Nulltarif reloaded

Über die Pläne der (inzwischen in der Versenkung verschwundenen) Piraten, einen rein steuerfinanzierten Nahverkehr anzubieten, hatte ich ja schon mal geschrieben. Jetzt plant die (ebenfalls schon fast in der Versenkung verschwundene) Bundesregierung, den kostenlosen Nahverkehr in fünf Städten zu testen. Hauptmotivation ist die Luftverschmutzung vor allem durch Dieselabgase, die man auf diese Weise zu verringern hofft.
Ich bleibe bei meiner Ansicht, dass man Autofahrer (wenn überhaupt) viel weniger über den Preis als vielmehr über ein gutes Angebot zum Umsteigen bewegt. Bezeichnend ist auch, dass mit Essen eine Stadt unter den geplanten Teststädten ist, die jetzt schon arge Probleme hat, das bestehende Angebot (vor allem die teure Schieneninfrastruktur) aufrecht zu erhalten. Wenn sich jetzt auf wundersame Weise eine Geldquelle auftut, sollte man die Mittel meiner Meinung nach viel lieber dafür verwenden. Wenn es wirklich um Fahrgäste geht, die sich die Fahrt nicht leisten können (dann im Zweifel aber erst recht kein Auto), sollte man eher Sozialtickets weiter ausbauen (die übrigens in NRW von derselben CDU in Frage gestellt wurden, die auch im Bund regiert). Und nach wie vor bin ich auch der Meinung, dass es nicht nur sozial-, sondern auch umweltpolitisch sinnvoller ist, wenn die Nutzer, soweit sie es können, ihren direkten Beitrag zum ÖPNV leisten.
Trotzdem finde ich, dass je nach genauer Gestaltung der Versuch einen solchen wert sein kann. Vielleicht können bestimmte Geldtöpfe nur so angezapft werden, und es bleibt zu hoffen, dass das Angebot zumindest nicht schlechter wird. Bezüglich meiner These zur Verlagerung von Autofahrten auf den öffentlichen Verkehr lasse ich mich auch gerne eines Besseren belehren, sofern der Versuch (so er denn tatsächlich stattfindet) sie nicht bestätigt.

Nachtrag: Gerade → lese ich, dass das wohl tatsächlich nicht so heiß gegessen wird, wie es zeitweise gekocht wurde. Die Reutlinger Idee „kostenlose Monatskarte gegen altes Auto“ würde zumindest mehr in die Richtung gehen, die man haben will, als eine Subvention mit der Gießkanne.

Nachtrag 2: Der Verkehrsblogger Martin Randelhoff hat sich ebenfalls → mit dem Thema beschäftigt. Er geht zwar davon aus, dass auch Autofahrer auf einen kostenlosen ÖPNV umsteigen (seine Quelle scheint nicht online zugänglich zu sein), weist aber noch auf einen anderen wichtigen Punkt hin: In vielen Großstädten ist der ÖPNV in den Spitzenzeiten jetzt schon an der Kapazitätsgrenze. Ein weiterer Ausbau würde daher nicht nur neue Fahrzeuge, sondern vor allem auch teure und langwierige Infrastrukturausbauten (z.B. bei Straßen- und U-Bahn) erfordern. Es ist daher kein Zufall, dass die Städte, die bereits einen kostenlosen ÖPNV haben oder hatten, eher kleiner sind.

Nachtrag 31. Mai 2018: Meine ehemalige Uni hat sich auch mit dem Thema befasst und ist zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen wie ich: → Soziologen der TU Dortmund simulieren Wirkung von kostenlosem Nahverkehr – Andere Maßnahmen hätten besseren Effekt auf Umwelt

More or Less?

Zum vierten Mal habe ich am Wochenende einen Freund in Babelsberg besucht – das dürfte inzwischen als Tradition durchgehen. Die Hinfahrt verlief recht unspektakulär: RB nach FH, dann Wochenendverstärker-IC nach Berlin-Spandau. Der Zug kam pünktlich an, die etwa +5, mit denen er in Göttingen wegen einer Überholung abgefahren war, hatte er schon beim Aufenthalt in Hildesheim wieder abgebaut. So erreichte ich eine frühere S 5 und konnte – ab Olympiastadion zusammen mit jeder Menge Hertha-Fans – diesmal sogar bis Savignyplatz fahren und am gleichen Bahnsteig in die S 7 umsteigen.
Am Samstag fuhren wir dann – Premiere für mich – ab Wannsee mit der S 1 zum Botanischen Garten.
Der Höhepunkt war aber die Rückfahrt am Sonntag: Da hatte ich mich nämlich aufgrund der günstigen Fahrplanlage und ebensolchen Preise für den Locomore entschieden, einen neuen der wenigen privaten Fernzüge, der in den einschlägigen Foren prompt von einigen Nutzern „Locoless“ getauft worden war.
Da mein Gastgeber voraussichtlich demnächst umzieht, nutzte ich die Gelegenheit, um noch mal die S 1 zu nehmen, diesmal bis Friedrichstraße. Von dort nahm ich eine RB zum Hbf, um nicht noch mal den Bahnsteig wechseln zu müssen.
Kurze Zeit später wurde der Zug angesagt (interessanterweise nur als „Zug 1819“) und fuhr dann auch ein:

Der Locomore fährt in Berlin Hbf ein

Wie man sieht, bestand er aus einer buchstäblich bunten Vielfalt von Wagen, u.a. ex-NS-ex-DB-Bimze.

Lok des Locomore

Wagen des Locomore

Wagen des Locomore

Wagen des Locomore

Wagen des Locomore

Toilette des Locomore

Mein ursprünglich gebuchter Wagen stand nicht zur Verfügung, darüber hatte ich im Vorfeld schon eine Mail bekommen und war auch automatisch umgebucht worden. So landete ich denn in einem Abteil, in dem fünf der sechs Plätze besetzt waren. Überhaupt war der Zug gut gefüllt, so dass ich vom Großraumbereich keine Fotos gemacht habe. Zwei (fast) leere Abteile habe ich aber auf den Chip bannen können:

Abteil des Locomore

Abteil des Locomore

Einige Abteile haben ein Thema, das Gespräche unter den Mitfahrern anregen soll:

Themenvorschlag für ein Abteil des Locomore

Im „Eisenbahn“-Abteil hing sogar der Eisenbahn-Kurier aus. Ob die beiden anwesenden Herren sich aber tatsächlich über dieses Thema unterhalten haben, habe ich nicht überprüft. Gut genutzt wurden auch das bereitgehaltene Kinderspielzeug und die Fahrradmitnahme:

Fahrradbereich des Locomore

In den Locomore-Zügen gibt es auch ein gastronomisches Angebot, das gemäß dem Selbstverständnis als Start-up viel auf Bio setzt. An diesem Tag war das Angebot aber stark eingeschränkt, da die Kühlung ausgefallen war – sowas kommt anscheinend nicht nur bei der „großen“ Bahn vor. Daher gab es im Am-Platz-Service auch nur Kaffee, normalerweise ist das Angebot da wohl größer. Wenn man direkt zum Bordkiosk („Wenn offen, dann offen“) ging, konnte man aber auch heiße Würstchen bekommen. Kostenloses, gut funktionierendes WLAN gibt es in den meisten Wagen außerdem, so dass ich meinen Laptop auspackte.
Die Fahrt selber verlief pünktlich, bzw. erreichten wir die meisten Halte sogar etwas vor Plan. In Wolfsburg hatte ich daher Zeit, noch mal den Zug und einen „enno“ abzulichten:

Wagen des Locomore

enno-Coradia

In Hannover fragte ich mich, wie denn in drei Minuten der Richtungswechsel möglich sei, bekam aber mit, dass ein Zub erzählte, dass es keinen gebe, sondern wir über den Güterring fahren würden. Ein Blick auf den Fahrplan förderte denn auch eine Fahrzeit von fast einer Stunde nach Göttingen zutage. So machten wir also noch eine (für mich sehr interessante) kleine Stadtrundfahrt und verließen erst nach etwa 20 Minuten die Landeshauptstadt. Danach fuhr der Zug aber „ganz normal“ über die NBS und weiter von Fulda nach Hanau, das wir wiederum etwas vor Plan erreichten. Für die RB nach NAH brauchte ich jetzt noch einen separaten Fahrschein, aber insgesamt wäre die Fahrt an diesem Tag mit einem durchgehenden DB-Ticket deutlich teurer gewesen. Da es aber auch bei Locomore Sparpreise nach Verfügbarkeit gibt, hätte das schon wieder anders aussehen können, wenn ich an einem anderen Tag gebucht hätte oder gefahren wäre.

Fazit: Eine nette und unter Umständen günstigere Alternative zur DB. Die frisch renovierten Wagen und die Startup-Atmosphäre wirken modern und gleichzeitig heimelig, auch wenn die Du-Anrede aus dem Bordprospekt in den Ansagen nicht durchgehalten wird. Dass Locomore natürlich auch nur mit Wasser kocht, belegen der Ausfall des Wagens und der Kühlung (und dass sie noch Anlaufschwierigkeiten haben, die momentan häufigen Änderungen der Verkehrstage). Und wenn in einem Sechserabteil fünf Leute sitzen, wird es für langbeinige Leute nun mal schwierig.
Obwohl ich einen Koffer mithatte, hatte ich mein Rad am Bahnhof geparkt. Weil ich nach der Ankunft noch etwas aß, radelte ich ironischerweise genau vor dem letzten Bus her zu meiner Wohnung. Aber besser so als anders …

Verspätungsstatistik 2015/16

Ein frohes neues Jahr an alle Leser!

Schon wieder sind zwei Jahre um, seitdem ich das letzte Mal eine Verspätungsstatistik erstellt habe. Also habe ich wieder die Blogbeiträge (auch die auf „privat“ gestellten) seitdem ausgewertet und bin zu folgendem Ergebnis gekommen:

Verspätung (min) Anzahl Anteil
<0 7 5,6%
0–5 77 62,4%
5–30 27 21,6%
30–60 8 6,4%
>60 4 3,2%
Ausfall 1 0,8%

Gegenüber 2007–2012 und 2013/2014 hat sich die Pünktlichkeitsquote also praktisch nicht geändert (insgesamt 68% Ankunft vor oder bis 5 min hinter Plan). Und wenn ich verspätet angekommen bin, war die Verspätung tendenziell geringer als in den zwei Jahren davor. Einmal musste ich aber auch diesmal eine Fahrt ganz ausfallen und mich mit dem Auto mitnehmen lassen, weil sonst das Erreichen eines Fluges gefährdet gewesen wäre. Die Verspätungen über eine Stunde ereigneten sich übrigens größtenteils in Zusammenhang mit dem Lokführerstreik 2015, einmal dagegen in Frankreich, weil ein Lokführer ausgefallen war und es wegen Urlaubszeit keinen Ersatz gab. Es gab aber auch wieder genug Gelegenheiten, früher als geplant zu kommen, vor allem das Erreichen nicht planmäßiger Anschlüsse und die Aufhebung der Zugbindung für eine langsame Verbindung wegen Verspätung.

Bleibt nur zu hoffen, dass sich die Quote wieder verbessert. Die DB will daran ja auch einiges tun. Trotzdem war es vermutlich Zufall, dass ich gestern NAH trotz Neujahr an einem Sonntag, der Durchfahrt durch FF und leichtem Schnee auf die Minute pünktlich erreichte. Möge das öfter passieren!

Im Prinzip ja

Das hätte wohl nicht nur Radio Eriwan auf die Frage geantwortet, ob seit letztem Dienstag alle Züge für Fahrten nach dem Fahrplanwechsel buchbar sind. Der Nachtzug, den ich Anfang Januar nehmen will, war nämlich nicht dabei. Stattdessen brach die Buchung auf dem DB-Portal im letzten Schritt mit dem Kommentar „Bei der Buchung des Nachtzuges ist ein Fehler aufgetreten“ ab. Die ÖBB, die den Zug vor wie nach dem Fahrplanwechsel betreibt, meldete dagegen sofort „Ticket nicht verfügbar“. Für andere Züge am selben Tag sowie den gleiche Zug an anderen Tagen wurde mir dort dagegen problemlos ein Preis angezeigt. Auf die Frage nach dem Warum lieferten mir weder eine der Bahnen noch die Agentur meines Vertrauens eine Antwort. Heute schaute ich routinemäßig mal wieder nach, und siehe da, auf einmal ging es. Mein gewünschtes SparNight im Single Deluxe war natürlich nicht mehr verfügbar, aber immerhin gab es noch zu einem akzeptablen Preis einen Sparpreis Europa im Economy Single. Auf Duschen kann ich auch einen Tag verzichten ;-). Das Ticket ist nun gebucht, witzigerweise war der Endpreis sogar vier Euro niedriger als zuerst angezeigt. Aber über den Support kann ich nur mal wieder den Kopf schütteln …

Korbach – Frankenberg gut genutzt

Ebenfalls am 23. September meldeten die NaNa, dass laut → Nordhessischem Verkehrsverbund (NVV) pro Tag durchschnittlich 440 Fahrgäste die vor einem Jahr wiedereröffnete Strecke Korbach – Frankenberg nutzen, an Spitzentagen wie Wochenenden sogar bis zu 700 – im Gegensatz zu etwa 200 vorher beim Bus. Dafür, dass zunächst nicht nur manche Politiker, sondern auch ich selber skeptisch waren, ein voller Erfolg. Läge die Strecke in Bayern, würden die Fahrgastzahlen eine Reaktivierung übrigens nicht rechtfertigen, denn dort werden 1000 Fahrgäste pro Tag verlangt, ein Kriterium, das bis jetzt nur sehr wenige Strecken erreicht haben.

Bald wieder Baureihe 5xx?

Das Bundesverkehrsministerium will die Entwicklung der Brennstoffzellen-Elektromobilität auf der Schiene vorantreiben, so melden es die NahverkehrsNachrichten vom 23. September. Unter anderem soll die Erprobung eines mit Traktionsbatterien ausgestatteten Talent 3 mit 4 Mio. Euro unterstützt werden. Als ich das las, musste ich doch etwas grinsen, gab es doch sowas schon mal, nämlich mit den Akkutriebwagen, die noch bis in die Neunzigerjahre fuhren, zuletzt (leider kurz vor meiner „aktiven Bahnzeit“) auf der Strecke Gelsenkirchen – Bochum. Für diese Traktionsart gab es im Nummernschema der DB sogar die eigene Reihe 5xx, die zurzeit leider ohne aktive Baureihen ihr Dasein fristet. Wird sich das demnächst wieder ändern?

Auch RB Aschaffenburg–Darmstadt werden brauchbarer

Für mich sehr überraschend gibt es zum kleinen Fahrplanwechsel am Sonntag eine relativ große Neuerung: Der RMV hat zusätzliche Fahrten auf der RB-Linie Darmstadt–Aschaffenburg bestellt. Dadurch wird jetzt samstags der Stundentakt ganztägig und sonntags ab 12 Uhr angeboten. Der frühe Betriebsschluss bleibt allerdings voraussichtlich noch zweieinhalb Jahre, bis zum Dezember 2018, bestehen. Dann tritt der neue Verkehrsvertrag in Kraft, mit dem die Linie durch die HLB übernommen wird. Die jetzige Änderung ist aber für mich schon sehr nützlich, entfallen dadurch doch langes Warten in Darmstadt oder der teure Umweg über Frankfurt, die bisher vor allem sonntags nötig waren. Weiter so, lieber RMV!

Auf dem aufsteigenden AST?

Zum Fahrplanwechsel im Dezember haben die Stadtwerke einiges am Anruf-Sammel-Taxi (AST) geändert. Es fängt damit an, dass AST jetzt gar nicht mehr für Anruf-Sammel-Taxi steht, sondern für -Transport. Hintergrund ist, dass unter Umständen auch Großraumfahrzeuge genutzt werden können, die keine Taxis sind. Weitere Neuerung ist, dass jetzt → online bestellt werden kann, was ein Vorteil sein kann, wenn man nicht gerne telefoniert oder einen schwer zu buchstabierenden Namen hat 😉 . Weiterhin gibt es beim Fahrpreis jetzt einen Rabatt für Zeitkarteninhaber, die jetzt innerstädtisch nur noch 1,90 Euro zahlen.
Am Karfreitag habe ich nach langer Zeit zum ersten Mal ein(en) AST benutzt. Bei der Bestellung bin ich darüber gestolpert, dass zwar auf der Bestellseite eine Abfahrtszeit von 9.30 Uhr genannt war, im Linienfahrplan jedoch 9.25 Uhr. Weiterhin gibt es nirgendwo eine Angabe darüber, wie lange eine Fahrt denn nun dauert. Am Karfreitag habe ich den Zug zwar bequem erreicht, aber da es mir auch schon mal anders ergangen ist, habe ich mal bei den Stadtwerken nachgefragt. Ergebnis:

Eine maximale Fahrzeit von 45 Minuten soll – v.a. im Hinblick auf die Andienung verschiedener Gemeinden – nicht überschritten werden.

Nun kann ich zwar damit rechnen, dass es auf den 1,5 Kilometern von mir bis zum Bahnhof schneller geht, darauf verlassen kann ich mich aber nicht. Für mich ist das ein weiteres Argument dafür, dass ein AST zwar besser als nichts ist, ein reguläres Angebot zur Schwachverkehrszeit aber noch besser wäre. Im neuen Nahverkehrsplan, der derzeit für die Region entworfen wird, ist dies bereits vorgesehen. Hoffen wir, dass der Plan so verabschiedet und auch umgesetzt wird! Was die Abfahrtszeit betrifft, so soll übrigens der Richtwert für die Abfahrtszeit immer die volle und halbe Stunde sein und die Linienfahrpläne demnächst entsprechend geändert werden.

VCD zum Thema Deutschland-Tarif – was ist sinnvoll und was nicht?

Bereits vor längerer Zeit hatte ich ja hier kundgetan, dass ich mir für Bus und Bahn einen Deutschland-Tarif wünsche. Der VCD, in dem ich Mitglied bin, ist der gleichen Meinung und stellt anlässlich des VCD-Bahntests 2015/2016 in der aktuellen Ausgabe der Mitgliederzeitschrift „fairkehr“ einige Forderungen auf. Bei einigen davon steckt der Teufel allerdings im Detail:

Auch hier zeigt das Ergebnis, wie kompliziert das System ist. Für die Strecke München–Stuttgart war der günstigste Sparpreis zu 89 Prozent erhältlich, für die Strecke Mannheim–Erfurt nur in 16 Prozent der Fälle. Für Reisende ist es nicht planbar und nicht nachvollziehbar, wann sie auf welchen Strecken Sparpreise erhalten.

Wie bereits früher angemerkt, frage ich mich, ob dies denn unbedingt für die Fahrgäste „planbar“ und „nachvollziehbar“ sein muss. Dass die DB mit den Sparpreisen zum einen die Auslastung steuern (da nicht beliebig viele beliebig lange Züge fahren können), zum anderen die Preise an die Zahlungsbereitschaft der Kunden anpassen will, kann man ihr nicht übel nehmen. Der VCD gibt das sogar selber zu, wenn er schreibt (Hervorhebung von mir):

Zur besseren Auslastung der Bahnen kann zusätzlich ein verbilligter Tarif angeboten werden, z.B. im Nahverkehr generell ab 9 Uhr und für einzelne Plätze in Zügen des Fernverkehrs.

Die Frage ist, wie viele „einzelne“ Plätze es geben soll. Wenn es nämlich sehr wenige sind, das Angebot aber trotzdem einigermaßen bekannt ist, wird sich noch mehr als heute der Eindruck festsetzen, dass man die günstigen Plätze ja „nie“ bekommt. Das gilt erst recht, weil der dann eingeführte „Einheitspreis“ vermutlich über den jetzigen Sparpreisen (aber unter dem unrabattierten Flexpreis, den ohnehin nur sehr wenige bezahlen) liegen dürfte – letztendlich sollen die Einnahmen ja dieselben bleiben, und die Pendler als treueste Kunden wird man wohl kaum vergraulen wollen.

Eine weitere Forderung des VCD ist, dass der Einheitspreis nur von der Entfernung vom Start zum Ziel, aber nicht von der tatsächlich gefahrenen Strecke abhängen soll. Ich verstehe, was dahinter steckt: Häufig gibt es mehrere mögliche Fahrtrouten, zwischen denen man sich beim Kauf einer Fahrkarte entscheiden muss, und nicht immer ist der Zusammenhang zwischen Entfernung und Preisbildung nachvollziehbar. Nur: Ohne Raumbegrenzungen in irgendeiner Form (die es auch schon zu Zeiten der „guten alten Bundesbahn“ gab), wird man nicht auskommen. Sonst kaufe ich mir nur noch Fahrkarten von Aschaffenburg nach Frankfurt und lege diese Strecke nach Belieben mal über Hamburg, mal über München zurück. Und viele der Anomalien (man kaufe einen Fahrschein nach Y, steige aber schon in X aus und spare Geld gegenüber einer Fahrkarte nur bis X) kommen eben gerade dadurch zustande, dass der schnellste Weg nicht immer der kürzeste ist und über Mittelwerte versucht wird, das auszugleichen. Ganz zu schweigen von der Degression, ohne die für lange Strecken viel höhere Preise zu zahlen wären.

Das Wichtigste sieht der VCD aber wohl so wie ich: Vor allem muss der Trend mehr zur Integration der Tarife gehen. Häufig dürfte das allerdings an politischen Hürden scheitern: Der Fernverkehr ist gewinnorientiert, hier kann die DB als momentan einziger Anbieter unternehmerisch entscheiden. Der Nahverkehr auf der Schiene liegt in der Verantwortung der Bundesländer, die diese teilweise noch an kleinere Verwaltungseinheiten abgegeben haben. Zur Vereinheitlichung der Tarife müssten sich diese also erst einmal untereinander sowie mit den Kommunen, die für Busse und Straßenbahnen zuständig sind, einig werden. Von den nötigen Vereinbarungen der Länder untereinander und mit DB Fernverkehr ganz zu schweigen … In letzter Zeit gab es hier allerdings einige positive Trends, von denen inbesondere das City-Ticket und die Landestarife einiger Bundesländer zu nennen sind. Wollen wir hoffen, das sich diese Entwicklung fortsetzt.

Zukunft Bahn

Unter diesem Titel hat die DB ein → Konzept veröffentlicht, das die Betriebsqualität in den nächsten Jahren deutlich steigern soll. Die Maßnahmen sollen alle Unternehmensbereiche betreffen. Es werden sowohl Ziele genannt (z.B. 85% Pünktlichkeit im Fernverkehr und 95% im Regionalverkehr, Null-Fehler-Toleranz, verbesserte Reisendeninformation) als auch Schritte, um diese zu erreichen (z.B. sinnvollere Verteilung von Fahrzeitpuffern, Störungsmelder für Weichen, geänderte Vegetationspflege, Multizuganzeiger). Einige der Maßnahmen wurden bereits früher präsentiert (z.B. das neue Fernverkehrskonzept oder das kostenlose WLAN auch in der 2. Klasse).
Wie immer bei solchen Konzepten stellt sich die Frage, wie viel davon letztendlich wirklich umgesetzt wird und ob die gesteckten Ziele damit erreicht werden können. Positiv ist aber auf jeden Fall zu bewerten, dass man vom „Sparen um jeden Preis“ anscheinend abgekommen ist. Bleibt zu hoffen, dass dies tatsächlich auch so gelebt wird und dass der Eigentümer es mitträgt.