Beispiel eine mit einem Fantasie-Verkehrsnetz, das alle Städte der Welt verbindet, die ein Stadtbahnsystem haben (→ Transit Map of the World’s Transit Systems). Insofern lohnt es sich, immer mal wieder reinzugucken, vor allem wenn man sowieso ein Landkarten-Fan ist.

Automaten, die dritte

Heute Morgen am Freihofsplatz in Aschaffenburg: Ich versuche eine Monatskarte für 31,70 € zu kaufen. Den Zwanzig-Euro-Schein nimmt der Automat der Stadtwerke auch brav an, nur für die restlichen 11,70 will er keinen Zehner haben. Wie ich ihn auch drehe und wende, er kommt immer wieder zurück – kein Wunder, denn auf dem Display sind nur Münzen und Fünf-Euro-Scheine angezeigt. Also breche ich den Vorgang ab – und bekomme nicht etwa meinen Zwanziger wieder. Da Verkaufsautomaten Geldscheine, die einmal im Speicher sind, nicht mehr an Kunden ausgeben dürfen, bekomme ich 20 Euro in 2-, 1- und 0,50-Euro-Münzen zurück. Nun ja, das Monatsticket brauche ich trotzdem, also werde ich die meisten der Münzen eben beim Busfahrer los, der jetzt garantiert für eine Weile genug Wechselgeld hat …

(T)Rolltreppe

Die Prager Metro ist ja nicht nur für ihr gutes Wegeleitsystem und ihre tschechischen Ansagen (Ukončete, prosí­m, výstup a nástup, …) bekannt, sondern auf den Linien A und B auch (ähnlich wie Moskau) für ihre langen Rolltreppen. Auf denen habe ich während der Prag-Reise einen interessanten Effekt beobachtet: Die Röhren mit den Rolltreppen sind so lang, dass einem nach einer Weile die Neigung der Röhre „normal“ vorkommt. Das wird noch verstärkt durch die Werbeplakate an den Wänden, die senkrecht zur Rolltreppe angebracht sind (also eigentlich „schief“, aus Sicht der Rolltreppenfahrer „normal“). Wenn man nun die Leute betrachtet, scheinen die total schief auf der Rolltreppe zu stehen – je nachdem, ob man nach oben oder unten guckt, scheinen sie ihren Körper extrem nach vorne oder hinten geneigt zu haben. Wer mal die Gelegenheit hat, auf so einer Treppe zu fahren: Einfach ausprobieren, man kann es schlecht beschreiben 😉 .