Variationen zum Thema

Das meiste, was ich vom 2. bis 6. Januar tat, tat ich nicht zum ersten Mal: Beispielsweise hatte ich den Feiertag am 6. Januar für einen Kurzurlaub ausgenutzt, und auch mein Ziel London hatte ich schon einmal besucht, allerdings das letzte Mal vor gut 15 Jahren. Gebucht hatte ich am ersten Buchungstag und gerade noch zwei London Spezial zum niedrigsten Preis ergattert: eins von Essen, wo ich das neue Jahr begrüßt hatte, und eins nach Aschaffenburg. Während ich noch dabei war, den Urlaub für den 5.1. zu klären, waren die Preise schon angestiegen, und es gab den Preis von 54 Euro nur noch für die erste Verbindung hin und die letzte zurück.
Gesagt, getan: Am Morgen des 2. Januar machte ich mich aus dem Domizil eines Freundes auf zum Hauptbahnhof – gemeinsam mit einer Freundin, die an diesem Tag arbeiten musste. Auf diese Weise war ich eine Viertelstunde früher als nötig am Bahnhof, so dass ich statt der Umsteigeverbindung mit RE 2 und 5 den direkten RE 1 nehmen konnte. Auf der Fahrt passierte nichts Besonderes, in Köln vertrieb ich mir die Zeit mit einem Frühstück in der Lounge. Mein Anschluss-ICE kam leicht verspätet, und ich fand nach anfänglichem Suchen noch einen unbelegten Zweierplatz, wo ich bald einschlief. Brüssel Süd erreichten wir pünktlich, und ich machte noch einige Fotos von TEC-Bussen und NMBS-Zügen. Dann checkte ich beim Eurostar ein. Was ich bei der letzten Fahrt noch nicht wusste: Mit bahn.comfort-Karte kommt man in die Business-Lounge, für die sonst ein Fahrschein der höchsten Kategorie Business Premier erforderlich ist. Natürlich nutzte ich das aus und genoss das Frühstück und das kostenlose WLAN. Allerdings nur kurz, denn kurz nach dem Start des Boardings warf man mich heraus, damit ich den Zug nicht verpasse. Diese Sorge hielt ich für unnötig, denn im Zug saß ich so noch fast eine Viertelstunde herum. Auch während der Weiterfahrt schlief ich vorwiegend, so dass ich die Fahrt durch den Eurotunnel nur am Rande mitbekam und erst kurz vor London, das wir pünktlich erreichten, wieder aufwachte.
In St. Pancras angekommen, checkte ich mit meiner vorher erworbenen Oystercard in die U-Bahn ein und fuhr zu meiner Unterkunft für die ersten zwei Nächte, dem sehr empfehlenswerten → Barmy Badger Backpackers in Earl’s Court. In den folgenden vier Tagen erkundete ich die britische Hauptstadt vor allem mit dem ÖPNV: unter anderem mit der Emirates Air Line, einer Seilbahn über die Themse, mit der U-Bahn und natürlich mit den roten Doppeldeckerbussen, von denen es dem Titel des Beitrags entsprechend inzwischen diverse Varianten gibt. Den klassischen Routemaster sah ich auch, allerdings nicht mehr auf Londons Straßen, sondern im sehr empfehlenswerten (allerdings 15 Pfund teuren) → London Transport Museum.
Einen Tag widmete ich sogar fast komplett dem ÖPNV: Von der Wohnung meines Cousins, meiner zweiten Unterkunft, fuhr ich mit der S-Bahn-artigen London Overground nach Clapham Junction, „Britain’s busiest railway station“. Das ist nicht übertrieben, denn praktisch minütlich kam von irgendwo ein Zug angefahren. Über eine Stunde hielt ich mich hier auf, bis es mir gelungen war, einige hoffentlich brauchbare Fotos zu schießen (demnächst auf meiner Website). Auch auf dem Waterloo-Bahnhof machte ich noch einige Aufnahmen und fuhr dann mit der Waterloo+City, der kürzesten U-Bahn-Linie.
Die London Overground nutzte ich auch am letzten Tag, um zum → Londoner Hindu-Tempel zu kommen. Auf dem Rückweg sah ich, dass der Bus, der dort vorbei fuhr, auch an der Overground-Station Brondesbury Park hielt. Da mir das einen Umstieg ersparte, blieb ich in Harlesden im Bus sitzen, nur um dann festzustellen, dass der Bus wahnwitzige Mäander durch diverse Wohngebiete fuhr. Auf die Ansage „Brondesbury Park“ hin stieg ich aus – und entdeckte weit und breit keinen Bahnhof. Nach einem etwa viertelstündigen Fußmarsch entlang der Straße, in die der Bus abgebogen war, tauchte er dann schließlich auf. Merke: „Brondesbury Park“ ist nicht gleich „Brondesbury Park Station“ – ersteres ist nämlich nur der Name der Straße.
Meine Oystercard, die ich mit 30 Pfund gekauft hatte, musste ich übrigens zweimal nachladen, so dass ich insgesamt fast 50 Pfund gelassen habe. Die Logik, nach der abgebucht wurde, kann ich nicht so ganz verstehen: So wurde für die Fahrt von Canonbury nach Waterloo (über Clapham Junction und Wimbledon, aber ohne Auschecken dort) über 5 Pfund berechnet, und auch die Busfahrt von Harlesden zum Tempel kostete extra, obwohl sie in derselben Zone war. Für meinen nächsten Besuch werde ich mich definitiv statt für „Pay as you go“ für eine Travelcard entscheiden.
Zurück von meinem Cousin nach St. Pancras machte ich mich schließlich mit dem direkten Bus der Linie 30, die mit dem besonders formschönen „New Bus for London“ gefahren wird. Die Rückfahrt verlief ohne jegliche Komplikation: Der Eurostar war gähnend leer, so dass ich statt meines reservierten Gang- einen Fensterplatz einnehmen konnte. Eingenommen habe ich auch einen mit 2,10 Euro ziemlich teuren Müsli-Joghurt und später in FF eine Chilibratwurst an meinem neuen Lieblingsstand „Wursthelden“ – „Sandwich and more“ gibt es nicht mehr. Fast pünktlich erreichte ich um kurz vor 23 Uhr NAH, von wo ein Taxi mich und meine gesammelten Werke aus dem Weihnachtsurlaub nach Hause brachte. Verabschieden tue ich mich mit dem London-Bild: Parlament und Big Ben mit rotem Doppeldecker – natürlich ein „New Bus for London“:

Houses of Parliament mit Bus

Leicester ohne Silvester

Mal nicht zum Jahreswechsel, sondern Anfang Mai ging es diesmal nach Leicester, um eine dort ansässige alte (dieses Jahr kennen wir uns 15 Jahre) Freundin zu besuchen. Nach kurzem Überlegen hatte ich mich wieder für eine Bahnreise entschieden, da ich darauf mehr Lust hatte als auf einen Flug und die Kosten ungefähr die gleichen waren. Von NAH nach London und zurück waren Fahrkarten (London-Spezial) für 128 Euro zu haben, Voraussetzung war, dass ich mich am vorletzten Samstag schon um 4.27 Uhr auf den Weg machte. Gesagt, getan, den Wecker auf 3.45 Uhr gestellt und mit dem Taxi zum Bahnhof. Dort fuhr der Zug auch pünktlich ab. Der Zub, der mich mit den Worten begrüßte „Dann bringen wir mal das Unangenehme hinter uns“, fragte mich, ob ich denn in Hanau umsteigen würde, dieser Zug führe nur bis FFS. Ich jedoch genoß die Fahrt lieber in voller Länge und dösenderweise und begab mich von der Endstation, an der der Zug übrigens geleert und verschlossen wurde, mit der S-Bahn zum Hbf. Dort schlug ich die Zeit im goldenen M tot und kam eine Viertelstunde vor der Abfahrt just in dem Moment an den Bahnsteig, als mein ICE dort bereitgestellt wurde. Einer spontanen Eingebung folgend, besetzte ich einen Platz in der Lounge und wurde dort Zeuge eines Gesprächs von zwei Bahnern, die erst mal alle Mängel des heute eingesetzten Zuges herunterbeteten, darunter je eine ausgefallene Toilette und Klimaanlage.
Die Fahrfähigkeit des Zuges war aber nicht beeinträchtigt, und so holte ich auf dem größten Teil der Strecke den dringend benötigten Schlaf nach. Nur an den entscheidenden Stellen war ich wach: bei der Fahrt über die Kölner Flughafenschleife, die ich bisher sehr selten befahren habe, beim Grenzübertritt nach Belgien und schließlich kurz vor Brüssel. Dort wartete schon das Reinigungsteam ungeduldig darauf, dass ich mitsamt Gepäck den Zug verließ.
Mein erster Gang führte mich zu einem Café im Bahnhof, wo ich ein weiteres Frühstück genoss. Als das erledigt war, zog es mich zu den Bahnsteigen des Binnenverkehrs, wo es mir gelang, ein Foto des SNCB-Desiro zu schießen. Mit diesem hatte ich beim Tag der offenen Tür im Siemens-Prüfzentrum Wildenrath sogar schon eine Probefahrt gemacht, wovon es wegen des anschließenden Diebstahls meiner Kamera leider keine Fotos mehr gibt.
Nachdem nun auch das abgehakt war, machte ich mich auf den Weg zum Eurostar-Check-in, wo die Kontrollen erfreulich schnell gingen. Es bei der Business Lounge zu probieren, hätte eh keinen Zweck, dachte ich – was schade war, da ich nachher erfuhr, dass ich mit meiner bahn.comfort-Card durchaus hineingekommen wäre. Viel Zeit blieb bis zur Abfahrt des Zuges aber ohnehin nicht mehr, wobei ich aber den größten Andrang nach Beginn des Boardings erst mal abwartete.
Während der Fahrt forderte schon wieder die Müdigkeit ihren Tribut, so dass ich nichts Besonderes erzählen kann, wohl aber bezeugen, dass wir tatsächlich in Lille gehalten haben und durch den Kanaltunnel gefahren sind. Erst etwa in Höhe des Themsetunnels wachte ich wieder ganz auf und bereitete mich so langsam auf den Ausstieg vor. Die Bahnhofshalle von St. Pancras kenne ich ja nun schon ein wenig, finde sie aber jedesmal wieder beeindruckend, auch wenn im Moment ein → Tetris-artiges Kunstwerk vor der großen Uhr hängt.
Wegen einer möglichen erneuten Passkontrolle in London hatte ich nach den Erfahrungen vom letzten Mal extra Zeit zum Anschlusszug eingeplant, aber diesmal gab es keine. Allerdings wurde vor mir ein Paar durch den Zoll herausgefischt, möglicherweise eine Stichprobenkontrolle auf illegale Gegenstände. So war ich also in relativ kurzer Zeit draußen und konnte erst mal Pfund sowie meine vorbestellten Anschlussfahrscheine holen. Letzteres tat ich im Inneren des Reisezentrums, wo es eigens dafür Automaten ohne lange Schlange davor gab. Den Rest der Wartezeit verbrachte ich im kostenlosen WLAN. Zum Anschlusszug machte ich mich mal wieder in letzter Minute auf den Weg, zumal mich schon wieder der Hunger überkam und ich mir noch schnell etwas zu essen kaufen wollte. Letztendlich bekam ich den Zug – wieder einen Meridian – ohne Probleme. Mein reservierter Fensterplatz war belegt, aber zum Glück war in unmittelbarer Nähe ein Gangplatz am Tisch frei. So fuhr ich nun ohne weiter Berichtenswertes und wieder mit ein paar Minuten Schlaf nach Leicester, das ich pünktlich um 14.00 Uhr Ortszeit erreichte. Dort erwarteten mich schon meine Gastgeberin und zwei weitere Gäste, um mich mit dem Auto abzuholen.

Auf der Rückfahrt am darauffolgenden Mittwoch erreichte ich den Bahnhof dagegen mit dem Bus, natürlich stilecht ein Doppeldecker, in dem die Plätze vorne oben zum Glück noch frei waren. Wie schon nach der Silvesterfeier 2012/13 kaufte ich mir noch schnell beim Tesco nebenan einen „Meal Deal“. Die automatische Sperre am Eingang wollte meinen Fahrschein nicht haben, an der manuellen Kontrolle kam ich aber ohne Probleme durch. Diesmal hatte ich zum ersten Mal bei East Midlands einen High Speed Train erwischt. Da es keine Wagenstandsanzeiger gibt, wusste ich erst beim Halt, wo mein Wagen hielt und musste mich entsprechend beeilen. Drinnen herrschte aber ohnehin gähnende Leere, so dass ich mich auf einen anderen als den reservierten Platz setzte. Auf dem Weg nach London kam noch die Minibar durch sowie ein Zub, der die Reservierungszettel für die Rückfahrt steckte. London erreichten wir – diesmal mit Zwischenstopp in Market Harborough – pünktlich um 14.14 Uhr. So blieben zwar nur 50 Minuten bis zur Abfahrt des Eurostar, der Fahrschein war aber unschlagbar günstig. Nach der Ankunft marschierte ich also direkt zum Check-in, der manuell (was für DB-Fahrscheine nicht anders geht) sogar schneller ging als automatisch. Auch Gepäck- und Passkontrolle waren schnell abgehakt, so dass ich noch ein paar Minuten im nett gestalteten Abfahrtsbereich sitzen konnte, bevor der Zug schließlich zum Einstieg freigegeben wurde. Die Fahrt verlief dann ohne weitere Zwischenfälle, und diesmal erlebte ich sie sogar komplett wach.
In Brüssel angekommen, hatte ich zwar de facto nur etwa eine Viertelstunde Zeit, wollte aber trotzdem mal die Thalys-Lounge ausprobieren, die bei meinen bisherigen Aufenthalten ja wegen Wochenende geschlossen war. Die Empfangsdame kannte sich jedoch mit den verschiedenen BahnCards nicht besonders gut aus, was ich als ein Verweigern des Zutritts interpretierte und schon entnervt gehen wollte. Da pfiff sie mich zurück und meinte, es sei ein Missverständnis gewesen, sie werde mich jetzt hineinlassen und ihren Chefs weitergeben, dass BahnCards jetzt einen grünen statt einen roten Streifen haben.
Meine leichte Aggressivität war mir nun ein wenig peinlich, und die Zeit war auch fast um, so dass ich nach wenigen Minuten wieder aus der Lounge spazierte und mich auf dem Weg zum ICE machte. Er war wesentlich voller als auf der Hinfahrt, aber ich fand noch einen unreservierten Platz. Die weitere Fahrt verlief wiederum ohne Besonderheiten. Hatte ich mich auf der Hinfahrt gefragt, wo denn die Zeit für den Umweg über KFKB herkam, so stellte ich auf der Rückfahrt fest, dass es bei den Brüssel-ICE, die nicht über den Flughafen fahren, einfach einen 13-minütigen Aufenthalt in KK gibt. Die Endstation FF erreichten wir nach einigen außerplanmäßigen Halten schließlich mit etwa +5. Da ich diesmal wusste, dass die Lounge um 22 Uhr schließt, begab ich mich erst dorthin, um dort noch eine heiße Schokolade zu genießen und die Zeitung durchzublättern. Anschließend gönnte ich mir in der Bahnhofshalle noch eine Chilibratwurst, bevor dann die Warterei auf meinen Anschluss-ICE losging, der leider mit +15 angekündigt war. Ich fragte mich schon, ob es nicht besser sei, den RE zu nehmen, da trudelte der ICE schließlich ein und fuhr letztendlich mit ca. +20 wieder ab. Bei der Kontrolle meinte die Zub-in noch: „Na, Sie haben ja schon eine ganz schöne Strecke hinter sich“, was ich nur bejahen konnte. Mit derselben Verspätung traf ich auch in NAH ein und entschied mich aufgrund der späten Stunde und des Gepäcks nicht für das Warten auf die Wertheimer RB, sondern ein Taxi nach Hause.

ICE im Eurotunnel (3)

Wie schon mehrfach berichtet, möchte die DB gerne eine direkte ICE-Verbindung von Frankfurt nach London einrichten. Inzwischen wurden auch die Sicherheitsbestimmungen geändert, so dass technisch und rechtlich dem Verkehr nichts mehr im Wege steht.
Es fehlen allerdings noch zwei nicht ganz unwichtige Details: Zum einen die Fahrzeuge, denn die neue Linie kann erst eingerichtet werden, wenn die neuen ICE-Züge zur Verfügung stehen, was bereits seit zwei Jahren überfällig ist. Zum anderen müssen die Abfahrtsbahnhöfe Frankfurt, Köln und Aachen für die notwendigen Sicherheitskontrollen umgerüstet werden. Und hier liegt wohl der Hauptknackpunkt: Die Umbauten an den Bahnhöfen wären vor allem in Köln sehr aufwendig und würden ein Gleis belegen, das für den Zugverkehr im überlasteten Bahnhof dringend benötigt wird.
Die Sicherheits- und Passkontrollen erschweren aber auch die Abwicklung für Reisende, die nicht erst in London aussteigen wollen. Die britischen Behörden verlangen nämlich, dass eine Einreise ohne Kontrolle (z.B. durch einfaches Sitzenbleiben im Zug) unmöglich sein muss, siehe auch das „Lille Loophole“. Gleichzeitig verbietet aber das Schengener Abkommen die Vollkontrolle von Reisenden innerhalb des Geltungsbereiches.
Sinn und Unsinn der Kontrollen mal wieder beiseite gelassen: Wahrscheinlich ist das Dilemma ohnehin nur so zu lösen, dass kurz vor dem Eurotunnel (etwa in Brüssel oder Lille) alle Reisenden aussteigen müssen, durch die Kontrolle geschickt werden und dann wieder einsteigen. So wird es jedenfalls für ähnliche geplante Verbindungen aus Richtung Frankreich und der Schweiz diskutiert. Aus meiner Sicht eine reichlich absurde Lösung, die wieder einmal die Frage aufwirft, ob ein direkter ICE Frankfurt–London um jeden Preis eingerichtet werden muss. Ich hielte es für viel sinnvoller, wenn die Kooperation zwischen DB und Eurostar verbessert würde: z.B. könnte man durchgehende Fahrscheine immer verkaufen und nicht nur im Rahmen der begrenzten Verfügbarkeit des London-Spezials. Für Reisende aus Süddeutschland biete sich auch eine direkte Tarifierung über Paris an, die Beteiligten sind auch hier ausschließlich DB und Eurostar. Und auch an den Anschlüssen in Brüssel kann noch einiges verbessert werden: in der Regel hat man dort über eine Stunde Aufenthalt, bei meiner Reise im Dezember hatte ich wegen einer Taktlücke sogar zwei. Mit einem Express-Check-in und/oder veränderten Fahrplanlagen könnte man hier die Reisezeit um einiges verkürzen. Die Züge, die sonst für die Fahrt nach London gebunden wären, könnte man dann (wenn sie denn irgendwann mal fahren) z.B. für eine Verdichtung der Brüssel-Verkehre oder ganz anders nutzen.

Erfahrungsbericht London-Spezial

Viele Besucher sind schon mit diesem Suchwort auf meine Seite gekommen und waren dann vermutlich enttäuscht, dass ich noch nie mit einem London-Spezial gefahren bin. Das hat sich nun geändert: Über Silvester 2012 bin ich von Marl nach Leicester und zurück nach Aschaffenburg mit dem London-Spezial gefahren. Anhand der Dinge, die ich erlebt habe, kann ich euch nun ein paar Tipps geben:

  • Ein London-Spezial ist nur erhältlich, wenn von Deutschland nach Brüssel bzw. umgekehrt der ICE benutzt wird. Unter Umständen ist das nicht die schnellste Verbindung, weil man in Brüssel länger warten muss und in der Zwischenzeit ein Thalys fährt. Nur Verbindungen mit ICE findet ihr, wenn ihr als Via-Bahnhöfe Aachen und Brussel-Noord festlegt und auf diesem Abschnitt nur Direktverbindungen zulasst. Der Thalys hält nämlich nicht in Brüssel-Nord.
  • Das London-Spezial ist nicht immer die günstigste Fahrkarte. Da der BahnCard-Rabatt nur 5 Euro beträgt, kann es vor allem mit BahnCard günstiger sein, einen Normal- oder Sparpreis bis Brüssel zu kaufen und den Eurostar separat zu buchen. Zum Preisvergleich empfehlen sich die Seiten von TGV-Europe (leider kein Link, hier kann man Eurostar und Thalys buchen) und Eurostar (ebenfalls leider kein Link). Das gilt auch, wenn das London-Spezial ausverkauft ist (es handelt sich um den einzigen Sparpreis der DB, zu dem es keinen Normalpreis gibt).
  • Die Reservierung im Brüssel-ICE ist nicht erforderlich und kostet daher extra (zzt. 4 Euro pro Richtung). Bei meinen Fahrten hat sie sich auf jeden Fall gelohnt, hier muss jeder für sich selbst entscheiden.
  • Wenn man durch Zugverspätung einen Anschluss verpasst, ist wie immer die Zugbindung aufgehoben. Auch der Fahrschein für den Eurostar kann man kostenlos umbuchen. Ist der nächste Zug von/nach Brüssel ein Thalys, kann man sich darauf umbuchen lassen. Das alles übernimmt im Rahmen von Railteam (leider kein Link) die Information oder das Reisezentrum, Stichwort „Hop on the next available train“ (HOTNAT).
  • Da die Kontrollen am Eurostar-Einstiegsbahnhof ihre Zeit dauern, sollte man die Check-in-Zeiten auf jeden Fall beachten. Mit dem Barcode auf DB-Online-Tickets kann man nicht automatisch einchecken. Das manuelle Einchecken hat bei meiner Reise aber nicht länger gedauert.
  • Wer von London weiter fahren will, kann britische Züge bei → National Rail ohne Buchungsgebühr buchen. Das Preissystem ist ähnlich wie bei der DB – frühe Buchung mit Zugbindung (in diesem Fall mit Gratis-Reservierung) lohnt sich! Die online gebuchten Tickets kann man dann vor Ort am Automaten abholen.
  • Auch nach der Ankunft sollte man einige Zeit vor einem eventuellen Umstieg einkalkulieren. Eurostar-Züge sind lang, und in London findet außerdem noch eine Einreisekontrolle statt. Die U-Bahn-Fahrzeiten zu den anderen Londoner Bahnhöfen erfährt man bei → Transport for London.

So, das müsste das Wichtigste sein. Wer möchte, kann den ganzen Reisebericht der Leicester-Fahrt lesen. Und unter „Bahnfragen selber stellen“ und „Kontakt“ könnt ihr mich wie immer mit weiteren Fragen löchern.

…, Kontrolle ist besser?

Man kann verschiedener Meinung darüber sein, ob man Menschen überhaupt verbieten sollte, ein ganzes Land (oder mehrere) zu betreten. Ebenso lässt es sich sicher darüber diskutieren, ob es innerhalb der ohnehin nach außen recht gut gesicherten EU noch weitere Grenzkontrollen geben sollte. Beides hat erst einmal wenig mit Verkehr zu tun und soll daher hier kein Thema sein.
Selbst wenn man beide Fragen mit Ja beantwortet, darf man sich aber über das wundern, was derzeit im Eurostar von Brüssel nach London passiert: Zunächst einmal werden keine Eurostar-Fahrkarten von Brüssel nach Lille mehr verkauft. Grund dafür soll wohl sein, dass man die Ausweise der Fahrgäste mit diesen Fahrkarten (da innerhalb des Schengenraums) nicht kontrollieren durfte und dies zur illegalen Einreise nach Großbritannien genutzt wurde. Trotzdem gibt es im Eurostar-Terminal in Brüssel noch einen Gang für Fahrgäste nach Lille, der die Passkontrollen umgeht, aber bei meiner Fahrt am Samstag logischerweise von niemandem genutzt wurde. Bevor man auf den Bahnsteig kommt, findet also eine vierfache Kontrolle statt: Fahrschein, Ausreise Schengen, Einreise UK, Gepäckdurchleuchtung. Im Zug wurden dann eigenartigerweise noch einmal die Fahrscheine kontrolliert – am Check-in wird eigentlich schon sehr genau hingeguckt, aber gut. Bevor wir Lille erreichten, wurde dann durchgesagt, dass aussteigende Fahrgäste (die es ja eigentlich gar nicht geben dürfte) ihren Fahrschein für eine Ausgangskontrolle bereithalten müssten. Eine Ausgangskontrolle mag ja Sinn haben, wenn die Möglichkeit besteht, dass jemand weiter gefahren ist als erlaubt. Entsprechend unsinnig ist so eine Kontrolle am ersten Haltebahnhof eines Zuges, dessen Abfahrtsbahnsteig streng abgeschirmt und nur nach Vorzeigen der Fahrkarte zugänglich ist … Aber auch nach der Ankunft in London müssen neuerdings noch einmal Ausweis und Fahrkarte vorgezeigt werden, wodurch ich beinahe meinen Anschlusszug verpasst hätte.
Auf der Rückfahrt war bezeichnenderweise alles viel entspannter: In London nur Check-in, Einreisekontrolle Schengen und Sicherheitskontrolle, interessanterweise keine Ausreisekontrolle UK und keinerlei Kontrollen im Zug und in Brüssel. Fahrten von Lille nach Brüssel sind in dieser Richtung auch problemlos möglich, was eine ärgerliche Asymmetrie in der Anzahl der Hin- und Rückverbindungen ergibt.

Fazit: Wenn schon Kontrollen, würden doch eine Fahrkarten- und Gepäckkontrolle in Brüssel und eine Einreisekontrolle in London ausreichen. Das würde den Aufwand für Fahrgäste und Personal beträchtlich reduzieren und Eurostar besser ausgelastete Züge zwischen Brüssel und Lille bringen.

Ein ausführlicher Reisebericht meiner England-Reise folgt übrigens demnächst. Bei meinen Recherchen für diesen Beitrag bin ich außerdem auf ein englisches Blog gestoßen, das sich u.a. mit den Schwierigkeiten europäischer Bahnreisen, aber auch mit Europapolitik im Allgemeinen befasst: → Jon Worth.

Nachtrag Juni 2013: Durch einen → Beitrag im ICE-Treff habe ich den Grund für die komplizierte Kontrollprozedur erfahren: Man kann zwischen Brüssel und Lille weiterhin den Eurostar mit einer TGV-Monatskarte benutzen. Die Ausgangskontrolle in Lille dient also der Feststellung, ob wirklich alle Lille-Fahrgäste ausgestiegen sind. Wenn nicht, wird im Zug noch mal kontrolliert. Die UK-Einreisekontrolle in Brüssel könnte man sich, wenn sie ohnehin in London noch mal gemacht wird, eigentlich sparen, aber man will wohl die Zahl der von London zurückgeschickten Fahrgäste möglich gering halten. Wie gesagt: Auf meinem Mist ist das Ganze nicht gewachsen …

Weiße Stadt, Cité Blanche oder Yeti Witch?

Dass U-Bahn-Netzpläne eine Spielwiese für Sprachspieler darstellen, konnten aufmerksame JKBF-Leser schon in den Beiträgen über den übersetzten Plan von Stockholm und den Anagrammplan von Berlin sehen. Für eins der ältesten und größten U-Bahn-Netze der Welt gibt es so etwas natürlich gleich mehrfach: das „Project Mapping“ stellt auf seiner Website eine → Sammlung von Variationen des Londoner U-Bahn-Plans vor. Darunter sind auch mehrere deutsche und eine französische Übersetzung sowie eine Anagrammkarte. Wer sich generell für den Schienenverkehr auf den britischen Inseln und anderswo interessiert, findet beim Weiterklicken auf der Website auch noch weitere selbst gestaltete Karten sowie Kritik an den offiziellen Darstellungen.

British Ticket Confusion

Buchungsmaske von thetrainline.com

Wer dachte, dass das Tarifsystem der Deutschen Bahn kompliziert ist, der kennt nicht das Tarifsystem der britischen Eisenbahnen. Auf dem Bildschirmfoto seht ihr einen Ausschnitt aus der Buchungsmaske von → thetrainline.com. Zwischen 12.55 und 13.55 Uhr fahren von London St. Pancras nach Leicester fünf Züge, und diese fünf Züge haben insgesamt sage und schreibe elf verschiedene Tarife zum Preis von 9 bis 93 Pfund. Alle, die mit einem „ADV“ markiert sind, müssen im Voraus gekauft werden und sind zuggebunden, ganz wie die Sparangebote der DB. Wo übrigens der Unterschied zwischen den beiden „First Advance Single“ für 15 Pfund ist, habe ich nicht herausgefunden. Die „Off-peak“- und „Super-off-peak“-Angebote gelten nur zu bestimmten Zeiten, dann aber flexibel in allen Zügen – ein bisschen vergleichbar mit dem früheren Sparpreis/Super-Sparpreis der DB. Das „Anytime“-Angebot entspricht dem Normalpreis der DB, und alle „First“-Angebote sind für die erste Klasse. Beim „First Inclusive“ sind noch ein englisches Frühstück, eine Zeitung, ein Parkplatz am Bahnhof und ein U-Bahn-Ticket für London mit inbegriffen. Dass ein Tarif angezeigt wird, bedeutet übrigens nicht, dass er auch verfügbar ist – wenn man versucht zu buchen, kann immer noch eine Meldung kommen, dass es keine Fahrkarten mehr gibt.
Die Tarifsysteme in GB und D tun sich also nicht viel – das eine mag mehr verschiedene Tarife haben, das andere hat dafür eine unübersichtlichere Darstellung bei der Buchung. Die Methoden der Bahnen, die Auslastung der Züge über den Preis zu steuern, sind sich aber ziemlich ähnlich (und auch bei den vielgelobten Billigfliegern nicht großartig anders).