Im größten Dorf

Zwar wird München als Millionendorf bezeichnet, dem Namen nach dürfte jedoch Düsseldorf das größte Dorf Deutschlands sein. So mussten wir uns für den zweiten Teil unseres Urlaubs nicht allzu sehr umgewöhnen. Los ging es am Montag mit dem ICE ab Bremen bzw. Osnabrück, leider mit etwas zwanzigminütiger Verspätung, bei der es auch bis zu unserer umsteigefreien Ankunft blieb. Angesichts des Gepäcks und des Regens fuhren wir mit der U-Bahn zu unserem Hotel, dem sehr empfehlenswerten Carls am gleichnamigen Platz.

Statt einer Insel- gibt es in der Landeshauptstadt eine U-Bahn zu sehen. Auf der alten Strecke hat sie den durchaus vorhandenen Charme der 80er,

U-Bahnhof Steinstraße/Königsallee

auf der 2016 eröffneten Wehrhahnlinie hat man sich etwas mehr ausgetobt und jede Station von einem anderen Künstler gestalten lassen, wobei das Grunddesign dasselbe ist.

Videoinstallation im Bahnhof Benrather Straße
Bahnhof Graf-Adolf-Platz
Bahnhof Schadowstraße

Außer U-Bahnhöfen gab es natürlich noch den Rhein mit Landtag, Rheinturm und Medienhafen sowie jede Menge Japanisches zu sehen.

Auf der Rückfahrt am Donnerstag machte ich noch einen Umweg über Köln, um dort meine Freunde Anna und Hans zu treffen. Die Rückfahrt von dort wiederum war etwas beschwerlich, weil aufgrund des stürmischen Wetters bei Bonn Gegenstände die Oberleitung blockiert hatten. Immerhin konnte ich beim Warten einige interessante Fahrzeuge ablichten:

n-Wagen-Garnitur von TRI als Zusatz-RE nach Hamm
Europa-ICE
ICE mit Sonderlackierung zum 30. Jubiläum
111 „Loreley“
110 der Gesellschaft für Fahrzeugtechnik mit einem Zusatz-RE nach Hamm

Schließlich kam endlich ein ICE nach Osnabrück, in dem ich sogar noch bequem einen Sitzplatz fand. Noch während wir am Bahnsteig standen, fuhr gegenüber der EC ein, den ich eigentlich nehmen wollte. Wir verließen KK und erreichten HO aber noch vor ihm – knapp zwei Stunden später als ursprünglich geplant. Aus purer Faulheit und weil ich ein City-Ticket hatte, nahm ich den Bus nach Hause, auch wenn ich dabei noch mal umsteigen musste.

Reif für die Insel

Den ersten Teil unseres Jahresurlaubs verbrachten wir Ende März/Anfang April auf Wangerooge. Zu diesem Ziel hatte uns unter anderem inspiriert, dass die Insel autofrei ist und es dafür eine Inselbahn gibt. Vor die Fahrt damit hatten die Götter aber einige Mühen gesetzt: Wohlweislich brachen wir mit zwei Stunden Puffer in Bremen auf. Das war auch gut so, denn aufgrund krankheitsbedingten Personalmangels (Corona?) hatten die RE aus Norddeich außerplanmäßig „Negativwende“ in Bremen, was bedeutete, dass sie sich kräftige Verspätung zuzogen. Vor Hude sagten sowohl Computer als auch Zub-in an, dass wir jetzt Oldenburg erreichen würden. Erst der Tf korrigierte, allerdings so spät, dass möglicherweise schon einige Leute falsch ausgestiegen waren. Unser Anschluss-RE hielt aufgrund von Bauarbeiten nicht in Sande, so dass wir ab Varel für eine Station in einen SEV-Bus umsteigen mussten. Vor dem Bahnhof in Sande schlugen wir dann die zweite Pufferstunde tot, wofür es definitiv geeignetere Orte gibt. Immerhin klappte ab jetzt alles: Tidebus nach Harlesiel und Schiff nach Wangerooge Westanleger, wo die Inselbahn schon bereitstand.

In der Woche auf der Insel hätte das Wetter zwar besser sein können, immerhin war es aber gut genug, um als „Groupies“ der Inselbahn aufzulauern und ein paar schöne Bilder zu machen. Die Bahn fährt zwar nur als Zu- und Abbringer zur Fähre, es gibt aber auch Fahrkarten nur für die Bahn, die wir einmal nutzten und zurück liefen. Dabei ergab sich ein schöner Schnappschuss der Bahn, wie sie durch die sonst nicht zugänglichen Salzwiesen fuhr:

Die Inselbahn in den Salzwiesen von Wangerooge

Erwähnenswert ist noch, dass die Lok immer am westlichen Zugende steht. Wenn die Lok schiebt, steht auf dem ersten Wagen ein Rangierer und gibt dem Lokführer Anweisungen über Funk. Im Inselbahnhof herrscht ein reger Rangierbetrieb:

Rangierbetrieb im Inselbahnhof Wangerooge

Aufgrund der Autofreiheit findet auch einiges an Güterverkehr statt. Zum einen haben die Personenzüge Flachwagen, auf denen Gepäckcontainer transportiert werden, zum anderen gibt es auch reine Güterzüge mit Müllcontainern oder auch Lebensmitteln.

Ein Güterzug passiert das Flutschutztor am Inseldorf
Personenzug zum Westanleger, vorne die Wagen mit den Gepäckcontainern

Am Westanleger kuppelt bei Personenzügen die Lok mit den Containerwagen ab und fährt direkt bis ans Schiff vor, damit die Container verladen werden können.

Das passierte natürlich auch bei unserer Rückfahrt, die aufgrund zweier Ereignisse unter keinem guten Stern stand: Zum einen versandet der Hafen von Wangerooge, zum anderen war zwei Tage vorher eins der Fahrgastschiffe auf Grund gelaufen und stand nicht zur Verfügung. Unsere Fahrt fand zwar wie geplant statt, wurde wegen der Versandung aber um eine Viertelstunde verschoben. Da wir in Sande nicht viel Zeit hatten, sahen wir unseren Anschluss dort schon davon fahren. Aber im Gegensatz zur Hinfahrt klappte alles wie am Schnürchen: Wir erreichten den Anschluss (wieder ein SEV-Bus, da diesmal Wilhelmshaven–Varel sogar komplett gesperrt war) noch locker. Da ich direkt nach Hause fuhr, musste ich praktischerweise ab Varel nicht mehr umsteigen. Meine Freundin verließ den Zug in Oldenburg, erreichte Bremen aber auch wie geplant. Ich stieg schon in Osnabrück Altstadt aus, da ich von da den besseren Busanschluss nach Hause habe und nicht mit dem Koffer vom Hauptbahnhof laufen musste.

Noch mehr Bilder von der Inselbahn gibt es in meiner Fotosammlung unter „DB-Töchter Fernverkehr“ (da die Schifffahrt und Inselbahn Wangerooge trotz der eher kurzen Strecke zum Fernverkehr zählt).

Die bunten Siebziger

Das Wochenende war sehr bunt: Ich besuchte mal wieder Freund Konny in Berlin. Hin fuhr ich mit dem direkten Intercity, der pünktlich in HO ankam, aber wegen eines Polizeieinsatzes mit etwa +5 weiter fuhr, die er bis Spandau beibehielt. Da das City-Ticket jetzt in ganz Berlin gilt und die Busse noch im 10-Minuten-Takt fuhren, nahm ich den M45 zu meinem Ziel.

Der Samstag stand dann ganz im Zeichen der 70er- und 80er-Jahre, in denen der Großteil der U-Bahn-Linie 7 nach Spandau eröffnet wurde. Als deutliches Relikt aus dieser Zeit sind die Bahnhöfe teilweise quietschbunt gestaltet, was ich jetzt fotografisch festhielt. Wir starteten unsere Tour am Bahnhof Jungfernheide und machten Station am Siemensdamm (beide von 1980):

Kurios: Erst sollte sieben Minuten lang gar nichts kommen (für Berliner Verhältnisse schon recht lang) und dann gleich zwei Züge auf einmal:

Weiter ging es über Rohrdamm und Paulsternstraße. Letzterer Bahnhof (eröffnet 1984) war mir schon auf Fotos und beim Durchfahren als besonders bunt aufgefallen. Die Erwartungen wurden nicht enttäuscht:

Wir fuhren noch den Rest der Strecke bis zur Endstation Rathaus Spandau, die wieder ein ganz anderes Ambiente hat:

U-Bahnhof Rathaus Spandau

Auf dem Rückweg fuhren wir über Jungfernheide hinaus und bewunderten noch unter anderem die Station am Fehrbelliner Platz. Der untere Bahnsteig der U7 ist ganz im Stil der 70er gehalten (Eröffnung 1971, allerdings inzwischen umgestaltet), der obere Bahnsteig der U3 verrät sein viel früheres Eröffnungsdatum (1913), und das Empfangsgebäude an der Oberfläche atmet wieder den Geist der 70er:

Als Absch(l)uss bannte ich noch ein Bild des Bahnhofs Konstanzer Straße auf den Chip, dessen Farben an das Konstanzer Stadtwappen erinnern sollen. Architekt war hier wie bei den anderen U7-Stationen übrigens Rainer G. Rümmler.

Bahnhof Konstanzer Straße

Die Heimfahrt am Sonntag war auch noch eine Erkundungstour: Vom Bahnhof Spandau trat ich sie mit einem ICE 4 nach Hamburg an. Der fuhr kurioserweise gleichzeitig mit einem ICE-T nach Frankfurt (Main) ein. Nachher sah ich im Eisenbahnatlas, dass tatsächlich von Berlin Hbf (tief) Richtung Hamburg und von Berlin Hbf (Stadtbahn) Richtung Wolfsburg durchgehend konfliktfreies Fahren möglich ist.

Im Zug fand sich leider nur noch ein Platz auf dem Notsitz im Fahrradabteil, das ich dafür für mich alleine hatte und von wo ich ebenso gut die Fahrt durch die branden- und mecklenburgische Einöde verfolgen konnte. Trotz nicht voll ausgefahrener Geschwindigkeit und zeitweiligem Wechsel aufs Gegengleis erreichten wir AH nur mit +5, so dass noch genug Zeit für ein Essen beim Bahnhofsinder war. Der Anschlusszug, wieder ein 4er, war ebenso voll. Diesmal fand sich ein Platz im Abteil am Zugende, der sich beim Einchecken auch trotz ausgefallener Anzeige als nicht reserviert entpuppte. Auch hier fuhren wir kurzzeitig übers Gegengleis, erreichten HO aber trotzdem pünktlich.

Retro-Zug

Über die Bremen-Fahrt am Wochenende gibt es nur zu bloggen, dass ich beim Warten auf den Zug zurück nach Hause zufällig den ICE-Triebkopf sah, den die DB zur Erinnerung an 30 Jahre ICE mit dem damaligen Design versehen hat:

ICE-1-Triebkopf im Design von 1991

Leider nur ein nicht ganz so tolles Handyfoto, aber vielleicht gelingt mir ja noch ein besseres. Von der Fahrt selber gibt es zu sagen, dass der Zug hin +20 hatte (was mir aber einen deutlich entspannteren Feierabend bescherte), er zurück trotz zeitweisem Wechsel aufs Gegengleis und Schnellbremsung aber pünktlich war.

Die Perlen des Jahres

… sind auch in den Pandemiezeiten die Feiertage am Jahresende. Und trotz Pandemie machte ich mich mal wieder auf den Weg, zunächst allerdings aus Infektionsschutzgründen mit dem Mietwagen nach Bad Schwartau. Dort verbrachte ich die Weihnachtsfeiertage und die Zeit zwischen den Jahren und machte mich dann wieder mit dem Zug auf den Weg.

Praktischerweise lagen meine Ziele auch noch (fast) wie eine Perlenkette hintereinander: Mein Ziel für Silvester war Hamburg-Harburg, wohin ich mit dem direkten ICE von AL fuhr, hauptsächlich um eins der bald ablaufenden Mytrain-Tickets loszuwerden, die ich im Frühjahr etwas zu großzügig gekauft hatte. Angenehmer Nebeneffekt war, dass der Zug angenehm leer war. Pünktlich war er leider nicht, da wir wegen einer Streckensperrung eine Weile in Ahrensburg standen, aber dafür war die Verspätung am Ziel mit etwa +15 noch annehmbar.

Am Neujahrstag ging es dann in Begleitung meiner Freudin ein Stück zurück zum Hamburger Hbf. In der Hoffnung, dass der weniger voll war als die S-Bahn, nahmen wir den IC, wo wir auch tatsächlich genügend Abstand hatten (die S-Bahnen sahen allerdings auch nicht voll aus). Von dort spazierten wir zum Dammtorbahnhof, um dort einige meiner Freunde zu treffen, die gemeinsam ins neue Jahr gefeiert hatten. Weiter ging es mit dem ICE nach Bremen, der schon deutlich besser gefüllt war, in dem wir aber zum Glück reserviert hatten und der auch völlig pünktlich war.

Am Morgen des 3. Januar setzte ich mich dann wieder alleine in den Zug. Meine neue Heimat erreichte ich, wieder mit Mytrain-Ticket, diesmal aber nicht auf dem direkten Weg, sondern über HH, wo ich noch Fotos von der neuen (Coradia der Transdev Hannover) und der alten (424 der DB) machen wollte, die derzeit beide im Einsatz sind. Leider schien zwar die Sonne, stand aber so tief, dass die Bilder nicht wirklich brauchbar wurden. Obendrein entpuppte sich das Einschließen des Gepäcks als aufwendiger und teurer als gedacht, da just ab diesem Tag die Schließfächer für über ein Jahr geschlossen wurden und vorerst nur noch die Gepäckaufbewahrung zur Verfügung steht. Als weiterer Stolperstein stellte sich heraus, dass in meinem Anschluss-IC kein pandemiekompatibler Sitzplatz (sprich, mit freiem Nebenplatz) mehr zu haben war, was sich zum Glück aber in Minden änderte. So genoss ich es insgesamt doch, auf dem Rückweg etwas von den ausgetretenen Pfaden abgewichen zu sein und hoffe auf viele weitere gute Fahrten im neuen Jahr, die ich euch auch wünsche!

Streckenkunde 2021

Mal wieder sind vier Jahre um – Zeit, die Karte der von mir befahrenen Strecken zu aktualisieren. Zwei Dinge konnte ich 2017 noch nicht ahnen: zum einen die Corona-Pandemie, die die Gelegenheit zu Bahnfahrten zeitweise drastisch reduzieren würde, zum anderen meinen Umzug nach Osnabrück. Im Vergleich mit 2017 sind in allen möglichen Regionen Strecken „schwarz“ geworden, vor allem aber in Oberfranken und Südthüringen, wohin ich von NAH aus einige Touren unternommen habe, aber auch in Sachsen-Anhalt, wo ich in diesem und im letzten Jahr Urlaub gemacht habe. Aber auch in der „ganz neuen“ Heimat war ich schon etwas unterwegs, so neulich auf der Weser- und Lammetalbahn. Insgesamt heißt mein häufigstes Reiseziel aber Bremen, was zusammen mit der andauernden Pandemie das Tempo, mit dem sich die Karte schwärzt, natürlich drückt. Ich hoffe aber, auch 2022 und in den Jahren danach noch einige interessante Fahrten machen zu können.

Noch mehr auf eine Karte

Schon vor einiger Zeit hatte ich ja eine auf OpenStreetMap basierende Karte eingebaut, die (soweit noch bekannt) alle Orte, an denen ich Verkehrsmittelfotos aufgenommen habe, mit Links zu den jeweiligen Fotos zeigt. Dafür hatte ich ein Plugin für WordPress genutzt, was zwei Nachteile hatte: Zum einen war die Karte damit im Blog angesiedelt und nicht auf der eigentlichen Website, wo sie eigentlich besser ins Konzept passt, zum anderen war das Plugin nur begrenzt konfigurierbar. Das erforderte einige Tricks bei der Datenpflege, vor allem aber konnte ich so nur einen Link von der Karte zum Foto haben, aber nicht umgekehrt.

Daher habe ich mich noch mal auf die Suche nach etwas Passenderem gemacht und wurde schließlich fündig: Seit Anfang Oktober ist eine auf → Leaflet basierende Karte in der Website integriert. Leaflet ist eine JavaScript-Bibliothek, auf die ich bei der ersten Suche schon gestoßen war, mit der ich aber mit meinen ausbaufähigen Programmierkenntnissen damals noch überfordert war. Inzwischen habe ich mich aber hineingefuchst und konnte alles so konfigurieren, wie ich es haben wollte, insbesondere gibt es jetzt auch von jedem einzelnen Foto aus einen Link zum dazugehörigen Marker auf der Karte. Als kleines Bonbon ist die Hintergrundkarte jetzt nicht mehr das herkömmliche OpenStreetMap, sondern die darauf basierende → ÖPNVKarte, die thematisch viel besser passt. Ich hoffe, ihr habt mit der neuen Funktion genauso viel Spaß wie ich beim Basteln und Ausprobieren!

30 Jahre ICE – und ich

Heute vor 30 Jahren fuhr der erste planmäßige Hochgeschwindigkeitszug in Deutschland: der ICE, dessen Abkürzung damit nicht mehr „InterCityExperimental“, sondern „InterCityExpress“ bedeutete. Da damals mein Eisenbahninteresse gerade erwacht war, fand ich dieses Ereignis sehr spannend. Da ich aber selten selber Bahn fuhr und wenn, dann meistens vom Ruhrgebiet nach Hamburg, berührte es mich eher weniger persönlich. Immerhin hatte ich aber 1994 auf dem Bahnfest in Wanne-Eickel meine erste Begegnung mit einem stehenden ICE, dem späteren ICE 1:

Jan vor einem ICE 1

Auch das erste Innendesign hielt ich fotografisch fest, besonders faszinierten mich das damals hochmoderne Btx-Terminal und die Videobildschirme in der 1. Klasse:

1. Klasse eines ICE 1 im ursprünglichen Design
Bordrestaurant eines ICE 1 im ursprünglichen Design
Btx-Terminal in einem ICE 1
Videobildschirm im Sitz eines ICE 1

Es sollte noch drei weitere Jahre dauern, bis ich tatsächlich meine erste Fahrt in einem ICE machte, wenn auch noch nicht mit Hochgeschwindigkeit: Im Juni 1997 fuhr ich auf dem Rückweg von einem Seminar mit einem ICE 2 von Köln nach Essen. Auch dessen originales Design wirkte gleichzeitig poppig und kühl:

Einstiegsbereich eines ICE 2 im ursprünglichen Design

Erst 2002 fanden dann meine ersten Hochgeschwindigkeitsfahrten statt: Im August von Berlin ins Ruhrgebiet und im November von dort nach Bamberg über die gerade neu eröffnete Neubaustrecke Köln–Rhein-Main (KRM). Besonders letztere hat mich nachhaltig beeindruckt, konnte ich doch erstmals in Deutschland mit der Geschwindigkeit von 300 km/h reisen, die ich sonst nur vom TGV und seinen Brüdern Thalys und Eurostar kannte. Von meiner Premierenfahrt auf der KRM drehte ich sogar ein Video, das allerdings noch seiner Digitalisierung harrt und daher seit Jahren unangesehen ist. Sehr gediegen fand ich die Inneneinrichtung der für die KRM neu angeschafften ICE 3:

2. Klasse eines ICE 3 im ursprünglichen Design

Und heute? Bei der Eröffnung der KRM konnte ich noch nicht ahnen, dass sie wenige Jahre später zu meiner wohl meistbefahrenen Fernstrecke werden würde und ich dadurch so manche Stunde sparen würde (eine große rote 1 stand zur Eröffnung der KRM am Frankfurter Hbf, um die eingesparte Stunde zu symbolisieren). Durchs Rheintal fuhr ich nur noch, um Geld zu sparen und/oder die Aussicht zu genießen. Natürlich ist ICE-Fahren dadurch etwas viel Normaleres geworden, aber ich genieße immer mal wieder die Aussicht aus dem Fenster bei über 200 km/h, auch wenn sie natürlich nicht so spannend ist wie an der Loreley.

Die Zahl der ICE-Baureihen hat sich inzwischen noch weiter vergrößert, und mit dem ICE-TD ist eine leider schon wieder von deutschen (und dänischen) Schienen verschwunden (wenigstens nicht ohne dass ich mitgefahren wäre und ein nicht allzu gutes Foto gemacht hätte). Die älteren noch eingesetzten Baureihen haben auch schon ihr inneres und äußeres Redesign hinter sich, auch der Jubilar ICE 1, der durch eine Lebensdauerverlängerung noch ein paar Jährchen vor sich hat.

In Foren wie dem → ICE-Treff haben viele anlässlich des Jubiläums beklagt, dass das Reisen immer mehr der Beförderung gewichen sei, was sich unter anderem an Abstand und Design der Sitze bemerkbar macht. Das stimmt zwar einerseits, andererseits hat aber auch das Mobilitätsbedürfnis der Menschen (wie ja auch meins) zugenommen. Gerade unter dem Aspekt, dass die Bahn ein (halbwegs) klimafreundliches Verkehrsmittel ist, ist es gut, wenn sie daran teilhat, auch wenn Zuhausebleiben nicht nur gegen Corona, sondern auch für das Klima die wirksamste Methode ist. In diesem Sinne: Auf die nächsten 30 Jahre mit vielen (natürlich möglichst klima- und pandemieverträglichen) ICE-Fahrten!

It’s coming home, it’s coming, …

Auch Züge kommen mal „nach Hause“: Seit einiger Zeit haben ja die meisten ICE-Zuggarnituren einen Taufnamen, der auf eine Stadt verweist. Manchmal ist das eine, die nie einen ICE sehen wird (und teilweise mangels Elektrifizierung auch gar nicht kann). Mein Wohnort Aschaffenburg dagegen ist nicht nur prinzipiell Halt von ICE-Zügen, sondern zumindest am Tagesrand auch des ICE 1, von dem eine Garnitur nach der Stadt benannt ist. So kam es am Dienstag zu der Begegnung von Zug und Stadt Aschaffenburg, deren Zeuge ich eher zufällig beim Abholen meiner Freundin wurde:

ICE „Aschaffenburg“ in Aschaffenburg Hbf

Harz IV: Rü-beland und Rü-ckfahrt

Was bisher geschah

So langsam neigte sich mein Urlaub dem Ende zu, aber vorher gab es noch ein Bahn-Highlight: die Fahrt auf der Rübelandbahn. Diese ursprünglich Harzbahn genannte Strecke hat die Besonderheit, dass sie mit 25 kV 50 Hz elektrifiziert ist, im Gegensatz zum sonstigen deutschen Netz, das 15 kV und 16,7 Hz hat. Leider findet dort kein regelmäßiger Personenverkehr mehr statt, und der Museumsbetrieb auch „nur“ mit Dampfloks. Als nicht übermäßiger Dampflokfan hätte ich Betrieb mit den speziell gebauten Elloks der Baureihe 171 spannender gefunden, aber so konnte ich wenigstens die Strecke fahren, und so ganz zu verachten ist eine Dampflok ja auch nicht.

Den Hinweg zum Startbahnhof Blankenburg trat ich wieder mit dem für mich kostenlosen Bus der Harzer Verkehrsgesellschaft an. Dort angekommen, herrschte schon großer Andrang am Bahnsteig, bis der Zug bereitgestellt wurde. Der reguläre Personenzug nach Magdeburg, ein zweiteiliger LINT, machte indessen seine Pause ganz am Ende desselben Gleises. Blankenburg ist Kopfbahnhof, von hier geht es in zwei Richtungen: rechts ohne Strom nach Halberstadt und weiter nach Magdeburg, links auf die Rübelandbahn (für den Güterverkehr gibt es auch eine direkte Verbindung zwischen den Strecken). Eine weitere Besonderheit der Strecke ist die Spitzkehre in Michaelstein. Dort muss der Zug die Richtung wechseln, wozu die Dampflok um den ganzen Zug herumfahren muss. Viele stiegen aus, um dieses Spektakel zu bewundern und auf Chips zu bannen, ich betrachtete es entspannt aus dem Fenster.

Nach etwa 45 Minuten Fahrzeit erreichten wir den namensgebenden Bahnhof Rübeland. Dort war zwar für uns Endstation, allerdings nicht für die gesamte Strecke. Im Personenverkehr ging es früher weiter bis Königshütte und noch früher bis Tanne, der heutige Güterverkehr fährt immerhin noch bis zu den Fels-Werken kurz vor Königshütte. Auf einem Prospekt im Zug hatte ich gesehen, dass die Lok jetzt zum Lokschuppen der Eisenbahnfreunde fährt, um Wasser nachzufassen. Also machte ich mich zu Fuß auf den etwa viertelstündigen Weg.

95 1027 fasst Wasser am Lokschuppen in Rübeland

Am Lokschuppen stand nicht nur „unsere“ Lok, sondern auch die (oder das) „Mammut“, ein Exemplar der so genannten → Tierklasse, die die Halberstadt-Blankenburger Eisenbahn, die ursprüngliche Betreiberin der Strecke, hatte entwickeln lassen. Im Schuppen selber sind einige Eisenbahndevotionalien ausgestellt, unter anderem eine alte Abfahrtstafel.

„Mammut“ am Lokschuppen in Rübeland
Historische Abfahrtstafel im Lokschuppen Rübeland

Dann war die 95er fertig für die Rückfahrt und dampfte an meiner Kamera vorbei:

Anschließend machte ich mich auf den Rückweg zum Bahnhof, wo die Dampflok schon wieder am Zug stand und außerdem trotz des Samstags auch eine Ellok unterwegs war. Nachdem der Güterverkehr zwischenzeitlich schon auf Dieseltraktion umgestellt war, wird jetzt nach Protesten der Anwohner mit Mehrsystemloks der Havelländischen Eisenbahn gefahren.

Zug der Arbeitsgemeinschaft Rübelandbahn mit BR 95
Dampflok der BR 95 und Traxx-Mehrsystem-Ellok der HVLE in Rübeland

Mit einem Kaffee und einem Stück Kuchen aus dem „Bordbistro“ ging es wieder zurück nach Blankenburg. Für weniger bahnaffine Fahrgäste war auch eine Glasbläserin an Bord, ich genoss lieber die Aussicht zur anderen Seite als bei der Hinfahrt. Kurz vor Einfahrt in Blankenburg konnte ich auch einen Blick auf eine der letzten 171er erhaschen, leider steht sie nicht öffentlich zugänglich auf Betriebsgelände.

Zurück von Blankenburg fuhr ich mit dem Zug mit Umstieg in Halberstadt. Dabei erwischte ich dort vor dem Bahnhof nicht nur eine der regulären Straßenbahnen, sondern auch einen Partywagen, dessen -gesellschaft gerade noch rechtzeitig wieder einstieg, bevor mein Anschlusszug abfuhr:

Historischer Partywagen der Halberstädter Verkehrsgesellschaft

Auf der Weiterfahrt wollte ich aus dem Zugfenster noch ein Foto der „Prärie“ machen, fand sie aber so präriehaft gar nicht mehr. Jedenfalls werden hier im Gegensatz zu Kanada die Felder regelmäßig durch Baumreihen unterbrochen. So ging dann der letzte Urlaubstag ohne weiteres Foto zu Ende.

Am Sonntagmorgen hieß es dann abreisen. Gebucht hatte ich dieselbe Verbindung wie auf der Hinfahrt, wo sie ja nicht geklappt hatte. Diesmal war das anders: wieder vorbei an Vienenburg, dem laut Anschrift „ältestem noch erhaltenen Bahnhof Deutschlands“, Umstieg in Goslar in einen der vielen LINTe, aber den einzigen der DB, der dort fährt. Meiner war ziemlich voll, und von meinem Platz konnte ich wegen einer Reklamefolie nicht gut sehen. Übermäßig spannend schien die Strecke aber auch nicht zu sein. Ab Kreiensen, einem typischen Ort, den man nur als Bahnreisender kennt, nutzten wir die alte Hauptstrecke, die ich noch von der Umleitung letztes Jahr kannte. Der Aufenthalt in Göttingen war kurz, der Anschluss-ICE wieder mit Zwischenhalt nur in Kassel pünktlich. So hatte ich in FF wieder eine halbe Stunde Aufenthalt, die ich diesmal zum Essen nutzte. NAH erreichte ich ebenfalls pünktlich mit dem RE und zu einer Zeit, zu der der Stadtbus noch fährt und ich nicht mit meinem Koffer nach Hause laufen musste.

Danke fürs Lesen!