Heart of Britain (4/Schluss)

In der letzten Folge habe ich mit einem Freund und seiner Tochter einen Abstecher über die Heart of Wales Line gemacht, um die nächsten Tage mit ihnen und weiteren Freunden in der Nähe von Shrewsbury zu verbringen. Jetzt mache ich mich nach acht schönen Tagen auf der Insel wieder auf den Heimweg. Den könnte ich zwar theoretisch an einem Tag schaffen, dann wäre es aber eine 13-Stunden-Ochsentour, auf der alle Anschlüsse klappen müssen. Also habe ich einen Zwischenstopp eingeplant und mich nach einigem Überlegen für Lille entschieden, weil ich da noch nie war und es ziemlich genau auf halbem Weg liegt.

Aufmerksamen Lesern ist es übrigens vielleicht aufgefallen: Ich bin insgesamt acht Tage mit dem Zug unterwegs, obwohl ich nur ein 7-Tage-Interrail habe. Den fehlenden Tag habe ich am ersten Tag in Cornwall mit einem „Cornwall Ranger“ überbrückt, mit dem man für 15 Pfund einen Tag auf allen Bahnstrecken westlich von Plymouth fahren kann – sehr gut angelegtes Geld.

Die Rückreise beginnt in Wellington – natürlich nicht dem in Neuseeland, sondern dem in Shropshire, das in der Nähe des Wohnorts von meiner Freundin und ihrem Mann liegt. Von dort will ich über Birmingham nach London fahren. Dort habe ich eine Stunde Puffer gegenüber der vorgesehenen Übergangszeit zum Eurostar eingeplant. Leider geht die schon bei der Abfahrt verloren, weil der schnelle Zug nach Birmingham, der aus Holyhead kommt, so viel Verspätung hat, dass der Anschluss in Birmingham nicht mehr klappt. In der Zwischenzeit kommt der langsame Zug aus Shrewsbury, mit dem ich letztendlich fahre.

Kaum losgefahren, schon in Hamburg 😉
Mein Zug nach der Ankunft in Birmingham New Street

Da die schnellen Züge von Birmingham nach London im Halbstundentakt fahren, soll sich meine Ankunft dort auch nur um eine etwa halbe Stunde verzögern. Leider hat aber auch dieser Zug Verspätung. Unterwegs schleicht er noch ein bisschen und wird schließlich an einem der Halte vom nachfolgenden Zug überholt, weil dieser dort nicht hält. Letztendlich erreiche ich die Hauptstadt aber immer noch rechtzeitig für den Eurostar. Für den muss ich jetzt erst mal die etwa 1000 Meter von Euston nach St Pancras laufen. Als meine Freunde noch in Leicester oder dort in der Nähe wohnten, war das in dieser Hinsicht deutlich praktischer.

Solche Pendolinos von Avanti West Coast fahren zwischen London, Birmingham und dem Norden

Die Schlange am Check-in ist lang, zumal die Züge nach Brüssel und Paris fast gleichzeitig abfahren. Erfreulicherweise spare ich bei der Passkontrolle ein wenig Zeit, da ich mit meinem EU-Pass herausgewunken werde und die automatischen Terminals benutzen kann. Die Zeit bis zur Abfahrt will ich wieder in der Lounge verbringen. Ich zeige der Mitarbeiterin am Eingang meinen 2D-Code für den Loungezugang in der BahnBonus-App. Sie fragt gezielt nach „something with your name on it“, worauf ich ihr die virtuelle BahnCard in der App zeige. Dann will sie noch meine Fahrkarte sehen (was recht unsinnig ist, weil man ohne Fahrkarte ja gar nicht in den Check-in-Bereich kommt) und lässt mich rein, so dass ich noch ein wenig Knabbersachen und Getränke genießen kann. Komplette Mahlzeiten wie in der DB-Premium-Lounge gibt es hier nicht.

Der Eurostar fährt pünktlich ab, bleibt aber kurz vor Ashford kurz stehen und fährt dann auch nicht mit vollem Tempo. Trotzdem erreichen wir Lille nur mit etwa +10. Einen Anschluss brauche ich ja sowieso nicht mehr, mein Hotel ist sogar in Laufentfernung vom Bahnhof Europe direkt gegenüber dem alten Bahnhof Flandres. Ich checke ein und spaziere dann noch ein wenig durch die Stadt, die ihren flämischen Einfluss nicht leugnen kann.

Am nächsten Morgen widme ich mich noch dem öffentlichen Nahverkehr der nordfranzösischen Metropole. Der hat als Besonderheit eine der ersten vollautomatischen Metros (VAL-System) und einen der drei Straßenbahnbetriebe in Frankreich, die nie stillgelegt waren. Um das Netz zu erkunden, kaufe ich eine Tageskarte für 5,30 Euro. Da ich aber keine Transponderkarte habe, auf die ich das Ticket laden kann, kommen noch mal 0,20 Euro für eine Papierkarte obendrauf. Von der Metro gelingt mir an der Endstation trotz der Bahnsteigtüren ein einigermaßen brauchbares Bild, von der Straßenbahn mache ich eins an der Haltestelle mit dem schönen Namen Romarin (Rosmarin).

VAL-Metrozug an der Endstation CHU – Eurasanté
Farbenspiel durch bunte Glasbausteine an der Umsteigestation Porte des Postes
Straßenbahnzug an der Station Romarin, umgeben von Mieträdern und moderner Architektur

Danach habe ich bis zur Abfahrt meines Zuges immer noch Zeit, die ich in einem Café im Bahnhof Europe verbringe. Ich fahre wieder mit dem Eurostar, bei dem derzeit die Relation Lille–Brüssel, auch nur in dieser Richtung, die einzige buchbare ist, die nicht London berührt. Selbst die Halte in Ashford und Ebbsfleet werden seit Corona nicht mehr bedient, weswegen ich auch die Idee eines Zwischenstopps in Kent verworfen hatte. Ein Check-in gibt es für Lille–Brüssel natürlich nicht, auch wenn auf dem Ticket steht, dass man 45 Minuten vorher da sein sollte. Tatsächlich geht aber einige Minuten vor der Abfahrt Sicherheitspersonal über den Bahnsteig und kontrolliert die Fahrkarten, damit keine Kontrolle im Zug stattfinden muss. Da Interrail mir zumindest für diesen Zug keinen Zuschlag verkaufen wollte, habe ich eine normale Fahrkarte gekauft und zeige sie vor. Auch kurios: Als Zielbahnhof wird am Bahnsteig Brüssel angezeigt (weiter kann man ja nicht buchen), obwohl der Zug nach Amsterdam fährt.

Diesmal ist der Eurostar pünktlich, so dass ich nicht um meinen 20-Minuten-Anschluss in Brüssel bangen muss. Das tue ich aber sowieso viel mehr um die Zuverlässigkeit des ICE weiter nach Köln. Der hat zwar so viel Verspätung, dass er erst nach dem Eurostar ankommt (normalerweise hat er 50 Minuten Wendezeit), fährt aber immerhin überhaupt und das ab Brüssel sogar halbwegs pünktlich. Meine Reservierung nutze ich diesmal freiwillig nicht, weil es im Nachbarwagen viel leerer ist.

Da wir nicht immer mit voller Geschwindigkeit fahren und in Lüttich ein paar Minuten „aus technischen Gründen“ stehen, sammeln wir bis Aachen allerdings doch +20 ein. Am Abzweig der Wesertalstrecke kurz vor der Grenze wartet schon der RE auf unsere Durchfahrt. Wegen der Bauarbeiten soll der ICE heute nicht nur wieder über Rheydt umgeleitet werden, sondern auch in Köln-Ehrenfeld statt am Hbf halten. Von da soll ich mich dann nach Deutz durchschlagen, wo mein Anschlusszug hält. Ein Blick in den Navigator ergibt aber, dass der Zug davor, der EC 8, so viel Verspätung hat, dass ich ihn noch in Düsseldorf erreichen kann, wenn ich ab Aachen mit dem RE 4 fahre. Also steige ich dort bereits aus und esse, weil es kein so großes Angebot wie in der anderen Domstadt gibt, nach langer Zeit mal wieder beim goldenen M. Einzig erwähnenswert auf der Weiterfahrt ist ein in Aachen West abgestellter ICE3 neo (BR 408), von dem mir einige Bilder gelingen.

In KD angekommen, vergrößert sich die Verspätung des EC 8 noch weiter. Generell kein seltenes Phänomen, heute wohl damit zu erklären, dass die zwei Gleise von KKDT mit dem Umleitungsverkehr überfordert sind. Letztendlich hat er fast +60, die werden aber immerhin nicht mehr und der nachfolgende ICE hätte auch etwas Verspätung. Ironischerweise ist der EC 8 ja der Zug, den ich gemäß der ursprünglichen Planung, noch ohne die Umleitung des Brüssel-ICE, hätte nehmen sollen. Man kann sich also nun streiten, ob ich mit fast einer Stunde Verspätung gegenüber diesem Fahrplan oder einige Minuten früher als dem letztendlich an diesem Tag gültigen in Bremen ankomme. Das Wichtige ist: Ich komme an, kann mich über kühleres Wetter als in Düsseldorf freuen und gleich meiner Partnerin, die mich vor dem Bahnhof empfängt, von der sehr gelungenen Reise erzählen.

Heimatbesuch mit Hindernissen

Gestern machten wir einen gemütlichen Bummel durch meine alte Kreisstadt Recklinghausen. Hin fuhren wir mit einem der direkten ICE, der auch pünktlich ankam. Zurück gab es leider keinen direkten Zug, also ging es zuerst mit dem RE 2 los, der leider schon mit +15 in ERE ankam. In Nottuln-Appelhülsen überholten wir den kurz vor uns abgefahrenen RE 42. In Westbevern wurden wir seinerseits für einen verspäteten ICE auf die Seite genommen, so dass wir HO mit etwa +30 erreichten. Der Plan, mit dem RE nach HB weiterzufahren, ging also nicht auf. Dank einer BahnBonus-Mitfahrerfreifahrt konnten wir aber recht günstig den fast pünktlichen nächsten ICE nehmen und erreichten unsere Heimat etwa 30 Minuten später als geplant.

Heart of Britain (3)

In der letzten Folge hatte ich von Plymouth aus vier von fünf im Personenverkehr bedienten Nebenstrecken in Cornwall befahren und dabei an meine Familienurlaube als Schüler zurückgedacht. Heute soll es nun von Plymouth zum ersten Mal nach Wales gehen, genauer gesagt nach Swansea. Dort will ich einen Freund und seine kleine Tochter treffen und mit ihnen am nächsten Tag wieder das grüne Herz der Insel erkunden, diesmal auf der Heart of Wales Line. An deren Endstation Shrewsbury will uns dann unsere gemeinsame Freundin abholen.

Die Verbindung recherchiere ich im DB Navigator, der praktischerweise auch die britischen Zugverbindungen kennt, allerdings ohne Echtzeitdaten. Also erfahre ich erst am Bahnsteig, dass mein CrossCountry-Zug leicht verspätet ist. Recht voll ist er auch, aber ich finde noch einen Sitzplatz neben einem Mann, der von der Verspätung leicht genervt ist. Wesentlich größer wird sie aber nicht, und so kann ich die Fahrt an der Sea Wall entlang entspannt genießen, ohne mir Sorgen um meinen Umstieg machen zu müssen. Der findet nicht, wie ich erst dachte, in Bristol Temple Meads, sozusagen dem Hauptbahnhof, statt, sondern in Bristol Parkway. Der Begriff „Parkway“ wird in Großbritannien für außerhalb der Stadt liegende Bahnhöfe benutzt, deutsche Pendants wären wohl Limburg Süd oder vielleicht Kassel-Wilhelmshöhe.

In Bristol Parkway angekommen, wundere ich mich über die Oberleitung im Bahnhof. Nachher recherchiere ich, dass die Great Western Railway bereits seit 2020 elektrifiziert ist. Ich hatte die Elektrifizierung noch als Vorhaben im Kopf, dessen Realisierung unklar war. Noch mal überrascht bin ich, als ich einen der Great-Western-Fernzüge, mit denen ich durch den Südwesten gefahren bin, plötzlich mit Stromabnehmer sehe. Hier ergibt die nachfolgende Recherche, dass es sich tatsächlich um Hybridzüge handelt, die von Great Western lustigerweise als Intercity Express Trains (IET) vermarktet werden. Es gibt dabei zwei Baureihen, 800 und 802, wobei letztere die stärker motorisierte ist.

Class 800 unter Fahrdraht in Bristol Parkway

Mit so einem IET fahre ich dann auch weiter gen Wales. Der Zug ist deutlich leerer als der aus Plymouth, so dass ich meinen Koffer einfach neben mich stelle. Da britische Züge deutlich niedriger sind, passt er nicht in die Gepäckablagen über den Sitzen. Bald nach der Abfahrt passieren wir den Severntunnel, der immerhin schon 1886 eröffnet wurde und mit etwa sieben Kilometern bis 2007 der längste Tunnel Großbritanniens war. Als wir aus dem Tunnel herausfahren, sehe ich zum ersten Mal walisischen Boden. Die Landschaft hier ist etwas rauer als in Südengland, und auch den Orten sieht man an, dass es sich um eine ehemalige Bergbauregion handelt.

In Cardiff/Caerdydd, der Hauptstadt von Wales, endet der Fahrdraht. In der Wikipedia lese ich, dass die Elektrifizierung weiter nach Swansea geplant war, aber nicht mehr weiterverfolgt wird. Also fahren wir mit Diesel weiter in die zweitgrößte Stadt von Wales, die auf Walisisch Abertawe heißt. Empfangen werden wir dort nicht nur von walisischen Ansagen, sondern auch von der Polizei, die gerade zwecks Festnahme jemandem hinterherrennt. Ich esse in einem Café im Bahnhof noch etwas und fahre dann mit dem Bus zum Hotel, wo ich meinen Freund und seine Tochter treffe. Abends gehen wir noch etwas am Strand entlang und zu einer recht guten Fish&Chips-Bude. Da Swansea spektakulär unspektakulär ist, mache ich nur ein einziges Foto.

Selbstverständlich ist hier alles zweisprachig beschriftet

Am nächsten Morgen machen wir uns zu dritt mit dem Bus auf den Weg zum Bahnhof. In Wales läuft der gesamte Bahnbetrieb unter der Marke Transport for Wales/Trafnidiaeth Cymru. 150er gibt es hier natürlich auch, unser Zug ist aber ein geradezu niedlicher 153er:

150er von Transport for Wales in Swansea
153er von Transport for Wales für die Fahrt über die Heart of Wales Line

Der Zug füllt sich relativ gut, wir ergattern noch Plätze an einem Tisch, die aber trotzdem relativ eng sind. Wir fahren zunächst über die Hauptstrecke an der Südküste. Die Zub-in kontrolliert unsere Fahrkarten und verspricht, sich zu merken, dass wir am Bedarfshalt Hopton Heath aussteigen wollen. In Llanelli wechseln wir die Fahrtrichtung und biegen auf die eigentliche Heart of Wales Line ab. Auch hier weiß ich jetzt endlich, wie das walisische LL korrekt ausgesprochen wird, nämlich ungefähr wie ein l und ein ch wie in ich gleichzeitig.

Und so tuckern wir dann durch das Herz von Wales. Natürlich war auch diese Strecke von der Stilllegung bedroht, in diesem Fall blieb sie verschont, weil die Wahlkreise, durch die sie führt, zwischen den beiden großen Parteien umkämpft war, und weil sie noch lange einen nennenswerten Güterverkehr aufwies. Den gibt es allerdings heute nur noch bei Umleitungen, wenn eine der Hauptstrecken gesperrt ist. Sonst haben die wenigen Personentriebwagen die Strecke für sich. Die werden allerdings durchaus genutzt, anscheinend viel von Wanderern, aber auch von Einheimischen. Die Landschaft ist ganz ähnlich der in Südengland, insgesamt hatten wir sie uns etwas spektakulärer vorgestellt.

Der hübsch hergerichtete Bahnhof in Dolau
Natürlich muss dokumentiert werden, dass die Queen schon hier war
Typische Landschaft an der Heart of Wales Line

In Hopton Heath, schon wieder in England, steigen wir aus. Hier hat mein Freund ein Teehaus aufgetan, in dem wir Erwachsenen bis zum nächsten Zug in zweieinhalb Stunden einen Afternoon Tea genießen und die Tochter sich auf dem Spielplatz und beim Tierestreicheln vergnügen kann.

Beim Afternoon Tea lassen sich vor allem die „Beilagen“ sehen 🙂

Praktischerweise liegt das Teehaus nur ein paar Schritte vom Bahnhof entfernt, entlang eines urigen Weges zwischen den Schienen und hohen Hecken. Rechtzeitig vor dem nächsten Zug gehen wir wieder zurück. Mein Kumpel macht noch ein Bild von mir auf dem Bahnsteig:

Jetzt fahren wir nur noch etwa 40 Minuten, diesmal in einem 150er. In Craven Arms treffen wir wieder auf die Hauptstrecke, und kurze Zeit später erreichen wir Shrewsbury, wo uns unsere Freundin abholt. In den nächsten Tagen sind wir, insgesamt mit neun Freunden, leider nur mit dem Auto unterwegs, sehen dafür aber viel von Shropshire, einer außerhalb Großbritanniens vermutlich eher unbekannten Grafschaft: Am ersten Tag sind wir in Blists Hill, einem Freilichtmuseum, das an die viktorianische Zeit erinnert.

Am nächsten Tag geht es in die Hauptstadt Shrewsbury. Deren Altstadt liegt auf einer Halbinsel, um das der Fluss Severn fast eine 360-Grad-Kurve macht. Über den Severn führen zwei Brücken, die nach den Richtungen, in die sie führen, English und Welsh Bridge heißen. Zwischen den Brücken machen wir eine Schiffsfahrt und erfahren, dass die reichen Leute auf der Halbinsel den Namen der Stadt „Shrowsbury“ aussprechen und alle anderen „Shrewsbury“. Ob das so stimmt, sei dahingestellt, es gibt jedenfalls tatsächlich beide Aussprachen. Da Charles Darwin in der Stadt geboren ist, ist unter anderem nahe dem Schiffsanleger ein Spielplatz nach ihm benannt. Ob auf diesem die natürliche Auslese gefördert werden soll, ist unklar.

Schaufenster an einem Weihnachtsladen in Shrewsbury
Schaufenster an einem Weihnachtsladen in Shrewsbury
Die English Bridge

Zum Abschluss unseres Kurzurlaubs fahren wir noch zum Long Mynd, einer recht imposanten Hügelkette, und machen dort eine kurze Wanderung. So in etwa hatte ich mir das Heart of Wales vorgestellt. Ich glaube, die höheren Berge gibt es dort auch, aber ohne Bahnanschluss.

Fortsetzung folgt!

Heart of Britain (1)

Anfang Juli ging es endlich mal wieder nach Großbritannien: Die Idee war, zuerst ein bisschen alleine in Südwestengland herumzufahren, wo ich vor 30 Jahren die ersten Male meinen Fuß in das Land gesetzt hatte, dann zum ersten Mal Wales zu besuchen und dann zu der Freundin zu fahren, die schon länger in England wohnt, inzwischen nahe der walisischen Grenze. Für die Fahrt kaufe ich mir ein „7 Tage in 1 Monat“-Interrail und die nötigen Reservierungen für den Eurostar. Auch im ICE nach und von Brüssel reserviere ich, da das im Sommer dringend empfohlen wird.

Einige Zeit vor der Reise checke ich noch mal die Verbindung für die Anreise, und siehe da: Statt um 7:44 Uhr muss ich nun schon um 6:44 Uhr losfahren, um den gebuchten Eurostar zu erreichen. Der Grund dafür ist, dass der ICE nach Brüssel zwischen Köln und Aachen wegen Bauarbeiten umgeleitet wird. Meine Reservierung im ICE Bremen–Köln ist damit wertlos, auf eine Diskussion mit der DB um eine kostenlose Umbuchung will ich mich aber nicht einlassen, da ich um diese Uhrzeit mit keiner hohen Auslastung rechne.

Das bewahrheitet sich dann auch: Zwar sind keine Reservierungen angezeigt, so dass ich zwischendurch einmal den Sitzplatz wechseln muss, ich habe aber während der ganzen Fahrt einen. Pünktlich ist selbige auch, so dass ich die knappe Stunde Übergangszeit in KK in der Lounge verbringen kann. Der Anschluss-ICE ist tatsächlich voll, so dass sich die Reservierung lohnt, vor allem aber vorhanden – im ICE-Treff hatte ich über die momentan unterirdische Fahrzeugverfügbarkeit der Mehrsystem-ICE gelesen. Nachdem wir auch pünktlich abfahren, glaube ich, damit das Gröbste hinter mir zu haben. Nach der Umleitung über Rheydt Hbf, wo wir die Fahrtrichtung wechseln (zumindest teilweise eine neue Strecke für mich) erreichen wir Aachen, wo wir nach einem weiterem Richtungswechsel weiter nach Belgien fahren sollen.

Doch daraus wird nichts: Uns wird mitgeteilt, dass sich der ablösende Tf krank gemeldet habe und der Zug mangels Reserve außerplanmäßig hier ende. Als Ersatzverbindung werden wir auf den Regionalzug eine Dreiviertelstunde später verwiesen. Ich habe leise Zweifel, dass die Fahrgäste eines vollbesetzten ICE dort hineinpassen, und genauso ist es dann auch: Obwohl sich in dem alten Triebwagen die Leute geradezu stapeln, passen sie nicht alle hinein. Da ich mich gar nicht erst ins Gedränge gestürzt hatte, trifft das auch mich. Um nicht eine Stunde warten und dann auf den recht knappen Anschluss in Welkenraedt hoffen zu müssen, besinne ich mich mithilfe des Navigators darauf, dass es von Aachen auch einen Bus nach Eupen gibt, wo ich den belgischen IC nach Brüssel bequem erreichen kann.

In so einen Triebwagen versuchten sich sämtliche Passagiere des gestrandeten ICE zu quetschen (Aufnahme von meiner Rückfahrt)

Das funktioniert dann auch, und da auf die Idee sonst niemand gekommen war, habe ich im IC freie Platzwahl:

Leerer IC von Eupen nach Brüssel

Auf diese Weise kann ich auch mal wieder die alte, sehenswertere Strecke durch das Tal der Weser (Vesdre) fahren und werde nacheinander gleich von drei Zugbegleitern kontrolliert.

In Brüssel angekommen, ist natürlich die spannende Frage, wie leicht ich meine Reservierung für den Eurostar umbuchen kann. Ich hatte gehört, dass man da sehr kulant ist (es gibt dafür die Regelung HOTNAT=Hop on the next available train), aber dazu müssen natürlich auch noch Plätze verfügbar sein. Tatsächlich interessieren die Frau am Check-in meine Gründe nicht großartig (wahrscheinlich bin ich an dem Tag auch nicht der erste), sie kann mich aber erst auf den übernächsten Zug umbuchen. Nach kurzer Recherche stelle ich fest, dass ich mein Tagesziel Weymouth dann noch erreichen kann und sage im Hotel Bescheid, dass es später wird. Immerhin habe ich so noch Zeit für belgische Pommes und ein paar Fotos von den örtlichen Verkehrsmitteln, unter anderem einem PCC-Wagen. Beim Check-in bin ich etwas enttäuscht, dass man keinen britischen Stempel in den Pass bekommt (der Freund, den ich später auf der Reise treffe, meint, den gäbe es nicht mal auf Wunsch). Dafür finde ich die automatischen Passkontrollen beeindruckend. Nach dem Einchecken versuche ich mit meinem BahnBonus-Platinstatus in die Lounge zu kommen. Der Mitarbeiter hat zwar noch keine Infos über die neuen Status, lässt mich aber rein.

PCC-Straßenbahnwagen am Brüsseler Südbahnhof

Von nun an läuft immerhin alles wieder wie geplant: Der Eurostar kommt pünktlich in London an, und dank kontaktloser Kreditkarte muss ich mich nicht am Fahrkartenautomaten der U-Bahn anstellen. So reicht die Übergangszeit von etwa 45 Minuten zum Waterloo-Bahnhof aus, so dass ich noch den 20:35 nach Weymouth erreiche. Leider sehe ich nun nur noch den Anfang der Strecke im Hellen und werde außerdem verständlicherweise recht müde. Blöderweise hatte ich außerdem beim Einsteigen nicht gesehen, dass der hintere Zugteil, in dem ich sitze, in Bournemouth endet, so dass ich noch den Platz wechseln muss. Das tue ich dann später noch mal, als in den Badeorten an der Küste einige feuchtfröhliche Gruppen einsteigen. Umso froher bin ich, als ich mit leichter Verspätung gegen 23:30 Uhr Ortszeit mein Reiseziel erreiche. Zum Glück ist es zum Hotel nicht weit, und da es gleichzeitig ein Pub ist, ist auch noch jemand da, um mich in Empfang zu nehmen, so dass ich bald ins Bett sinken kann.

Am nächsten Tag erkunde ich Weymouth, das eines der ersten Badeorte an der britischen Küste war. Viel hat sich dort in den letzten dreißig Jahren nicht verändert. Auch heute noch fahren im Sommer oben offene Doppeldeckerbusse durch die Stadt, inzwischen werden sie (nach dem Namen der fossilienreichen Küste) als „Jurassic Coaster“ bezeichnet.

Der Strand von Weymouth
Hier kann man schon etwas gewinnen, wenn man nur Müll in die Tonne wirft
Die Jubilee Clock ist eins der Wahrzeichen von Weymouth
Am Hafen
Very british
Oben offener Doppeldecker im Juli 1993 …
… und im Juli 2023

Nach einem ausgiebigen Rundgang durch die Stadt hole ich mein Gepäck aus dem Hotel und marschiere wieder zum Bahnhof. Dieser ist der Endpunkt der von der South Western Railway betriebenen Strecke von London und gleichzeitig die südwestlichste, die mit dem südostenglischen System mit 750-V-Stromschiene elektrifiziert ist. In Dorchester zweigt die nicht elektrifizierte, von der Great Western Railway betriebene Heart of Wessex Line ab, über die ich nun weiterfahren will.

Triebwagen der Class 166 für die Fahrt über die Heart of Wessex Line

Während die Londoner Strecke täglich im Stundentakt (mit überschlagener Wende in Weymouth) befahren wird, ist das Zugangebot auf der eingleisigen Heart of Wessex Line an einem Sonntag wie heute sehr überschaubar. Das hält zahlreiche Fahrgäste nicht davon ab, den Triebwagen der Baureihe 166 zu entern. Ich finde trotzdem aber noch bequem einen Sitzplatz. Der Zub ist beim Anblick meines Interrails sichtlich überrascht, akzeptiert es aber anstandslos.

Der Name der Strecke enttäuscht nicht, sie führt tatsächlich durch schöne, dünn besiedelte südenglische Landschaft. Es gibt einige Bedarfshaltepunkte, die scheinbar mitten im Nirgendwo liegen, teilweise bei unserer Fahrt aber genutzt werden. Bei Yeovil kreuzen wir ohne gemeinsamen Bahnhof die Strecke nach Exeter, ein Relikt der Frühzeit der Eisenbahn, als jede Bahngesellschaft für sich baute. In Castle Cary mündet die Strecke aber in die andere Hauptstrecke nach Exeter. Dorthin muss ich hier auch umsteigen, leider mit 50 Minuten Aufenthalt. Da das Wetter aber gerade sehr angenehm ist, gibt es Schlimmeres.

Während ich warte, füllen sich die Bahnsteige immer mehr, leider nimmt auch die Verspätung meines Anschlusszuges zu. Allerdings muss man den Briten lassen, dass sie darüber sehr gut informieren: Alle paar Minuten gibt es ein Update per Anzeige und Ansage mit der minutengenauen Verspätung. Kurz vor Ankunft des Zuges wird die Prognose von 18 auf 16 Minuten gesenkt, was dann auch ganz gut hinkommt. Leider ist damit mein Anschluss in Exeter trotzdem weg, aber da auf der Hauptstrecke die Züge recht oft fahren, verliere ich dadurch nur etwa eine halbe Stunde. Die Fahrt führt vorbei an der „Sea Wall“ bei Dawlish Warren, einer fotogenen roten Steilküste. In Plymouth angekommen, beziehe ich mein Domizil für die nächsten drei Nächte, ein Appartement direkt am Bahnhof. Wenn ich schon mal in GB bin, muss natürlich ein Essen vom Chinese Takeaway sein, das ich in der Gemeinschaftsküche meiner Unterkunft zu mir nehme. Leider bellen mich dort die Hunde eines jungen britischen Paares an, das sich dafür tausendmal entschuldigt. Zum Glück habe ich keine große Angst vor Hunden, nervig ist es aber trotzdem.

Fortsetzung folgt!

Ein Verspätungsgrund kommt selten allein

Am letzten Juniwochenende war ich mal wieder in Sachen Mensa unterwegs, diesmal nach Göttingen. Praktischerweise gibt es ja alle zwei Stunden einen direkten ICE von Bremen dorthin. Leider hat er in der Hansestadt nur eine halbe Stunde Wendezeit, so dass er größere Verspätungen in die Gegenrichtung mitnimmt. So war es auch bei meiner Hinfahrt. Erschwerend kam hinzu, dass der Zug in HH mit einem aus AH vereinigt wird, was bei den etwas in die Jahre gekommenen ICE 2 nicht immer funktioniert. So erreichte ich mein Ziel mit etwas über +60. Mit einem bahnsteiggleichen Umstieg in HH wäre es knapp weniger gewesen, aber ich ging zu Recht davon aus, dass es bis zur Weiterfahrt nicht mehr lange dauern würde.

Zum Ausgleich dafür lief dann aber auf der Rückfahrt alles wie am Schnürchen, auch die Flügelung, so dass ich HB pünktlich erreichte.

Am Rhein und auf der Heide

Zwei Urlaubs- und eine Spaßtour waren im Mai angesagt: Mitte des Monats ging es nach Düsseldorf. Dummerweise war für den Anreisetag der große EVG-Streik angekündigt, so dass wir uns darum kümmerten, bereits einen Tag früher in die Unterkunft zu kommen und Plätze in einem der wenigen ICE zu reservieren, die noch nicht als „ausgebucht“ gekennzeichnet waren. Nach der kurzfristigen Absage des Streiks änderten wir unsere Pläne nicht noch einmal, sondern stiegen am Sonntagnachmittag in den ICE, der zwar etwas länger brauchen, aber dafür sogar ohne Halt von HB bis EE fahren sollte. Das tat er interessanterweise über die „NATO-Bahn“ Nienburg-Minden. Der Füllungsgrad und die Verspätung hielten sich in Grenzen, bis der Zug kurz hinter Hamm stehen blieb, weil vor ihm ein anderer liegen geblieben war. Das hatte zur Konsequenz, dass wir wieder nach Hamm zurückfahren und dort obendrein Fahrgäste aus dem anderen Zug aufnehmen mussten. Gut, dass wir vorher noch im Bordrestaurant gegessen hatten … Nachdem diverse Züge vor uns abfahren durften, ging es irgendwann auch für uns weiter, wobei ich dann zum dritten Mal innerhalb etwa eines Monats die Strecke Hamm–Lünen zu sehen bekam. Letztendlich erreichten wir KD mit etwas über +120 und die Ferienwohnung mit dem Bus. Dafür, dass der Zugang dort sich auch noch etwas schwierig gestaltete, kann zumindest die Bahn nichts. Trotzdem wurde es eine schöne Woche in der Landeshauptstadt, an deren Ende wir uns mit EC 8 wieder auf den Weg zurück an die Weser machten. Der war vorher rechtsrheinisch umgeleitet worden und hatte daher durchgängig knapp +30, aber davon abgesehen war die Fahrt im Panoramawagen ein Genuss.

Nachdem wir am Wochenende schon wieder in Bremen waren, nutzte ich den Sonntag für die Spaßtour: Diesmal wollte ich die Nord-Süd-Strecke des Heidekreuzes, also Hannover–Buchholz fahren. Normalerweise fahren die Züge am Wochenende weiter über die Güterstrecke nach Hamburg-Harburg, aber diesmal fiel das wegen Bauarbeiten aus. Also stieg ich schon in der Nordheide um, nachdem ich vorher ausgiebig den Blick aus dem Fenster genossen hatte. Der war zwar auch nicht spektakulär, aber doch etwas interessanter als zwischen Bremen und Uelzen.

Über Pfingsten war ich, wie so oft, bei der Pfingstakademie in Kirchheim (Hessen). Die dafür nötige Anreise nach Bad Hersfeld trat ich diesmal wieder vollständig mit dem Zug an, und zwar mit dem ICE von HB bis FKW und weiter mit dem RE 5. Auf der Hinfahrt klappte das prima, sieht man davon ab, dass in FKW im letzten Moment jede Menge Fahrgäste, unter anderem zahlreiche Akademieteilnehmer, angerannt kamen und dem Zug somit +5 verpassten. Auf der Rückfahrt fiel der RE 5 wegen Personalmangels ganz aus. Wir erreichten FBHF aber so rechtzeitig, dass wir noch die vorausfahrende RB 5 nehmen konnten und in FKW sogar noch Zeit zum Essen hatten. Der ICE, der wegen der Sanierung der SFS ohne Halt über dieselbe Strecke umgeleitet worden war, traf sogar mit mehr als –10 ein. In HH gab es leider eine Verzögerung beim Trennen der beiden Zugteile nach AA und HB, die sich bis zum Endbahnhof aber nur mit etwa +10 auswirkte.

Nachtschicht – diesmal für weniger Fahrpersonal

Mal wieder war Dortmunder Nachtschicht angesagt: Praktischerweise fahren die direkten Züge von Bremen jetzt wieder stündlich, so dass ich zusammen mit dem anderen Bremer Teilnehmer mehr Auswahl hatte. Die Hinfahrt endete nahezu pünktlich, die Rückfahrt mit etwa +10 – insofern bemerkenswert, als wir EDO mit fast +30 verlassen hatten, aber unterwegs wegen diverser Baustellen (unter anderem wieder mit Umleitung über die Hamm-Osterfelder Bahn) ein ordentlicher Fahrzeitzuschlag vorhanden war.

Bei der Nachtschicht selber ergab sich das Problem, dass die Nachtexpresse wegen Personalmangels recht kurzfristig um eine Fahrt reduziert worden waren. Nach dem Bus um 1.30 Uhr gab es also erst wieder einen um 3.30 Uhr, was viele Teams (meins zum Glück nicht) vor die Wahl stellte, entweder eine Stunde von Oespel nach Hombruch zu laufen oder bis zu zwei Stunden auf den nächsten Bus zu warten. Eine von vielen Unwägbarkeiten bei der Planung der Nachtschicht. Letztendlich war es aber wieder eine gelungene Veranstaltung, nicht nur weil wir zu den Preisträgern gehörten ;-).

Stuttgart 23

Stuttgart 21 – unter diesem Namen sollte in der Schwabenmetropole vor zwei Jahren nicht nur die Eröffnung des neuen Hauptbahnhofs, sondern auch das Mensa-Jahrestreffen stattfinden. Aus bekannten, jeweils unterschiedlichen Gründen lässt der Bahnhof noch zwei Jahre auf sich warten, während das Jahrestreffen am letzten Wochenende stattfand. Bei der Anreise nutzte ich mein neues Büro in Hannover als Zwischenstopp, bevor ich nach Feierabend den ICE bestieg. Dieser fuhr leicht verspätet gen Süden. Hinter Kassel wunderte ich mich, dass es noch so lange bis Fulda dauern sollte, als der Zug plötzlich in Langenschwarz rechts ran fuhr und die Ansage kam, dass wir hier erst mal stehen bleiben würden. Aufkommendes Gemurre unter den Mitreisenden wurde durch den Hinweis erstickt, dass das im Fahrplan bereits eingerechnet sei. Und genauso war es auch: Ab Fulda war die Verspätung quasi nichtexistent. Der Grund für die kuriose Aktion: Man wollte den Streckenabschnitt eigentlich zwecks Sanierung sperren, hat dann aber übersehen, dass mit der Main-Weser-Bahn eine wichtige Umleitungsstrecke zeitgleich gesperrt war. Also wurde die Sperrung verschoben, für die Anpassung der Fahrpläne blieb aber keine Zeit mehr. In RM musste ich in einen leider nicht ganz so pünktlichen Anschlusszug umsteigen, so dass ich mein Ziel leider mit etwa +15 erreichte.

Dass der neue Bahnhof noch nicht fertig ist, eröffnete mir allerdings die Gelegenheit, im Rahmen des Jahrestreffens die Baustelle zu besichtigen. Von den mehreren angebotenen Touren entschied ich mich für die zum Tunnelzulauf, weil ich den (im Gegensatz zur Bahnsteighalle) im fertigen Zustand nicht mehr so intensiv sehen werde. Auf die Baustelle für Letztere gab es aus dem Infoturm aber natürlich auch einen Blick zu erhaschen:

Baustelle für die Bahnsteighalle von Stuttgart 21

Vor dem Betreten der Baustelle mussten wir uns erst mal standesgemäß kleiden:

Im Tunnel gab es unter anderem die Unterlegscheiben zu sehen, die zur Stoßdämpfung unterhalb der Schienen verbaut werden. Die beiden unterschiedlichen Farben stehen dabei für unterschiedliche Stärken.

Unterlegplatten für die Feste Fahrbahn im Tunnel von Stuttgart 21

Gut zu sehen war, wo die Tunnelbauweise von bergmännischer (für die freie Strecke) auf offene (für die Bahnsteighalle) wechselt:

Die Schienen liegen größtenteils bereits und werden auch schon von Bauzügen befahren. Daher stehen an manchen Stellen auch Sh2-Tafeln:

Zum Abschluss gab es noch ein Fass mit Thermit zu sehen, dem Stoff, mit dem die Schienen geschweißt werden:

Die Zeit bis zur Abfahrt am Sonntagmittag nutzte ich noch für die Erkundung der bereits in Betrieb befindlichen Teile des Stuttgarter ÖPNV, unter anderem die neuen Wagen der Zahnradbahn:

Wagen der vierten Generation der Stuttgarter Zahnradbahn an der Talstation Marienplatz

Danach musste ich mich dann doch etwas sputen, um trotz der langen Wege durch die Baustelle den ICE noch zu erreichen, was mir aber letztendlich problemlos gelang. Dass ich nachträglich noch einen Platz reserviert hatte, erwies sich als sehr gute Idee, denn bis etwa KD war durch die Gänge kaum ein Durchkommen. Danach konnte ich endlich ins Bordbistro gehen und mir Verpflegung holen, ohne daran zu denken, dass ich zurzeit dank Platin-Status Rabatt und Freigetränke habe. Dafür gab es zwischen Dortmund und Münster ganz ohne Aufpreis die Umleitung über die Hamm-Osterfelder Bahn zu sehen, von der mir jetzt nur noch der (allerdings wohl praktisch nie von Personenzügen befahrene) Mittelteil fehlt. Leider dauerte die Umleitung etwas länger als die veranschlagte Zeit, und bei Kirchweyhe war auch noch eine Person im Gleis, so dass wir HB mit etwa +25 erreichten. Aber zum Glück musste ich ja nicht umsteigen und konnte direkt zur Freundin laufen.

In Luft aufgelöst

… hat sich zum Glück nicht mein Zug, sondern dessen Verspätung letzten Mittwoch. Der ICE, mit dem ich normalerweise ins Büro (um genau zu sein, von Bremen Hbf, in dessen Nähe ich neuerdings wohne, nach Hannover Hbf) fahre, sollte wegen Bauarbeiten eine halbe Stunde früher fahren, weil er über Rotenburg (Wümme) umgeleitet werden sollte. Nach der Ankunft des Zuges aus Oldenburg stellte sich aber heraus, dass die Strecke kurzfristig gesperrt war. Also wurde kurzerhand entschieden, dass der Zug doch den direkten Weg nach Hannover nehmen sollte. Bis er abfahrbereit war, verging genau die halbe Stunde, die für den Umweg vorgesehen war, so dass sich der verblüffende Effekt ergab, mit einer halben Stunde Verspätung loszufahren und trotzdem an der nächsten Station pünktlich anzukommen.

Auf der Rückfahrt hatte ich dieses Glück nicht: Der ICE, den ich bisher immer genommen hatte, fuhr wegen der Bauarbeiten planmäßig gar nicht, und der IC eine Stunde später hatte wegen Personen im Gleis Verspätung – selbst dann, wenn man die planmäßige Standzeit in HH abzog. Leider so viel, dass er bis zur Abfahrt des parallelen RE noch nicht eingetroffen war. Da die Einfahrt aber bereits angekündigt war, pokerte ich und gewann: Er kam tatsächlich im selben Moment, in dem der RE abfuhr, und überholte ihn an dessen erstem Halt Wunstorf. So kam ich zwar später als geplant, aber immer noch etwas früher als mit dem RE an meinem neuen Heimatbahnhof an.

Die Verspätungs-Pandemie ist nicht vorbei

Die pünktlichen Fahrten in der Weihnachtszeit (siehe letzter Beitrag) können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Pünktlichkeit insgesamt abgenommen hat. Das sagt nicht nur die offizielle Statistik, sondern auch meine private, für die ich alle zwei Jahre die Blogbeiträge auswerte:

Verspätung (min)FahrtenAnteil 2021/22Anteil 2019/20
<0 11,4 %3,4 %
0–5 4155,4 %63,6 %
5–301824,3 %20,3 %
30–60 68,1 %6,8 %
>60 810,8 %5,9 %
Ausfall00,0 %0,0 %
Meine persönliche Verspätungsstatistik 2021/22

Besonders schwierig war es diesmal zu entscheiden, welche Fahrten ich überhaupt in die Statistik aufnehme. Durch meinen Umzug in den Norden sind die gefahrenen Strecken deutlich kürzer geworden, und der Einfachheit halber nehme ich ja nur Fernverkehrsfahrten in die Statistik auf. Um selbige nicht allzu sehr zu verzerren, habe ich insbesondere die zahlreichen Fahrten zwischen Bremen und Osnabrück weggelassen, auch wenn ich sie meist mit Fernzügen zurückgelegt habe. Diese waren zwar häufig verspätet, oft habe ich aber gerade wegen der Verspätung spontan entschieden, den Zug noch zu nehmen.

Auch ohne diese Fahrten hat sich die Pünktlichkeit leider gegenüber der letzten Statistik deutlich verschlechtert, und 2022 noch mal deutlich gegenüber 2021. „Legendär“ waren die Fahrten von Aschaffenburg nach Bremen, die in dieser Richtung immer mit deutlicher Verspätung endeten (meist über +60), zurück kam ich komischerweise immer pünktlich an. Auf dem Weg in die Hansestadt dürfte sich auch der Negativrekord für 2021 ereignet haben, als der Zug in Nienburg stehen blieb und ich nur mit einem Busnotverkehr über vereiste Straßen weiter kam. Die größte Verspätung 2022 dürfte ich auf dem Weg in eine andere Hansestadt erfahren haben, als ich Lübeck fast drei Stunden später als geplant erreichte.

Nach dem Ende des 9-Euro-Tickets hat sich die Lage wieder etwas entspannt. Mein viermonatiges fast tägliches Pendeln zwischen Osnabrück und Minden, größtenteils mit dem IC, lieferte „nur“ vier Fahrgastrechte-Fälle. Neben einer beschädigten Oberleitung wirkte sich hier vor allem aus, dass die eingesetzten IC-Garnituren nicht mehr die neuesten sind und daher gerne mal unterwegs liegen blieben.

Ich hoffe, dass sich der leicht positive Trend fortsetzt und die nächste Statistik wieder besser aussieht als diese. Der Bahn werde ich jedenfalls weiter treu bleiben, sowohl als Fahrgast als auch als Mitarbeiter: Seit dem 1. Januar bin ich Betriebsplaner bei der S-Bahn Hannover, wo ich daher regelmäßig hinfahre – natürlich mit dem Zug.