Eine Bahnfahrt, wie sie sein soll

Am Freitag wurde mal wieder gestreikt, zum Glück bedeutete das für mich nur, dass ich eine Stunde später als gebucht losfahren musste bzw. konnte. Der Zug war, anders als meine sonstige Erfahrung bei Streiks, recht voll. Für mich gab es aber noch einen Sitzplatz, und als Zugabe kam der Zug auf die Minute pünktlich in Köln an. Als ich dort auf den Anschluss Richtung Aachen wartete, kam kurioserweise ein 425er meines Arbeitgebers durch:

425er der S-Bahn Hannover bei der Durchfahrt durch Köln Hbf

So richtig kurios wurde es dann, als mein RE bei der Weiterfahrt immer wieder bremsen musste. Als Grund gab der Tf einen vorausfahrenden Zug an, den wir gleich überholen würden. Ihr ahnt es sicher schon: Es handelte sich um den 425er, der auf Werkstattfahrt nach Aachen war. Dass die S-Bahn Hannover schuld an einer Verspätung zwischen Köln und Aachen war, würden vermutlich viele Bahnnutzer nicht glauben … Letztendlich erreichte ich meinen Zielbahnhof Aachen Rothe Erde mit einigen Minuten Verspätung, was nicht schlimm war, da ich zu meinem Ziel Monschau mit dem Auto mitgenommen wurde.

Die leider seit geraumer Zeit eisenbahnlose Stadt ist allerdings recht gut mit Bussen angebunden – hauptsächlich nach Aachen, aber auch durch einen Bus der belgischen TEC nach Eupen. Ich hatte überlegt, mit dem ins Hohe Venn zu fahren, aber nachdem sich genug andere Aktivitäten ergaben, beließ ich es bei einem Foto:

TEC-Citaro in Monschau Altstadt

Zurück von Monschau machte ich mich am Sonntag auf den Weg mit dem SB 66 nach Aachen. Der macht auf dem Großteil der Strecke seiner Bezeichnung tatsächlich alle Ehre, nur die Fahrt durch Kornelimünster mit vielen Halten war etwas nervig. Dafür stand ich schon an der letzten Haltestelle vor Rothe Erde auf, nur um festzustellen, dass es noch mehrere Minuten bis dorthin dauerte. Aber so konnte im gut gefüllten Bus wenigstens jemand anders meinen Sitzplatz belegen. Auch die Weiterfahrt lief wie am Schnürchen: Mit dem RE 1 ging es nach KK. Als ich dort ausstieg, zeigten die Anzeigen einen Notarzteinsatz zwischen KDFF und EDG an. Mit dem Gedanken, dass das ja heiter werden könne, aber auch der leisen Hoffnung, dass ja noch etwas Zeit sei, nutzte ich die Umstiegszeit erst mal zum Essen. Und tatsächlich bewahrheitete sich die Hoffnung: Als ich wieder auf den Bahnsteig kam, stand dort angezeigt, dass die Sperrung wieder aufgehoben war. Mein Anschluss-ICE kam also nicht nur pünktlich, sondern blieb es auch bis HB, wo demzufolge meine Freundin nicht lange auf mich warten musste.

Heart of Britain (1)

Anfang Juli ging es endlich mal wieder nach Großbritannien: Die Idee war, zuerst ein bisschen alleine in Südwestengland herumzufahren, wo ich vor 30 Jahren die ersten Male meinen Fuß in das Land gesetzt hatte, dann zum ersten Mal Wales zu besuchen und dann zu der Freundin zu fahren, die schon länger in England wohnt, inzwischen nahe der walisischen Grenze. Für die Fahrt kaufe ich mir ein „7 Tage in 1 Monat“-Interrail und die nötigen Reservierungen für den Eurostar. Auch im ICE nach und von Brüssel reserviere ich, da das im Sommer dringend empfohlen wird.

Einige Zeit vor der Reise checke ich noch mal die Verbindung für die Anreise, und siehe da: Statt um 7:44 Uhr muss ich nun schon um 6:44 Uhr losfahren, um den gebuchten Eurostar zu erreichen. Der Grund dafür ist, dass der ICE nach Brüssel zwischen Köln und Aachen wegen Bauarbeiten umgeleitet wird. Meine Reservierung im ICE Bremen–Köln ist damit wertlos, auf eine Diskussion mit der DB um eine kostenlose Umbuchung will ich mich aber nicht einlassen, da ich um diese Uhrzeit mit keiner hohen Auslastung rechne.

Das bewahrheitet sich dann auch: Zwar sind keine Reservierungen angezeigt, so dass ich zwischendurch einmal den Sitzplatz wechseln muss, ich habe aber während der ganzen Fahrt einen. Pünktlich ist selbige auch, so dass ich die knappe Stunde Übergangszeit in KK in der Lounge verbringen kann. Der Anschluss-ICE ist tatsächlich voll, so dass sich die Reservierung lohnt, vor allem aber vorhanden – im ICE-Treff hatte ich über die momentan unterirdische Fahrzeugverfügbarkeit der Mehrsystem-ICE gelesen. Nachdem wir auch pünktlich abfahren, glaube ich, damit das Gröbste hinter mir zu haben. Nach der Umleitung über Rheydt Hbf, wo wir die Fahrtrichtung wechseln (zumindest teilweise eine neue Strecke für mich) erreichen wir Aachen, wo wir nach einem weiterem Richtungswechsel weiter nach Belgien fahren sollen.

Doch daraus wird nichts: Uns wird mitgeteilt, dass sich der ablösende Tf krank gemeldet habe und der Zug mangels Reserve außerplanmäßig hier ende. Als Ersatzverbindung werden wir auf den Regionalzug eine Dreiviertelstunde später verwiesen. Ich habe leise Zweifel, dass die Fahrgäste eines vollbesetzten ICE dort hineinpassen, und genauso ist es dann auch: Obwohl sich in dem alten Triebwagen die Leute geradezu stapeln, passen sie nicht alle hinein. Da ich mich gar nicht erst ins Gedränge gestürzt hatte, trifft das auch mich. Um nicht eine Stunde warten und dann auf den recht knappen Anschluss in Welkenraedt hoffen zu müssen, besinne ich mich mithilfe des Navigators darauf, dass es von Aachen auch einen Bus nach Eupen gibt, wo ich den belgischen IC nach Brüssel bequem erreichen kann.

In so einen Triebwagen versuchten sich sämtliche Passagiere des gestrandeten ICE zu quetschen (Aufnahme von meiner Rückfahrt)

Das funktioniert dann auch, und da auf die Idee sonst niemand gekommen war, habe ich im IC freie Platzwahl:

Leerer IC von Eupen nach Brüssel

Auf diese Weise kann ich auch mal wieder die alte, sehenswertere Strecke durch das Tal der Weser (Vesdre) fahren und werde nacheinander gleich von drei Zugbegleitern kontrolliert.

In Brüssel angekommen, ist natürlich die spannende Frage, wie leicht ich meine Reservierung für den Eurostar umbuchen kann. Ich hatte gehört, dass man da sehr kulant ist (es gibt dafür die Regelung HOTNAT=Hop on the next available train), aber dazu müssen natürlich auch noch Plätze verfügbar sein. Tatsächlich interessieren die Frau am Check-in meine Gründe nicht großartig (wahrscheinlich bin ich an dem Tag auch nicht der erste), sie kann mich aber erst auf den übernächsten Zug umbuchen. Nach kurzer Recherche stelle ich fest, dass ich mein Tagesziel Weymouth dann noch erreichen kann und sage im Hotel Bescheid, dass es später wird. Immerhin habe ich so noch Zeit für belgische Pommes und ein paar Fotos von den örtlichen Verkehrsmitteln, unter anderem einem PCC-Wagen. Beim Check-in bin ich etwas enttäuscht, dass man keinen britischen Stempel in den Pass bekommt (der Freund, den ich später auf der Reise treffe, meint, den gäbe es nicht mal auf Wunsch). Dafür finde ich die automatischen Passkontrollen beeindruckend. Nach dem Einchecken versuche ich mit meinem BahnBonus-Platinstatus in die Lounge zu kommen. Der Mitarbeiter hat zwar noch keine Infos über die neuen Status, lässt mich aber rein.

PCC-Straßenbahnwagen am Brüsseler Südbahnhof

Von nun an läuft immerhin alles wieder wie geplant: Der Eurostar kommt pünktlich in London an, und dank kontaktloser Kreditkarte muss ich mich nicht am Fahrkartenautomaten der U-Bahn anstellen. So reicht die Übergangszeit von etwa 45 Minuten zum Waterloo-Bahnhof aus, so dass ich noch den 20:35 nach Weymouth erreiche. Leider sehe ich nun nur noch den Anfang der Strecke im Hellen und werde außerdem verständlicherweise recht müde. Blöderweise hatte ich außerdem beim Einsteigen nicht gesehen, dass der hintere Zugteil, in dem ich sitze, in Bournemouth endet, so dass ich noch den Platz wechseln muss. Das tue ich dann später noch mal, als in den Badeorten an der Küste einige feuchtfröhliche Gruppen einsteigen. Umso froher bin ich, als ich mit leichter Verspätung gegen 23:30 Uhr Ortszeit mein Reiseziel erreiche. Zum Glück ist es zum Hotel nicht weit, und da es gleichzeitig ein Pub ist, ist auch noch jemand da, um mich in Empfang zu nehmen, so dass ich bald ins Bett sinken kann.

Am nächsten Tag erkunde ich Weymouth, das eines der ersten Badeorte an der britischen Küste war. Viel hat sich dort in den letzten dreißig Jahren nicht verändert. Auch heute noch fahren im Sommer oben offene Doppeldeckerbusse durch die Stadt, inzwischen werden sie (nach dem Namen der fossilienreichen Küste) als „Jurassic Coaster“ bezeichnet.

Der Strand von Weymouth
Hier kann man schon etwas gewinnen, wenn man nur Müll in die Tonne wirft
Die Jubilee Clock ist eins der Wahrzeichen von Weymouth
Am Hafen
Very british
Oben offener Doppeldecker im Juli 1993 …
… und im Juli 2023

Nach einem ausgiebigen Rundgang durch die Stadt hole ich mein Gepäck aus dem Hotel und marschiere wieder zum Bahnhof. Dieser ist der Endpunkt der von der South Western Railway betriebenen Strecke von London und gleichzeitig die südwestlichste, die mit dem südostenglischen System mit 750-V-Stromschiene elektrifiziert ist. In Dorchester zweigt die nicht elektrifizierte, von der Great Western Railway betriebene Heart of Wessex Line ab, über die ich nun weiterfahren will.

Triebwagen der Class 166 für die Fahrt über die Heart of Wessex Line

Während die Londoner Strecke täglich im Stundentakt (mit überschlagener Wende in Weymouth) befahren wird, ist das Zugangebot auf der eingleisigen Heart of Wessex Line an einem Sonntag wie heute sehr überschaubar. Das hält zahlreiche Fahrgäste nicht davon ab, den Triebwagen der Baureihe 166 zu entern. Ich finde trotzdem aber noch bequem einen Sitzplatz. Der Zub ist beim Anblick meines Interrails sichtlich überrascht, akzeptiert es aber anstandslos.

Der Name der Strecke enttäuscht nicht, sie führt tatsächlich durch schöne, dünn besiedelte südenglische Landschaft. Es gibt einige Bedarfshaltepunkte, die scheinbar mitten im Nirgendwo liegen, teilweise bei unserer Fahrt aber genutzt werden. Bei Yeovil kreuzen wir ohne gemeinsamen Bahnhof die Strecke nach Exeter, ein Relikt der Frühzeit der Eisenbahn, als jede Bahngesellschaft für sich baute. In Castle Cary mündet die Strecke aber in die andere Hauptstrecke nach Exeter. Dorthin muss ich hier auch umsteigen, leider mit 50 Minuten Aufenthalt. Da das Wetter aber gerade sehr angenehm ist, gibt es Schlimmeres.

Während ich warte, füllen sich die Bahnsteige immer mehr, leider nimmt auch die Verspätung meines Anschlusszuges zu. Allerdings muss man den Briten lassen, dass sie darüber sehr gut informieren: Alle paar Minuten gibt es ein Update per Anzeige und Ansage mit der minutengenauen Verspätung. Kurz vor Ankunft des Zuges wird die Prognose von 18 auf 16 Minuten gesenkt, was dann auch ganz gut hinkommt. Leider ist damit mein Anschluss in Exeter trotzdem weg, aber da auf der Hauptstrecke die Züge recht oft fahren, verliere ich dadurch nur etwa eine halbe Stunde. Die Fahrt führt vorbei an der „Sea Wall“ bei Dawlish Warren, einer fotogenen roten Steilküste. In Plymouth angekommen, beziehe ich mein Domizil für die nächsten drei Nächte, ein Appartement direkt am Bahnhof. Wenn ich schon mal in GB bin, muss natürlich ein Essen vom Chinese Takeaway sein, das ich in der Gemeinschaftsküche meiner Unterkunft zu mir nehme. Leider bellen mich dort die Hunde eines jungen britischen Paares an, das sich dafür tausendmal entschuldigt. Zum Glück habe ich keine große Angst vor Hunden, nervig ist es aber trotzdem.

Fortsetzung folgt!

Fünf Länder in fünf Tagen

Ein Geschäftstermin unmittelbar nach Pfingsten sorgte für eine ungewöhnliche Dreiecksfahrt, bei der ich durch fünf Länder kommen sollte, wenn auch eins davon nur auf der Durchfahrt. Die erste Etappe begann am Freitag direkt nach der Arbeit: Mit dem ICE machte ich mich auf den Weg nach FF. Dort war gerade eben Zeit für einen Cappuccino in der Lounge, bevor ich mich dann auf den Weg nach Gleis 19 machte. Aufgrund des bevorstehenden langen Wochenendes hatte ich kurz vor der Fahrt noch reserviert, die Fahrkarte selbst hatte ich schon Anfang des Jahres gekauft. Da mein Platz ganz vorne in der Lounge (diesmal der des ICE 3) war, war erstmal Lauferei angesagt. Ebenfalls angesagt waren für den Nachmittag Unwetter, die aber meine Fahrt zum Glück nicht beeinträchtigten. Nur beim Halt in KK ging gerade ein Wolkenbruch herunter. Also konnte ich die Fahrt genießen, bis wir pünktlich Brüssel Süd erreichten (ja, der heißt auf Französisch Midi=Mittag=Süden).

Nun hielt ich es für eine gute Idee, erst mal belgische Pommes zu genießen. Die erstand ich auch, nur fiel mir dann auf, dass es so langsam Zeit für den Checkin beim Eurostar war. Die Angestellten an der Sicherheitskontrolle guckten etwas komisch, als ich dort mit meiner Pommestüte aufkreuzte, meinten aber nur, dass ich bis zur Passkontrolle aufgegessen haben sollte, was mir auch gelang. Nur Minuten nach meinem Checkin wurde selbiger übrigens geschlossen, Pommes während der Brutto-Umsteigezeit von 45 Minuten sind also nicht unbedingt eine gute Idee.

Nun konnte ich aber gestärkt den Eurostar entern, ein e320, über den ich ja schon letztes Jahr berichtet hatte. Im Gegensatz zu damals war der Zug diesmal voll besetzt, Pfingsten ist halt überall eine gute Gelegenheit zum Reisen. Vor mir freundete sich über den Gang ein britisches Paar mit einer belgischen Familie an, die ein Harry-Potter-Wochenende in London machen wollte. Den dortigen Endbahnhof St. Pancras erreichten wir ebenfalls pünktlich, so dass ich genug Zeit zum Anschlusszug nach Loughborough hatte. Die Fahrt unternahm ich gemeinsam mit einem in London lebenden Freund, denn der Anlass für die Reise war die Einladung von gemeinsamen Freunden nach Leicestershire. Auch dieser Abschnitt verlief ohne Zwischenfälle, sieht man mal von den auf der Insel noch penetranteren Ansagen an jeder Station ab (sämtliche folgenden Haltebahnhöfe inkl. Uhrzeiten, Hinweis auf zu kurze Bahnsteige an bestimmten Stationen, die auch noch nass vom Regen sein können – willkommen im Land von Health & Safety).

In Leicestershire gab es dann am Sonntag noch mehr Bahn: Mit unserer neunköpfigen Gruppe besuchten wir die Great Central Railway, laut Wikipedia die einzige zweigleisige Museumsbahn der Welt und Relikt der Zeit, als sich Bahngesellschaften beim Streckenbau Konkurrenz machten: Die erhaltene Strecke führt von Leicester nach Loughborough nur wenige Kilometer entfernt von der regulär betriebenen mit jeweils eigenen Bahnhöfen, die natürlich ebenfalls museal sind. Hier der in Loughborough:

Auf dem letzten Bild zu sehen ist der Zug, der direkt bei unserer Ankunft mit einer Diesellok ankam und der danach auf Dampf umgespannt wurde:

Beim Anblick dieser Zuggarnitur meinte einer meiner Freunde ketzerisch, dass man bei einigen Zügen nicht so genau wisse, ob sie schon im Museum oder noch regulär im Einsatz seien:

Im nunmehrigen Dampfzug enterten wir ein 1.-Klasse-Abteil (zum Glück gab es bei den Fahrkarten keine Klassenunterscheidung) und fuhren mit bis zur anderen Endstation Leicester North, die sich so nennen darf, weil sie gerade so innerhalb der Stadtgrenzen liegt. Dort wurde die Lok umgesetzt, und das Personal ließ uns sogar einen Blick in den Führerstand werfen:

Jetzt fuhren wir nicht ganz zurück, sondern nur bis zum Bahnhof Rothley, der im Stil von 1912 restauriert ist.

Von hier fuhren wir mit der anderen Zuggarnitur wieder bis Leicester North und dann zurück bis Loughborough. Das Besondere an diesem Zug sind die Restaurantwagen, in denen man allerdings nur während der Dinner-Sonderfahrten sitzen darf.

Aber auch die regulären Wagen machen was her:

Zum Glück hatte während der Bahnfahrt das Wetter gehalten, beim abendlichen Grillen regnete es sich nämlich ein … Viel besser war das Wetter auch am nächsten Tag nicht, als es für mich weiter ging nach Den Bosch (schon wieder …). Der East Midlands Train nach London war nicht sehr voll, der Eurostar dagegen ausgebucht. Immerhin war ich diesmal früh genug da, so dass ich noch ein wenig Kaffee und Knabbereien in der Lounge genießen konnte. Die Fahrt verlief ohne Besonderheiten, und ab Lille (damit Frankreich auch mal erwähnt ist) hatte ich sogar einen freien Nebenplatz. Brüssel erreichten wir pünktlich, und jetzt hatte ich genug Zeit, um einen Thalys PBKA zu erlegen.

Mein nächster Zug war dagegen ein Intercity direct, der Nachfolger des so krachend gescheiterten FYRA auf der Strecke Amsterdam–Brüssel.

Zunächst war der Zug pünktlich und relativ leer; in Antwerpen, wo wir wegen Bauarbeiten statt in Centraal in Berchem hielten, wurde er jedoch richtig voll, und wir zogen uns auch Verspätung zu. Mir gegenüber saß eine Argentinierin, die in Schiphol das Flugzeug in die Heimat erreichen wollte und sich von mir bestätigen ließ, dass der Zug dort auch halten würde. Unterdessen fuhren wir über die eher langweilige HSL Zuid, die bis Rotterdam auch auf niederländischer Seite im Linksverkehr befahren wird. Meinen Umsteigebahnhof Breda erreichten wir mit etwa +5, so dass mein Anschluss-Sprinter eigentlich schon weggewesen wäre. Er hatte aber ebenfalls +5 und eine kuriose Zielangabe:

Ganz so weit wollte ich denn doch nicht fahren, sondern nur bis ’s Hertogenbosch, wie die offizielle Namensform meines Zielortes lautet. Dort kam ich dann mit wiederum +5 an und freute mich, dass mein Hotel direkt am Bahnhof lag, zumal es wieder in Strömen regnete.

Die Rückfahrt am Mittwochnachmittag trat ich dann gemeinsam mit einem Arbeitskollegen an, der am Dienstagmorgen angereist und dabei prompt den Anschluss in Venlo verpasst hatte. Da das Meeting früher beendet war als gedacht, konnten wir anderthalb Stunden früher losfahren und so eine halbe Stunde Übergangszeit in Venlo haben. Praktischerweise ermöglichte mir das auch noch ein Bild vom Arriva-GTW auf der Maaslinie:

Hatte bis jetzt alles mehr oder weniger super geklappt, ereilte uns beim Umstieg in KD das deutsche Verspätungschaos: Überall um uns herum wurden verspätete Züge mit verschiedensten Begründungen aufgerufen – Personen im Gleis, Stellwerksstörung, technische Störung am Zug, … Unser Zug sollte +20 wegen „Störungen im Betriebsablauf“ haben. Immerhin hielt er das ziemlich genau ein, wobei sich der Aufenthalt in FF wegen einer dortigen Stellwerksstörung leider deutlich verlängerte. Die Umleitung über Darmstadt Nord wegen Bauarbeiten in Hanau war dagegen bereits eingeplant, so dass wir NAH mit etwa +35, aber immer noch eine halbe Stunde und damit einen Bus früher als ursprünglich geplant erreichten.

Aixtra langer Bus

Letztes Wochenende war ich zum Mensa-Jahrestreffen in Aachen. Die Hinfahrt hatte ich aufgrund der teuren Sparpreise mit Prämienpunkten gebucht. Die klappte auch fast ganz hervorragend: ICE nach FF, da kurz in die Lounge und weiter an Gleis 18, wo ich noch einen Platz in der Lounge am Zugschluss ergatterte. Nach der pünktlichen Abfahrt kam ärgerlicherweise die Ansage, dass dieser – also der hintere Zugteil – in KK abgekuppelt würde. Also hieß es nach der wiederum pünktlichen Ankunft dort an einem kompletten ICE 3 vorbei laufen und in den vorderen Zugteil einsteigen, wo sich zu allem Überfluss auch erst relativ weit vorne ein freier Platz fand. Die Abfahrt fand wegen einer technischen Störung am Zug nicht pünktlich statt, so dass wir mit etwa +10 Aachen Hbf erreichten, der sich in der blauen Stunde gut machte:
Aachen Hbf vom Vorplatz aus gesehen

Da der Bahnhof recht weit entfernt von der Innenstadt liegt, nahm ich einen Bus zum Bushof (ein für die Region typischer Ausdruck), in dessen Nähe sich auch mein Hotel befand.
Genau dort bot sich dann am nächsten Tag auch die Gelegenheit, ein wenig den örtlichen ÖPNV zu erlegen. Dessen Star dürften wohl die Doppelgelenkbusse, auch „Long Wajong“ genannt, sein:
Doppelgelenkbus der ASEAG

Aufgrund der Lage am Dreiländereck kommen aber auch belgische
Bus der wallonischen TEC in Aachen Bushof

und niederländische Busse zum Bushof.
Bus des von Arriva Nederland betriebenen Limburgliners in Aachen Bushof

Dessen überdachte Bauweise mit ergänzenden Haltestellen an den umliegenden Straßen macht ihn etwas unübersichtlich und das Fotografieren schwierig, was dadurch verkompliziert wird, dass natürlich viele Menschen unterwegs sind und ein bestimmtes Publikum sich quasi stationär aufhält. Trotzdem gelangen mir aber noch einige Bilder.
Bus der ASEAG in Aachen Bushof

Bus der ASEAG in Aachen Bushof

Bus der ASEAG in Aachen Bushof

Auf dem Rückweg am Sonntag ging es erstmal mit dem RE nach Köln. Der hätte unterwegs beinahe einen längeren Aufenthalt gehabt, weil die Zub-in sich weigerte, den Zug abzufertigen, solange zwei Männer ohne gültigen Fahrschein noch im Zug waren. Zum Glück trollten diese sich unterstützt vom Sicherheitsdienst bald, aber trotzdem war ich von dieser Methode nicht so wahnsinnig begeistert. In Köln machte ich noch Station bei einer Freundin, wo mir hinter dem Hbf dieser E-Bus samt Ladesäule vor die Linse kam:
E-Bus der KVB an der Ladestation am Breslauer Platz

Vom Neumarkt, wo besagte Freundin wohnt, fahren sonntags erstaunlich wenig Bahnen zum Hbf. Meinen Zug erreichte ich daher nur, da er wegen Bauarbeiten ohnehin schon einige Minuten später abfuhr als bei der Buchung angegeben und darüber hinaus noch ein paar Minuten Verspätung hatte. Die wuchsen sich dann – u.a. wegen einer -Störung bei Bonn – auf etwas über +30 in NAH aus. Zum Glück musste ich wenigstens nicht mehr umsteigen, und am Ziel angekommen auch nicht mehr so lange auf den Bus warten.

Typisch belgisch, die zweite

Ziemlich genau vier Jahre nach der Brügge-Fahrt war ich über Ostern mal wieder im Land der Pommes und Pralinen unterwegs. Angereist bin ich nicht mit dem Zug, sondern mit einem Bus der → Eurolines-Kooperation, weil das deutlich günstiger war. Von Brüssel aus habe ich dann das Land ein bisschen erkundet, unter anderem wollte ich schon immer mal mit der → Küstenstraßenbahn fahren. Aber auch den Altstädten von Antwerpen und Gent (in beiden Städten ist auch der Bahnhof sehr sehenswert!) und der Exklave → Baarle stattete ich einen Besuch ab. Für Wochenendfahrten im Land bieten die belgischen Eisenbahnen (NMBS/SNCB) ein besonders günstiges Angebot an: die Wochenendfahrkarte, die 50% Ermäßigung bietet und am Schalter, am Automaten oder als Online-Ticket erhältlich ist. Eine Fahrtunterbrechung ist damit allerdings nicht möglich: wegen des Zwischenstopps in Gent, den ich auf dem Rückweg von der Küste gemacht habe, musste ich separate Fahrkarten Brüssel–Gent und Gent–Küste kaufen. An der Küste ist es aber möglich, die Rückfahrt woanders zu beginnen, als die Hinfahrt geendet hat.
Für die Küstenstraßenbahn und meine anderen Fahrten innerhalb Flanderns habe ich dann einen „driedagenpas“ von De Lijn gekauft, der genau so viel kostet wie zwei Tageskarten. Achtung: Am Automaten oder Schalter ist er günstiger als beim Fahrer!
Enden sollte meine Tour dann noch mit einem Foto von der Brüsseler Metro. Das war mir aber leider nicht vergönnt, da die Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe (MIVB/STIB) aufgrund des gewaltsamen Todes eines Kollegen die Arbeit niederlegt hatten, wofür ich natürlich vollstes Verständnis hatte. Alle anderen Verkehrsmittel fuhren wie gewohnt, wobei sich die Vertaktung als sehr praktisch erwies. Übrigens kennt die NMBS/SNCB-Auskunft auch die Fahrzeiten der kommunalen Busse und Bahnen, wenn man jeweils „Bahnhof/Haltestelle (alle)“ auswählt. Dass der Verkehrsbetrieb Walloniens, wohin es mich diesmal nicht zog, TEC heißt, sei noch der Vollständigkeit halber erwähnt. In diesem Sinne: Bis bald in Belgien/Tot ziens in België/A bientôt en Belgique!

Typisch deutsch – typisch belgisch?

Am Samstag war es soweit: ich ging auf die lange geplante Fahrt nach Brügge. Bis Köln ist nichts Bloggenswertes passiert, interessant wurde es erst, als von dort der Thalys endlich losfuhr (nachdem das Einsteigen aller Fahrgäste immerhin etwa zehn Minuten gedauert hatte).
Gleich nach der Abfahrt kam die viersprachige Durchsage, dass man seinen Fahrschein doch bitte immer im Zug mit sich tragen sollte. Diese Regelung mag für Fahrgäste un- und für die Bahngesellschaft praktisch sein (und ich muss gestehen, dass ich mich selten daran halte). Ein Fahrgast neben mir kommentierte es jedoch mit „Typisch deutsch“ – für einen Zug, der zu 62% in französischer und zu 28% in belgischer Hand ist, eine bemerkenswerte Äußerung.

Auf der Strecke Köln–Brüssel hatte sich seit meiner letzten Fahrt im Jahr 2001 eine Menge geändert: Der neue Aachener Buschtunnel ist fertig und die Bahnhöfe Lüttich-Guillemins und Löwen sind komplett neu gebaut, vor allem aber ist die NBS/ABS Lüttich–Brüssel inzwischen in Betrieb. Bis Löwen verläuft sie komplett auf eigener Trasse, dahinter ist die vorhandene Strecke viergleisig ausgebaut, wobei der Fernverkehr interessanterweise auf den inneren Gleisen fährt.

In Brüssel angekommen, bekam ich dann den Beweis dafür, dass auch Verspätungen mit schlechter Informationspolitik nicht „typisch deutsch“ sind: Der Zug nach Ostende war mit +15 angekündigt. Nach insgesamt einer halben Stunde Warten und Ansagen auf französisch und flämisch mit französischem Akzent, die ich leider kaum verstanden habe, kam schließlich ein Zug nach Knokke, der auch über Brügge fuhr. Mein „eigentlicher“ Zug hatte, wie ich dann an der Bahnsteiganzeige in Gent sehen konnte, inzwischen 42 min Verspätung.

Am nächsten Tag war ich dann schon wieder in Brüssel, diesmal als Ausflug von Brügge aus. Auf dem Weg zum Atomium wollte ich eine U-Bahn fotografieren und wurde sofort von einem Sicherheitsmann angesprochen und darauf hingewiesen, dass das nur mit Genehmigung erlaubt sei. Die Begründung war nicht etwa, dass der Blitz den Fahrer irritieren könnte (das hätte ich noch eingesehen), sondern, dass es sich schließlich um Privatgelände handele. Belgische Verkehrsbetriebe scheinen aber sowieso etwas eigen zu sein, denn bis auf die wallonische TEC haben alle eine Klausel, dass Links auf ihre Seiten nur nach Genehmigung erlaubt sind. Ob das eine gute Werbung und rechtlich haltbar ist, sei dahingestellt, jedenfalls gibt es so eben von meiner Website aus keinen Link.

Die weitere Reise konnte ich dann aber ohne Komplikationen genießen. Auf der Rückfahrt aus Brügge fiel mir auf, dass die alte Strecke Lüttich–Aachen, die Thalys und ICE benutzen, an zwei Stellen die Neubaustrecke kreuzt und letztere schon komplett ausgestattet aussah. Nach meinen Recherchen ist das kein Wunder: die Strecke ist seit Dezember 2007 fertig und wird nur deswegen nicht benutzt, weil weder ICE noch Thalys das erforderliche ETCS haben.

Das meiste ist also absolut glatt gegangen, aber es gibt vieles, was im europäischen Eisenbahnbau und -betrieb noch im Argen liegt. Nur merkt man bei einer Fahrt über die Grenze ziemlich schnell, dass davon herzlich wenig „typisch deutsch“ oder „typisch belgisch“ ist …

Brügge-Weg*

Inzwischen kenne ich mich mit dem Online-Verkaufssystem der DB ja ganz gut aus. Manchmal finde ich es zwar etwas knifflig, einen günstigen Fahrschein zu bekommen, aber insgesamt ist das System einigermaßen einfach zu bedienen. Leider gilt das nur für Inlandsreisen, wie sich am Donnerstag Abend mal wieder gezeigt hat: Ich wollte für die Karwoche eine Fahrkarte nach Brügge und zurück kaufen. Über den Tag verteilt gibt es verschiedene Verbindungen: Mit dem ICE bis Köln, von dort mit ICE oder Thalys nach Brüssel und von da weiter nach Brügge. Die Rückfahrt funktioniert entsprechend genau so.

Der Haken an der Sache: ICE und Thalys haben zwei völlig verschiedene Preissysteme. Mit dem ICE kann man eine durchgehende Fahrkarte bis Brügge kaufen, für die dann auch der Sparpreis Belgien der DB gilt – zu den üblichen Konditionen: Vorausbuchung, Zugbindung und begrenztes Kontingent. Und natürlich müssen Hin- und Rückfahrt gleichzeitig gebucht werden und beide im ICE stattfinden.
Der Thalys dagegen hat ein Globalpreissystem, dessen Fahrkarten nicht online bei der DB erhältlich sind. Außer einem DB-Fahrschein bis Köln muss man also auf thalys.com einen Fahrschein bis Brüssel kaufen. Gegen einen geringen Aufpreis ist darin dann die Fahrt zu jedem belgischen Bahnhof inbegriffen (dafür muss man das Ziel „Brüssel TGB“ [toute gare belge] auswählen). Auch der Thalys hat verschiedene Sparangebote, bei denen Hin- und Rückfahrt gemeinsam gebucht werden müssen – natürlich beide im Thalys.

Nach einigem Probieren stelle ich fest, dass es für die Rückfahrt keine passende ICE-Verbindung gibt, für die noch ein Sparpreis zu haben ist. Wegen des Tarifsystems würde ich draufzahlen, wenn ich hin ICE und zurück Thalys fahre, also fahre ich beide Strecken mit dem Thalys. Das heißt: Zwei Browserfenster aufmachen, in dem einen nach einem günstigen Platz im Thalys für die Hin- und Rückfahrt suchen, in dem anderen nach einem Sparpreis nach und ab Köln. Auch hier kann ich nicht in der idealen Zeitlage fahren, und auch der Aufenthalt in Köln wird etwas länger als eigentlich nötig. Zu allem Überfluss war auch noch der Verkaufsserver von bahn.de überlastet und gab unter anderem einmal direkt nach dem Klick auf „Buchung durchführen“ keine Antwort mehr.
Aber letztendlich habe ich es geschafft und eine Reise zum Gesamtpreis von 93,20 Euro für Hin- und Rückfahrt gebucht. An eine dritte Möglichkeit – DB bis Aachen, Euregio-Ticket bis Lüttich und von dort mit den günstigen belgischen Fahrscheinen bis Brügge – hatte ich dabei noch gar nicht gedacht.

Es ist schade, dass Fahrscheinkäufe im Zeitalter des Internets und der europäischen Einigung noch so kompliziert sein müssen. Die DB weist gerne darauf hin, dass Thalys eine eigenständige Gesellschaft ist. Deren Anteile werden allerdings ausschließlich von den nationalen Bahnen Frankreichs, Belgiens und Deutschlands gehalten … Eine Flugsuchmaschine hätte mir den günstigsten Flug heraus gesucht, egal, wo ich umgestiegen wäre und welche Fluggesellschaft dahinter steckt. Ein gutes Vorbild auf der Schiene ist hier die Strecke Frankfurt/Stuttgart–Paris: hier gelten auf der gesamten Strecke die nationalen Angebote beider Bahnen. Hier hat sich schon eine Menge verbessert, aber das Beispiel Belgien zeigt auch, wie viel es noch zu tun gibt.

* Der Brüggeweg ist übrigens eine Straße ganz in der Nähe meines Elternhauses.