Nachdem die GDL gerade den längsten Streik bisher beendet hat und möglicherweise bald einer der EVG ansteht, sind die Medien („offizielle“ wie soziale) voll mit Kritik, nach der es unverschämt sei, wie eine Gewerkschaft (bzw. nach Meinung mancher nur eine einzelne Person) einen Teil des öffentllichen Lebens lahmlege. Ich betrachte das differenziert: Es ist das gute Recht der GDL zu streiken, egal ob es nun für einen Tarifvertrag für Lokführer oder andere Berufsgruppen ist und egal, ob es für diese Berufsgruppe schon einen Tarifvertrag mit einer anderen Gewerkschaft gibt oder nicht. Aber: Das ist eine Sache zwischen der GDL und der DB, mit der ich als Fahrgast erst mal nichts zu tun habe. In einer idealen Welt dürfte die GDL also so viel und lange streiken, wie es geboten erscheint, während gleichzeitig aber die DB (die ja schließlich durch den Streik geschädigt werden soll) dafür sorgen müsste, dass die Fahrgäste mit möglichst wenigen Einschränkungen ans Ziel kommen (z.B. durch Busnotverkehre, die es ja in einigen Regionen auch gibt oder die etwa in Frankreich und Italien üblichen Garantiefahrpläne) und falls das nicht möglich ist, ihre dadurch entstandenen Schäden (verpasste Flüge, unbezahlte Urlaubstage etc.) ersetzt bekommen. Das würde gleichzeitig den Druck auf die DB erhöhen, einen Tarifvertrag abzuschließen. Insofern geht die Tatsache, dass ein Streik nicht mehr pauschal als „höhere Gewalt“ gilt, sondern zumindest die normalen Fahrgastrechte anzuwenden sind, in die richtige Richtung, wenn auch vielleicht noch nicht weit genug.
Ganz kurios finde ich den in diesem Zusammenhang immer wieder auftauchenden Wunsch nach Wiederverstaatlichung der Bahn. Es mag dafür wie dagegen viele Gründe geben, aber wenn gerade aus der linken Ecke (denn die ist es meist, die sich für eine Staatsbahn ausspricht) gefordert wird, Lokführer wieder zu Beamten zu machen, damit sie nicht mehr streiken dürfen, entbehrt das nicht einer gewissen Ironie. Im Übrigen ist, soweit ich weiß, das fehlende Streikrecht für Beamte eine ziemliche deutsche Spezialität und in vielen Ländern, die noch eine Staatsbahn haben, unbekannt.
Soweit meine Gedanken zum Thema. Ich wünsche den Tarifparteien einen baldigen akzeptablen Abschluss, wobei ich natürlich auch an mich und die vielen anderen Bahnreisenden denke, die gerne ohne größere Störungen an ihr Ziel kommen möchten.