Um diese Frage zu beantworten, habe ich mich am Samstag auf den Weg nach Fulda gemacht. Diesmal ging es aber nicht etwa um das Bahnfahren als Fahrgast, sondern um das Steuern eines ICE – eines fast echten, denn in Fulda befindet sich direkt hinter dem Hauptbahnhof das größte Simulatorzentrum der DB. Hier werden nicht nur Lokführer trainiert, sondern an Samstagen steht das Simulatorzentrum regelmäßig auch interessierten Laien zur Verfügung. Im Gegensatz zu den Lokführern freuen die sich in der Regel auf den Besuch im Simulator und müssen außerdem noch Geld dafür zahlen: 198 Euro kosten 20 Minuten Fahrt. Zum 30. Geburtstag hatte ich von meinen Eltern die Fahrt geschenkt bekommen und ein Jahr später endlich eingelöst.
Nach meiner überpünktlichen Ankunft hatte ich noch fast eine Stunde Zeit, um mir die Barockstadt Fulda aus der Nähe anzusehen. Nachdem ich bis zum Dom und zurück gelaufen war, machte ich mich um kurz vor zehn Uhr auf den Weg zum Simulatorzentrum. Nach der Begrüßung stand erst einmal eine Besichtigung des Simulatorzentrums an: hier befinden sich insgesamt fünf Simulatoren, jeder für eine andere Baureihe. Die 612 ist dabei ebenso vertreten wie die 425 und eben die ICE der BR 401 und 403. Letzterer Simulator wird aber demnächst umgebaut, damit das Fahrpersonal für die neue ICE-Baureihe 407 trainiert werden kann. Die Simulatoren bestehen nicht nur aus einer originalgetreuen Führerkabine, sondern auch aus eine Hydraulik, die diese entsprechend der eingestellten Fahrparameter bewegen und so eine Fahrt fast perfekt simulieren kann. Nachdem uns auf diese Weise schon der Mund wässrig geworden war, stand als nächstes eine Einführung in die Bedienungselemente und das Signalsystem an. Vieles kannte ich davon schon aus meinen „Fahrten“ im MS Train Simulator, aber es war trotzdem gut, alles noch einmal auf einen Blick zu haben. Nach einer kurzen Stärkung wurden die Gruppen eingeteilt, und los ging es! Das Ganze war so organisiert, dass immer drei „Lokführer“ zusammen mit einem Instruktor eine Stunde lang im Simulator waren, während der Rest der Gruppe im Kontrollraum zuschaute. Da ich erst bei der zweiten Gruppe eingeteilt war, hieß es für mich erst Zuschauen. Auch das war hochinteressant, denn der Mitarbeiter, der die Simulation steuerte, erklärte uns viele Details des Programms. Im Prinzip kann alles simuliert werden: verschiedene Strecken, Tag und Nacht, Nebel, Schnee und Regen, Hindernisse auf den Gleisen und natürlich verschiedenste Signal- und Betriebszustände. So verwirrte der „Steuermann“ seine Gäste mit Gleiswechselbetrieb, Wetterwechseln, zurückfallenden Signalen und Kühen auf dem Gegengleis. Letztere müssen als Betriebsgefahr über Zugfunk gemeldet werden, damit alle Züge auf der Strecke sofort anhalten.
Und dann war es soweit: Jetzt war ich mit Fahren dran. Von Stuttgart Hbf ging es über die Geislinger Steige, die mit ihren zahlreichen Geschwindigkeitswechseln sicher interessanter ist als eine reine ICE-Strecke. Schon auf dem ersten Kilometer provozierte ich eine Zwangsbremsung, da ich es nicht auf die Reihe bekommen habe, gleichzeitig die Sifa und die Wachsamkeitstaste zu betätigen. Aber zum Glück muss – im Gegensatz zum MS Train Sim – der „Zug“ nicht komplett anhalten, bevor es weiter gehen kann. Auf der weiteren Fahrt gewöhnte ich mich etwas an das Multitasking, das der Lokführer während der Fahrt leisten muss – → Sifa betätigen, Signale im Auge behalten und ggf. bestätigen und gleichzeitig auf dem → EBuLa-Gerät die aktuelle zulässige Geschwindigkeit ablesen. Diese ist nämlich selbst dann nicht immer an der Strecke angegeben, wenn sie niedriger ist als im vorherigen Abschnitt. Zum Glück hatte ich ja den Instruktor an meiner Seite, der mich immer frühzeitig auf alles hinwies, was eine Reaktion von mir erforderte. Viel zu schnell gingen so die 20 Minuten herum, so dass uns eine Schnellbremsung an einem zurückfallenden Signal aufgezwungen wurde, damit mein Nachfolger an die Steuerhebel konnte. Diesem schaute ich dann im Führerstand über die Schulter, während wir die dritte und letzte Gruppe wieder aus dem Kontrollraum beobachteten.
Gegen 16 Uhr war dann die Veranstaltung zu Ende: Wir bekamen unsere Urkunden überreicht, auf denen jeweils das offizielle Foto prangte, das vor der Fahrt von uns aufgenommen worden war. Dazu gab es noch ein Video mit einer echten Führerstandsmitfahrt sowie eine Empfehlung für die Fan-Website → Gleis 4, die ich hier gerne weiter gebe. Vor der Rückfahrt hatte ich noch einmal die Gelegenheit, mir Fulda ein wenig anzusehen, und dann ging es – mit einem echten ICE und ohne Komplikationen – über Hanau wieder zurück nach NAH. Vielen Dank an meine Eltern für das Geschenk, an die DB für das Bereitstellen der Simulatoren und an → Zug-Simulator-Event für die Organisation dieses Erlebnisses!