Gestern habe ich mal wieder ein Lehrstück zum Thema „internationale Buchung“ erlebt: Ende Juli/Anfang August will ich in die Slowakei fahren. Der meinem Ziel nächstgelegene Bahnhof ist Kriváň in der Mittelslowakei, was man über Wien und Bratislava gerade noch an einem Tag von NAH aus erreichen kann. Die DB-Auskunft verweigert einem dafür allerdings die Online-Buchung, so dass ich mich gestern zum Schalter begeben habe. Nach einigem Probieren fand der Mitarbeiter dort Folgendes heraus: Bis Bratislava kann er mir ein Europa-Spezial verkaufen, das jetzt, fast drei Monate vorher, auch noch in der günstigsten Preisstufe vorhanden ist. Den innerslowakischen Fahrschein kann er mir ebenfalls verkaufen, wenn er (warum auch immer) in Zvolen stückelt. Preis: 34,20 Euro pro Richtung. Auf meine Frage hin, ob es eventuell günstiger ist, den Fahrschein vor Ort zu kaufen, lautet die Antwort: „Wenn die auch den Euro haben, dann nicht“. Zu Hause schaue ich dann auf der → Website der slowakischen Bahn nach, die mir nach einigem Gefummel verrät, dass eine Buchung (und Preisauskunft) erst zwei Monate im Voraus möglich ist. Eine Testanfrage für Ende Juni ergibt einen Preis von 10,13 Euro – weniger als ein Drittel des DB-Preises. Also heißt es für die Gegenwart: Ab zum Reisezentrum und die Fahrkarte umtauschen, und für die Zukunft: Nie einen Binnenfahrschein eines anderen Landes bei der DB kaufen, selbst dann nicht, wenn in diesem Land der Euro gilt *seufz*.
Kategorie: Kundenorientierung
Kombi-Angebot
Gestern bin ich durch Zufall auf ein interessantes Angebot für alle gestoßen, die in einer deutschen Jugendherberge übernachten und mit dem Zug anreisen: In diesem Fall gibt es den Fahrschein dafür nämlich zu einem günstigen Pauschalpreis (bis 400 km 76 Euro, darüber 117 Euro). Für Kinder, Gruppen und BahnCard-Inhaber gibt es Rabatt. Die Fahrscheine können online oder telefonisch bestellt werden. Weitere Informationen gibt es unter → http://www.anreise-jh.de. Ob ich meine Reise nach Bremerhaven im Oktober mit diesem Ticket wohl günstiger hätte machen können, ist nicht ganz klar, weil die Seite nicht verrät, ob man Via-Bahnhöfe eintragen lassen kann. [Nachtrag: Die Anreise wäre auf keinen Fall günstiger gewesen, da die JH Bremerhaven nicht zum DJH gehört.] Außerdem hätte ich wohl zwischen Bremen und Bremerhaven nicht die NordWestBahn benutzen können, sondern hätte auf den nächsten RE der DB warten müssen. Fazit: Eine gute Sache, wenn es auch mal wieder ein Sonderfall mehr im Tarifsystem ist.
Deutschland-Tarif
Bewegt man sich nur innerhalb der eigenen Heimatregion oder fährt nur mit dem DB-Fernverkehr, ist das Tarifsystem meistens noch relativ einfach zu begreifen. Durch die Vielzahl der Verkehrsverbünde, die es zudem nicht einmal überall gibt, wird es aber schnell kompliziert, wenn man sich öfter in andere(n) Regionen bewegt. Dazu kommt noch, dass einige Tarife unternehmensabhängig sind und nicht bei allen der wie Pilze aus dem Boden schießenden Privatbahnen gelten. Sollte die DB einmal in größerem Umfang Konkurrenz im Fernverkehr bekommen, dürfte dieses Problem noch weiter zunehmen.
Für die Koordination von Fahrplänen gibt es bereits die Initiative → „Deutschland-Takt“, die sich aus Vertretern von Fahrgastverbänden, aber auch einiger Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen zusammen setzt. Der VCD skizziert darüber hinaus auch einen → „Deutschland-Tarif“, der diesen koordinierten Fahrplan ergänzen würde.
Ich habe mir daher mal ein paar Gedanken gemacht, wie ein solcher Tarif aussehen könnte. Dabei gibt es für fast alle Komponenten des Systems bereits Vorbilder im Aus- oder sogar Inland, die man nur konsequent zu Ende denken müsste:
Kernstück des neuen Tarifsystems ist eine einheitliche Einteilung ganz Deutschlands in Tarifzonen, die (wie die VRR-Tarifgebiete) mehrere kleine Gemeinden, eine mittelgroße Stadt oder einen Teil einer Großstadt umfassen. Bis zur Entfernung von etwa 100 km (das ist die Größe von großen Verkehrsverbünden wie VRR oder RMV) gilt ein Zonentarif entsprechend den heutigen Verbundtarifen. Darüber hinaus soll ein Relationstarif gelten, der aber nicht nur in Zügen, sondern auch im lokalen ÖPNV zumindest am Start- und Zielort anerkannt wird (also etwa wie der heutige DB-Tarif mit City-Ticket).
Das Neue daran ist, dass die Reichweite des Zonentarifs immer vom Startpunkt und nicht mehr von den Grenzen des Verkehrsverbundes abhängt. Das mag auf den ersten Blick kompliziert klingen, aber eine Liste, bis zu welcher Entfernung welcher Tarif gilt, braucht man auch jetzt schon. Der große Vorteil ist, dass Übergangstarife an den Grenzen der Verbünde entfallen und außerdem die Preisstufen und das Fahrscheinsortiment in ganz Deutschland gleich sind. Macht man also einen Ausflug nach Hamburg, muss man sich nicht durch das dortige Angebot von Fahrscheinen wühlen, sondern weiß, dass dort das Angebot dasselbe ist wie zu Hause. Informieren muss man sich nur, bis wohin welche Preisstufe gilt und ab wo der Relationstarif angewendet wird.
Weitere Details meiner Idee mit den jeweiligen Vorbildern:
- Der Zonentarif sollte eine Kurzstrecke für etwa 4 (Bus-/Straßenbahn-)Haltestellen sowie vier weitere Preisstufen umfassen: A für Fahrten innerhalb der Tarifzone, B für den zwei Tarifzonen breiten Kranz, der darum herum liegt, C für einen weiteren etwa zwei Tarifzonen breiten Ring und D für den Rest der 100-km-Zone. Vorbild ist das bis 2011 gültige VRR-Tarifsystem.
- Die Zonen sollten nicht in kleinere Einheiten unterteilt werden. Um Preissprünge an den Grenzen abzumildern, haben die Zonen aber große Überlappungsbereiche, so wie bis 1993 im VRR üblich. Heutiges Beispiel: Marl-Polsum gehört sowohl zum Marler als auch zum Gelsenkirchener Tarifgebiet.
- Die Überlappungsbereiche sowie die Größe der Tarifzonen können ggf. auch eingesetzt werden, um unterschiedliche Sozialstrukturen und Fahrtgewohnheiten darzustellen (z.B. kleinere Zonen in Gebieten mit hoher Kaufkraft, große Überlappungsbereiche in Gebieten, die häufig in oder aus zwei Richtungen angefahren werden).
- Die Fahrt in Preisstufe A sollte nicht mehr als 2 Euro kosten (Einzelfahrt in Aschaffenburg: 1,50 Euro, in Paris: 1,70 Euro, in Rom: 1 Euro)
- Die Fahrradmitnahme sollte kostenlos möglich sein (wie heute z.B. im RMV und der VAB)
- Es sollte einen Bahncard-Rabatt auf alle Fahrscheine geben, mit denen dann auch überall gefahren werden kann (wie heute z.B. im VRN).
- Es sollte möglich sein, einen Fahrschein zum Zonentarif nur mit Angabe der Preisstufe zu kaufen (wie heute z.B. im VRR). Dies ist meines Erachtens praktischer als das in RMV und VAB übliche System, dass immer eine Zielzone angegeben werden muss. Fahrgäste und Fahrpersonal müssen keine Zonennummern auswendig lernen, und es müssen weniger Ausnahmen im Geltungsbereich definiert werden. Insbesondere für Zeitkarten ist nützlich, dass diese in einem gleichmäßigen Radius um das Zentraltarifgebiet gelten.
- Die bisherigen Geltungsbereiche von verbundweiten Fahrscheinen (Semesterticket, Kombitickets) werden auf die 100-km-Zone vom jeweiligen Uni- oder Veranstaltungsstandort übertragen. Davon profitieren vor allem heute Standorte, die heute am Rand eines Verbundgebiets liegen, wie die TU Dortmund.
- Fahrscheine über 100 km hinaus werden nicht mehr von Bahnhof zu Bahnhof, sondern ebenfalls von Tarifzone zu Tarifzone gekauft. Es ist also auch der Kauf zwischen zwei Gemeinden ohne Bahnhof möglich, ähnlich wie beim heutigen NRW-Tarif. Im Gegensatz zu diesem sind aber alle verkehrsüblichen Wege zwischen Start- und Endpunkt zugelassen. Ein Fahrschein von Aschaffenburg nach Marl würde also auch im Bus von Recklinghausen nach Marl gelten, was heute nicht der Fall ist.
- Im Fernverkehr plädiere ich für die Abschaffung der Bahncard 25. Im Gegenzug sollte der Normalpreis leicht gesenkt werden und vor allem mehr Fahrscheine in den jeweiligen Kontingenten der Spartarife angeboten werden. Die Möglichkeit, mit der Bahncard 50 den Normalpreis zu ermäßigen, sollte für alle, die viel spontan fahren, weiter bestehen bleiben.
- Fahrscheine sollten in allen öffentlichen Verkehrsmitteln gelten, unabhängig vom Betreiber. Dies gilt auch bei etwaigen privaten Fernverkehrsanbietern. Gegebenenfalls ist die Verkaufsstelle dann nicht mehr die DB, sondern eine zentrale landesweite Stelle (Vorbild Großbritannien).
Soweit die Grundzüge des Deutschland-Tarifs, die auf jeden Fall enthalten sein sollten. Folgende Fragen sollten auch noch diskutiert werden:
- Sollte die Trennung in drei Preiskategorien (ICE, IC, Nahverkehr) bestehen bleiben oder sollten alle Fahrscheine in allen Zügen gelten? Letzteres würde das Tarifsystem drastisch vereinfachen, insbesondere für Fälle, in denen ein anderer Zug als geplant benutzt werden muss. Andererseits würde es möglicherweise Fahrgäste in schnellere Züge umlenken, ohne dass es dafür nennenswerte Mehreinnahmen für den Betreiber (= meist DB Fernverkehr) gibt. In diesem Zusammenhang wäre auch die gesetzliche Trennung zwischen subventioniertem Nah- und eigenwirtschaftlichen Fernverkehr auf den Prüfstand zu stellen (Vorbilder sind die Schweiz oder die Niederlande).
- Sollten Fahrscheine vor Fahrtantritt entwertet werden müssen oder nicht? Ersteres birgt das Risiko eines Schwarzfahrens, wenn man das Entwerten vergisst. Da es dann allerdings in ganz Deutschland nötig wäre, gäbe es keinen Umgewöhnungseffekt in fremden Regionen. Der Vorteil wäre, dass man Tickets (auch z.B. verbilligte Vierertickets oder Zehnerblöcke) auf Vorrat kaufen könnte.
- Welche Rechte sollten Fahrgäste bei Betriebsstörungen haben: Benutzung von höherwertigen Zügen oder Umwegen, Erstattung von Taxikosten oder Zuschlägen, Aufhebung einer eventuellen Zugbindung, Erstattung in Form von Gutscheinen, …? Ab welcher Verspätung greifen diese Rechte, sind verpasste Anschlüsse (auch verkehrsmittelübergreifend) eingeschlossen? Wie sieht es aus, wenn die Ursache höhere Gewalt ist?
- Weitere zu klärende Punkte wären etwa der Preis von Tageskarten relativ zu Einzelfahrten (in der VAB z.B. weniger als das Doppelte, im RMV genau das Doppelte ohne Bahncard-Rabatt, im VRR etwas mehr), die Ausgabe von Monatskarten (an jedem beliebigen Tag beim Fahrer wie in der VAB oder nur im Kundenzentrum zum Monatsanfang wie im VRR), das Höchstalter für den Kindertarif, die kostenlose Mitnahme von eigenen Kindern, die Mitnahme von Fahrrädern und Hunden, …
- Für Nummerierungsfans: Die Tarifzonen sollten im Normalfall nicht kleiner sein als die fünfstelligen Postleitzahlgebiete, so dass eine fünfstellige Nummer ausreichen würde. Diese könnte sich an der PLZ orientieren, muss aber nicht mit dieser identisch sein. Um Verwechslungen zu vermeiden, kann man aber natürlich auch andere Systeme verwenden (z.B. Koordinatensystem wie im VRR, erste zwei Ziffern für das Bundesland etc.).
Obwohl es bereits viele Schritte in die richtige Richtung gibt (NRW- und SH-Tarif, City-Ticket, Schönes-Wochenende-Ticket), schätze ich leider meine Idee eher als Wunschtraum denn als realistisches Projekt ein. Selbst wenn nur der Nahverkehr einbezogen werden soll, wären vermutlich jahrelange Verhandlungen zwischen den einzelnen Verkehrsunternehmen und Aufgabenträgern erforderlich. Die Einbeziehung des Fernverkehrs würde vermutlich sogar die Änderung von Bundesgesetzen nötig machen, die zurzeit nicht in der Planung ist. Jetzt ist eure Sicht als Fahrgast gefragt: Würde es sich eurer Meinung nach lohnen, für einen Deutschland-Tarif wie von mir skizziert zu kämpfen? Haltet ihr meine ganze Idee für unsinnig oder habt ihr nur Detailverbesserungen? Erledigt sich das Ganze durch die Einführung von elektronischen Abrechnungssystemen bald von alleine? Ich bin gespannt auf eure Kommentare!
Negative Grenzkosten
Bei der alljährlichen Berechnung der passenden Bahncard ist mir vorhin aufgefallen, dass der Normalpreis mit ICE von NAH nach EE 91, nach ERE (mit ICE bis EE) aber nur 87 Euro beträgt. Weitere Recherchen ergaben, dass Essen anscheinend ein Gravitationszentrum ist, denn Fahrscheine in alle umliegenden Städte kosten, selbst wenn man sie nur über Essen erreicht, weniger. Pfennigfuchsern, die unterwegs in die Ruhrmetropole sind, sei daher geraten, einen Fahrschein bis Gelsenkirchen (83 Euro) zu buchen und das letzte Stück verfallen zu lassen. Der Grund für diese Kuriosität ist unklar, möglicherweise hängt das mit der ermittelten Zahlungsbereitschaft der Fahrgäste zusammen. Sollte die DB diesen Beitrag lesen, so hoffe ich doch sehr, dass der Preis nach Essen gesenkt und nicht die Preise in alle anderen Orte erhöht werden ;).
Nachtrag: Auch dieses Jahr bin ich übrigens mit der Bahncard 25 wieder günstiger gefahren als ich es mit der 50er wäre, wobei die Differenz vorwiegend durch den Preis der Bahncards selbst zustande kommt.
Nachtrag 2: In einer → Diskussion im ICE-Treff finden sich noch weitere Beispiele, in denen die längere Strecke weniger kostet als die kürzere.
Einst und jetzt 3 – Nachtrag
Zur dritten und letzten Folge meiner kleinen Serie „Einst und jetzt“ hat Martin einen so ausführlichen Kommentar geschrieben, dass ich ihm einen eigenen Beitrag widme.
Hallo,
solche Beiträge lese ich bei Dir immer wieder gerne 🙂
Danke ;).
[…]
Dem alten Busbahnhof trauere ich nämlich, ehrlich gesagt, schon nach. Mir hat diese Form der Busbahnhöfe (wie man sie ja auch z.B. in GE-Buer Rathaus findet) schon immer besser gefallen als der neue Busbahnhof (wie auch in RE), wo sich die eintreffenden und abfahrenden Linien zudem noch kreuzen.[…]
Stimmt, das ist ein Nachteil der Mittelinsel-Bauform. Bei der Bauform mit parallelen Bussteigen sind außerdem die Umsteigewege tendenziell kürzer. Insgesamt ist es wohl Geschmackssache ;).
Die Abreißfahrkarten hatten IMHO viel mehr Charme, als die gedruckten Fahrscheine auf Thermopapier, die man heutzutage überall kriegt.
Das stimmt absolut. Ich hoffe, ich habe nicht den Eindruck erweckt, dass früher alles schlecht und heute alles gut ist :).
Ich hab die als Kind gesammelt, weil die auch interessant waren, verschiedene Gesellschaften hatten schöne Logos auf ihren Fahrkarten (StOag in Oberhausen mit dem schiefen O) und jeder hatte seine eigene Farbe (Vest waren glaub ich gelb, ich kenne blaue oder rote auch).
Meines Wissens hing die Farbe zumindest bei der Vestischen von der Preisstufe ab: die Preisstufe 1 zum Beispiel gelb. Andere Betriebe mögen andere Farben gehabt haben, von der Bogestra habe ich noch ein blaues Preisstufe-B-Ticket in der Sammlung.
Leider sind die alten Bestände meiner Fahrkarten dem Aufräumwahn meiner Eltern zum Opfer gefallen, wie auch die Verbundfahrpläne Bereich 2 (und teilweise auch andere) ab 1980. Die hätten heute sicher einen guten Wert!
Meine allerersten Fahrpläne sind meinem eigenen Aufräumwahn zum Opfer gefallen, aber von einem ehemaligen Kollegen bei der Vestischen habe ich einige noch ältere Fahrplanbücher bekommen. Das von 1983 habe ich dreifach; wenn du oder ein andere Blogleser Interesse daran hast, einfach bei mir melden!
Dass man nach 20 Uhr beim Fahrer einsteigen musste, kam auch erst ziemlich spät. Ich bin zwar damals selten um die Zeit Bus gefahren, aber da gabs das glaub ich auch noch nicht.
Was die Preisstufen angeht, fand ich die Regelung mit den Waben viel einfacher. Ich bin neulich mal mit meinen Kindern nach Wuppertal und Solingen (Schwebebahn und O-Bus :-)) gefahren (Ticket für den Gesamtraum für stolze 35 EUR!), da hab ich mich mal über diese Buchstabenzonen erkundigt und ich fand das sehr kompliziert. Ganz verstanden habe ich es immer noch nicht 😉
Scheint auch Gewohnheitssache zu sein … Das ABC-System war genial einfach: 2 Waben, 1 Tarifgebiet oder 1 Großstadt ist A, bis zu zwei Tarifgebiete weiter ist B, alles darüber hinaus ist C. Mit D und E ist es etwas komplizierter, aber viel einfacher kann es damals bei sechs Preisstufen mehr auch nicht gewesen sein ;).
Was die Bordcomputer, die GPS-gestützten Haltestellenansagen, Vorrangschaltung der Ampeln und den Vorneeinstieg angeht, das gibts hier im VGN (Nürnberg) auch. Dazu noch Abfahrtstafeln an Haltestellen, die anzeigen, wann der nächste Bus kommt, nicht lt. Fahrplan, sondern anhand der Position der Busse). Aber gibts das nicht sogar auch shcon in Marl?
Vorneeinstieg gibt es mittlerweile fast deutschlandweit mit der Konsequenz, dass zumindest hier in AB so gut wie gar nicht mehr wirklich kontrolliert wird. In Marl gibt es meines Wissens keine DFI, was sogar ein kleiner Rückschritt ist: Vor Jahren gab es in Marl Mitte nämlich mal eine Anzeige, die in Echtzeit die Ankunft des nächsten SB 26 verkündet hat (war damals ein Modellprojekt). Mir persönlich ist ein sinnvolles Angebot allerdings auch wichtiger als eine bunte Anzeige, hier in AB scheint es manchmal genau umgekehrt zu sein.
Ja, Dein Beitrag weckt nostalgische Gefühle in mir, und ich freue mich immer wieder darüber. Danke vielmals und viele Grüße!
-Martin
Danke, das freut mich sehr! Die Nostalgiethemen habe ich ja jetzt erst mal durch, ich hoffe, dass du trotzdem meinem Blog gewogen bleibst.
Viele Grüße aus der VAB in den VGN,
Jan
Einst und jetzt 3 – Sonstiges
Da ich mal wieder Zeit und Lust habe, kommt jetzt der letzte Teil der Serie „Einst und Jetzt“. Diesmal vergleiche ich alles, was nicht Fahrzeuge und Liniennetz ist – Schauplatz ist wieder das Gebiet der → Vestischen im Zeitraum von den späten Achtzigerjahren bis heute.
Damals ließ der Blick auf den Linienplan an manchen Stellen (vor allem Marl und Haltern) ein dichtes Netz vermuten, das sich aber bei genauerem Hinsehen als eine Bündelung von Linien für Werksangehörige der damaligen HÜLS AG bzw. Halterner Schüler entpuppte, die anderen Fahrgästen relativ wenig Nutzen brachten. Nachdem in den 80er-Jahren die Linien alle mit derselben roten Farbe auf einem normalen Stadtplan dargestellt worden waren, ging man im darauffolgenden Jahrzehnt dazu über, zwar verschiedene Farben zu nutzen, aber den Stadtplanhintergrund wegzulassen und die Linienverläufe so zu schematisieren, dass kaum noch erkennbar war, über welche Straßen die Linien verliefen und wo die Haltestellen genau lagen.
Im zugehörigen Fahrplanbuch dominierten von Hand erstellte Fahrplantabellen mit Linienbändern, in denen noch die Zahlgrenzen angegeben waren. Welche Funktion diese hatten (zwei Zahlgrenzen waren die maximale Entfernung, auf der der Kurzstreckentarif galt), war jedoch nicht zu erkennen, was das Ganze etwas mysteriös machte. Noch mysteriöser wurde es dadurch, dass es Zahlgrenzen ohne Haltestelle gab, die dann im Linienband die Bezeichnung „Tarifpunkt“ mit dem Hinweis „Tarifpunkt keine Haltestelle“ trugen.
Fahrscheine gab es entweder beim Fahrer oder an einem zugigen Schalter am Busbahnhof. Letzterer bot auch sonst nicht viel Komfort: ein paar schmale parallel angeordnete Bordsteinkanten mit einem zugigen Wartehäuschen mussten reichen. Egal, wo man die Fahrkarten kaufte, sie kamen von einem Abreißblock, zu dem die fertig gedruckten Fahrscheine gebündelt waren. Dabei gab es außer der Kurzstrecke die Preisstufen 1 bis 5. Die 5 deckte aber noch nicht den ganzen Verbundraum des VRR ab; wollte man weiter fahren, musste man die sechs Preisstufen des so genannten Regionaltarifs nutzen, der nur in den Zügen der Deutschen Bundesbahn galt. Wenn man schon einen Fahrschein hatte, konnte man im Bus hinten einsteigen und ihn dort entwerten. Nur nach 20 Uhr musste man immer beim Fahrer einsteigen. Wo man dann wieder aussteigen musste, konnte man mit viel Glück oder auf Nachfrage aus einer Ansage des Fahrers erfahren. Um den Haltewunsch dann dem Fahrer zu signalisieren, musste man zur hinteren Tür gehen und dort den Haltewunschknopf drücken. Allerdings kamen Anfang der Neunzigerjahre bereits Haltestellenanzeigen und im ganzen Bus verteilte Haltewunschtasten auf.
Und wie sieht es heute aus? Die Fahrplanbücher sind komplett computererstellt. Zahlgrenzen oder Tarifpunkte sind daraus nicht mehr erkennbar, was auch nicht nötig ist, da ein Kurzstreckenticket in der Regel drei Stationen weit gilt. Die Linienpläne zeigen jetzt sowohl einen Stadtplan als auch ein buntes Liniennetz, in dem die meisten Schüler- und Werkslinien nicht mehr dargestellt sind (soweit es sie überhaupt noch gibt).
Die Fahrscheine heißen jetzt offiziell Tickets und werden erst beim Kauf gedruckt, nach anfänglichen Schwierigkeiten sind sie inzwischen auch dann noch lesbar, wenn man sie ein paar Tage im Portmonee gehabt hat. Die Preisstufen wurden 1993 radikal vereinfacht auf Kurzstrecke, A, B und C, was erst 2008 durch die Einführung einer neuen Preisstufe D wieder etwas aufgeweicht wurde (ab 2012 wird es eine weitere Preisstufe E geben). Dabei sind natürlich alle Preisstufen in allen VRR-Verkehrsmitteln gültig. Die Tickets gibt es zwar immer noch beim Fahrer, der Schalter ist aber in den meisten Städten einem modernen Kundenzentrum gewichen, das meistens direkt neben einem nagelneuen Busbahnhof steht. Der wiederum besteht oft aus einer großen überdachten Mittelinsel, an der reihum die Bussteige wie Sägezähne angeordnet sind.
A propos Drucken: Die Fahrscheindrucker in den Bussen sind nicht nur Drucker, sondern Bordcomputer, die (anhand der zurückgelegten Strecke) auch die Haltestellenanzeige und -ansage steuern, so dass man sich nicht mehr auf die seltenen und nicht immer verständlichen Ansagen der Fahrer verlassen muss. Die Ansagen werden vom Computer erzeugt und haben deswegen manchmal einen kuriosen Akzent („Marienhohspitall“). Über die Bordcomputer werden auch die Ampeln angesteuert – dadurch gibt es schneller grün, die Fahrgäste sind schneller am Ziel und die Vestische braucht weniger Busse.
Seit 2002 muss in den Bussen der Vestischen grundsätzlich vorne eingestiegen und der Fahrschein vorgezeigt werden. Dieser „kontrollierte Einstieg“ führt nicht zu größeren Verspätungen, was mich damals erstaunt hat. Bei großem Andrang, Kinderwagen, Rollstühlen etc. kann der Fahrer auch weiterhin die hintere Tür zum Einstieg öffnen.
Aussteigen kann man ab 20 Uhr übrigens nicht nur an den Haltestellen, sondern unter bestimmten Bedingungen auch dazwischen. Ich nutze das ganz gerne, seit die Haltestelle, die mir am nächsten lag, weggefallen ist, auch wenn die Mindestentfernung von 200 Metern gerade so erreicht wird.
Und damit endet meine kleine Zeitreise in der Hoffnung, dass sie euch gefallen und vielleicht ein paar nostalgische Gefühle geweckt hat. Und eine neue Vergleichsidee gibt es auch schon, nämlich zwischen dem ÖPNV in meinen beiden Wohnorten Aschaffenburg und Marl bzw. ihren jeweiligen Regionen. Ihr dürft gespannt sein!
Automaten werden intelligenter
Durch Zufall ist mir letzten Sonntag aufgefallen, dass die Automaten, die im Bereich der VAB aufgestellt sind, eine neue Funktion haben: Wenn man in der normalen DB-Fahrplanauskunft ein Fahrtziel auswählt, das innerhalb der VAB oder des Übergangstarifs zum RMV liegt, springt die Software jetzt automatisch zum Verkaufsmodul für Verbundfahrscheine. Früher kam an dieser Stelle nur die lapidare Meldung „Verbundtarif – Verkauf am Nahverkehrsautomaten“, woraufhin man erst einmal darauf kommen musste, dass es sich bei diesem Nahverkehrsautomaten lediglich um ein anderes Menü im selben Gerät handelte. Ein kleiner Fortschritt zu mehr Bedienerfreundlichkeit also!
In Frankfurt sah ich dann übrigens auch schon die ersten Automaten, die mit einer komplett erneuerten Software ausgestattet sind. So ist neben einem neuen Layout unter anderem die Eingabe von Stichwörtern möglich, die direkt zur passenden Fahrkarte führen (z.B. „Wochenende“ für das Schöne-Wochenend-Ticket oder „Fahrrad“ für eine Fahrradkarte). Nähere Infos dazu gibt es auf der Website der DB.
Das ist immer noch mein Bus (2) – Nachtrag
Auf meine Beschwerde wegen des Busfahrers, der mir das Fotografieren verbieten wollte, meldete sich tatsächlich diese Woche ein Mitarbeiter der VU. Er habe mit dem Fahrer gesprochen, und der bitte ausdrücklich um Entschuldigung für sein unfreundliches Verhalten. Natürlich dürfe ich auch auf dem Pausenplatz fotografieren, und wenn ein Fahrer nicht mit auf dem Bild sein wolle (darum ging es ihm also anscheinend), könne er den Bus ja verlassen (!).
Nun würde ich das nie von einem Fahrer während seiner Pause verlangen, sondern viel eher darauf verweisen, dass man den Fahrer auf den Bildern meistens sowieso nicht erkennen kann. Abgesehen davon, dass ich ja nicht ihn, sondern den Bus fotografiere, aber mit der juristischen Keule (§ 23 KunstUrhG) muss man ja nicht sofort kommen. Auf jeden Fall bin ich froh, dass sich die Anlegenheit nun so geklärt hat, zumal ich als Entschädigung auch noch einen VU-Modellbus (einen Gelenk-Citaro) und ein Busschule-Lineal bekommen habe. Vielen Dank an die VU dafür!
Zur Feier des Tages bin ich dann erst einmal zum ROB gefahren und habe dort einen Doppeldecker der KVG fotografiert. Auch diesmal sprach mich wieder ein Fahrer an, meinte aber nur: „Hobbyfotos, oder?“, was ich mit einem kurzen Ja bestätigen konnte. Insofern hoffe ich, dass die Episode von neulich ein Einzelfall bleibt.
Das ist immer noch mein Bus (2)
Am Freitag letzter Woche kam ich am Regionalen Omnibusbahnhof in Aschaffenburg an und sah, dass auf dem Pausenplatz neben den Bussteigen der Setra 415 NF der VU stand, den ich noch nicht in meiner Sammlung hatte. Also ging ich hin und holte meine Kamera heraus. Der Fahrer des Busses sah das, kurbelte seine Scheibe herunter, und es enstand folgender Dialog:
- Was wollen Sie denn fotografieren?
- Den Bus.
- Warum denn?
- Weil ich die Fotos sammle.
- Und wenn ich es Ihnen verbiete?
- Das können Sie nicht, das ist öffentliches Gelände hier.
- Nein, das ist Privatgelände.
- Dann warte ich eben, bis Sie wieder auf öffentlichem Gelände sind. Wann haben Sie die nächste Fahrt?
- Das geht Sie nun nichts an.
Nun, mit dem letzten Satz hatte er natürlich recht, aber die vorherige Diskussion brachte mich wirklich ein wenig in Rage. Trotzdem zog ich ab, ohne das Foto gemacht zu haben, aber nicht ohne den Beschluss zu fassen, einen Beschwerdebrief an die VU zu schreiben. Nach meiner Rechtsauffassung darf ich nämlich von öffentlich zugänglichem Gelände aus so viele Fotos machen, wie ich will. Ob es sich dabei um Privatgelände handelt (wem sollte es im Übrigen gehören?), kann ich ja gar nicht wissen, wenn es keine Schilder, Absperrungen oder Ähnliches gibt.
Auch wenn der Busfahrer eventuell nicht mit auf dem Bild sein wollte (was er ja nicht gesagt hat), hätte er das Foto trotzdem hinnehmen müssen, weil das Hauptmotiv ja der Bus gewesen wäre. Und wenn er schließlich an meine eigene Sicherheit gedacht haben sollte (klar, passieren kann auf einem Busbahnhof immer etwas), hätte er das auch erstens überhaupt mal und zweitens freundlicher sagen können.
Wie dem auch sei, ich habe jetzt mal einen Brief an die VU verfasst und bin gespannt, was dabei heraus kommt. Mit dem Fotografieren von U-Bahnen hatte ich ja schon das eine oder andere Problem, aber von einem Busfahrer habe ich eine derartige Reaktion auf mein Hobby in 17 Jahren noch nie erlebt.
Willkommen in meinem Bus!
Nach dem unangenehmen Ereignis vom letzten Jahr habe ich heute etwas deutlich Positiveres mit einem Busfahrer erlebt: Ich wollte eine Tageskarte für 2,80 Euro kaufen, hatte aber nur einen 20-Euro-Schein, den der Fahrer nicht wechseln konnte, so dass er den Kauf stornieren musste. Anstatt mich nun aber aus dem Bus zu werfen oder eine Gutschrift zu erstellen, die ich umständlich hätte einlösen müssen, ließ der Fahrer mich einfach so mitfahren. Auch mein Angebot, eine Einzelkarte zu kaufen, für die ich noch genug Kleingeld gehabt hätte, nahm er nicht an. Vielen Dank für diese Kulanz – ich weiß, dass das nicht selbstverständlich ist und werde mich bemühen, beim nächsten Mal genug Kleingeld dabei zu haben.