Heart of Britain (3)

In der letzten Folge hatte ich von Plymouth aus vier von fünf im Personenverkehr bedienten Nebenstrecken in Cornwall befahren und dabei an meine Familienurlaube als Schüler zurückgedacht. Heute soll es nun von Plymouth zum ersten Mal nach Wales gehen, genauer gesagt nach Swansea. Dort will ich einen Freund und seine kleine Tochter treffen und mit ihnen am nächsten Tag wieder das grüne Herz der Insel erkunden, diesmal auf der Heart of Wales Line. An deren Endstation Shrewsbury will uns dann unsere gemeinsame Freundin abholen.

Die Verbindung recherchiere ich im DB Navigator, der praktischerweise auch die britischen Zugverbindungen kennt, allerdings ohne Echtzeitdaten. Also erfahre ich erst am Bahnsteig, dass mein CrossCountry-Zug leicht verspätet ist. Recht voll ist er auch, aber ich finde noch einen Sitzplatz neben einem Mann, der von der Verspätung leicht genervt ist. Wesentlich größer wird sie aber nicht, und so kann ich die Fahrt an der Sea Wall entlang entspannt genießen, ohne mir Sorgen um meinen Umstieg machen zu müssen. Der findet nicht, wie ich erst dachte, in Bristol Temple Meads, sozusagen dem Hauptbahnhof, statt, sondern in Bristol Parkway. Der Begriff „Parkway“ wird in Großbritannien für außerhalb der Stadt liegende Bahnhöfe benutzt, deutsche Pendants wären wohl Limburg Süd oder vielleicht Kassel-Wilhelmshöhe.

In Bristol Parkway angekommen, wundere ich mich über die Oberleitung im Bahnhof. Nachher recherchiere ich, dass die Great Western Railway bereits seit 2020 elektrifiziert ist. Ich hatte die Elektrifizierung noch als Vorhaben im Kopf, dessen Realisierung unklar war. Noch mal überrascht bin ich, als ich einen der Great-Western-Fernzüge, mit denen ich durch den Südwesten gefahren bin, plötzlich mit Stromabnehmer sehe. Hier ergibt die nachfolgende Recherche, dass es sich tatsächlich um Hybridzüge handelt, die von Great Western lustigerweise als Intercity Express Trains (IET) vermarktet werden. Es gibt dabei zwei Baureihen, 800 und 802, wobei letztere die stärker motorisierte ist.

Class 800 unter Fahrdraht in Bristol Parkway

Mit so einem IET fahre ich dann auch weiter gen Wales. Der Zug ist deutlich leerer als der aus Plymouth, so dass ich meinen Koffer einfach neben mich stelle. Da britische Züge deutlich niedriger sind, passt er nicht in die Gepäckablagen über den Sitzen. Bald nach der Abfahrt passieren wir den Severntunnel, der immerhin schon 1886 eröffnet wurde und mit etwa sieben Kilometern bis 2007 der längste Tunnel Großbritanniens war. Als wir aus dem Tunnel herausfahren, sehe ich zum ersten Mal walisischen Boden. Die Landschaft hier ist etwas rauer als in Südengland, und auch den Orten sieht man an, dass es sich um eine ehemalige Bergbauregion handelt.

In Cardiff/Caerdydd, der Hauptstadt von Wales, endet der Fahrdraht. In der Wikipedia lese ich, dass die Elektrifizierung weiter nach Swansea geplant war, aber nicht mehr weiterverfolgt wird. Also fahren wir mit Diesel weiter in die zweitgrößte Stadt von Wales, die auf Walisisch Abertawe heißt. Empfangen werden wir dort nicht nur von walisischen Ansagen, sondern auch von der Polizei, die gerade zwecks Festnahme jemandem hinterherrennt. Ich esse in einem Café im Bahnhof noch etwas und fahre dann mit dem Bus zum Hotel, wo ich meinen Freund und seine Tochter treffe. Abends gehen wir noch etwas am Strand entlang und zu einer recht guten Fish&Chips-Bude. Da Swansea spektakulär unspektakulär ist, mache ich nur ein einziges Foto.

Selbstverständlich ist hier alles zweisprachig beschriftet

Am nächsten Morgen machen wir uns zu dritt mit dem Bus auf den Weg zum Bahnhof. In Wales läuft der gesamte Bahnbetrieb unter der Marke Transport for Wales/Trafnidiaeth Cymru. 150er gibt es hier natürlich auch, unser Zug ist aber ein geradezu niedlicher 153er:

150er von Transport for Wales in Swansea
153er von Transport for Wales für die Fahrt über die Heart of Wales Line

Der Zug füllt sich relativ gut, wir ergattern noch Plätze an einem Tisch, die aber trotzdem relativ eng sind. Wir fahren zunächst über die Hauptstrecke an der Südküste. Die Zub-in kontrolliert unsere Fahrkarten und verspricht, sich zu merken, dass wir am Bedarfshalt Hopton Heath aussteigen wollen. In Llanelli wechseln wir die Fahrtrichtung und biegen auf die eigentliche Heart of Wales Line ab. Auch hier weiß ich jetzt endlich, wie das walisische LL korrekt ausgesprochen wird, nämlich ungefähr wie ein l und ein ch wie in ich gleichzeitig.

Und so tuckern wir dann durch das Herz von Wales. Natürlich war auch diese Strecke von der Stilllegung bedroht, in diesem Fall blieb sie verschont, weil die Wahlkreise, durch die sie führt, zwischen den beiden großen Parteien umkämpft war, und weil sie noch lange einen nennenswerten Güterverkehr aufwies. Den gibt es allerdings heute nur noch bei Umleitungen, wenn eine der Hauptstrecken gesperrt ist. Sonst haben die wenigen Personentriebwagen die Strecke für sich. Die werden allerdings durchaus genutzt, anscheinend viel von Wanderern, aber auch von Einheimischen. Die Landschaft ist ganz ähnlich der in Südengland, insgesamt hatten wir sie uns etwas spektakulärer vorgestellt.

Der hübsch hergerichtete Bahnhof in Dolau
Natürlich muss dokumentiert werden, dass die Queen schon hier war
Typische Landschaft an der Heart of Wales Line

In Hopton Heath, schon wieder in England, steigen wir aus. Hier hat mein Freund ein Teehaus aufgetan, in dem wir Erwachsenen bis zum nächsten Zug in zweieinhalb Stunden einen Afternoon Tea genießen und die Tochter sich auf dem Spielplatz und beim Tierestreicheln vergnügen kann.

Beim Afternoon Tea lassen sich vor allem die „Beilagen“ sehen 🙂

Praktischerweise liegt das Teehaus nur ein paar Schritte vom Bahnhof entfernt, entlang eines urigen Weges zwischen den Schienen und hohen Hecken. Rechtzeitig vor dem nächsten Zug gehen wir wieder zurück. Mein Kumpel macht noch ein Bild von mir auf dem Bahnsteig:

Jetzt fahren wir nur noch etwa 40 Minuten, diesmal in einem 150er. In Craven Arms treffen wir wieder auf die Hauptstrecke, und kurze Zeit später erreichen wir Shrewsbury, wo uns unsere Freundin abholt. In den nächsten Tagen sind wir, insgesamt mit neun Freunden, leider nur mit dem Auto unterwegs, sehen dafür aber viel von Shropshire, einer außerhalb Großbritanniens vermutlich eher unbekannten Grafschaft: Am ersten Tag sind wir in Blists Hill, einem Freilichtmuseum, das an die viktorianische Zeit erinnert.

Am nächsten Tag geht es in die Hauptstadt Shrewsbury. Deren Altstadt liegt auf einer Halbinsel, um das der Fluss Severn fast eine 360-Grad-Kurve macht. Über den Severn führen zwei Brücken, die nach den Richtungen, in die sie führen, English und Welsh Bridge heißen. Zwischen den Brücken machen wir eine Schiffsfahrt und erfahren, dass die reichen Leute auf der Halbinsel den Namen der Stadt „Shrowsbury“ aussprechen und alle anderen „Shrewsbury“. Ob das so stimmt, sei dahingestellt, es gibt jedenfalls tatsächlich beide Aussprachen. Da Charles Darwin in der Stadt geboren ist, ist unter anderem nahe dem Schiffsanleger ein Spielplatz nach ihm benannt. Ob auf diesem die natürliche Auslese gefördert werden soll, ist unklar.

Schaufenster an einem Weihnachtsladen in Shrewsbury
Schaufenster an einem Weihnachtsladen in Shrewsbury
Die English Bridge

Zum Abschluss unseres Kurzurlaubs fahren wir noch zum Long Mynd, einer recht imposanten Hügelkette, und machen dort eine kurze Wanderung. So in etwa hatte ich mir das Heart of Wales vorgestellt. Ich glaube, die höheren Berge gibt es dort auch, aber ohne Bahnanschluss.

Fortsetzung folgt!

Heart of Britain (2)

Im ersten Teil habt ihr mich von Bremen über Weymouth nach Plymouth begleitet. Die Stadt nutze ich vor allem als Stützpunkt, um von dort aus Cornwall zu erkunden, wo ich 1994 und 1996 mit meiner und einer befreundeten Familie Urlaub gemacht habe. Da wir damals fast nur mit dem Auto unterwegs waren, will ich den südwestlichsten Zipfel Englands endlich mal per Bahn kennen lernen, vor allem die Nebenstrecken, die immer wieder als besonders sehenswert beschrieben werden.

Die beiden wohl schönsten will ich an diesem Tag befahren. Dazu fahre ich über die Royal Albert Bridge, die Devon und Cornwall verbindet und immerhin schon 1859 eröffnet wurde, nach Liskeard. Der Vorteil einer Zugfahrt ist auch, dass ich jetzt endlich weiß, wie die Ortsnamen, die ich immer nur auf der Landkarte gesehen habe, richtig ausgesprochen werden, in diesem Fall „Liskard“. In Liskeard zweigt die Looe Valley Line nach Looe ab, die durch das malerische gleichnamige Flusstal führt. Sie hat einen eigenen kleinen Bahnhof, der quer zum Bahnhof der Hauptstrecke liegt. Dort wird auf Infotafeln die Geschichte der Strecke erzählt: Ursprünglich führte die Strecke von Looe nach Moorswater und hatte keine Verbindung zur Hauptstrecke, die hier viel höher liegt. Diese kam erst durch eine steile Hufeisenkurve hinzu, für die der Zug die Richtung wechseln muss. Wegen der zunehmenden Konkurrenz des Autos in den 1960er-Jahren sollte auch diese Strecke stillgelegt werden. Es gab sogar schon einen Termin dafür, aber die damalige Verkehrsministerin entschied in letzter Minute, dass die Strecke erhalten bleibt, um die engen Straßen in der Region nicht noch weiter zu belasten – eine für die damalige Zeit sehr fortschrittliche Entscheidung.

Der Bahnhof der Looe Valley Line in Liskeard

Heute fahren die Züge annähernd im Stundentakt, sonntags seltener und nur im Sommer. Durch die Fahrzeit von knapp 30 Minuten entstehen sehr kurze Wendezeiten, Kreuzungsmöglichkeiten gibt es auf der Strecke nicht. Um den Fahrplan etwas zu entspannen, werden die vier Zwischenhalte, die ohnehin sehr wenig Fahrgastaufkommen haben, nicht immer bedient.

Der Zug (ein Doppeltriebwagen der Class 150) ist recht gut gefüllt, ich finde aber wieder problemlos einen Sitzplatz. Zunächst fahren wir die Hufeisenkurve hinunter, unter dem Viadukt der Hauptstrecke durch, bis wir auf die eigentliche Strecke treffen. Einige Züge fahren hier noch ein paar hundert Meter weiter bis zum Haltepunkt Coombe Junction, mein Zug hat nur einen Betriebshalt direkt am Abzweig. Der Zub muss hier aussteigen und die Weiche manuell stellen, dann geht es weiter Richtung Looe. Unterwegs hat man einen schönen Blick auf das Flusstal. Unterwegs gibt es einen , vor dem der Zug anhalten und pfeifen muss und erst dann weiterfahren kann.

Im Looe Valley

In Looe angekommen, laufe ich bis zum nächsten Zug ein wenig durch den Ort, den ich auch schon 1994 besucht habe. Er ist recht malerisch und natürlich recht gut mit Touristen gefüllt. Etwas ärgerlich ist, dass Autos von Anliegern durch die engen Straßen fahren dürfen, Besucher müssen aber am Ortsrand parken.

In den Gassen von Looe
Der Hafen von Looe

Eine gute Stunde später mache ich mich auf den Rückweg. Dank meiner Strategie, immer auf der in Fahrtrichtung gleichen Seite zu sitzen (meistens auf der mit potenziellem Gegenverkehr, hier also rechts) ist die Aussicht auf der Rückfahrt eine ganz andere, auch wenn ich dieselbe Strecke fahre. In Liskeard habe ich ein wenig Zeit zu meinem Anschlusszug, der mich weiter hinein nach Cornwall bringt. Diesmal fahre ich bis St Erth, wo die Nebenstrecke nach St Ives abzweigt. Leider hat auch diesmal mein Zug Verspätung, so dass ich den Anschluss gerade noch abfahren sehe. Ein Schild weist darauf hin, dass auch hier die Wendezeiten kurz sind und die Züge daher nicht warten können. Die Strecke har zwar ebenfalls keine Kreuzungsmöglichkeit, ist aber sehr kurz (knapp 7 Kilometer). Daher kann hier in der Saison sogar im Halbstundentakt gefahren werden, ich muss also nicht lange warten.

Da St Ives bei Touristen sehr beliebt ist, ist die Strecke deutlich stärker frequentiert als die nach Looe, zumal Autofahrer angehalten sind, bereits in St Erth zu parken. Daher wird nicht nur im Halbstundentakt, sondern auch mit zwei Doppeleinheiten 150er gefahren. Die füllen sich tatsächlich auch gut, stehen muss aber niemand. Da ich wieder rechts sitze, ergibt sich ein atemberaubender Blick auf die Küste.

Küste bei St Ives aus dem Zug gesehen

Vom Bahnhof St Ives ist der Weg in den Ort deutlich länger als in Looe. Da ich mit dem nächsten Zug wieder zurück fahren will, laufe ich nicht ganz bis ins Zentrum. Der beste Blick auf den Ort ergibt sich ohnehin aber schon vorher:

Blick auf St Ives

Nachdem es beim Aussteigen aus dem Zug bewölkt war, kommt jetzt die Sonne wieder heraus, und ich stelle fest, dass ich wohl meine Kappe im Zug vergessen habe. Da ja immer derselbe Zug auf der Strecke pendelt, hoffe ich, sie dort noch zu finden, und versuche mich zu erinnern, wo ich gesessen habe. Als der Zug kommt, finde ich die Kappe tatsächlich in der Gepäckablage – Glück gehabt!

Formsignale im Bahnhof St Erth, links Halt, rechts Fahrt. Es handelt sich um sogenannte „lower quadrant“-Signale, da sie in der Fahrtstellung nach unten zeigen. Um zu verhindern, dass sie bei gerissenem Draht auf Fahrt fallen, sind Gegengewichte eingebaut.

Im Anschlusszug zurück nach Plymouth finde ich die Reservierungsanzeigen interessant. Sie zeigen nicht nur an, von wo bis wo der Platz reserviert ist, sondern auch die Folgereservierung. Vor allem aber kann man durch eine rote oder grüne LED sofort sehen, ob der Platz überhaupt reserviert ist.

Blick auf die kornische Landschaft aus dem Zugfenster
Egal, was die Briten sagen – die Deutschen sind ihnen heilig 😉

Da ich wiederum rechts sitze und vor der Royal Albert Bridge eine scharfe Kurve kommt, kann ich davon ein Foto aus dem Zug machen. Sie ist ein Werk von Isambard Kingdom Brunel, des Chefingenieurs der Great Western Railway, der auch andere Verkehrsbauwerke wie einen Themsetunnel entworfen hat, der heute von London Overground genutzt wird.

Schier endlose britische Reihenhäuser in Plymouth

Zurück in Plymouth, hole ich mir wieder Essen beim Takeaway, diesmal ein Hähnchencurry, das in der Form wohl typisch britisch ist. Prompt werde ich in der Gemeinschaftsküche wieder von den Hunden angebellt und von der Besitzerin aufgeklärt, dass die Hunde aufgrund schlechter Erfahrungen Angst vor Männern hätten.

Für den nächsten Tag hatte ich bei der Vorbeifahrt an der Sea Wall überlegt, dorthin zu fahren und Bilder zu machen. Leider ist dann morgens der Himmel grau, und es regnet die meiste Zeit. Ich überlege, ob ich trotzdem fahren soll, erfahre aber, dass der Zug Richtung Exeter ausfällt. Zur Zeit befinden sich die britischen Bahngewerkschaften im Arbeitskampf. Die drei großen Aktionstage Mitte und Ende Juli verpasse ich zum Glück, es kann aber vorkommen, dass einzelne Züge ausfallen, da die Mitarbeiter Überstunden verweigern. Dieser Zug ist wohl ein Opfer davon, also disponiere ich um und fahre zu einer weiteren kornischen Nebenstrecke, der von Par nach Newquay. Der Zug dorthin fährt nicht nur, sondern ist auch pünktlich. In Par bekomme ich mit, wie ein High Speed Train der Great Western Railway in der Gegenrichtung hält, was auch andere Eisenbahnfotografen anzieht.

High Speed Train der GWR in Par

Die GWR hat die betagten Züge renoviert und setzt sie als Kurzeinheiten mit je sechs Wagen zwischen zwei Triebköpfen auf Mittelstrecken ein. Die Einheiten wurden nach Schlössern benannt und heißen deswegen auch „Castle HSTs“. Mein Zug nach Newquay ist aber, wie schon auf den anderen Nebenstrecken, wieder ein 150er, diesmal wieder solo.

Triebwagen der Class 150 in Par
Innenansicht eines 150ers
Klare Ansage: Hintern auf die Sitze bitte, Schuhe auf den Boden

Der Zug rumpelt los und hält nach kurzer Zeit in St Blazey wieder an. Hier ist zwar kein Verkehrshalt, die Strecke wird aber eingleisig. Vermutlich muss der Tf hier den Token abholen, die Berechtigung, dass er die Strecke befahren darf. Die besteht tatsächlich aus einem Metallstab, der physisch weitergegeben wird. Weiter fährt der Zug durch sehr idyllische grüne Landschaft, in der immer wieder die Blätter gegen die offenen Fenster schlagen. Erster Halt ist Luxulyan, den Namen fand ich immer faszinierend, seit ich ihn als Teenager das erste Mal auf der Landkarte gesehen habe.

Endlich sehe ich es mal live

Der offizielle Beiname der Strecke ist Atlantic Coast Line, da die Strecke aber ziemlich in der Mitte einmal quer über die Halbinsel verläuft, würde Heart of Cornwall auch sehr gut passen. Es gibt auch verschiedene Landschaften zu sehen, nach dem wildromantischen Luxulyan Valley wird es deutlich flacher. Nicht weit entfernt sieht man aber recht hohe Berge, dort wird Kaolin (Porzellanerde) abgebaut. An der Goonbarrow Junction kreuzen wir einen Kaolinzug, der von einer DB-Lok gezogen wird.

Bei der Ankunft in Newquay hat die Vorbeifahrt an den Bäumen ihre Spuren im Zug hinterlassen:

Blätter im Zug

Vor allem wegen des Wetters überlege ich, ob ich überhaupt aussteigen soll. Aber da ich nun schon mal da bin, erkunde ich ein wenig die Stadt, die aber tatsächlich nicht übermäßig interessant ist. Ein netter Anblick ist aber das Haus auf einem Felsen am Strand, das nur über eine Hängebrücke erreichbar ist.

Solche „Spielhallen“ gibt es überall an der britischen Küste. Gewinnen kann man maximal eine Kleinigkeit, daher sind sie auch bzw. sogar vorwiegend für Kinder offen.

Die Zeit (insgesamt knapp zwei Stunden) bis zum nächsten Zug zurück wird mir nun doch etwas lang, also laufe ich schon mal zum Bahnhof. Da steht der Zug tatsächlich schon, und interessanterweise ist es ein Ferntriebwagen der Baureihe 802. Newquay hat nämlich einmal am Tag eine Direktverbindung von und nach London, so dass ich zurück nach Plymouth nicht umsteigen muss. Und es ist noch genug Zeit, ein Bild vom Zug zu machen, auch wenn sich das Personal vermutlich wundert, warum ich zum Bahnsteigende tigere.

Class 802 in Newquay

Wie es sich für einen Fernzug gehört, gibt es auch ein gastronomisches Angebot in Form eines Trolleys. Bei dessen Personal bestelle ich einen Kaffee. Während ich den schon bezahle (nur Karte möglich), teilt mir die Servicemitarbeiterin mit, dass das Wasser noch nicht warm genug sei und sie später noch mal wiederkämen. Das tun sie dann irgendwo hinter Par auch. Leider schmeckt der Kaffee so ziemlich nach gar nichts, was ich darauf schiebe, dass Großbritannien halt ein Teeland ist.

Auf der Fahrt überlege ich, was ich mit dem angebrochenen Nachmittag noch mache. Ursprünglich hatte ich vor, in der Nähe von Plymouth das Ferienhaus zu besuchen, in dem wir 1994 gewohnt haben, aber bei dem Wetter macht das keinen Spaß. Stattdessen fahre ich eine weitere Nebenstrecke, die als sehenswert gilt, nämlich die Tamar Valley Line von Plymouth nach Gunnislake. Als Ausgleich für die verpassten Anschlüsse der letzten Zeit klappt der Dreiminutenanschluss in Plymouth (offiziell natürlich gar keiner), und der 150er tuckert zurück Richtung Cornwall. Noch vor der Royal Albert Bridge biegen wir aber ab und holen wieder einen Token, bevor es dann unter der Brücke durch und am Fluss entlang geht. Am spektakulärsten an der Strecke dürfte der Viadukt von Calstock sein, von dem man einen schönen Blick auf den Ort und den Tamar hat. Fotos mache ich angesichts des Wetters aber nicht. Ebenso spektakulär ist, wie langsam der Zug zwischen Bere Alston und der Endstation fährt. Hier steige ich aber nur ganz kurz aus und setze mich sofort wieder in den Zug. Auch auf der Rückfahrt geht es sehr langsam voran, was am starken Gefälle liegen mag. In Bere Alston wechseln wir wie auf der Hinfahrt die Fahrtrichtung, weil die Strecke aus den Reststücken von zwei alten Strecken besteht.

Zurück in Plymouth regnet es zwar immer noch, ich laufe aber trotzdem noch ein wenig durch die Innenstadt. Die hat schon bessere Zeiten gesehen, immerhin hat man von „The Hoe“ aber einen ganz guten Blick aufs Meer. Da ich weder Lust auf Takeaway noch auf die Gemeinschaftsküche habe, esse ich beim German Döner Kebab, wo anscheinend versucht wird, eine deutsche Dönerbude als internationale Systemgastronomie nachzubauen. Dann besorge ich noch beim Tesco einen Nachtisch und gehe zurück ins Appartement.

The Hoe

Fortsetzung folgt!

Am Rhein und auf der Heide

Zwei Urlaubs- und eine Spaßtour waren im Mai angesagt: Mitte des Monats ging es nach Düsseldorf. Dummerweise war für den Anreisetag der große EVG-Streik angekündigt, so dass wir uns darum kümmerten, bereits einen Tag früher in die Unterkunft zu kommen und Plätze in einem der wenigen ICE zu reservieren, die noch nicht als „ausgebucht“ gekennzeichnet waren. Nach der kurzfristigen Absage des Streiks änderten wir unsere Pläne nicht noch einmal, sondern stiegen am Sonntagnachmittag in den ICE, der zwar etwas länger brauchen, aber dafür sogar ohne Halt von HB bis EE fahren sollte. Das tat er interessanterweise über die „NATO-Bahn“ Nienburg-Minden. Der Füllungsgrad und die Verspätung hielten sich in Grenzen, bis der Zug kurz hinter Hamm stehen blieb, weil vor ihm ein anderer liegen geblieben war. Das hatte zur Konsequenz, dass wir wieder nach Hamm zurückfahren und dort obendrein Fahrgäste aus dem anderen Zug aufnehmen mussten. Gut, dass wir vorher noch im Bordrestaurant gegessen hatten … Nachdem diverse Züge vor uns abfahren durften, ging es irgendwann auch für uns weiter, wobei ich dann zum dritten Mal innerhalb etwa eines Monats die Strecke Hamm–Lünen zu sehen bekam. Letztendlich erreichten wir KD mit etwas über +120 und die Ferienwohnung mit dem Bus. Dafür, dass der Zugang dort sich auch noch etwas schwierig gestaltete, kann zumindest die Bahn nichts. Trotzdem wurde es eine schöne Woche in der Landeshauptstadt, an deren Ende wir uns mit EC 8 wieder auf den Weg zurück an die Weser machten. Der war vorher rechtsrheinisch umgeleitet worden und hatte daher durchgängig knapp +30, aber davon abgesehen war die Fahrt im Panoramawagen ein Genuss.

Nachdem wir am Wochenende schon wieder in Bremen waren, nutzte ich den Sonntag für die Spaßtour: Diesmal wollte ich die Nord-Süd-Strecke des Heidekreuzes, also Hannover–Buchholz fahren. Normalerweise fahren die Züge am Wochenende weiter über die Güterstrecke nach Hamburg-Harburg, aber diesmal fiel das wegen Bauarbeiten aus. Also stieg ich schon in der Nordheide um, nachdem ich vorher ausgiebig den Blick aus dem Fenster genossen hatte. Der war zwar auch nicht spektakulär, aber doch etwas interessanter als zwischen Bremen und Uelzen.

Über Pfingsten war ich, wie so oft, bei der Pfingstakademie in Kirchheim (Hessen). Die dafür nötige Anreise nach Bad Hersfeld trat ich diesmal wieder vollständig mit dem Zug an, und zwar mit dem ICE von HB bis FKW und weiter mit dem RE 5. Auf der Hinfahrt klappte das prima, sieht man davon ab, dass in FKW im letzten Moment jede Menge Fahrgäste, unter anderem zahlreiche Akademieteilnehmer, angerannt kamen und dem Zug somit +5 verpassten. Auf der Rückfahrt fiel der RE 5 wegen Personalmangels ganz aus. Wir erreichten FBHF aber so rechtzeitig, dass wir noch die vorausfahrende RB 5 nehmen konnten und in FKW sogar noch Zeit zum Essen hatten. Der ICE, der wegen der Sanierung der SFS ohne Halt über dieselbe Strecke umgeleitet worden war, traf sogar mit mehr als –10 ein. In HH gab es leider eine Verzögerung beim Trennen der beiden Zugteile nach AA und HB, die sich bis zum Endbahnhof aber nur mit etwa +10 auswirkte.

Deutschlandticket-Willkommensfahrt

Geradezu revolutionär: Seit dem 1. Mai gibt es ein Ticket für alle öffentlichen Nahverkehrsmittel in Deutschland für den Preis von 49 Euro im Monat, wenn auch (eigentlich) nur als Abo. Ein solches habe ich (in Form eines vergünstigten Jobtickets) abgeschlossen und machte mich am ersten Geltungstag gleich mal auf den Weg, um den „waagerechten“ Balken des Heidekreuzes von Bremen nach Uelzen zu fahren. Wegen der Bauarbeiten in Sebaldsbrück war ein Umstieg am eigentlichen Beginn der Strecke in Langwedel nötig. Von da ging es erst mal gut 20 Minuten ohne Halt durch die Landschaft bis Visselhövede, der Zwischenhalt in Kirchlinteln soll aber reaktiviert werden. Nächster Halt war Soltau, wo sich die beiden „Balken“ kreuzen und Anschluss in Richtung Hannover und Buchholz (–Hamburg-Harburg) besteht. Da sich die Strecken niveaufrei kreuzen, gab es mit letzterem Zug sogar eine schöne Parallelausfahrt.

Viel Heide gab es auf der Strecke leider nicht zu sehen, bei der nächsten Tour teste ich mal, ob das auf der Nord-Süd-Strecke anders ist. Der Höhepunkt diesmal war aber der Hundertwasser-Bahnhof in Uelzen:

Nach kurzem Check der Optionen für die Weiterfahrt beschloss ich diesen allerdings schon nach knapp zwanzig Minuten auf demselben Weg zu verlassen, auf dem ich gekommen war. Praktischerweise konnte ich nun auf der anderen Seite sitzen (also wiederum in Fahrtrichtung links) und damit etwas andere Eindrücke sammeln. Überrascht war ich, als wegen des Baufahrplans ein 40-minütiger Halt in Soltau angekündigt wurde. Den konnte ich immerhin nutzen, um ein Bild vom Zug zu machen – alter Wein in neuen Schläuchen, da auf dem Lint der Landesnahverkehrsgesellschaft einfach das Erixx- durch ein Start-Logo ersetzt worden war:

Gemütlich ging es wieder zurück nach Langwedel, wo der Anschluss nach Bremen in dieser Richtung durch den Zusatzhalt des RE sichergestellt wurde. Der hatte +20 und war einem ersten Mai und gleichzeitig ersten Deutschlandticket-Tag angemessen sehr gut gefüllt. Einen Sitzplatz gab es für mich daher nur auf der Wandverkleidung, aber für das kurze Stück bis HB reichte das, so dass ich die erste Tour mit dem neuen Ticket als recht erfolgreich verbuchen konnte. Obendrein nutzte ich selbiges auch noch für die sehr kurze Fahrt nach Hause (eine Haltestelle Bus oder Straßenbahn verkürzt den Laufweg etwas).

Die Verspätungs-Pandemie ist nicht vorbei

Die pünktlichen Fahrten in der Weihnachtszeit (siehe letzter Beitrag) können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Pünktlichkeit insgesamt abgenommen hat. Das sagt nicht nur die offizielle Statistik, sondern auch meine private, für die ich alle zwei Jahre die Blogbeiträge auswerte:

Verspätung (min)FahrtenAnteil 2021/22Anteil 2019/20
<0 11,4 %3,4 %
0–5 4155,4 %63,6 %
5–301824,3 %20,3 %
30–60 68,1 %6,8 %
>60 810,8 %5,9 %
Ausfall00,0 %0,0 %
Meine persönliche Verspätungsstatistik 2021/22

Besonders schwierig war es diesmal zu entscheiden, welche Fahrten ich überhaupt in die Statistik aufnehme. Durch meinen Umzug in den Norden sind die gefahrenen Strecken deutlich kürzer geworden, und der Einfachheit halber nehme ich ja nur Fernverkehrsfahrten in die Statistik auf. Um selbige nicht allzu sehr zu verzerren, habe ich insbesondere die zahlreichen Fahrten zwischen Bremen und Osnabrück weggelassen, auch wenn ich sie meist mit Fernzügen zurückgelegt habe. Diese waren zwar häufig verspätet, oft habe ich aber gerade wegen der Verspätung spontan entschieden, den Zug noch zu nehmen.

Auch ohne diese Fahrten hat sich die Pünktlichkeit leider gegenüber der letzten Statistik deutlich verschlechtert, und 2022 noch mal deutlich gegenüber 2021. „Legendär“ waren die Fahrten von Aschaffenburg nach Bremen, die in dieser Richtung immer mit deutlicher Verspätung endeten (meist über +60), zurück kam ich komischerweise immer pünktlich an. Auf dem Weg in die Hansestadt dürfte sich auch der Negativrekord für 2021 ereignet haben, als der Zug in Nienburg stehen blieb und ich nur mit einem Busnotverkehr über vereiste Straßen weiter kam. Die größte Verspätung 2022 dürfte ich auf dem Weg in eine andere Hansestadt erfahren haben, als ich Lübeck fast drei Stunden später als geplant erreichte.

Nach dem Ende des 9-Euro-Tickets hat sich die Lage wieder etwas entspannt. Mein viermonatiges fast tägliches Pendeln zwischen Osnabrück und Minden, größtenteils mit dem IC, lieferte „nur“ vier Fahrgastrechte-Fälle. Neben einer beschädigten Oberleitung wirkte sich hier vor allem aus, dass die eingesetzten IC-Garnituren nicht mehr die neuesten sind und daher gerne mal unterwegs liegen blieben.

Ich hoffe, dass sich der leicht positive Trend fortsetzt und die nächste Statistik wieder besser aussieht als diese. Der Bahn werde ich jedenfalls weiter treu bleiben, sowohl als Fahrgast als auch als Mitarbeiter: Seit dem 1. Januar bin ich Betriebsplaner bei der S-Bahn Hannover, wo ich daher regelmäßig hinfahre – natürlich mit dem Zug.

Pünktliche Weihnachten

Ein frohes neues Jahr euch allen!

Über die Feiertage war ich deutlich mehr mit dem Zug unterwegs als früher: am 23. traditionell nach Lübeck, nachdem ich die Strecke in den letzten beiden Jahren Corona-vorsichtshalber mit dem Auto gefahren war. Vom 25. auf den 26. machte ich von dort aus einen Abstecher nach Hamburg-Harburg, am 26. abends ging es dann wieder zurück nach HO, nur um vom 29.12. bis 1.1. wieder nach Hamburg zu fahren, diesmal nach Altona. Bemerkenswert war, dass keine der Fahrten eine nennenswerte Verspätung hatte, wozu das geringere Fahrgastaufkommen (auch am 23. war die Hauptwelle wohl schon durch) beigetragen haben mag. Am 26. und am 1. gab es außerdem noch ein gemeinsames Essen mit Freundin im Bordrestaurant, ebenfalls zu unserer „vollsten Zufriedenheit“, wie es in Arbeitszeugnissen immer so schön heißt. So kann es gerne weitergehen!

Satz mit X, viel besser als nix

Landauf, landab sind X-Busse der neue „heiße Scheiß“, um es mal salopp auszudrücken. Dahinter verbergen sich Schnellbusse, die das Schienennetz dort ergänzen, wo es nicht oder nicht mehr hinkommt, und die (jetzt aber wirklich) besonders direkte Linienwege und wenige Haltestellen haben sollen. Auch im Ruhrgebiet und Münsterland gibt es seit einiger Zeit solche Linien, von denen ich heute zwei getestet habe. Dafür bin ich zuerst mit dem Zug über EWAN nach EDRN gefahren, das ich mit +5 erreichte. Damit reichte die Zeit zwar noch, um zwei Bilder von den Zügen der RheinRuhrBahn zu machen, deren Geschicke ich bis vor kurzem aus dem Büro gelenkt habe …

Blauer Talent der RheinRuhrBahn in Dorsten
Weißer Talent der RheinRuhrBahn in Dorsten

… aber nicht mehr, um wie ursprünglich geplant den X42 nach Oberhausen-Sterkrade zu nehmen. Das Ersatzprogramm war aber auch nicht zu verachten: Ich fuhr nämlich mit einem anderen XBus, dem X05, der heute seinen ersten Betriebstag hatte, nach Wesel. Dabei war ich streckenweise der einzige Fahrgast, ab Schermbeck wurde der Bus aber einigermaßen gut genutzt. „Mein“ Fahrzeug stammte von einem Subunternehmer und hatte schon das spezielle XBus-Design, im Gegensatz zu den eigenen Fahrzeugen der BVR:

XBus von Brömmel in Wesel
XBus der BVR in Wesel

Von hier ging es wieder wie geplant weiter, nicht etwa mit dem Nikolauszug des Historischen Schienenverkehrs Wesel, der mir auch noch vor die Linse kam …

Lok des Historischen Schienenverkehrs Wesel

… sondern mit dem ex-Abellio-Flirt der Vias nach Bocholt. Dort spazierte ich über den Weihnachtsmarkt zum Bustreff, um noch einige Stadtbusse abzulichten und auf den Höhepunkt der Tour zu warten, den „BaumwollExpress“ X80. Dieser verbindet durch die ehemalige Textilregion Bocholt über einen direkten Linienweg hart an der niederländischen Grenze mit Bad Bentheim. Größere Orte werden dabei größtenteils rechts bzw. links liegen gelassen, nur in Vreden, Alstätte und Gronau wird jeweils das Zentrum angefahren. Entsprechend war der Bus zwischen Vreden und Gronau auch am meisten ausgelastet (etwa 10 Fahrgäste), alleine war ich aber erfreulicherweise nie im Bus. Bus und Haltestellenmasten haben ein recht auffälliges Design:

Haltestellenmast der X80 am Bocholter Bustreff
Bus der X80 am Bocholter Bustreff

Nach gut anderthalbstündiger Fahrt, die dann doch einiges an Sitzfleisch verlangte und draußen auch nicht viel Abwechslung bot, war dann der Bahnhof in Bad Bentheim erreicht, gerade als auch der IC aus Amsterdam angekommen war. Da dieser noch eine neue Lok bekam, erreichte ich ihn noch bequem und konnte die Fahrt dann wie geplant abschließen.

Mal wieder ein Feiertagsausflug

Da ich zurzeit in NRW arbeite, hatte ich am 1. November Feiertag. Den nutzte ich, um von meinem feiertagslosen Wohnort durch das Feiertagsland an einen ebenfalls feiertagslosen Ort zu fahren: Korbach in Hessen, wo ich meinen Onkel besuchte. Für die Hinfahrt hatte ich noch einen Supersparpreis ergattert, da die erste Etappe mit dem ICE nach EDO führen sollte. Der fuhr pünktlich ab, allerdings mit zwei fahrkartenlosen Passagieren an Bord, was dem Zug in EMST eine Verspätung von +12 einbrachte. Wegen baubedingter Umleitung über Hamm wurde es bis EDO noch etwas mehr. Mir konnte es egal sein, hatte ich bis zu meinem Anschlusszug doch noch eine Dreiviertelstunde Zeit, die ich unter anderem zum Frühstücken nutzte. Der Anschluss-RE 57 kam ebenfalls mit Verspätung an und nahm etwa 3 Minuten davon in die Gegenrichtung mit. Meinen 6-Minuten-Anschluss in Brilon Wald sah ich dadurch noch nicht gefährdet. Das änderte sich, als das Flügeln in Bestwig länger dauerte als geplant. Aber der Anschluss wartete, und so erreichte ich pünktlich um 11:45 Uhr die waldeckische Kreisstadt.

Nach ausgiebigem Verwandtenbesuch setzte ich mich um 17:10 Uhr wieder in den Zug. Der Nachteil an Touren um diese Jahreszeit ist, dass es dann schon dunkel ist und ich so nicht mehr wie auf der Hinfahrt das Naturpanorama im strahlenden Sonnenschein genießen konnte. Dafür waren aber die Anschlusszüge alle pünktlich: wiederum der RE 57, der aufgrund von Bauarbeiten in Dortmund-Aplerbeck Süd nur in dieser Richtung in Schwerte hält und dann weiträumig umgeleitet wird, der RE 7 und der RE 2. So erreichte ich pünktlich um 21:10 wieder HO und konnte durch die noch recht milde Luft nach Hause radeln.

Ein Bahnnerd-Wochenende

… liegt hinter mir: Für den Samstag hatten wir uns zuerst den Tag der offenen Tür bei der NordWestBahn, meinem Ex-Arbeitgeber, in Bremerhaven vorgenommen. Anlass war der Start der neuen Flirt-Triebwagen:

Flirt3XL der NordWestBahn für die Regio-S-Bahn Bremen/Niedersachsen

Die Bestandstriebwagen des Typs Coradia Continental werden sukzessive renoviert. Das erste Fahrzeug im neuen Gewand wurde ebenfalls präsentiert.

Neu gestalteter Coradia Continental der NordWestBahn

Als weitere Attraktionen gab es einen Wettbewerb, bei dem Menschen einen Zug ziehen konnten, sowie Werkstattbesichtigungen und „bahnfremde“ Aktionen wie Kinderschminken und Essensstände.

Nachdem wir Letztere frequentiert hatten, gingen wir zum nächsten Programmpunkt über, der passenderweise direkt nebenan am Bahnhof Wulsdorf begann: die Fahrt mit dem (laut Werbung) weltweit ersten Wasserstoffzug, dem iLINT von Alstom, im Regelbetrieb auf der Strecke nach Buxtehude. Dem fuhren wir zwei Stationen entgegen und stiegen dann ein. Vom Klang her merkt man dem Zug an, dass er letztlich elektrisch angetrieben wird, auch wenn ab einer gewissen Geschwindigkeit die Geräusche der Schienen lauter sind. Am Bremerhavener Hbf endete die Fahrt, und es ergab sich die Gelegenheit für Fotos:

Wasserstoffzug iLINT der EVB in Bremerhaven Hbf
Detail am iLINT

Zurück ging es mit dem ganz normalen Regionalexpress der DB. In der Befürchtung, dass der sich unterwegs mit feuchtfröhlichen Freimarktsbesuchern füllen würde, kauften wir 1.-Klasse-Zuschläge. Im entsprechenden Abteil waren wir dann aber allein, und da der Zug nur noch in Osterholz-Scharmbeck hielt, hielt sich auch die Gefahr der Überfüllung in Grenzen. Dank VBN-Ticket kostete das Ganze aber nur 2,60 pro Nase.

Auch am Sonntag sollte es noch nerdig werden, und zwar hatten wir uns ausgeguckt, dem 628-baugleichen Triebwagen der EVB einen Besuch abzustatten, der noch bis Dezember zwischen Rotenburg und Verden pendelt und dann von der NWB abgelöst wird. Dazu wollten wir mit dem Metronom in die Wümmestadt fahren, der jedoch ausfiel. Also Plan B: in die Lounge und dann mit der Regio-S-Bahn nach Verden, wo wir planmäßig eine Minute vor dem 628er ankommen sollten. Wegen freimarktsbedingter Überfüllung kam die S-Bahn aber mit Verspätung, so dass der Triebwagen schon in der Abstellung war, als wir ankamen. So schauten wir uns noch ein wenig in der Reiterstadt um und stillten den so langsam aufkommenden Hunger, bevor mir dann doch noch das Foto gelang.

628er der EVB in Verden (Aller)

Zurück ging es wiederum mit der RS, die sich ebenfalls bis HB ganz ordentlich füllte – zum Glück hatten wir Sitzplätze. Ein paar Stunden später machte ich mich auf den Weg nach Hause, mit leichter Verspätung und ohne weitere Vorkommnisse.

Dreimal umdisponiert

Anscheinend wird es jedes Mal einmal mehr, dass ich meine Pläne ändern muss: Letzten Freitag wollte ich von Minden, wo ich neuerdings arbeite, nach Bremen und dabei endlich mal die Strecke von dort nach Nienburg befahren. Schon mittags erfuhr ich, dass der nur alle zwei Stunden verkehrende Zug in passender Lage ausfallen würde. Also schwenkte ich auf die S-Bahn über Wunstorf um, nur um zu erfahren, dass diese +30 hatte und der Anschluss daher platzen würde. Nächster Versuch: der RE zum heimatlichen HO und von da mit einem verspäteten IC weiter. Während ich auf Ersteren wartete, fuhr am anderen Bahnsteig der IC Richtung HH ein. Ich befragte den Navigator, ob ich den nicht nehmen könnte, und stellte gerade noch rechtzeitig fest, dass er nun die schnellste Verbindung darstellte, da der RE nun auch Verspätung haben sollte. Also wechselte ich den Bahnsteig, stieg ein und fuhr nun zur Abwechslung sogar mit fast pünktlichen Zügen in die Hansestadt. Im Anschluss-IC probierte ich, da langsam Hunger aufkam, noch den Schoko-Cookie aus der Bordgastronomie, der in einer Ansage in den höchsten Tönen beworben wurde („Wir haben auch einen sehr coolen Schokokeks, der ist wirklich gut.“). Zufälligerweise führte unser Weg vom Bahnhof auch noch am Hauptsitz der Herstellerfirma vorbei.

Zwar ohne Umdisposition, aber trotzdem mit Hindernissen verlief unsere Reise von HB nach HO am Dienstag: In letzter Minute hatte ich noch mit Mitfahrergutschein und Schnupper-BahnCard 1. Klasse zwei Sitzplätze für uns in eben jener reserviert. Nur um dann, als der Zug einfuhr, festzustellen, dass der Wagen mit den reservierten Plätzen gar nicht vorhanden und auch sonst kein Platz mehr frei war. Also verbrachten wir die knapp einstündige und immerhin pünktliche Fahrt im Türraum eines 2.-Klasse-Wagens, und ich hoffe jetzt auf Rückerstattung des Aufpreises.