Deutschland-Tarif

Bewegt man sich nur innerhalb der eigenen Heimatregion oder fährt nur mit dem DB-Fernverkehr, ist das Tarifsystem meistens noch relativ einfach zu begreifen. Durch die Vielzahl der Verkehrsverbünde, die es zudem nicht einmal überall gibt, wird es aber schnell kompliziert, wenn man sich öfter in andere(n) Regionen bewegt. Dazu kommt noch, dass einige Tarife unternehmensabhängig sind und nicht bei allen der wie Pilze aus dem Boden schießenden Privatbahnen gelten. Sollte die DB einmal in größerem Umfang Konkurrenz im Fernverkehr bekommen, dürfte dieses Problem noch weiter zunehmen.
Für die Koordination von Fahrplänen gibt es bereits die Initiative → „Deutschland-Takt“, die sich aus Vertretern von Fahrgastverbänden, aber auch einiger Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen zusammen setzt. Der VCD skizziert darüber hinaus auch einen → „Deutschland-Tarif“, der diesen koordinierten Fahrplan ergänzen würde.
Ich habe mir daher mal ein paar Gedanken gemacht, wie ein solcher Tarif aussehen könnte. Dabei gibt es für fast alle Komponenten des Systems bereits Vorbilder im Aus- oder sogar Inland, die man nur konsequent zu Ende denken müsste:

Kernstück des neuen Tarifsystems ist eine einheitliche Einteilung ganz Deutschlands in Tarifzonen, die (wie die VRR-Tarifgebiete) mehrere kleine Gemeinden, eine mittelgroße Stadt oder einen Teil einer Großstadt umfassen. Bis zur Entfernung von etwa 100 km (das ist die Größe von großen Verkehrsverbünden wie VRR oder RMV) gilt ein Zonentarif entsprechend den heutigen Verbundtarifen. Darüber hinaus soll ein Relationstarif gelten, der aber nicht nur in Zügen, sondern auch im lokalen ÖPNV zumindest am Start- und Zielort anerkannt wird (also etwa wie der heutige DB-Tarif mit City-Ticket).
Das Neue daran ist, dass die Reichweite des Zonentarifs immer vom Startpunkt und nicht mehr von den Grenzen des Verkehrsverbundes abhängt. Das mag auf den ersten Blick kompliziert klingen, aber eine Liste, bis zu welcher Entfernung welcher Tarif gilt, braucht man auch jetzt schon. Der große Vorteil ist, dass Übergangstarife an den Grenzen der Verbünde entfallen und außerdem die Preisstufen und das Fahrscheinsortiment in ganz Deutschland gleich sind. Macht man also einen Ausflug nach Hamburg, muss man sich nicht durch das dortige Angebot von Fahrscheinen wühlen, sondern weiß, dass dort das Angebot dasselbe ist wie zu Hause. Informieren muss man sich nur, bis wohin welche Preisstufe gilt und ab wo der Relationstarif angewendet wird.

Weitere Details meiner Idee mit den jeweiligen Vorbildern:

  • Der Zonentarif sollte eine Kurzstrecke für etwa 4 (Bus-/Straßenbahn-)Haltestellen sowie vier weitere Preisstufen umfassen: A für Fahrten innerhalb der Tarifzone, B für den zwei Tarifzonen breiten Kranz, der darum herum liegt, C für einen weiteren etwa zwei Tarifzonen breiten Ring und D für den Rest der 100-km-Zone. Vorbild ist das bis 2011 gültige VRR-Tarifsystem.
  • Die Zonen sollten nicht in kleinere Einheiten unterteilt werden. Um Preissprünge an den Grenzen abzumildern, haben die Zonen aber große Überlappungsbereiche, so wie bis 1993 im VRR üblich. Heutiges Beispiel: Marl-Polsum gehört sowohl zum Marler als auch zum Gelsenkirchener Tarifgebiet.
  • Die Überlappungsbereiche sowie die Größe der Tarifzonen können ggf. auch eingesetzt werden, um unterschiedliche Sozialstrukturen und Fahrtgewohnheiten darzustellen (z.B. kleinere Zonen in Gebieten mit hoher Kaufkraft, große Überlappungsbereiche in Gebieten, die häufig in oder aus zwei Richtungen angefahren werden).
  • Die Fahrt in Preisstufe A sollte nicht mehr als 2 Euro kosten (Einzelfahrt in Aschaffenburg: 1,50 Euro, in Paris: 1,70 Euro, in Rom: 1 Euro)
  • Die Fahrradmitnahme sollte kostenlos möglich sein (wie heute z.B. im RMV und der VAB)
  • Es sollte einen Bahncard-Rabatt auf alle Fahrscheine geben, mit denen dann auch überall gefahren werden kann (wie heute z.B. im VRN).
  • Es sollte möglich sein, einen Fahrschein zum Zonentarif nur mit Angabe der Preisstufe zu kaufen (wie heute z.B. im VRR). Dies ist meines Erachtens praktischer als das in RMV und VAB übliche System, dass immer eine Zielzone angegeben werden muss. Fahrgäste und Fahrpersonal müssen keine Zonennummern auswendig lernen, und es müssen weniger Ausnahmen im Geltungsbereich definiert werden. Insbesondere für Zeitkarten ist nützlich, dass diese in einem gleichmäßigen Radius um das Zentraltarifgebiet gelten.
  • Die bisherigen Geltungsbereiche von verbundweiten Fahrscheinen (Semesterticket, Kombitickets) werden auf die 100-km-Zone vom jeweiligen Uni- oder Veranstaltungsstandort übertragen. Davon profitieren vor allem heute Standorte, die heute am Rand eines Verbundgebiets liegen, wie die TU Dortmund.
  • Fahrscheine über 100 km hinaus werden nicht mehr von Bahnhof zu Bahnhof, sondern ebenfalls von Tarifzone zu Tarifzone gekauft. Es ist also auch der Kauf zwischen zwei Gemeinden ohne Bahnhof möglich, ähnlich wie beim heutigen NRW-Tarif. Im Gegensatz zu diesem sind aber alle verkehrsüblichen Wege zwischen Start- und Endpunkt zugelassen. Ein Fahrschein von Aschaffenburg nach Marl würde also auch im Bus von Recklinghausen nach Marl gelten, was heute nicht der Fall ist.
  • Im Fernverkehr plädiere ich für die Abschaffung der Bahncard 25. Im Gegenzug sollte der Normalpreis leicht gesenkt werden und vor allem mehr Fahrscheine in den jeweiligen Kontingenten der Spartarife angeboten werden. Die Möglichkeit, mit der Bahncard 50 den Normalpreis zu ermäßigen, sollte für alle, die viel spontan fahren, weiter bestehen bleiben.
  • Fahrscheine sollten in allen öffentlichen Verkehrsmitteln gelten, unabhängig vom Betreiber. Dies gilt auch bei etwaigen privaten Fernverkehrsanbietern. Gegebenenfalls ist die Verkaufsstelle dann nicht mehr die DB, sondern eine zentrale landesweite Stelle (Vorbild Großbritannien).

Soweit die Grundzüge des Deutschland-Tarifs, die auf jeden Fall enthalten sein sollten. Folgende Fragen sollten auch noch diskutiert werden:

  • Sollte die Trennung in drei Preiskategorien (ICE, IC, Nahverkehr) bestehen bleiben oder sollten alle Fahrscheine in allen Zügen gelten? Letzteres würde das Tarifsystem drastisch vereinfachen, insbesondere für Fälle, in denen ein anderer Zug als geplant benutzt werden muss. Andererseits würde es möglicherweise Fahrgäste in schnellere Züge umlenken, ohne dass es dafür nennenswerte Mehreinnahmen für den Betreiber (= meist DB Fernverkehr) gibt. In diesem Zusammenhang wäre auch die gesetzliche Trennung zwischen subventioniertem Nah- und eigenwirtschaftlichen Fernverkehr auf den Prüfstand zu stellen (Vorbilder sind die Schweiz oder die Niederlande).
  • Sollten Fahrscheine vor Fahrtantritt entwertet werden müssen oder nicht? Ersteres birgt das Risiko eines Schwarzfahrens, wenn man das Entwerten vergisst. Da es dann allerdings in ganz Deutschland nötig wäre, gäbe es keinen Umgewöhnungseffekt in fremden Regionen. Der Vorteil wäre, dass man Tickets (auch z.B. verbilligte Vierertickets oder Zehnerblöcke) auf Vorrat kaufen könnte.
  • Welche Rechte sollten Fahrgäste bei Betriebsstörungen haben: Benutzung von höherwertigen Zügen oder Umwegen, Erstattung von Taxikosten oder Zuschlägen, Aufhebung einer eventuellen Zugbindung, Erstattung in Form von Gutscheinen, …? Ab welcher Verspätung greifen diese Rechte, sind verpasste Anschlüsse (auch verkehrsmittelübergreifend) eingeschlossen? Wie sieht es aus, wenn die Ursache höhere Gewalt ist?
  • Weitere zu klärende Punkte wären etwa der Preis von Tageskarten relativ zu Einzelfahrten (in der VAB z.B. weniger als das Doppelte, im RMV genau das Doppelte ohne Bahncard-Rabatt, im VRR etwas mehr), die Ausgabe von Monatskarten (an jedem beliebigen Tag beim Fahrer wie in der VAB oder nur im Kundenzentrum zum Monatsanfang wie im VRR), das Höchstalter für den Kindertarif, die kostenlose Mitnahme von eigenen Kindern, die Mitnahme von Fahrrädern und Hunden, …
  • Für Nummerierungsfans: Die Tarifzonen sollten im Normalfall nicht kleiner sein als die fünfstelligen Postleitzahlgebiete, so dass eine fünfstellige Nummer ausreichen würde. Diese könnte sich an der PLZ orientieren, muss aber nicht mit dieser identisch sein. Um Verwechslungen zu vermeiden, kann man aber natürlich auch andere Systeme verwenden (z.B. Koordinatensystem wie im VRR, erste zwei Ziffern für das Bundesland etc.).

Obwohl es bereits viele Schritte in die richtige Richtung gibt (NRW- und SH-Tarif, City-Ticket, Schönes-Wochenende-Ticket), schätze ich leider meine Idee eher als Wunschtraum denn als realistisches Projekt ein. Selbst wenn nur der Nahverkehr einbezogen werden soll, wären vermutlich jahrelange Verhandlungen zwischen den einzelnen Verkehrsunternehmen und Aufgabenträgern erforderlich. Die Einbeziehung des Fernverkehrs würde vermutlich sogar die Änderung von Bundesgesetzen nötig machen, die zurzeit nicht in der Planung ist. Jetzt ist eure Sicht als Fahrgast gefragt: Würde es sich eurer Meinung nach lohnen, für einen Deutschland-Tarif wie von mir skizziert zu kämpfen? Haltet ihr meine ganze Idee für unsinnig oder habt ihr nur Detailverbesserungen? Erledigt sich das Ganze durch die Einführung von elektronischen Abrechnungssystemen bald von alleine? Ich bin gespannt auf eure Kommentare!

Ist das Netz konvex, …

Heute wird es mal wieder etwas exzentrisch, d.h. noch exzentrischer als sonst … In der Mathematik heißt eine geometrisch darstellbare Menge konvex, wenn eine Verbindungslinie zwischen zwei beliebigen Punkten der Menge immer vollständig innerhalb der Menge liegt. Diese Definition kann man auf Städte und Bahnhöfe übertragen: Wenn es in einer Stadt mehrere Bahnhöfe (bzw. Haltepunkte) gibt, kann man normalerweise zwischen ihnen auf der Schiene hin und her fahren, ohne die Stadt zu verlassen. Es gibt jedoch Ausnahmen, eine davon ist meine Heimatstadt Marl: Will man mit dem Zug von Marl Mitte nach Marl-Sinsen, muss man über die Nachbarstadt Haltern am See fahren.
Im Folgenden seht ihr – nach Bundesländern sortiert – die Städte und Gemeinden mit „nichtkonvexen“ Bahnnetzen, die ich beim Durchforsten des Eisenbahnatlas Deutschland gefunden habe. Gewertet habe ich dabei der Einfachheit halber nur Gemeinden, bei denen man über einen Bahnhof oder Haltepunkt in einer anderen Gemeinde fahren muss. Führt eine Strecke ohne Halt über fremdes Stadtgebiet, habe ich das nicht mitgezählt. Hinter dem Gemeindenamen habe ich jeweils Beispiele für Bahnhöfe aufgeführt, die nicht miteinander verbunden sind.

Baden-Württemberg
Adelsheim (Nord, Ost)
Ditzingen (Bf, Heimerdingen)
Ettlingen (Stadt, West)
Horb am Neckar (Bf, Heiligenfeld)
Pfinztal (Berghausen, Berghausen-Hummelberg)
Stuttgart (Hbf, Weilimdorf)

Bayern
Hersbruck (r Pegnitz, l Pegnitz)
Lauf (r Pegnitz, l Pegnitz)
Nürnberg (Hbf, Nordost)
Pommelsbrunn (Pommelsbrunn, Hohenstadt)
Schwaig b. Nürnberg (Schwaig, Behringersdorf)

Brandenburg
Beelitz (Stadt, Heilstätten)
Kolkwitz (Bahnhof, Süd)
Potsdam (Hbf, Rehbrücke)
Röderland (Prösen, Prösen Ost)
Teltow (Bf, Stadt)

Hessen
Elz (Bf, Süd)
Groß Gerau (Bf, Dornberg)
Limburg (Bf, Süd)
Münster (bei Dieburg) (Bf, Altheim [Hessen])
Offenbach (Hbf, Ost)
Sulzbach (Taunus) (Bf, Nord)

Mecklenburg-Vorpommern
Binz (Ostseebad Binz, Ostseebad Binz Landesbahn)

Niedersachsen
Ganderkesee (Bf, Hoykenkamp)
Seevetal (Hittfeld, Maschen)

Nordrhein-Westfalen
Bad Oeynhausen (Bf, Süd)
Bochum (Hbf, Dahlhausen)
Bönen (Bf, Nordbögge)
Bonn (Hbf, Beuel)
Bottrop (Hbf, Feldhausen)
Brühl (Bf, Kierberg)
Castrop-Rauxel (Hbf, Süd)
Duisburg (Hbf, Ruhrort)
Erkrath (Bf, Nord)
Eschweiler (Hbf, Talbf)
Essen (Hbf, Altenessen)
Gelsenkirchen (Hbf, Buer Süd, Buer Nord)
Kaarst (Bf, Büttgen)
Leverkusen (Mitte, Opladen)
Marl (Mitte, Sinsen)
Telgte (Bf, Westbevern)

Rheinland-Pfalz
Alsdorf (Westerwald) (Bf, Grünebacherhütte)
Diez (Bf, Ost)

Sachsen
Auerbach (Vogtl) (ob Bf, unt Bf)
Delitzsch (ob Bf, unt Bf)
Falkenau (Flöha) (Bf, Süd)
Plauen (ob Bf, unt Bf)
Radebeul (Ost, Naundorf)
Schkeuditz (Bf, Leipzig-Halle Flughafen)

Thüringen
Bad Sulza (Bf, Nord [Betrieb 2017 eingestellt])
Geratal (Geraberg, Gräfenroda)
Grammetal (Hopfgarten, Obergrunstedt)
Pößneck (ob Bf, unt Bf)

Um zwischen diesen auf dem Stadtgebiet unverbundenen Bahnhöfen auf dem Schienenweg hin und her zu fahren, reicht in aller Regel einmal Umsteigen aus, meist schon eine Station weiter in der Nachbarstadt. In Bottrop geht es sogar ohne Umsteigen. Mehr als einmal Umsteigen ist dagegen nötig in Gelsenkirchen (Buer Nord und Süd), Delitzsch, Groß Gerau und Pößneck. Delitzsch hat außerdem die Besonderheit, dass sich beide Strecken im Stadtgebiet kreuzen, allerdings ohne Umsteigemöglichkeit. Ebenso ist es in Essen, wo aber die Bahnhöfe Dellwig und Dellwig Ost nur ca. 500 m voneinander entfernt liegen. In Groß-Gerau dagegen gibt es eine Verbindung zwischen beiden Bahnhöfen, die aber nicht von Personenzügen befahren wird. Ein absoluter Sonderfall ist der Nürnberger Nordostbahnhof, den man auch mit noch so viel Umsteigen nicht vom Hauptbahnhof aus erreichen kann, da die Strecke von dort nach Gräfenberg ein Inselbetrieb ist. Hier gilt, was in den meisten anderen Orten der Liste auch gilt: Gut, dass es noch andere Verkehrsmittel gibt! Im Falle Nürnbergs ist man mit der U-Bahn am besten bedient, in anderen Orten kann man die Entfernung zwischen den Bahnhöfen gut zu Fuß zurücklegen.

Da im Atlas nicht immer zu erkennen ist, zu welcher Gemeinde die Bahnhöfe gehören, habe ich sicher noch die eine oder andere nichtkonvexe Stadt übersehen. Bevor ich den Exzentrikmodus wieder ausschalte, daher also der Hinweis, dass ich wie immer eure Ergänzungsvorschläge dankend annehme ;).

Nachtrag: Offenbach hatte ich vergessen (meines Wissens gibt es keine direkten Züge mehr von Ost nach Hbf, auch wenn die Verbindung gleistechnisch möglich ist)
Nachtrag 2: Stuttgart (danke an Tobias für den Hinweis), Leverkusen und Kolkwitz ergänzt
Korrektur: Radebeul Bf gibt es nicht, ersetzt durch Radebeul Ost
Nachtrag 3: Binz ergänzt, als Besonderheit sind hier noch verschiedene Spurweiten und Eigentümer der beiden Strecken zu verzeichnen
Nachtrag 4: Beelitz ergänzt
Nachtrag 5: Horb am Neckar ergänzt
Nachtrag 6: Adelsheim ergänzt
Nachtrag 7: Alsdorf (Westerwald) ergänzt
Nachtrag 8: Diez und Sulzbach (Taunus) ergänzt
Nachtrag 9: Urmitz ergänzt, Hinweis auf Betriebseinstellung bei Bad Sulza Nord
Nachtrag 10: Urmitz wieder entfernt, der Bf Urmitz gehört zu Mülheim-Kärlich
Nachtrag 11: Geratal ergänzt
Nachtrag 12: Bönen und Grammetal ergänzt
Nachtrag 13: Bad Oeynhausen ergänzt, Einträge innerhalb der Bundesländer alphabetisch sortiert
Nachtrag 14: Telgte und Teltow ergänzt
Nachtrag 15: Brühl ergänzt
Nachtrag 16: Ditzingen und Ganderkesee ergänzt

Negative Grenzkosten

Bei der alljährlichen Berechnung der passenden Bahncard ist mir vorhin aufgefallen, dass der Normalpreis mit ICE von NAH nach EE 91, nach ERE (mit ICE bis EE) aber nur 87 Euro beträgt. Weitere Recherchen ergaben, dass Essen anscheinend ein Gravitationszentrum ist, denn Fahrscheine in alle umliegenden Städte kosten, selbst wenn man sie nur über Essen erreicht, weniger. Pfennigfuchsern, die unterwegs in die Ruhrmetropole sind, sei daher geraten, einen Fahrschein bis Gelsenkirchen (83 Euro) zu buchen und das letzte Stück verfallen zu lassen. Der Grund für diese Kuriosität ist unklar, möglicherweise hängt das mit der ermittelten Zahlungsbereitschaft der Fahrgäste zusammen. Sollte die DB diesen Beitrag lesen, so hoffe ich doch sehr, dass der Preis nach Essen gesenkt und nicht die Preise in alle anderen Orte erhöht werden ;).

Nachtrag: Auch dieses Jahr bin ich übrigens mit der Bahncard 25 wieder günstiger gefahren als ich es mit der 50er wäre, wobei die Differenz vorwiegend durch den Preis der Bahncards selbst zustande kommt.
Nachtrag 2: In einer → Diskussion im ICE-Treff finden sich noch weitere Beispiele, in denen die längere Strecke weniger kostet als die kürzere.

Dies & Das

In den letzten Wochen sind mir einige Dinge aufgefallen, die zwar interessant sind, aber nicht für einen ganzen Beitrag reichen:

  • Seit gestern ist der ab 11. Dezember gültige DB-Fahrplan online, und man kann auch Fahrscheine ab diesem Datum buchen. Ich habe das gleich genutzt, um eine Fahrkarte für die Weihnachtsheimfahrt zu buchen. Interessanterweise war schon gestern Vormittag das Angebot an Sparpreisen für den 23.12. stark eingeschränkt: wirklich günstig (25,50 Euro mit Bahncard 25) wäre es nur mit Fahrt über die Rheinstrecke und Ankunft nach 1.00 Uhr. Letztendlich habe ich mich für den ICE um 19.36 ab NAH entschieden, den ich schon häufig benutzt habe. Lieber wäre mir eine Abfahrt zwei Stunden früher gewesen, aber dabei wäre die Ersparnis gegenüber dem Normalpreis vernachlässigbar gering gewesen. Die Rückfahrt habe ich noch nicht gebucht, da der Termin noch nicht feststeht.
  • Wesentliche Änderungen auf den von mir befahrenen Strecken gibt es übrigens zum neuen Fahrplan nicht. Aus NRW ist an Positivem zu berichten, dass die Strecke nach Brilon Stadt reaktiviert wird, im Rhein-Main-Raum die von Darmstadt nach Pfungstadt. Ganz neu ist in Frankreich die LGV Rhin-Rhône, die die Fahrzeiten zwischen Süd- und Ostfrankreich drastisch verkürzt. Ab dem 23. März wird es sogar einmal täglich einen direkten TGV Frankfurt–Marseille geben, der auch die Fahrzeit von Aschaffenburg nach Lyon von 8 bis 10 auf 7:13 Stunden verkürzt. Bereits ab Dezember erreicht man dieselbe Fahrzeit auch mit einer Verbindung über Straßburg, die allerdings viele und knappe Umstiege hat.
  • Wettbewerbsangebote im Schienenfernverkehr werden in der Realität von mehr Fahrgästen angenommen als in rein hypothetischen Studien. Das behauptete vor einiger Zeit ein Artikel* in der Zeitschrift „Internationales Verkehrswesen“. Referenzstrecken: Köln–Amsterdam für die Studie und Köln–Brüssel für die Realität. Was man allerdings nicht bedacht hat: Als „Platzhirsch“ (Incumbent) auf der Strecke gilt der Thalys, als „Konkurrent“ (Entrant) der ICE der DB. Ersterer hat den Nachteil, dass seine Fahrscheine über Köln hinaus nirgendwohin durchtarifierbar sind, so dass für Umsteigeverbindungen immer mindestens zwei zeitgleiche Buchungen mit Verfügbarkeitsabfrage etc. nötig sind (wie bereits beschrieben). Im ICE hingegen lassen sich integrierte Fahrscheine, auch Sparangebote der Deutschen Bahn, von jedem deutschen bis zu jedem belgischen Bahnhof lösen, was ihm einen Teil der zusätzlichen Fahrgäste beschert haben dürfte. Es gilt also: Konkurrenz belebt das Geschäft, aber neue Fernverkehrsangebote werden mit Sicherheit auch an der Kompatibilität der Tarife gemessen.

* Warnecke, C. und Rompf, D.: Bahn frei für den Kunden?, in: Internationales Verkehrswesen 3/2011

Einst und jetzt 3 – Nachtrag

Zur dritten und letzten Folge meiner kleinen Serie „Einst und jetzt“ hat Martin einen so ausführlichen Kommentar geschrieben, dass ich ihm einen eigenen Beitrag widme.

Hallo,

solche Beiträge lese ich bei Dir immer wieder gerne 🙂

Danke ;).

[…]
Dem alten Busbahnhof trauere ich nämlich, ehrlich gesagt, schon nach. Mir hat diese Form der Busbahnhöfe (wie man sie ja auch z.B. in GE-Buer Rathaus findet) schon immer besser gefallen als der neue Busbahnhof (wie auch in RE), wo sich die eintreffenden und abfahrenden Linien zudem noch kreuzen.[…]

Stimmt, das ist ein Nachteil der Mittelinsel-Bauform. Bei der Bauform mit parallelen Bussteigen sind außerdem die Umsteigewege tendenziell kürzer. Insgesamt ist es wohl Geschmackssache ;).

Die Abreißfahrkarten hatten IMHO viel mehr Charme, als die gedruckten Fahrscheine auf Thermopapier, die man heutzutage überall kriegt.

Das stimmt absolut. Ich hoffe, ich habe nicht den Eindruck erweckt, dass früher alles schlecht und heute alles gut ist :).

Ich hab die als Kind gesammelt, weil die auch interessant waren, verschiedene Gesellschaften hatten schöne Logos auf ihren Fahrkarten (StOag in Oberhausen mit dem schiefen O) und jeder hatte seine eigene Farbe (Vest waren glaub ich gelb, ich kenne blaue oder rote auch).

Meines Wissens hing die Farbe zumindest bei der Vestischen von der Preisstufe ab: die Preisstufe 1 zum Beispiel gelb. Andere Betriebe mögen andere Farben gehabt haben, von der Bogestra habe ich noch ein blaues Preisstufe-B-Ticket in der Sammlung.

Leider sind die alten Bestände meiner Fahrkarten dem Aufräumwahn meiner Eltern zum Opfer gefallen, wie auch die Verbundfahrpläne Bereich 2 (und teilweise auch andere) ab 1980. Die hätten heute sicher einen guten Wert!

Meine allerersten Fahrpläne sind meinem eigenen Aufräumwahn zum Opfer gefallen, aber von einem ehemaligen Kollegen bei der Vestischen habe ich einige noch ältere Fahrplanbücher bekommen. Das von 1983 habe ich dreifach; wenn du oder ein andere Blogleser Interesse daran hast, einfach bei mir melden!

Dass man nach 20 Uhr beim Fahrer einsteigen musste, kam auch erst ziemlich spät. Ich bin zwar damals selten um die Zeit Bus gefahren, aber da gabs das glaub ich auch noch nicht.

Was die Preisstufen angeht, fand ich die Regelung mit den Waben viel einfacher. Ich bin neulich mal mit meinen Kindern nach Wuppertal und Solingen (Schwebebahn und O-Bus :-)) gefahren (Ticket für den Gesamtraum für stolze 35 EUR!), da hab ich mich mal über diese Buchstabenzonen erkundigt und ich fand das sehr kompliziert. Ganz verstanden habe ich es immer noch nicht 😉

Scheint auch Gewohnheitssache zu sein … Das ABC-System war genial einfach: 2 Waben, 1 Tarifgebiet oder 1 Großstadt ist A, bis zu zwei Tarifgebiete weiter ist B, alles darüber hinaus ist C. Mit D und E ist es etwas komplizierter, aber viel einfacher kann es damals bei sechs Preisstufen mehr auch nicht gewesen sein ;).

Was die Bordcomputer, die GPS-gestützten Haltestellenansagen, Vorrangschaltung der Ampeln und den Vorneeinstieg angeht, das gibts hier im VGN (Nürnberg) auch. Dazu noch Abfahrtstafeln an Haltestellen, die anzeigen, wann der nächste Bus kommt, nicht lt. Fahrplan, sondern anhand der Position der Busse). Aber gibts das nicht sogar auch shcon in Marl?

Vorneeinstieg gibt es mittlerweile fast deutschlandweit mit der Konsequenz, dass zumindest hier in AB so gut wie gar nicht mehr wirklich kontrolliert wird. In Marl gibt es meines Wissens keine DFI, was sogar ein kleiner Rückschritt ist: Vor Jahren gab es in Marl Mitte nämlich mal eine Anzeige, die in Echtzeit die Ankunft des nächsten SB 26 verkündet hat (war damals ein Modellprojekt). Mir persönlich ist ein sinnvolles Angebot allerdings auch wichtiger als eine bunte Anzeige, hier in AB scheint es manchmal genau umgekehrt zu sein.

Ja, Dein Beitrag weckt nostalgische Gefühle in mir, und ich freue mich immer wieder darüber. Danke vielmals und viele Grüße!

-Martin

Danke, das freut mich sehr! Die Nostalgiethemen habe ich ja jetzt erst mal durch, ich hoffe, dass du trotzdem meinem Blog gewogen bleibst.

Viele Grüße aus der VAB in den VGN,

Jan

Per spoor

Hier mein letztes Wochenende in Kurzfassung:

  • Gebucht: Aschaffenburg–Utrecht und zurück. Hin mit dem einmal täglich verkehrenden ICE Basel–Amsterdam. Das bedeutete: mit dem RE nach FFS, gut 20 min warten, weiter mit dem IC über die Verbindungskurve nach FFLF, dort nochmal 20 min warten, dann den ICE nach XNU. Dafür war gut eine Woche vorher noch ein Sparpreis zu 59,25 € (mit BC 25) verfügbar. Zurück mit Umstieg nur in FF, dafür nur noch der Normalpreis (82,25 €) erhältlich.
  • Fast pünktlich in NAH los und in FFS an. Kurios: Kurz vor Abfahrtszeit des IC fährt ein ICE 2 (leer?) aus Richtung Hanau kommend auf die Verbindungskurve zum Flughafen. Spannung: Wie viel Verspätung hat der IC, der immerhin aus Binz kommt? Antwort: Tatsächlich fast keine, also FFLF pünktlich erreicht.
  • Anschluss-ICE aus Basel kommt erst nach verspätetem ICE Wien–Dortmund. Der IC, mit dem ich gekommen bin und der hier eine Bahnsteigwende macht, wartet den Basler Zug ab und bekommt daher ca. +5 mit, die „mein“ Zug auch in etwa hat.
  • Weitere Reise zunächst ohne Komplikationen. Kurios: mein Platz ist in Wagen 36 zwischen Restaurant und 1. Klasse, ständig laufen Zub mit lecker duftenden Essensportionen durch. Zugteilung und Fahrtrichtungswechsel in KK.
  • Hinter Oberhausen mehrere Abschnitte mit Schrittgeschwindigkeit, Grund laut Zub: vorausfahrende Güterzüge. In Emmerich Nachtzug überholt (dachte ich, wohl eher gekreuzt). Mit +15 Utrecht erreicht, abgeholt und zum Quartier gebracht worden.
  • Untergebracht bei einer Mitarbeiterin von NedTrain, der Instandhaltungstochter der NS. Interessante Gespräche mit ihr und einem weiteren Gast über Probleme im Winter und Lücken im Tarifsystem, die in NL anscheinend genau so bestehen. Vorbildlich ist die Erstattung des vollen Fahrpreises ab einer Verspätung von 60 min (50% ab 30 min), allerdings häufen sich naturgemäß Verspätungen von 29 bzw. 59 min … Interessant auch: Bei widrigen Wetterverhältnissen fahren die NS nach einem Notfahrplan mit kurzlaufenden Linien, um Verspätungen so wenig wie möglich zu übertragen.
  • Den Samstag und Sonntag in Soesterberg, ca. 20 km von Utrecht verbracht. Zurück spontan 2 Stunden später als geplant mit dem direkten Bus (tagsüber 1x pro Stunde, weitere Verbindungen mit Umsteigen). Beim Fahrer gekaufter Fahrschein (Preis 4 €) entpuppt sich als zwei Miniausgaben der „Nationalen Strippenkaart“, die von ihm von Hand mit einem Stempel entwertet werden – das aber nur für diejenigen, die keine „OV-chipkaart“ haben. Anscheinend ist es in NL üblich, zum Anhalten des Busses die Hand auszustrecken, für mich hat der Bus aber auch so gehalten. Utrecht CS 5 min vor Plan erreicht, so dass ich noch einige Fotos machen kann (u.a. Sneltram Utrecht).
  • Zug pünktlich, aber voll – war aufgrund der Fahrscheinsituation zu erwarten. Nachteil des Tarifs: Wer spät bucht, muss mehr zahlen und u.U. stehen oder – wie ich – auf der Treppenstufe an der Tür sitzen. Zum Glück muss ich nicht zwingend in FF umsteigen, da der ICE nach NAH bereits ab Duisburg parallel fährt. Wiederum leichte Verzögerung wegen Halt im Bahnhof Emmerich, Begründung: Bauarbeiten.
  • Umstieg in EDG klappt tadellos: Gerade genug Zeit, um am Bahnhofsvorplatz eine scharfe Currywurst zu essen – wenn man schon mal in der Heimat ist … ICE 929 läuft pünktlich und gähnend leer ein. Weitere Reise ohne Komplikationen, Wohnung gegen 21.45 Uhr mit Taxi erreicht.

PS: Hier gibt’s den → Link zum titelgebenden Lied samt Video.

In Ewigkeit, Amrum

Und schon wieder ein Urlaub: Die letzte Woche habe ich mit ein paar Freunden auf der Nordseeinsel verbracht. Obwohl es wie für andere Inseln auch die Möglichkeit gibt, eine durchgehende Fahrkarte Zug-Schiff-Bus zu buchen, habe ich zunächst nur einen Fahrschein bis und ab Dagebüll Mole gekauft. Hintergrund: Ich hatte noch zwei Rewe-Gutscheine im Wert von je 10 Euro geschenkt bekommen, die nur für Online-Tickets einlösbar waren. Die durchgehenden Fahrscheine nach Amrum gibt es aber nur per Postversand. Wenn ich richtig recherchiert habe, kostet außerdem die getrennte Buchung auch ohne die Gutscheine ein paar Euro weniger als die durchgehende. Eine Reservierung in den Kurswagen nach Dagebüll war beim Kauf Mitte Juli nicht möglich, ich vermutete, dass bereits alle Plätze besetzt waren.

Umsteigen musste ich auf der Hinfahrt in Hanau und Kassel, mit einer um eine Stunde früheren Abfahrt hätte auch ein Umstieg nur in FF ausgereicht. Pünktlich in FKW angekommen, musste ich nur ein paar Minuten am Bahnsteig stehen bleiben und die Ankunft von IC 2190 FF–Westerland abwarten, der trotz des innerdeutschen Laufwegs von einem ÖBB-Taurus gezogen wurde. Direkt dahinter befanden sich die beiden Kurswagen nach Dagebüll Mole, die zu diesem Zeitpunkt noch gähnend leer waren. Also setzte ich mich auf den erstbesten Fensterplatz (Reservierungsanzeigen gab es leider nicht) und schlief erst einmal ein. Bei einem außerplanmäßigen Halt in Uelzen wurde ich wieder wach, entgegen meinen Befürchtungen fuhr der Zug aber nach kurzer Zeit weiter, so dass wir fast pünktlich AH erreichten, wo unser Taurus sogleich abkuppelte. Neue Zugloks waren zwei 218er, wovon ich aber nichts mitbekam, da jede Menge Familien mit Kindern den Wagen stürmten und eine davon mich von meinem Platz vertrieb. Der neue Platz eine Reihe weiter wurde zum Glück nicht beansprucht, so dass ich weiterhin – nun berieselt von der Benjamin-Blümchen-Titelmusik – im Kurswagen sitzen konnte. Zwischendurch genoss ich einen Pflaumenkuchen mit heißer Schokolade im Bordbistro, bevor wir dann pünktlich um 17.10 Uhr den Bahnhof Niebüll erreichten, der auch mit dem friesischen Namen Naibel beschildert ist. Jetzt begann der spannende Teil der Reise: Die beiden Kurswagen wurden abgekoppelt und von den Zugloks bis zum Abzweig der neg-Strecke vorgezogen. Dort übernahm sie ein neg-Triebwagen, der auf den ersten Blick wie ein 628er aussah, aber wohl keiner war, und zog sie in den neg-Bahnhof, der gegenüber dem DB-Bahnhof liegt und weiter über die Dagebüller Strecke. An den Bedarfshalten auf dem Weg wollte niemand ein- oder aussteigen, so dass wir flott Dagebüll Mole erreichten, wo rechts der Fähranleger und links nichts als offenes Meer zu sehen war. Dort war dann gerade noch genug Zeit, um am Automaten die Schiffsfahrkarte zu kaufen. Die Variante, die auch im Bus auf Amrum gilt, gibt es dort leider nicht, möglicherweise hätte sie aber der neg-Schaffner im Zug verkauft.
Zwei Stunden dauerte die Schiffsüberfahrt mit Zwischenhalt in Wyk auf Föhr, bis dann kurz vor 20 Uhr Wittdün auf Amrum erreicht war. Über die Transportkette konnte ich wahrlich nicht meckern: der Bus stand am Anleger bereit, war nur leider angesichts der vielen Anreisenden kurz vor der Überfüllung. Stehend kam ich um 20.30 Uhr an meinem Ziel Norddorf an, wo ich eine sehr entspannende Woche mit viel Sonnenschein, aber ohne ÖPNV verbrachte.

Am Samstag spulte sich das Ganze dann in umgekehrter Richtung ab: 11.30 ab Norddorf, diesmal begleitet von einem meiner Miturlauber. Der Bus war fast genau so voll, das Schiff fuhr diesmal mit einer halben Stunde Zeitersparnis direkt nach Dagebüll. Dort standen die beiden Kurswagen schon bereit, in die sich prompt deutlich mehr Fahrgäste hinein zwängten als Sitzplätze vorhanden waren. Denjenigen, die ab Niebüll reserviert hatten, musste erst einmal erklärt werden, dass ihre Platznummern sich nicht auf den Kurswagen bezogen, was einigen Unmut hervorrief. Außerdem stellte sich heraus, dass der Zeitpunkt der Reservierung nicht unbedingt etwas darüber aussagte, ob man auch einen Platz bekam (siehe hierzu auch die → Reservierungsinformationen von der neg). Zum Glück fanden wir noch Plätze, die erst ab AH reserviert waren und konnten daher sitzen. Eine Alternative, auch für die stehenden Fahrgäste, wäre die Mitfahrt im Triebwagen mit Umstieg in Niebüll gewesen, allerdings gab es beim Einstieg kein Personal, das darauf hinwies.
Niebüll erreichten wir nach verspäteter Abfahrt (Grund unbekannt) und Kreuzungsaufenthalt in Blocksberg mit etwa +15. Diesmal setzte uns wohl der neg-Triebwagen ans hintere Ende des IC 2315, so dass die Zugloks an ihrem Platz bleiben konnten. Übrigens haben die Kurswagen eigene Fahrplanheftchen mit dem Zuglauf Dagebüll Mole–FF! Nachdem die stehenden Fahrgäste mit Sack und Pack in den restlichen Zug umgestiegen waren, fuhren wir mit derselben Verspätung weiter gen Süden. Der Lokwechsel (2×218 auf 101) fand diesmal in Itzehoe statt und verkürzte die Verspätung erheblich, so dass wir mit nur noch +5 AH erreichten. Das war auch gut so, denn unsere Übergangszeit auf ICE 683 betrug nur 11 Minuten. So mussten wir nur kurz am Gleis 14 stehen bleiben und die Einfahrt der Einzeltraktion ICE 2 abwarten. Innen waren die Reservierungsanzeigen (die anscheinend immer noch mit Disketten gesteuert werden) außer Betrieb, so dass wir uns, von unseren Plätzen vertrieben, erst einmal auf den Weg ins Bordrestaurant machten. Nach einer leckeren Portion Nürnberger Würstchen mit Kartoffelsalat bzw. einem Tomate-Mozzarella-Sandwich suchten wir freie Plätze und fanden sie im Kleinkindabteil, das sich durch eine Spiellandschaft gegenüber den Sitzen auszeichnet.
Statt zu spielen, verbrachten wir aber die nächsten drei Stunden mit Lesen und Unterhalten. Vor meinem Ausstiegsbahnhof Würzburg zogen wir uns noch eine leichte Verspätung durch Bauarbeiten mit Nutzung des Gegengleises zu. Da aber meine Übergangszeit locker ausreichte, verabschiedete ich mich ohne Hast von meinem Reisegefährten und ging erst einmal in die Bahnhofsbuchhandlung. Der Anschlusszug ICE 524 kam fast pünktlich aus MH, zog sich dann aber durch die schon erwähnte Baustelle +5 zu. Gegen 21.40 Uhr in NAH angekommen, brachten mich die Menschenmassen am Bahnhof darauf, dass wegen des Stadtfestes die Busse länger fuhren. Nach einer Odyssee vom Busbahnhof zum Ersatz-Busbahnhof (was man nicht im Kopf hat …) fand ich dort aber weder einen passenden Bus noch einen Aushang über die erweiterten Betriebszeiten vor – ich bin versucht, das als „typisch AB“ einzustufen, aber wahrscheinlich kann das überall passieren … Also zu Fuß zum Bahnhof zurück und mit dem Taxi nach Hause, was auch nur unwesentlich teurer war als die Busfahrt. Vielen Dank an euch, dass ihr bis hierher gelesen habt ;).

Einst und jetzt 3 – Sonstiges

Da ich mal wieder Zeit und Lust habe, kommt jetzt der letzte Teil der Serie „Einst und Jetzt“. Diesmal vergleiche ich alles, was nicht Fahrzeuge und Liniennetz ist – Schauplatz ist wieder das Gebiet der → Vestischen im Zeitraum von den späten Achtzigerjahren bis heute.

Damals ließ der Blick auf den Linienplan an manchen Stellen (vor allem Marl und Haltern) ein dichtes Netz vermuten, das sich aber bei genauerem Hinsehen als eine Bündelung von Linien für Werksangehörige der damaligen HÜLS AG bzw. Halterner Schüler entpuppte, die anderen Fahrgästen relativ wenig Nutzen brachten. Nachdem in den 80er-Jahren die Linien alle mit derselben roten Farbe auf einem normalen Stadtplan dargestellt worden waren, ging man im darauffolgenden Jahrzehnt dazu über, zwar verschiedene Farben zu nutzen, aber den Stadtplanhintergrund wegzulassen und die Linienverläufe so zu schematisieren, dass kaum noch erkennbar war, über welche Straßen die Linien verliefen und wo die Haltestellen genau lagen.
Im zugehörigen Fahrplanbuch dominierten von Hand erstellte Fahrplantabellen mit Linienbändern, in denen noch die Zahlgrenzen angegeben waren. Welche Funktion diese hatten (zwei Zahlgrenzen waren die maximale Entfernung, auf der der Kurzstreckentarif galt), war jedoch nicht zu erkennen, was das Ganze etwas mysteriös machte. Noch mysteriöser wurde es dadurch, dass es Zahlgrenzen ohne Haltestelle gab, die dann im Linienband die Bezeichnung „Tarifpunkt“ mit dem Hinweis „Tarifpunkt keine Haltestelle“ trugen.

Fahrscheine gab es entweder beim Fahrer oder an einem zugigen Schalter am Busbahnhof. Letzterer bot auch sonst nicht viel Komfort: ein paar schmale parallel angeordnete Bordsteinkanten mit einem zugigen Wartehäuschen mussten reichen. Egal, wo man die Fahrkarten kaufte, sie kamen von einem Abreißblock, zu dem die fertig gedruckten Fahrscheine gebündelt waren. Dabei gab es außer der Kurzstrecke die Preisstufen 1 bis 5. Die 5 deckte aber noch nicht den ganzen Verbundraum des VRR ab; wollte man weiter fahren, musste man die sechs Preisstufen des so genannten Regionaltarifs nutzen, der nur in den Zügen der Deutschen Bundesbahn galt. Wenn man schon einen Fahrschein hatte, konnte man im Bus hinten einsteigen und ihn dort entwerten. Nur nach 20 Uhr musste man immer beim Fahrer einsteigen. Wo man dann wieder aussteigen musste, konnte man mit viel Glück oder auf Nachfrage aus einer Ansage des Fahrers erfahren. Um den Haltewunsch dann dem Fahrer zu signalisieren, musste man zur hinteren Tür gehen und dort den Haltewunschknopf drücken. Allerdings kamen Anfang der Neunzigerjahre bereits Haltestellenanzeigen und im ganzen Bus verteilte Haltewunschtasten auf.

Und wie sieht es heute aus? Die Fahrplanbücher sind komplett computererstellt. Zahlgrenzen oder Tarifpunkte sind daraus nicht mehr erkennbar, was auch nicht nötig ist, da ein Kurzstreckenticket in der Regel drei Stationen weit gilt. Die Linienpläne zeigen jetzt sowohl einen Stadtplan als auch ein buntes Liniennetz, in dem die meisten Schüler- und Werkslinien nicht mehr dargestellt sind (soweit es sie überhaupt noch gibt).

Die Fahrscheine heißen jetzt offiziell Tickets und werden erst beim Kauf gedruckt, nach anfänglichen Schwierigkeiten sind sie inzwischen auch dann noch lesbar, wenn man sie ein paar Tage im Portmonee gehabt hat. Die Preisstufen wurden 1993 radikal vereinfacht auf Kurzstrecke, A, B und C, was erst 2008 durch die Einführung einer neuen Preisstufe D wieder etwas aufgeweicht wurde (ab 2012 wird es eine weitere Preisstufe E geben). Dabei sind natürlich alle Preisstufen in allen VRR-Verkehrsmitteln gültig. Die Tickets gibt es zwar immer noch beim Fahrer, der Schalter ist aber in den meisten Städten einem modernen Kundenzentrum gewichen, das meistens direkt neben einem nagelneuen Busbahnhof steht. Der wiederum besteht oft aus einer großen überdachten Mittelinsel, an der reihum die Bussteige wie Sägezähne angeordnet sind.
A propos Drucken: Die Fahrscheindrucker in den Bussen sind nicht nur Drucker, sondern Bordcomputer, die (anhand der zurückgelegten Strecke) auch die Haltestellenanzeige und -ansage steuern, so dass man sich nicht mehr auf die seltenen und nicht immer verständlichen Ansagen der Fahrer verlassen muss. Die Ansagen werden vom Computer erzeugt und haben deswegen manchmal einen kuriosen Akzent („Marienhohspitall“). Über die Bordcomputer werden auch die Ampeln angesteuert – dadurch gibt es schneller grün, die Fahrgäste sind schneller am Ziel und die Vestische braucht weniger Busse.

Seit 2002 muss in den Bussen der Vestischen grundsätzlich vorne eingestiegen und der Fahrschein vorgezeigt werden. Dieser „kontrollierte Einstieg“ führt nicht zu größeren Verspätungen, was mich damals erstaunt hat. Bei großem Andrang, Kinderwagen, Rollstühlen etc. kann der Fahrer auch weiterhin die hintere Tür zum Einstieg öffnen.
Aussteigen kann man ab 20 Uhr übrigens nicht nur an den Haltestellen, sondern unter bestimmten Bedingungen auch dazwischen. Ich nutze das ganz gerne, seit die Haltestelle, die mir am nächsten lag, weggefallen ist, auch wenn die Mindestentfernung von 200 Metern gerade so erreicht wird.

Und damit endet meine kleine Zeitreise in der Hoffnung, dass sie euch gefallen und vielleicht ein paar nostalgische Gefühle geweckt hat. Und eine neue Vergleichsidee gibt es auch schon, nämlich zwischen dem ÖPNV in meinen beiden Wohnorten Aschaffenburg und Marl bzw. ihren jeweiligen Regionen. Ihr dürft gespannt sein!

Budapestre és vissza

Nach Budapest und zurück – so lautete am Wochenende die Devise für mich. Da im Nachtzug schon Mitte Januar keine günstigen Tickets mehr zu haben waren, fuhr ich beide Strecken mit dem ÖBB-Railjet, der mehrmals täglich zwischen München und der ungarischen Hauptstadt pendelt. Dafür war noch ein recht günstiges Europa-Spezial Ungarn verfügbar – für beide Strecken zusammen 58,50 Euro mit BahnCard, zuzüglich Reservierungsgebühren.
Los ging es am Freitag um 10.24 Uhr mit dem ICE von NAH nach München. Auf meinem reservierten Platz saß bereits eine Dame, die ich nicht vertreiben wollte, zumal es sich mehr um einen Wand- als um einen Fensterplatz handelte. Also setzte ich mich daneben an den Gang, bis dann in Nürnberg ein Fensterplatz frei wurde. Der Zug war pünktlich – bis er wegen einer Stellwerksstörung keine Einfahrt nach MH bekam und so seine Endstation mit ca. +10 erreichte. Mein Anschluss war dadurch zwar nicht gefährdet, aber zu essen konnte ich mir angesichts der Schlangen zur Mittagszeit nichts mehr kaufen und enterte direkt den Railjet.
Dort blamierte ich mich, indem ich einen jungen Ungarn von seinem Platz vertrieb. Er wandte in sehr gutem Deutsch ein, dass auf der Reservierungsanzeige nichts stehe – was völlig korrekt war, da ich nicht wie im anderen Zug in Wagen 24, sondern in Wagen 21 reserviert hatte. Die Lauferei am halben Zug entlang hätte ich mir also sparen können, mein Wagen war vom Querbahnsteig aus der erste direkt hinter der Lok. Nicht weit von meinem Platz befand sich übrigens eine Treppe, die ins Nichts führte und sich später als Sitzreihen für das Kinderkino entpuppte.
Nach der Abfahrt genoss ich erst einmal den Kaiserschmarrn aus dem Speisewagen – zugegeben, nach ein wenig mehr hätte er schmecken können. In jedem Wagen des Railjets gibt es Monitore, die ständig zwischen den Ansichten Fahrplan, Anschlüsse am nächsten Halt, Kartenansicht und Vorstellung der verschiedenen Wagenklassen wechselten – natürlich alles in Echtzeit und GPS-gesteuert. Kurz vor Salzburg schlief ich ein und wachte erst in Linz wieder auf. Im Wiener Westbahnhof bekamen wir interessanterweise eine neue Lok: von einem Taurus in Railjet-Lackierung wurde auf einen im normalen ÖBB-Rot gewechselt. Das ungarische Stromsystem müssten beide verarbeiten können, vielleicht war der Grund für den Tausch ein Schaden an der Lok. Der nächste Halt war Wien-Meidling, der Ersatz für den Südbahnhof, an dessen Stelle sich zurzeit die gigantische Baustelle für den neuen Wiener Hauptbahnhof befindet. Durch für Österreich ungewöhnlich flaches Land mit sehr vielen Windrädern ging es weiter, bis urplötzlich das Bahnhofsschild „Hegyeshalom“ auftauchte – ganz unmerklich hatten wir die Grenze zu meinem 24. Land überschritten. Die MÁV-Schaffnerin knipste meine Fahrkarte nicht ab, sondern schrieb einfach mit rotem Stift Zugnummer und Datum darauf – hätte ich im Prinzip auch machen können. Auffällig war auch das häufige Abbremsen und Beschleunigen des Zuges auf der ungarischen Seite, wo es offensichtlich viele Langsamfahrstellen gibt. Budapest erreichte ich nach fast zehneinhalb Stunden Fahrt trotzdem fast pünktlich. Interessant ist, dass Züge aus Richtung Westen nicht etwa in den Westbahnhof (Nyugati PU.) oder den viel näher liegenden Südbahnhof (Déli pu.) einfahren, sondern ausgerechnet in den Ostbahnhof (Keleti pu.), wozu eine Fahrt um die halbe Stadt erforderlich ist.
In Budapest erkundete ich mit einigen Vereinskollegen vom → CdE die Stadt und lernte dabei auch den örtlichen ÖPNV kennen, darunter natürlich auch die älteste U-Bahn auf dem europäischen Kontinent, die Földalatti vasút, die heute als M1 läuft. Die Linien M2 und M3 sind in den 1970er-Jahren dazu gekommen und ähneln sehr ihren Verwandten in anderen osteuropäischen Städten, wie z.B. Prag. Die Fotos von den Zügen der M1 und M2 versuchte ich, um Ärger mit den Fahrern zu vermeiden, ohne Blitz zu machen. Wie man sieht, hat das Fotografieren von einfahrenden Zügen unter diesen Umständen so seine Tücken, obwohl ich mir dafür extra eine lichtstärkere Kamera auslieh. Aus Zeitgründen leider ausfallen musste übrigens die Tour in die Budaer Berge, wo es eine Zahnradbahn, eine Kindereisenbahn und einen Sessellift gibt.
Die Rückfahrt trat ich dann am Montag um 11.10 Uhr an. Witzigerweise hatte ich denselben Platz wie auf der Hinfahrt reserviert, anscheinend scheint das Buchungssystem das, wenn möglich, öfter so zu machen. Letztendlich saß ich aber doch woanders, da ein anderer Teilnehmer des Treffens mit demselben Zug zurück fuhr. Natürlich kontrollierten auch diesmal die Zub aller drei beteiligten Bahnen mein Online-Ticket – der Vertreter der ÖBB interessanterweise mit einem ähnlichen Lesegerät, wie es auch die DB-Schaffner benutzen, in das er allerdings nicht meine BahnCard einlesen konnte. Gleich hinter der deutschen Grenze wurden wir übrigens für eine Verkehrserhebung der DB befragt. Der Interviewer wollte unter anderem wissen, wie ich nach Budapest gefahren wäre, wenn das Europa-Spezial nicht mehr verfügbar gewesen wäre (keine Ahnung) und ob ich das Audioprogramm in den Zügen nutze (manchmal). Anscheinend will man wissen, auf wie viel Widerstand eine Abschaffung desselben stoßen würde.
München Hbf erreichten wir wiederum pünktlich, so dass es diesmal auch mit dem Essenholen klappte (Spicy Döner). Der Wagen, in dem ich reserviert hatte, entpuppte sich als Ruheraum. Die Unterhaltung mit meinem Reisegefährten, der denselben Anschlusszug hatte, musste also etwas gedämpft vonstatten gehen, was aber auch funktionierte. Pünktlich um 21.34 Uhr erreichten wir – angesagt von einer Stimme, die glatt von Dieter Thomas Heck hätte stammen können – NAH, wo er sitzenblieb und ich ausstieg und die Erinnerungen an diese sehr schöne Reise ordnete.

Kann Jan Bahn fahrn?

Um diese Frage zu beantworten, habe ich mich am Samstag auf den Weg nach Fulda gemacht. Diesmal ging es aber nicht etwa um das Bahnfahren als Fahrgast, sondern um das Steuern eines ICE – eines fast echten, denn in Fulda befindet sich direkt hinter dem Hauptbahnhof das größte Simulatorzentrum der DB. Hier werden nicht nur Lokführer trainiert, sondern an Samstagen steht das Simulatorzentrum regelmäßig auch interessierten Laien zur Verfügung. Im Gegensatz zu den Lokführern freuen die sich in der Regel auf den Besuch im Simulator und müssen außerdem noch Geld dafür zahlen: 198 Euro kosten 20 Minuten Fahrt. Zum 30. Geburtstag hatte ich von meinen Eltern die Fahrt geschenkt bekommen und ein Jahr später endlich eingelöst.
Nach meiner überpünktlichen Ankunft hatte ich noch fast eine Stunde Zeit, um mir die Barockstadt Fulda aus der Nähe anzusehen. Nachdem ich bis zum Dom und zurück gelaufen war, machte ich mich um kurz vor zehn Uhr auf den Weg zum Simulatorzentrum. Nach der Begrüßung stand erst einmal eine Besichtigung des Simulatorzentrums an: hier befinden sich insgesamt fünf Simulatoren, jeder für eine andere Baureihe. Die 612 ist dabei ebenso vertreten wie die 425 und eben die ICE der BR 401 und 403. Letzterer Simulator wird aber demnächst umgebaut, damit das Fahrpersonal für die neue ICE-Baureihe 407 trainiert werden kann. Die Simulatoren bestehen nicht nur aus einer originalgetreuen Führerkabine, sondern auch aus eine Hydraulik, die diese entsprechend der eingestellten Fahrparameter bewegen und so eine Fahrt fast perfekt simulieren kann. Nachdem uns auf diese Weise schon der Mund wässrig geworden war, stand als nächstes eine Einführung in die Bedienungselemente und das Signalsystem an. Vieles kannte ich davon schon aus meinen „Fahrten“ im MS Train Simulator, aber es war trotzdem gut, alles noch einmal auf einen Blick zu haben. Nach einer kurzen Stärkung wurden die Gruppen eingeteilt, und los ging es! Das Ganze war so organisiert, dass immer drei „Lokführer“ zusammen mit einem Instruktor eine Stunde lang im Simulator waren, während der Rest der Gruppe im Kontrollraum zuschaute. Da ich erst bei der zweiten Gruppe eingeteilt war, hieß es für mich erst Zuschauen. Auch das war hochinteressant, denn der Mitarbeiter, der die Simulation steuerte, erklärte uns viele Details des Programms. Im Prinzip kann alles simuliert werden: verschiedene Strecken, Tag und Nacht, Nebel, Schnee und Regen, Hindernisse auf den Gleisen und natürlich verschiedenste Signal- und Betriebszustände. So verwirrte der „Steuermann“ seine Gäste mit Gleiswechselbetrieb, Wetterwechseln, zurückfallenden Signalen und Kühen auf dem Gegengleis. Letztere müssen als Betriebsgefahr über Zugfunk gemeldet werden, damit alle Züge auf der Strecke sofort anhalten.
Und dann war es soweit: Jetzt war ich mit Fahren dran. Von Stuttgart Hbf ging es über die Geislinger Steige, die mit ihren zahlreichen Geschwindigkeitswechseln sicher interessanter ist als eine reine ICE-Strecke. Schon auf dem ersten Kilometer provozierte ich eine Zwangsbremsung, da ich es nicht auf die Reihe bekommen habe, gleichzeitig die Sifa und die Wachsamkeitstaste zu betätigen. Aber zum Glück muss – im Gegensatz zum MS Train Sim – der „Zug“ nicht komplett anhalten, bevor es weiter gehen kann. Auf der weiteren Fahrt gewöhnte ich mich etwas an das Multitasking, das der Lokführer während der Fahrt leisten muss – → Sifa betätigen, Signale im Auge behalten und ggf. bestätigen und gleichzeitig auf dem → EBuLa-Gerät die aktuelle zulässige Geschwindigkeit ablesen. Diese ist nämlich selbst dann nicht immer an der Strecke angegeben, wenn sie niedriger ist als im vorherigen Abschnitt. Zum Glück hatte ich ja den Instruktor an meiner Seite, der mich immer frühzeitig auf alles hinwies, was eine Reaktion von mir erforderte. Viel zu schnell gingen so die 20 Minuten herum, so dass uns eine Schnellbremsung an einem zurückfallenden Signal aufgezwungen wurde, damit mein Nachfolger an die Steuerhebel konnte. Diesem schaute ich dann im Führerstand über die Schulter, während wir die dritte und letzte Gruppe wieder aus dem Kontrollraum beobachteten.
Gegen 16 Uhr war dann die Veranstaltung zu Ende: Wir bekamen unsere Urkunden überreicht, auf denen jeweils das offizielle Foto prangte, das vor der Fahrt von uns aufgenommen worden war. Dazu gab es noch ein Video mit einer echten Führerstandsmitfahrt sowie eine Empfehlung für die Fan-Website → Gleis 4, die ich hier gerne weiter gebe. Vor der Rückfahrt hatte ich noch einmal die Gelegenheit, mir Fulda ein wenig anzusehen, und dann ging es – mit einem echten ICE und ohne Komplikationen – über Hanau wieder zurück nach NAH. Vielen Dank an meine Eltern für das Geschenk, an die DB für das Bereitstellen der Simulatoren und an → Zug-Simulator-Event für die Organisation dieses Erlebnisses!

Jan im Simulator