Einst und jetzt 3 – Nachtrag

Zur dritten und letzten Folge meiner kleinen Serie „Einst und jetzt“ hat Martin einen so ausführlichen Kommentar geschrieben, dass ich ihm einen eigenen Beitrag widme.

Hallo,

solche Beiträge lese ich bei Dir immer wieder gerne 🙂

Danke ;).

[…]
Dem alten Busbahnhof trauere ich nämlich, ehrlich gesagt, schon nach. Mir hat diese Form der Busbahnhöfe (wie man sie ja auch z.B. in GE-Buer Rathaus findet) schon immer besser gefallen als der neue Busbahnhof (wie auch in RE), wo sich die eintreffenden und abfahrenden Linien zudem noch kreuzen.[…]

Stimmt, das ist ein Nachteil der Mittelinsel-Bauform. Bei der Bauform mit parallelen Bussteigen sind außerdem die Umsteigewege tendenziell kürzer. Insgesamt ist es wohl Geschmackssache ;).

Die Abreißfahrkarten hatten IMHO viel mehr Charme, als die gedruckten Fahrscheine auf Thermopapier, die man heutzutage überall kriegt.

Das stimmt absolut. Ich hoffe, ich habe nicht den Eindruck erweckt, dass früher alles schlecht und heute alles gut ist :).

Ich hab die als Kind gesammelt, weil die auch interessant waren, verschiedene Gesellschaften hatten schöne Logos auf ihren Fahrkarten (StOag in Oberhausen mit dem schiefen O) und jeder hatte seine eigene Farbe (Vest waren glaub ich gelb, ich kenne blaue oder rote auch).

Meines Wissens hing die Farbe zumindest bei der Vestischen von der Preisstufe ab: die Preisstufe 1 zum Beispiel gelb. Andere Betriebe mögen andere Farben gehabt haben, von der Bogestra habe ich noch ein blaues Preisstufe-B-Ticket in der Sammlung.

Leider sind die alten Bestände meiner Fahrkarten dem Aufräumwahn meiner Eltern zum Opfer gefallen, wie auch die Verbundfahrpläne Bereich 2 (und teilweise auch andere) ab 1980. Die hätten heute sicher einen guten Wert!

Meine allerersten Fahrpläne sind meinem eigenen Aufräumwahn zum Opfer gefallen, aber von einem ehemaligen Kollegen bei der Vestischen habe ich einige noch ältere Fahrplanbücher bekommen. Das von 1983 habe ich dreifach; wenn du oder ein andere Blogleser Interesse daran hast, einfach bei mir melden!

Dass man nach 20 Uhr beim Fahrer einsteigen musste, kam auch erst ziemlich spät. Ich bin zwar damals selten um die Zeit Bus gefahren, aber da gabs das glaub ich auch noch nicht.

Was die Preisstufen angeht, fand ich die Regelung mit den Waben viel einfacher. Ich bin neulich mal mit meinen Kindern nach Wuppertal und Solingen (Schwebebahn und O-Bus :-)) gefahren (Ticket für den Gesamtraum für stolze 35 EUR!), da hab ich mich mal über diese Buchstabenzonen erkundigt und ich fand das sehr kompliziert. Ganz verstanden habe ich es immer noch nicht 😉

Scheint auch Gewohnheitssache zu sein … Das ABC-System war genial einfach: 2 Waben, 1 Tarifgebiet oder 1 Großstadt ist A, bis zu zwei Tarifgebiete weiter ist B, alles darüber hinaus ist C. Mit D und E ist es etwas komplizierter, aber viel einfacher kann es damals bei sechs Preisstufen mehr auch nicht gewesen sein ;).

Was die Bordcomputer, die GPS-gestützten Haltestellenansagen, Vorrangschaltung der Ampeln und den Vorneeinstieg angeht, das gibts hier im VGN (Nürnberg) auch. Dazu noch Abfahrtstafeln an Haltestellen, die anzeigen, wann der nächste Bus kommt, nicht lt. Fahrplan, sondern anhand der Position der Busse). Aber gibts das nicht sogar auch shcon in Marl?

Vorneeinstieg gibt es mittlerweile fast deutschlandweit mit der Konsequenz, dass zumindest hier in AB so gut wie gar nicht mehr wirklich kontrolliert wird. In Marl gibt es meines Wissens keine DFI, was sogar ein kleiner Rückschritt ist: Vor Jahren gab es in Marl Mitte nämlich mal eine Anzeige, die in Echtzeit die Ankunft des nächsten SB 26 verkündet hat (war damals ein Modellprojekt). Mir persönlich ist ein sinnvolles Angebot allerdings auch wichtiger als eine bunte Anzeige, hier in AB scheint es manchmal genau umgekehrt zu sein.

Ja, Dein Beitrag weckt nostalgische Gefühle in mir, und ich freue mich immer wieder darüber. Danke vielmals und viele Grüße!

-Martin

Danke, das freut mich sehr! Die Nostalgiethemen habe ich ja jetzt erst mal durch, ich hoffe, dass du trotzdem meinem Blog gewogen bleibst.

Viele Grüße aus der VAB in den VGN,

Jan

Einst und jetzt 3 – Sonstiges

Da ich mal wieder Zeit und Lust habe, kommt jetzt der letzte Teil der Serie „Einst und Jetzt“. Diesmal vergleiche ich alles, was nicht Fahrzeuge und Liniennetz ist – Schauplatz ist wieder das Gebiet der → Vestischen im Zeitraum von den späten Achtzigerjahren bis heute.

Damals ließ der Blick auf den Linienplan an manchen Stellen (vor allem Marl und Haltern) ein dichtes Netz vermuten, das sich aber bei genauerem Hinsehen als eine Bündelung von Linien für Werksangehörige der damaligen HÜLS AG bzw. Halterner Schüler entpuppte, die anderen Fahrgästen relativ wenig Nutzen brachten. Nachdem in den 80er-Jahren die Linien alle mit derselben roten Farbe auf einem normalen Stadtplan dargestellt worden waren, ging man im darauffolgenden Jahrzehnt dazu über, zwar verschiedene Farben zu nutzen, aber den Stadtplanhintergrund wegzulassen und die Linienverläufe so zu schematisieren, dass kaum noch erkennbar war, über welche Straßen die Linien verliefen und wo die Haltestellen genau lagen.
Im zugehörigen Fahrplanbuch dominierten von Hand erstellte Fahrplantabellen mit Linienbändern, in denen noch die Zahlgrenzen angegeben waren. Welche Funktion diese hatten (zwei Zahlgrenzen waren die maximale Entfernung, auf der der Kurzstreckentarif galt), war jedoch nicht zu erkennen, was das Ganze etwas mysteriös machte. Noch mysteriöser wurde es dadurch, dass es Zahlgrenzen ohne Haltestelle gab, die dann im Linienband die Bezeichnung „Tarifpunkt“ mit dem Hinweis „Tarifpunkt keine Haltestelle“ trugen.

Fahrscheine gab es entweder beim Fahrer oder an einem zugigen Schalter am Busbahnhof. Letzterer bot auch sonst nicht viel Komfort: ein paar schmale parallel angeordnete Bordsteinkanten mit einem zugigen Wartehäuschen mussten reichen. Egal, wo man die Fahrkarten kaufte, sie kamen von einem Abreißblock, zu dem die fertig gedruckten Fahrscheine gebündelt waren. Dabei gab es außer der Kurzstrecke die Preisstufen 1 bis 5. Die 5 deckte aber noch nicht den ganzen Verbundraum des VRR ab; wollte man weiter fahren, musste man die sechs Preisstufen des so genannten Regionaltarifs nutzen, der nur in den Zügen der Deutschen Bundesbahn galt. Wenn man schon einen Fahrschein hatte, konnte man im Bus hinten einsteigen und ihn dort entwerten. Nur nach 20 Uhr musste man immer beim Fahrer einsteigen. Wo man dann wieder aussteigen musste, konnte man mit viel Glück oder auf Nachfrage aus einer Ansage des Fahrers erfahren. Um den Haltewunsch dann dem Fahrer zu signalisieren, musste man zur hinteren Tür gehen und dort den Haltewunschknopf drücken. Allerdings kamen Anfang der Neunzigerjahre bereits Haltestellenanzeigen und im ganzen Bus verteilte Haltewunschtasten auf.

Und wie sieht es heute aus? Die Fahrplanbücher sind komplett computererstellt. Zahlgrenzen oder Tarifpunkte sind daraus nicht mehr erkennbar, was auch nicht nötig ist, da ein Kurzstreckenticket in der Regel drei Stationen weit gilt. Die Linienpläne zeigen jetzt sowohl einen Stadtplan als auch ein buntes Liniennetz, in dem die meisten Schüler- und Werkslinien nicht mehr dargestellt sind (soweit es sie überhaupt noch gibt).

Die Fahrscheine heißen jetzt offiziell Tickets und werden erst beim Kauf gedruckt, nach anfänglichen Schwierigkeiten sind sie inzwischen auch dann noch lesbar, wenn man sie ein paar Tage im Portmonee gehabt hat. Die Preisstufen wurden 1993 radikal vereinfacht auf Kurzstrecke, A, B und C, was erst 2008 durch die Einführung einer neuen Preisstufe D wieder etwas aufgeweicht wurde (ab 2012 wird es eine weitere Preisstufe E geben). Dabei sind natürlich alle Preisstufen in allen VRR-Verkehrsmitteln gültig. Die Tickets gibt es zwar immer noch beim Fahrer, der Schalter ist aber in den meisten Städten einem modernen Kundenzentrum gewichen, das meistens direkt neben einem nagelneuen Busbahnhof steht. Der wiederum besteht oft aus einer großen überdachten Mittelinsel, an der reihum die Bussteige wie Sägezähne angeordnet sind.
A propos Drucken: Die Fahrscheindrucker in den Bussen sind nicht nur Drucker, sondern Bordcomputer, die (anhand der zurückgelegten Strecke) auch die Haltestellenanzeige und -ansage steuern, so dass man sich nicht mehr auf die seltenen und nicht immer verständlichen Ansagen der Fahrer verlassen muss. Die Ansagen werden vom Computer erzeugt und haben deswegen manchmal einen kuriosen Akzent („Marienhohspitall“). Über die Bordcomputer werden auch die Ampeln angesteuert – dadurch gibt es schneller grün, die Fahrgäste sind schneller am Ziel und die Vestische braucht weniger Busse.

Seit 2002 muss in den Bussen der Vestischen grundsätzlich vorne eingestiegen und der Fahrschein vorgezeigt werden. Dieser „kontrollierte Einstieg“ führt nicht zu größeren Verspätungen, was mich damals erstaunt hat. Bei großem Andrang, Kinderwagen, Rollstühlen etc. kann der Fahrer auch weiterhin die hintere Tür zum Einstieg öffnen.
Aussteigen kann man ab 20 Uhr übrigens nicht nur an den Haltestellen, sondern unter bestimmten Bedingungen auch dazwischen. Ich nutze das ganz gerne, seit die Haltestelle, die mir am nächsten lag, weggefallen ist, auch wenn die Mindestentfernung von 200 Metern gerade so erreicht wird.

Und damit endet meine kleine Zeitreise in der Hoffnung, dass sie euch gefallen und vielleicht ein paar nostalgische Gefühle geweckt hat. Und eine neue Vergleichsidee gibt es auch schon, nämlich zwischen dem ÖPNV in meinen beiden Wohnorten Aschaffenburg und Marl bzw. ihren jeweiligen Regionen. Ihr dürft gespannt sein!

Kann Jan Bahn fahrn?

Um diese Frage zu beantworten, habe ich mich am Samstag auf den Weg nach Fulda gemacht. Diesmal ging es aber nicht etwa um das Bahnfahren als Fahrgast, sondern um das Steuern eines ICE – eines fast echten, denn in Fulda befindet sich direkt hinter dem Hauptbahnhof das größte Simulatorzentrum der DB. Hier werden nicht nur Lokführer trainiert, sondern an Samstagen steht das Simulatorzentrum regelmäßig auch interessierten Laien zur Verfügung. Im Gegensatz zu den Lokführern freuen die sich in der Regel auf den Besuch im Simulator und müssen außerdem noch Geld dafür zahlen: 198 Euro kosten 20 Minuten Fahrt. Zum 30. Geburtstag hatte ich von meinen Eltern die Fahrt geschenkt bekommen und ein Jahr später endlich eingelöst.
Nach meiner überpünktlichen Ankunft hatte ich noch fast eine Stunde Zeit, um mir die Barockstadt Fulda aus der Nähe anzusehen. Nachdem ich bis zum Dom und zurück gelaufen war, machte ich mich um kurz vor zehn Uhr auf den Weg zum Simulatorzentrum. Nach der Begrüßung stand erst einmal eine Besichtigung des Simulatorzentrums an: hier befinden sich insgesamt fünf Simulatoren, jeder für eine andere Baureihe. Die 612 ist dabei ebenso vertreten wie die 425 und eben die ICE der BR 401 und 403. Letzterer Simulator wird aber demnächst umgebaut, damit das Fahrpersonal für die neue ICE-Baureihe 407 trainiert werden kann. Die Simulatoren bestehen nicht nur aus einer originalgetreuen Führerkabine, sondern auch aus eine Hydraulik, die diese entsprechend der eingestellten Fahrparameter bewegen und so eine Fahrt fast perfekt simulieren kann. Nachdem uns auf diese Weise schon der Mund wässrig geworden war, stand als nächstes eine Einführung in die Bedienungselemente und das Signalsystem an. Vieles kannte ich davon schon aus meinen „Fahrten“ im MS Train Simulator, aber es war trotzdem gut, alles noch einmal auf einen Blick zu haben. Nach einer kurzen Stärkung wurden die Gruppen eingeteilt, und los ging es! Das Ganze war so organisiert, dass immer drei „Lokführer“ zusammen mit einem Instruktor eine Stunde lang im Simulator waren, während der Rest der Gruppe im Kontrollraum zuschaute. Da ich erst bei der zweiten Gruppe eingeteilt war, hieß es für mich erst Zuschauen. Auch das war hochinteressant, denn der Mitarbeiter, der die Simulation steuerte, erklärte uns viele Details des Programms. Im Prinzip kann alles simuliert werden: verschiedene Strecken, Tag und Nacht, Nebel, Schnee und Regen, Hindernisse auf den Gleisen und natürlich verschiedenste Signal- und Betriebszustände. So verwirrte der „Steuermann“ seine Gäste mit Gleiswechselbetrieb, Wetterwechseln, zurückfallenden Signalen und Kühen auf dem Gegengleis. Letztere müssen als Betriebsgefahr über Zugfunk gemeldet werden, damit alle Züge auf der Strecke sofort anhalten.
Und dann war es soweit: Jetzt war ich mit Fahren dran. Von Stuttgart Hbf ging es über die Geislinger Steige, die mit ihren zahlreichen Geschwindigkeitswechseln sicher interessanter ist als eine reine ICE-Strecke. Schon auf dem ersten Kilometer provozierte ich eine Zwangsbremsung, da ich es nicht auf die Reihe bekommen habe, gleichzeitig die Sifa und die Wachsamkeitstaste zu betätigen. Aber zum Glück muss – im Gegensatz zum MS Train Sim – der „Zug“ nicht komplett anhalten, bevor es weiter gehen kann. Auf der weiteren Fahrt gewöhnte ich mich etwas an das Multitasking, das der Lokführer während der Fahrt leisten muss – → Sifa betätigen, Signale im Auge behalten und ggf. bestätigen und gleichzeitig auf dem → EBuLa-Gerät die aktuelle zulässige Geschwindigkeit ablesen. Diese ist nämlich selbst dann nicht immer an der Strecke angegeben, wenn sie niedriger ist als im vorherigen Abschnitt. Zum Glück hatte ich ja den Instruktor an meiner Seite, der mich immer frühzeitig auf alles hinwies, was eine Reaktion von mir erforderte. Viel zu schnell gingen so die 20 Minuten herum, so dass uns eine Schnellbremsung an einem zurückfallenden Signal aufgezwungen wurde, damit mein Nachfolger an die Steuerhebel konnte. Diesem schaute ich dann im Führerstand über die Schulter, während wir die dritte und letzte Gruppe wieder aus dem Kontrollraum beobachteten.
Gegen 16 Uhr war dann die Veranstaltung zu Ende: Wir bekamen unsere Urkunden überreicht, auf denen jeweils das offizielle Foto prangte, das vor der Fahrt von uns aufgenommen worden war. Dazu gab es noch ein Video mit einer echten Führerstandsmitfahrt sowie eine Empfehlung für die Fan-Website → Gleis 4, die ich hier gerne weiter gebe. Vor der Rückfahrt hatte ich noch einmal die Gelegenheit, mir Fulda ein wenig anzusehen, und dann ging es – mit einem echten ICE und ohne Komplikationen – über Hanau wieder zurück nach NAH. Vielen Dank an meine Eltern für das Geschenk, an die DB für das Bereitstellen der Simulatoren und an → Zug-Simulator-Event für die Organisation dieses Erlebnisses!

Jan im Simulator

Einst und jetzt 2: Liniennetz

Nach einer längeren Pause kommt hier mal wieder ein Beitrag der Serie „Einst und jetzt“ über die Veränderungen bei der Vestischen, die ich als interessierter Fahrgast so miterlebt habe, diesmal zum Thema Liniennetz.

Das zeichnete sich Anfang der Neunzigerjahre durch eine historisch gewachsene Struktur aus: Seit der Einstellung der Straßenbahn, die 1982 abgeschlossen war, hatte es kaum Änderungen gegeben. Die meisten Linien fuhren im 30-Minuten-Takt, andere dagegen zu festen Minuten, aber nicht in jeder Stunde, und manche auch völlig ohne Takt. Meine beiden Lieblingslinien 251 und 287 (die an meiner Schule bzw. bei mir zu Hause vorbei fuhren) waren solche Beispiele. Noch heute weiß ich, dass die 251 von Marl Mitte Richtung Lippramsdorf um 7.46, 9.00, 10.00, 10.48, 11.46, 12.46, 13.20, 14.00, 15.00, 16.00, 17.34 und 18.59 fuhr (früh morgens gab es noch einige Fahrten, die ich aber nicht mehr auswendig weiß). Abgesehen von diesen „taktlosen“ Linien trafen sich die meisten Busse aber zu festgelegten Zeiten an den Busbahnhöfen, in Marl zum Beispiel um 00/30 und 15/45, in Dorsten um 22/52. Allerdings hielten viele Linien etwa in Marl auf dem Hinweg um 00 und auf dem Rückweg um 15, so dass Anschlüsse oft nicht in beiden Richtungen funktionierten. Auch Anschlüsse zu Zügen schienen eher Zufall als Absicht zu sein. Ohnehin konnte man auf manchen Linien schon Verspätungen fest einplanen, weil die Fahrzeiten nicht an den zunehmenden Autoverkehr angepasst waren.

Eine neue Entwicklung im Netz gab es aber doch: die StädteSchnellBusse (SB), die seit Ende der Achtzigerjahre mit wenigen Halten die Ortszentren verbanden. Sie fuhren im Stundentakt und nur während der Geschäftsöffnungszeiten. Pilotlinie war die SB 26 Dorsten-Deuten–Marl–Recklinghausen, später kamen unter anderem die SB 25 Dorsten ZOB–Marl–Recklinghausen und SB 24 GE-Buer–Recklinghausen–Datteln–Waltrop hinzu. Die Anschlüsse an den Umsteigepunkten waren meistens nicht auf die Schnellbusse ausgerichtet, so dass die durch die schnellere Fahrt gewonnene Zeit oft durch Warten wieder verloren ging.

Seitdem hat sich eine Menge getan: Zwischen 2000 und 2003 wurden in allen Städten im Bedienungsgebiet der Vestischen die Nahverkehrspläne (NVP) umgesetzt, die gemeinsam mit dem Kreis Recklinghausen und den kreisfreien Städten Bottrop und Gelsenkirchen entworfen wurden.
Durch die NVP-Umsetzung sind die Fahrpläne kräftig durcheinandergewirbelt worden (siehe die Liste der alten und neuen Linien). Neben einigen wenigen unveränderten Linien wurden Linienabschnitte neu zusammen gesetzt, andere völlig neu eingeführt (wie etwa zwischen Oer-Erkenschwick und Marl oder durch das Neubaugebiet Hüls-Süd) und andere ganz eingestellt (wie etwa zwischen Altendorf und Marl). Auf den neuen Linien sind Taktverkehr und realistische Fahrzeiten selbstverständlich. Auch die Symmetrie des Fahrplans ist jetzt auf viel mehr Linien umgesetzt als vorher, das bedeutet, dass Anschlüsse auf der Hinfahrt meistens genau so funktionieren wie auf der Rückfahrt.
StädteSchnellBusse spielen eine viel größere Rolle, fahren an allen Tagen bis Betriebsschluss und bieten als Rückgrat des Netzes bessere Anschlüsse an Bus und Bahn. Allerdings werden auf manchen Abschnitten jetzt alle Haltestellen bedient, weil es keinen Parallelverkehr mehr gibt, so dass der Name „Schnellbus“ sich oft nur auf die direkteren Linienwege bezieht (Karte des Schnellbusnetzes).

Völlig neu sind die Taxibusse, die nur auf Bestellung fahren. Sie sind Vor- und Nachteil zugleich: Für manche Gegenden wie das Altenzentrum Maria Lindenhof in Dorsten ermöglichen sie überhaupt erst eine ÖPNV-Anbindung, manchmal wurden aber auch Linienabschnitte des Standardnetzes auf Taxibus umgestellt (z.B. Marl–Lippramsdorf).
Seit 2002 gibt es auch ein NachtExpress-Netz im Vest Recklinghausen. An Wochenenden und vor Feiertagen kann man seitdem bis etwa 3 Uhr alle Haltestellen an den Hauptverkehrsadern erreichen. Im Gegenzug wurde allerdings der Betriebsschluss der regulären Linien von etwa 1 Uhr um eine Stunde vorverlegt; Nebenlinien fahren ab etwa 21 Uhr nur noch als Taxibus.

Insgesamt kann man sagen, dass die Umsetzung der NVP frischen Wind in das Busnetz im Vest gebracht hat. Das bedeutet auch, dass sich die Fahrgäste öfter an Änderungen gewöhnen müssen als früher. Leider sind einige der Angebotsverbesserungen nicht ganz so gut angekommen wie erhofft, so dass sie schon wieder Geschichte sind. Durch das Glück, an einer der neuen Schnellbuslinien gewohnt zu haben, habe ich persönlich von den neuen Konzepten jedenfalls eher profitiert und wünsche mir – wie schon bei den Fahrzeugen – den alten Zustand nicht ernsthaft zurück.

Design-Wettbewerb

Wer das Innendesign von Zügen schon immer langweilig gefunden hat, der kann jetzt aktiv an der Verschönerung mitwirken: Beim → Bombardier YouRail Designcontest kann man entweder das Muster eines Sitzpolsters oder gleich den ganzen Innenraum eines Zuges gestalten. Großartige Designkenntnisse braucht man dazu nicht, es reicht eine Idee und die Registrierung als Benutzer auf der Website. Es gibt auch etwas zu gewinnen, nämlich Geldpreise von bis zu 2.000 Euro und eine Reise zur Bahnmesse InnoTrans nach Berlin. Die Jury besteht aus Mitgliedern der Geschäftsführung von Bombardier, einem der größten und bekanntesten Bahnfahrzeugbauer der Welt. Es lohnt sich also – wenn ihr ein Händchen für Design habt (für mich wäre eher ein Fahrplanerstellungswettbewerb etwas), dann schaut doch mal rein und berichtet mir eure Erfahrungen!

Streckenkunde

Als regelmäßiger Bahnfahrer bin ich ja schon einiges herumgekommen, allein schon durch das Pendeln zur Uni Dortmund entspricht es mindestens einmal der Entfernung um die Erde. Daher war ich neugierig, wie die Strecken in Deutschland, die ich schon befahren habe, auf einer Karte aussehen. Also habe ich mir aus dem Netz eine Karte mit freundlicher Genehmigung „geklaut“ – nämlich bei → Trainspotting, wo es sehr gut gemachte digitale Eisenbahnkarten gibt. Die Strecken, auf denen ich schon unterwegs war, habe ich schwarz markiert, und das ist dabei herausgekommen (Karte öffnet in neuem Fenster).
Die meisten schwarzen Strecken gibt es natürlich in der Umgebung meiner Wohnorte Marl und Aschaffenburg. Im Ruhrgebiet und Rhein-Main-Gebiet kenne ich bis auf einige S-Bahn-Endstücke alles. Ganz dünn sieht es dagegen im Osten aus: Bis auf zwei Strecken nach Berlin und drei nach Leipzig sind die neuen Bundesländer „terra incognita“, ein Zustand, den ich durchaus gerne ändern möchte. Im Rest von Deutschland kenne ich meistens nur die Hauptstrecken, womit ich sicher eine Menge verpasst habe. Aber es ergeben sich selten Gelegenheiten, weiter entfernte Nebenstrecken zu fahren, und ich setze mich dann doch nicht einen ganzen Tag in den Zug, nur um eine bestimmte Strecke zu fahren.
Dank Umleitungen habe ich übrigens auch einige Strecken kennen gelernt, die sonst nur von Güterzügen befahren werden, wie Gelsenkirchen-Buer Nord–Recklinghausen Hbf oder Buchholz (Nordheide)–Maschen. Einiger dieser Strecken, wie Düsseldorf Hbf–Duisburg-Wedau oder die rechte Rheinstrecke zwischen Koblenz und Mainz habe ich nicht schwarz markiert, da es bei diesen Umleitungen dunkel war.
Bei Gelegenheit werde ich sicher eine aktualisierte Version der Karte präsentieren, aber bis dahin liegen wohl noch einige Bahnkilometer vor mir …

Post aus Tansania (2)

Meine Schulfreundin Melanie, von der ich ja schon mal erzählt habe, war mal wieder in Tansania unterwegs. Sie schreibt:

Zum Beispiel waren wir mal beim Mlima Reli, einem Hügel, der wohl zum Bremsen für ein Kopf-Gleis eines Güterbahnhofs aufgeschüttet worden war. Nur hat es mit den Bremsen wohl mal nicht so gut geklappt. Ich hänge dir mal ein Foto an (für den Fall, dass du auch Fotos von Güterzügen sammelst… :-)).

Missglücktes Ablaufenlassen

In der Tat habe ich bisher noch keine Fotos von Güterzügen (und so eins schon gar nicht :)). Das liegt vermutlich daran, dass sie nicht so fotogen sind wie ICE-Züge, andererseits auch länger und daher schwerer zu fotografieren. Wenn mir bei Gelegenheit aber mal ein Güterzug vor die Linse kommt, mache ich vielleicht auch mal ein Bild. Auf jeden Fall freue ich mich über zugeschickte Fotos. Vielen Dank also an Melanie für das Bild!

Cité du Train

So – auf deutsch etwa „Bahnstadt“ – heißt das Eisenbahnmuseum im elsässischen Mülhausen (Mulhouse), das ich am Samstag besucht habe. Das Museum ist erst vor kurzem komplett renoviert worden und verfolgt seitdem ein ungewöhnliches Konzept: Eine der beiden Fahrzeughallen ist nämlich als Multimediashow konzipiert. Dazu ist sie abgedunkelt (was das Fotografieren schwierig macht), und die einzelnen Fahrzeuge sind mit Figuren und anderen Utensilien drapiert. Vor jedem größeren Fahrzeug steht ein Monitor, auf dem bei Annäherung ein Film startet, der das Fahrzeug in einen historischen Kontext stellt (eine deutsche und englische Übersetzung der Texte gibt es per Kopfhörer). Unter anderem geht es dabei um den Beruf des Lokführers, den Eisenbahnbau in den Bergen oder den Präsidentenwagen. Besonderer Blickfang ist eine auf der Seite liegende Dampflok, die die Sabotage von Strecken durch französische Widerstandskämpfer darstellt. Auch den Deportationen per Bahn während der Besetzung durch die Nazis ist übrigens eine Station des Museums gewidmet. Für Eisenbahnfreunde ist die Präsentation der Fahrzeuge natürlich gewöhnungsbedürftig, zumal die wenigsten Fahrzeuge betreten oder aus Bahnsteighöhe betrachtet werden können. Die umfangreichen Hintergrundinfos machen das allerdings durchaus wieder wett.
Die zweite Halle ist eine gewöhnliche Fahrzeughalle. Hier findet man alte Loks und Wagen von den Anfängen über die Rekordlok CC-7107, die schon 1955 eine Geschwindigkeit von 331 km/h erreichte, bis kurz vor der Gegenwart. Moderne Fahrzeuge, die mich am meisten interessieren, sind natürlich nur als Modelle zu sehen, weil die Originale ja noch im Einsatz sind. Dafür kann man aber ein Video von der TGV-Rekordfahrt mit 574,8 Kilometern pro Stunde bewundern. Ein Gerät, das nach TGV-Führerstandssimulator aussieht, gibt es auch, es war aber leider außer Betrieb. Eine Modellbahnanlage und ein Kinderspielzimmer runden das Ganze ab.
Nach dem Besuch im Museum (der übrigens mit 10 Euro nicht gerade billig war), habe ich noch ein wenig die Stadt und den örtlichen Nahverkehr erkundet. Seit 2006 gibt es hier wieder eine moderne Straßenbahn mit zwei Linien, die den Autoverkehr weitgehend aus der Innenstadt verbannt hat. Ergänzt wird das Netz durch Busse, die zwar relativ häufig, aber wie in Frankreich üblich, auch meistens unvertaktet fahren. Am Bahnhof habe ich dann noch einen Blauwal und einen Corail-Zug bewundert, bevor ich zum gemütlichen Teil der Reise in einer Brasserie überging.

Einst und jetzt 1: Fahrzeuge

Schon Anfang der neunziger Jahre ließ es sich nicht leugnen, dass ich ein gewisses Interesse an allem habe, was im öffentlichen Verkehr auf Straßen und Schienen herum fährt. Natürlich habe ich meine Aufmerksamkeit zunächst auf das gerichtet, was bei mir in der Gegend unterwegs war, also die Busse der Vestischen in Marl und Umgebung.
Sehr vieles war dabei damals anders als heute – Grund genug, um eine Serie mit Vergleichen zwischen früher und heute anzufangen. Als erstes widme ich mich dem Fahrzeugpark:

Auf vielen Linien – zu meinem großen Ärger vor allem auf denen, die bei mir zu Hause vorbei fuhren – dominierte zu Beginn meiner „Buszeit“ noch der Standardlinienbus I, den es in äußerlich fast völlig gleichen Ausgaben von Magirus-Deutz und MAN gab. Der Nachfolger SL II war bei der Vestischen vor allem von Neoplan im Einsatz und machte beim Fahren kuriose Heulgeräusche. Neu beschafft wurden allerdings nur noch Niederflurbusse, nachdem Ende der achtziger Jahre die Vestische gemeinsam mit Neoplan einen Solo-Niederflurbus entwickelt hatte. Ein besonderer Blickfang war der Metroliner in Carbon (MiC), ebenfalls von Neoplan, der teilweise aus Carbonfasern bestand. Er bestach durch sein modernes äußeres und inneres Design, hatte aber als Nachteil unter anderem eine schlechte Stoßdämpfung.

Die gerade eingeführten StädteSchnellBusse hatten eigene, besonders bequeme Fahrzeuge. Ursprünglich gab es sie nur in Hochflur mit reisebusähnlichen Sitzen und sogar Zeitungshaltern hinter dem Fahrersitz. Mit diesen Wagen bin ich immer besonders gerne, wenn auch selten gefahren. Als zur Pilotlinie SB 26 weitere Schnellbusse dazu kamen, wurden auch Niederflurbusse angeschafft.

Zu dieser Zeit und auch in den folgenden Jahren bewies die Vestische eine große Innovations- und Experimentierfreude. Der erste Niederflurbus und der MiC sind schon zwei Beispiele dafür, weitere waren die Anschaffung von Fahrradbussen, dieselelektrischen Bussen, den Megatrans (15-m-Busse) oder den Midibussen.

Seit 2000 werden die Busse der Vestischen nun gemeinsam mit den benachbarten Verkehrsbetrieben Bogestra, HCR und DSW sowie den Bahnen der Stadt Monheim angeschafft. Da es deswegen keine eigenen Lackierungen für die einzelnen Unternehmen mehr gibt, tragen die vestischen Busse nach orange-weiß und rot-weiß nun rot-weiß-grün, die Landesfarben NRWs. Nachdem die erste Serie der NRW-Busse bei Neoplan bestellt worden war, wurden danach Busse von Mercedes, MAN und Solaris beschafft. Unter den neuen Bussen ist der Anteil der Gelenkzüge höher als früher, was auf die erfreulich gestiegenen Fahrgastzahlen hinweist. So kommen auch nach Marl und Dorsten regelmäßig Gelenkbusse, was früher eine Seltenheit war.

Damals wie heute fährt die Vestische nicht alle Kurse selbst, sondern setzt auch Subunternehmer ein, im mittleren Vest hauptsächlich Zieger (Vestischer Reisedienst), Pollak und Wessels. Früher waren deren Fahrzeuge oft an der deutlich anderen Lackierung zu erkennen (hier ein Wagen des nicht mehr eingesetzten Unternehmers Kunert von 1993), und auch von der Ausstattung her waren sie oft nicht mehr auf dem neuesten Stand. Das hat sich radikal geändert: heute sind die Unternehmerfahrzeuge ebenfalls rot-weiß-grün lackiert und damit kaum noch von denen der Vestischen zu unterscheiden, und es werden mindestens genau so aktuelle Baureihen eingesetzt.

Zurück zum eigenen Wagenpark der Vestischen: Inzwischen sind alle „exotischen“ Fahrzeuge ausgemustert, ebenso wie die SL II als letzte Hochflurbusse, die zuletzt 2004 ihren Dienst versahen. Die SL I sind schon viel länger von den Straßen des Vests verschwunden. Auch eigene Wagen für Schnellbusse gibt es nicht mehr. Das hat einen betrieblichen Vorteil, da Schnellbuskurse heute häufig auf anderen Linien weiter fahren, ist für die Fahrgäste aber kein großer Verlust, da der Komfort insgesamt zugenommen hat. So gesehen trauere ich den Zeiten des SL I auch nicht nach, selbst wenn ein bisschen Nostalgie natürlich erlaubt ist.

Mehr Infos zum Thema findet ihr bei → Vestischer Bus für heutige und bei → Vestory für ehemalige Fahrzeuge.

Bahndeutsch

In der Welt der Eisenbahn gibt es – wie in vielen anderen Lebensbereichen auch – einen Fachjargon, der auf Außenstehende amüsant bis unverständlich wirkt. Da mit der Bahn aber auch Nichtfachleute befördert werden, muss man mit diesen kommunizieren – und dabei schleicht sich oft genug der Jargon ein. Da heißt es dann regelmäßig „Der Zug endet hier“, obwohl der Zug doch streng genommen immer am Schlusslicht endet und nicht an irgendeinem Bahnhof (noch schlimmer muss es für die Passagiere klingen, wenn der arme Zug dann auch noch „ausgesetzt“ wird). Ebenso fährt ein Zug „aus Gleis 3“, obwohl man doch hoffen sollte, dass der Zug nicht aus dem Gleis fährt. Oder man wird darauf hingewiesen, dass man „Übergang“ hat, anstatt dass der Zub von „Umsteigemöglichkeiten“ spricht.
Liebhaber der deutschen Sprache (zu denen ich normalerweise auch gehöre) schlagen bei solchen Ansagen die Hände über dem Kopf zusammen. Ich als Eisenbahnfreund mag dagegen natürlich auch den Jargon und freue mich über die Ausdrücke, die verraten, dass ein Eisenbahner am Werk ist. Verständlich für den Durchschnittsfahrgast sollte es allerdings schon sein – mit einer „LZB-Störung“, die ein Zugchef mal durchgesagt hat, können wohl die wenigsten etwas anfangen. Vielleicht sollte man immer zwei Durchsagen machen: eine für Fachleute und interessierte Laien und eine für alle anderen?