Frohe Weihnachten!

Dieses Jahr kann ich euch sogar mit einem bahnbezogenen Bild frohe Feiertage wünschen: Die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) hat einen Wagen der ältesten noch gelegentlich im Einsatz befindlichen Baureihe GT8N als Weihnachtsbahn eingerichtet und setzt ihn auf der Linie 8 ein, die derzeit wegen der Sperrung der Bürgermeister-Smidt-Brücke nur zwischen Kulenkampffallee und Domsheide pendelt. Kurz davor lichtete ich den Wagen gestern am Brill ab:

BSAG-Weihnachtsbahn am Brill

Mitgefahren bin ich auch schon, wenn auch rein zufällig auf dem Weg zum Bahnhof:

Innenansicht der BSAG-Weihnachtsbahn

In diesem Sinne: Kommt gut über die Feiertage und ins neue Jahr! Bei mir stehen auch wieder einige Zugfahrten an, über die ich dann natürlich berichten werde.

Een Dag in Dagebüll

Gestern war mal wieder ein Bahnausflug angesagt: Es sollte nach Dagebüll gehen, wo ich vor allem die Triebwagen der neg auf den Chip bannen wollte – bei meiner Amrum-Fahrt 2011 hatte ich dummerweise keine Kamera mit. Also setzte ich mich in den ICE Richtung Kiel. Der benutzte zwar von kurz hinter Altona bis Elmshorn dieselbe Strecke wie der RE 6, in den ich wollte, hat aber keinen gemeinsamen Halt mit ihm. Also musste ich zwischendurch noch in den RE 70 umsteigen – die Auskunft meinte, in AH, während ich Dammtor bevorzugte, wo es bahnsteiggleich und mit deutlich weniger Menschen und damit viel bequemer geht. Da alle Züge pünktlich waren, klappten die Umstiege trotz der kurzen Übergangszeiten, und auch im eher gut gefüllten RE 70 fand sich noch ein Sitzplatz. Den hatte wohl niemand gewollt, weil die Fußballfans, die vorher im Wagen gewesen waren, den Boden etwas klebrig hinterlassen hatten, aber da gibt es Schlimmeres.

In Niebüll angekommen, beschloss ich, auf den nächsten neg-Zug zu warten, der Kurswagen für den IC brachte und wurde nicht enttäuscht:

neg-Triebwagen mit IC-Kurswagen, dazwischen ein Heizwagen

Dann ging es – eine Stunde später als ursprünglich geplant – nach Dagebüll. Der Triebwagen war der auf dem Foto abgebildete 628, bzw. genauer 629, da beide Hälften motorisiert sind. Die Zwischenhalte werden nur bei Bedarf bedient, der wie so oft auch auf dieser Fahrt nicht bestand. Allerdings mussten wir am Kreuzungsbahnhof mit dem schönen Namen Blocksberg den Gegenzug abwarten.

neg-Triebwagen in Dagebüll Mole

In Dagebüll ist alles auf den Umstieg aufs Schiff ausgerichtet: Der Zug hält nur wenige Meter vom Anleger entfernt, in den Ort muss man dagegen zurück laufen. Das tat ich auch, unter anderem um Halligsalami für die Freundin mitzubringen. Zurück an der Mole aß ich im Bistro über den Anlegern, wobei ich feststellte, dass ich nicht nur eine halbe Stunde länger als gedacht bis zur Rückfahrt hatte, sondern sich in Dagebüll ja auch der Anfang der Lorenbahn zu den Halligen Oland und Langeneß befindet. Das ließ sich prima mit einem Spaziergang am doch recht windigen Meeresufer verbinden.

Strecke der Lorenbahn zu den Halligen Oland und Langeneß
Geparkte Loren am Bauhof in Dagebüll

So konnte ich mich beruhigt auf den Heimweg machen, nicht ohne vorher noch dem Rangieren des Triebwagens beizuwohnen, der wiederum Kurswagen mitgebracht hatte. Da an diesem Tag kein IC mehr zurück fuhr, wurden sie anscheinend leer wieder mit nach Niebüll genommen und vermutlich dort über Nacht abgestellt. In der kurzen Übergangszeit dort gelang mir noch ein Bild eines ganz anderen 628ers, nämlich einem SyltShuttlePlus:

DB-SyltShuttlePlus in Niebüll

Diesen Zugtyp gibt es wohl nur, um sich den Vorrang von DB Fernverkehr für den SyltShuttle gegenüber dem Konkurrenten RDC (der Muttergesellschaft der neg) zu sichern, die (nach einigem rechtlichem Hickhack) allerdings auch recht erfolgreich mit ihren Autozügen unterwegs zu sein scheint.

Meine Rückfahrt verlief genau wie die Hinfahrt: RE 6 bis Elmshorn, RE 70 bis Dammtor, dort in einen ICE aus Kiel, von wo auch diverse Fans von Union Berlin gekommen waren, die den Zug zum Glück in AH verließen. Recht voll und laut war es auch weiter nach HB noch, aber aushaltbar und mit Sitzplatz, so dass ich auf eine rundum gelungene Tour zurückblicken konnte.

Ohne Phantomzug zur Tram-EM

Letztes Wochenende waren wir in Frankfurt am Main. Dazu hatten wir für beide Fahrten einen direkten ICE gebucht: hin über Köln, zurück über Hannover. Leider teilte mir am Anreisetag die DB mit, dass der Zug ausfiel. Also suchten wir uns eine Ersatzverbindung heraus und ließen uns zu Hause noch etwas Zeit, bis dann plötzlich – etwa 20 Minuten vor der regulären Abfahrt – die Meldung kam, dass es einen Ersatzzug für den ausgefallenen Zug geben solle. Wir eilten also zum Bahnhof, nur um festzustellen, dass es sich wohl um ein Phantom handelte: Es gab im Navigator keine Gleisangabe, und auch in der Realität war der Zug nirgendwo zu sehen.

Also verlegten wir uns doch auf die Ersatzverbindung, für die wir nun rechtzeitig da waren, mit einem Umstieg in Hannover. Dieser funktionierte nur, weil der Anschlusszug auch Verspätung hatte, standen wir doch im Raum Neustadt am Rübenberge baustellenbedingt längere Zeit auf freier Strecke. In beiden Zügen hatten wir auch (obwohl eine kurzfristige Reservierung selbst in der 1. Klasse nicht mehr möglich war) Sitzplätze, so dass die Fahrt doch etwas besser lief als zwischenzeitlich befürchtet. FF erreichten wir mit etwa +15 gegenüber dem Plan (der ausgefallene Zug wäre etwa zur gleichen Zeit angekommen) und fuhren mit dem RE Richtung Bamberg, der nur in Einfachtraktion Twindexx fuhr und entsprechend voll war, zum Ostbahnhof, in dessen Nähe sich unser Hotel befand.

Hauptanlass für die Reise war das Zuschauen bei der Tram-EM, also der Europameisterschaft im Straßenbahnfahren. Dabei treten Zweierteams aus einem Fahrer und einer Fahrerin aus verschiedenen europäischen Städten gegeneinander an und müssen verschiedene Aufgaben lösen. Bei mehreren davon geht es um möglichst genaues Bremsen, zum Beispiel muss eine Gefahrenbremsung so ausgeführt werden, dass das Fahrzeug innerhalb eines definierten Bereichs zum Stehen kommt. Eine andere Aufgabe besteht daraus, möglichst schonend anzufahren und zu bremsen, so dass aus einem am Fahrzeug angebrachten Wasserbehälter möglichst wenig Wasser herausläuft.

Vorne am Fahrzeug ist ein Wasserbehälter zu erkennen. Eine der Aufgaben lautet, so schonend anzufahren und zu bremsen, dass möglichst wenig Wasser verschüttet wird.
Wertungsbereich für das zielgenaue Bremsen. Wenn der Zug im jeweiligen Bereich zu stehen kommt, gibt es die angegebene Punktzahl für das Team. Im Vordergrund zu erkennen ist außerdem einer der Monitore mit Verkehrszeichen, die sich die Fahrerinnen und Fahrer nebenbei auch noch merken müssen.

Spektakulär ist auch das Tram-Billard, bei dem der Queue natürlich mit dem Fahrzeug angestoßen wird – es kommt also auf die richtige Technik an. Für den Wettbewerb war die Straßenbahnstrecke am Willy-Brandt-Platz abgesperrt. Die Kandidaten fuhren erst für zwei Aufgaben ein Stück in die eine Richtung, mussten dann in das Fahrzeug laufen, das in der Gegenrichtung bereit stand und damit dann die restlichen Aufgaben bewältigen. Zurückgefahren wurden die Fahrzeuge jeweils vom Personal der Gastgebergesellschaft VGF, die natürlich auch die Fahrzeuge stellte. Am Tag davor hatte es schon eine Einweisung der Teilnehmer gegeben, damit sie sich an die Frankfurter Bahnen gewöhnen konnten. Vormittags traten alle 26 Städte mit dem ersten Teammitglied nacheinander an, nach einer kurzen Mittagspause dann mit dem zweiten. Wir schauten uns den größten Teil des ersten Laufs an.

Obwohl es sich eher um einen Nischen„sport“ handelt, hatten sich jede Menge Menschen auf dem Willy-Brandt-Platz versammelt. Unter anderem Leipzig hatte deutlich hör- und sichtbar seinen eigenen Fanclub mitgebracht. Es war also gar nicht so einfach, einen Blick auf die „Rennbahn“ zu erhaschen. Zum Glück gab es Kameras, die immer am Ort des Geschehens waren und ihr Bild inklusive Audiokommentar an Videoleinwände übertrugen. Und ihr könnt euch einen → Bericht der Hessenschau angucken, der das Ganze gut zusammenfasst. Gewonnen hat letztendlich das Team aus Budapest, aber das war bei der insgesamt guten Stimmung fast schon zweitrangig.

Die Rückfahrt am Sonntag lief zum Glück deutlich besser als die Hinfahrt: Der Zug (ICE 1 Lebensdauerverlängerung) war da, unsere reservierten Plätze auch, und er war sogar pünktlich. Den Durchsagen konnten wir entnehmen, dass es in der 2. Klasse zeitweise ziemlich voll gewesen sein muss (wohl auch, weil ein parallel fahrender Zug stark verspätet war), davon bekamen wir in der 1. aber nichts mit. So erreichten wir ohne weitere Vorkommnisse unseren Heimatbahnhof um kurz vor 21 Uhr und konnten auf ein sehr gelungenes Wochenende zurückblicken.

Ein Bahnnerd-Wochenende

… liegt hinter mir: Für den Samstag hatten wir uns zuerst den Tag der offenen Tür bei der NordWestBahn, meinem Ex-Arbeitgeber, in Bremerhaven vorgenommen. Anlass war der Start der neuen Flirt-Triebwagen:

Flirt3XL der NordWestBahn für die Regio-S-Bahn Bremen/Niedersachsen

Die Bestandstriebwagen des Typs Coradia Continental werden sukzessive renoviert. Das erste Fahrzeug im neuen Gewand wurde ebenfalls präsentiert.

Neu gestalteter Coradia Continental der NordWestBahn

Als weitere Attraktionen gab es einen Wettbewerb, bei dem Menschen einen Zug ziehen konnten, sowie Werkstattbesichtigungen und „bahnfremde“ Aktionen wie Kinderschminken und Essensstände.

Nachdem wir Letztere frequentiert hatten, gingen wir zum nächsten Programmpunkt über, der passenderweise direkt nebenan am Bahnhof Wulsdorf begann: die Fahrt mit dem (laut Werbung) weltweit ersten Wasserstoffzug, dem iLINT von Alstom, im Regelbetrieb auf der Strecke nach Buxtehude. Dem fuhren wir zwei Stationen entgegen und stiegen dann ein. Vom Klang her merkt man dem Zug an, dass er letztlich elektrisch angetrieben wird, auch wenn ab einer gewissen Geschwindigkeit die Geräusche der Schienen lauter sind. Am Bremerhavener Hbf endete die Fahrt, und es ergab sich die Gelegenheit für Fotos:

Wasserstoffzug iLINT der EVB in Bremerhaven Hbf
Detail am iLINT

Zurück ging es mit dem ganz normalen Regionalexpress der DB. In der Befürchtung, dass der sich unterwegs mit feuchtfröhlichen Freimarktsbesuchern füllen würde, kauften wir 1.-Klasse-Zuschläge. Im entsprechenden Abteil waren wir dann aber allein, und da der Zug nur noch in Osterholz-Scharmbeck hielt, hielt sich auch die Gefahr der Überfüllung in Grenzen. Dank VBN-Ticket kostete das Ganze aber nur 2,60 pro Nase.

Auch am Sonntag sollte es noch nerdig werden, und zwar hatten wir uns ausgeguckt, dem 628-baugleichen Triebwagen der EVB einen Besuch abzustatten, der noch bis Dezember zwischen Rotenburg und Verden pendelt und dann von der NWB abgelöst wird. Dazu wollten wir mit dem Metronom in die Wümmestadt fahren, der jedoch ausfiel. Also Plan B: in die Lounge und dann mit der Regio-S-Bahn nach Verden, wo wir planmäßig eine Minute vor dem 628er ankommen sollten. Wegen freimarktsbedingter Überfüllung kam die S-Bahn aber mit Verspätung, so dass der Triebwagen schon in der Abstellung war, als wir ankamen. So schauten wir uns noch ein wenig in der Reiterstadt um und stillten den so langsam aufkommenden Hunger, bevor mir dann doch noch das Foto gelang.

628er der EVB in Verden (Aller)

Zurück ging es wiederum mit der RS, die sich ebenfalls bis HB ganz ordentlich füllte – zum Glück hatten wir Sitzplätze. Ein paar Stunden später machte ich mich auf den Weg nach Hause, mit leichter Verspätung und ohne weitere Vorkommnisse.

Happy Birthday, EuroCity!

Nach 30 Jahren ICE und 50 Jahren IC im letzten Jahr gibt es heute ein nicht ganz so rundes Jubiläum zu feiern: Am 31. Mai 1987 fuhren die ersten EuroCity (EC)-Züge. Damit wurde neben den erstklassigen TEE-Zügen, die sich damals bereits auf dem absteigenden AST befanden, ein zweiklassiges, hochwertiges europäisches Zugangebot geschaffen. Dabei gehörten anfangs auch Nachtzüge (nach Spanien und Skandinavien) zum Angebot, und erstaunlicherweise verkehrten EuroCitys sogar auf britischem Boden, nämlich als Anschlusszug vom Fährbahnhof Harwich nach London.

Letztere Verbindung ist heute natürlich dem viel schnelleren Eurostar durch den Kanaltunnel gewichen, den ich – im Gegensatz zu seinem Vorgänger – schon mehrmals genutzt habe. Und auch sonst befindet sich der EC inzwischen seinerseits auf dem absteigenden Ast: Vor allem in Westeuropa wurde er häufig durch Hochgeschwindigkeitszüge abgelöst. Diese sind einerseits zwar schneller, andererseits haben sie häufig den Nachteil, dass es zu anderen Zügen keine durchgehenden Fahrkarten mehr gibt – ohne dass das eine zwingend mit dem anderen verbunden wäre, man denke an den deutschen ICE. Auch die Reisekultur insgesamt hat sich in den letzten 35 Jahren geändert – ob zum Guten oder Schlechten, ist ein immerwährendes Diskussionsthema.

1987 war ich noch Schüler und habe mich fast gar nicht mit dem Zug fortbewegt. Als ich anfing, immer weitere Reisen zu machen, war die oben beschriebene Entwicklung bereits im Gang, so dass ich insgesamt nicht oft mit dem EuroCity gefahren bin. Die erste Fahrt überhaupt dürfte innerhalb Deutschlands gewesen sein, 1993 von Stuttgart nach München. Aber auch meine erste grenzüberschreitende Zugfahrt fand mit einem EC statt: am 2. April 1999 von Oberhausen nach Amsterdam mit EC 142 Jan Pieterszoon Sweelinck. Auch dort fährt heute der ICE, wenn auch nicht mit hoher Geschwindigkeit.

Das Interessante an den EC war und ist natürlich das jeweilige ausländische Wagenmaterial, meist wegen der unterschiedlichen Strom- und Sicherungssysteme kombiniert mit einer einheimischen Lok. Das kostet zwar Zeit für den Lokwechsel an der Grenze, bietet aber andererseits interessante Fotomotive wie diesen ungarischen EC mit deutscher 101 in Dresden:

EC-Garnitur der ungarischen MÁV mit deutscher Lok der Baureihe 101 in Dresden Hbf

Die EC fahren weiterhin dort und auf anderen Strecken, zum Beispiel zwischen der Schweiz und Hamburg, wo ich sie öfter auf kurzen Teilstrecken zwischen Osnabrück und Köln oder Bremen nutze. Zuletzt machte nicht zuletzt die Pandemie Auslandsreisen schwierig, aber ich hoffe natürlich, in Zukunft hier wieder von internationalen EuroCity-Reisen berichten zu können.

Retro-Zug

Über die Bremen-Fahrt am Wochenende gibt es nur zu bloggen, dass ich beim Warten auf den Zug zurück nach Hause zufällig den ICE-Triebkopf sah, den die DB zur Erinnerung an 30 Jahre ICE mit dem damaligen Design versehen hat:

ICE-1-Triebkopf im Design von 1991

Leider nur ein nicht ganz so tolles Handyfoto, aber vielleicht gelingt mir ja noch ein besseres. Von der Fahrt selber gibt es zu sagen, dass der Zug hin +20 hatte (was mir aber einen deutlich entspannteren Feierabend bescherte), er zurück trotz zeitweisem Wechsel aufs Gegengleis und Schnellbremsung aber pünktlich war.

Streckenkunde 2021

Mal wieder sind vier Jahre um – Zeit, die Karte der von mir befahrenen Strecken zu aktualisieren. Zwei Dinge konnte ich 2017 noch nicht ahnen: zum einen die Corona-Pandemie, die die Gelegenheit zu Bahnfahrten zeitweise drastisch reduzieren würde, zum anderen meinen Umzug nach Osnabrück. Im Vergleich mit 2017 sind in allen möglichen Regionen Strecken „schwarz“ geworden, vor allem aber in Oberfranken und Südthüringen, wohin ich von NAH aus einige Touren unternommen habe, aber auch in Sachsen-Anhalt, wo ich in diesem und im letzten Jahr Urlaub gemacht habe. Aber auch in der „ganz neuen“ Heimat war ich schon etwas unterwegs, so neulich auf der Weser- und Lammetalbahn. Insgesamt heißt mein häufigstes Reiseziel aber Bremen, was zusammen mit der andauernden Pandemie das Tempo, mit dem sich die Karte schwärzt, natürlich drückt. Ich hoffe aber, auch 2022 und in den Jahren danach noch einige interessante Fahrten machen zu können.

30 Jahre ICE – und ich

Heute vor 30 Jahren fuhr der erste planmäßige Hochgeschwindigkeitszug in Deutschland: der ICE, dessen Abkürzung damit nicht mehr „InterCityExperimental“, sondern „InterCityExpress“ bedeutete. Da damals mein Eisenbahninteresse gerade erwacht war, fand ich dieses Ereignis sehr spannend. Da ich aber selten selber Bahn fuhr und wenn, dann meistens vom Ruhrgebiet nach Hamburg, berührte es mich eher weniger persönlich. Immerhin hatte ich aber 1994 auf dem Bahnfest in Wanne-Eickel meine erste Begegnung mit einem stehenden ICE, dem späteren ICE 1:

Jan vor einem ICE 1

Auch das erste Innendesign hielt ich fotografisch fest, besonders faszinierten mich das damals hochmoderne Btx-Terminal und die Videobildschirme in der 1. Klasse:

1. Klasse eines ICE 1 im ursprünglichen Design
Bordrestaurant eines ICE 1 im ursprünglichen Design
Btx-Terminal in einem ICE 1
Videobildschirm im Sitz eines ICE 1

Es sollte noch drei weitere Jahre dauern, bis ich tatsächlich meine erste Fahrt in einem ICE machte, wenn auch noch nicht mit Hochgeschwindigkeit: Im Juni 1997 fuhr ich auf dem Rückweg von einem Seminar mit einem ICE 2 von Köln nach Essen. Auch dessen originales Design wirkte gleichzeitig poppig und kühl:

Einstiegsbereich eines ICE 2 im ursprünglichen Design

Erst 2002 fanden dann meine ersten Hochgeschwindigkeitsfahrten statt: Im August von Berlin ins Ruhrgebiet und im November von dort nach Bamberg über die gerade neu eröffnete Neubaustrecke Köln–Rhein-Main (KRM). Besonders letztere hat mich nachhaltig beeindruckt, konnte ich doch erstmals in Deutschland mit der Geschwindigkeit von 300 km/h reisen, die ich sonst nur vom TGV und seinen Brüdern Thalys und Eurostar kannte. Von meiner Premierenfahrt auf der KRM drehte ich sogar ein Video, das allerdings noch seiner Digitalisierung harrt und daher seit Jahren unangesehen ist. Sehr gediegen fand ich die Inneneinrichtung der für die KRM neu angeschafften ICE 3:

2. Klasse eines ICE 3 im ursprünglichen Design

Und heute? Bei der Eröffnung der KRM konnte ich noch nicht ahnen, dass sie wenige Jahre später zu meiner wohl meistbefahrenen Fernstrecke werden würde und ich dadurch so manche Stunde sparen würde (eine große rote 1 stand zur Eröffnung der KRM am Frankfurter Hbf, um die eingesparte Stunde zu symbolisieren). Durchs Rheintal fuhr ich nur noch, um Geld zu sparen und/oder die Aussicht zu genießen. Natürlich ist ICE-Fahren dadurch etwas viel Normaleres geworden, aber ich genieße immer mal wieder die Aussicht aus dem Fenster bei über 200 km/h, auch wenn sie natürlich nicht so spannend ist wie an der Loreley.

Die Zahl der ICE-Baureihen hat sich inzwischen noch weiter vergrößert, und mit dem ICE-TD ist eine leider schon wieder von deutschen (und dänischen) Schienen verschwunden (wenigstens nicht ohne dass ich mitgefahren wäre und ein nicht allzu gutes Foto gemacht hätte). Die älteren noch eingesetzten Baureihen haben auch schon ihr inneres und äußeres Redesign hinter sich, auch der Jubilar ICE 1, der durch eine Lebensdauerverlängerung noch ein paar Jährchen vor sich hat.

In Foren wie dem → ICE-Treff haben viele anlässlich des Jubiläums beklagt, dass das Reisen immer mehr der Beförderung gewichen sei, was sich unter anderem an Abstand und Design der Sitze bemerkbar macht. Das stimmt zwar einerseits, andererseits hat aber auch das Mobilitätsbedürfnis der Menschen (wie ja auch meins) zugenommen. Gerade unter dem Aspekt, dass die Bahn ein (halbwegs) klimafreundliches Verkehrsmittel ist, ist es gut, wenn sie daran teilhat, auch wenn Zuhausebleiben nicht nur gegen Corona, sondern auch für das Klima die wirksamste Methode ist. In diesem Sinne: Auf die nächsten 30 Jahre mit vielen (natürlich möglichst klima- und pandemieverträglichen) ICE-Fahrten!

It’s coming home, it’s coming, …

Auch Züge kommen mal „nach Hause“: Seit einiger Zeit haben ja die meisten ICE-Zuggarnituren einen Taufnamen, der auf eine Stadt verweist. Manchmal ist das eine, die nie einen ICE sehen wird (und teilweise mangels Elektrifizierung auch gar nicht kann). Mein Wohnort Aschaffenburg dagegen ist nicht nur prinzipiell Halt von ICE-Zügen, sondern zumindest am Tagesrand auch des ICE 1, von dem eine Garnitur nach der Stadt benannt ist. So kam es am Dienstag zu der Begegnung von Zug und Stadt Aschaffenburg, deren Zeuge ich eher zufällig beim Abholen meiner Freundin wurde:

ICE „Aschaffenburg“ in Aschaffenburg Hbf

Einst und Jetzt 4: Zielnetz 2015 und Ist-Netz 2020

Beim Stöbern in meinem Regal ist mir mal wieder die Broschüre mit dem „Zielkonzept 2015“ des VRR aus dem Jahr 1999 in die Hände gefallen. Da 2015 bekanntlich mittlerweile schon eine Weile vorbei ist, nehme ich das zum Anlass, mal grob zusammen zu stellen, was von diesem Zielkonzept tatsächlich umgesetzt wurde und was nicht. Das Konzept unterscheidet zwischen RE, S-Bahn und RB (in dieser Reihenfolge), was ich für meinen Beitrag übernehme.

RegionalExpress (RE)

Das Zielkonzept sah im Wesentlichen dieselben Linienwege wie 1999 vor, etwa einen RE 1 Aachen–Bielefeld und einen RE 8 Venlo–Koblenz. Wie sich vermutlich die meisten erinnern, ist das RE-Netz seitdem aber so stark umstrukturiert worden wie keine andere Zuggattung. Das hatte zum einen betriebliche Gründe, so war der alte RE 1 durch den langen Laufweg extrem verspätungsanfällig und die alten RE 7 (Düren–Münster) und RE 9 (Krefeld–Siegen) dadurch, dass sich ihre Fahrstraßen in Köln Hbf niveaugleich kreuzten. Weiterhin wollte man zusätzliche Verbindungen anbieten, so wurde etwa der RE 6 (den es 1999 so noch gar nicht gab) von seinem ersten Endpunkt Düsseldorf über Dormagen und Köln Hbf nach Köln/Bonn Flughafen verlängert. Diese Zusatzangebote stehen auch im Zusammenhang mit dem im Aufbau befindlichen Rhein-Ruhr-Express (RRX)-Netzes, das als Nachfolgeprojekt des 1999 noch geplanten Metrorapid konzipiert wurde.

Durch diese neuen Linien sind aber auch die geplanten Taktverdichtungen des Zielnetzes weitgehend umgesetzt, wenn auch nicht als exakter 30-Minuten Takt:

  • Hamm–Düsseldorf, im Zielkonzept RE 1 im 30-Minuten-Takt, heute mit RE 1, RE 6 und RE 11 sogar drei Züge pro Stunde
  • Essen–Münster, im Zielkonzept RE 2 im 30-Minuten-Takt, bis Haltern ergänzt durch RB 42 im Stundentakt. Heute ist die halbstündliche RB 42 zum RE aufgewertet, der aber auf diesem Abschnitt alle Halte bedient. Der RE 2 fährt weiterhin stündlich, hält aber nur noch an den wichtigsten Stationen. Sein Linienweg wurde auf Düsseldorf–Osnabrück verlängert.
  • Mönchengladbach–Hagen, im Zielkonzept RE 4 im 30-Minuten-Takt, heute durch RE 4 und RE 13 (Venlo–Hamm) jeweils im Stundentakt bedient.

Nichts geworden ist dagegen aus einigen sehr innovativen Planungen:

  • Die Verlängerung des RE 10 von Kleve nach Nimwegen scheitert unter anderem daran, dass die niederländische Gemeinde Groesbeek keinen Zugverkehr mehr durch ihr Stadtzentrum haben will.
  • Der RE 14 Dortmund–Recklinghausen–Haltern fährt immerhin seit Ende 2019 ganztägig als S 2 im Stundentakt zwischen Dortmund und Recklinghausen.
  • Der RE 16 Düsseldorf–Remscheid beschränkt sich weiterhin auf einige Durchbindungen der heutigen S 7.
  • Der RE 18 Venlo–Viersen–Kaarst–Düsseldorf scheitert auf diesem Linienweg am noch fehlenden Wiederaufbau der Strecke Viersen–Kaarst, der aber meines Wissens nach wie vor geplant ist.

S-Bahn

Die hochfliegendsten Pläne gab es 1999 für das S-Bahn-Netz. Auf jeder der bestehenden Linien sollte es zumindest neue Haltepunkte geben, viele sollten auch verdichtet oder verlängert werden, einige sollten ganz neu entstehen. Alle Planungen basierten auf dem 20-Minuten-Takt, der im Ruhrgebiet im Dezember 2019 durch einen 15/30-Minuten-Grundtakt abgelöst wurde. Im südlichen Gebiet des VRR bleibt es beim 20-Minuten-Grundtakt. Die interessantesten Planungen von 1999:

  • S 1: Diese sollte in Dortmund bis zum Brügmannplatz verlängert werden (mit Anschluss zu zwei U-Bahn-Linien, die nicht am Hbf halten). Auf der anderen Seite sollte der damalige Endpunkt Düsseldorf Hbf unverändert bleiben.
  • S 2: Ebenfalls weiter zum Brügmannplatz, auf der anderen Seite sollte nur noch der AST nach Duisburg betrieben und bis Düsseldorf verlängert werden, wohlgemerkt durchgängig im 20-Minuten-Takt. Heute gibt es ja im Gegensatz dazu nur noch die Äste nach Essen und Recklinghausen jeweils im Stundentakt, nach Duisburg fahren 1–2 RB pro Stunde.
  • S 4: Die S 4 sollte über Lütgendortmund hinaus über die Emschertalbahn nach Herne und von da weiter nach Essen verlängert werden, ebenfalls mit einem durchgehenden 20-min-Takt. Ob die Pläne noch aktuell sind, weiß ich nicht, über die Emschertalbahn tuckert wenigstens noch weiterhin die RB 43 im Stundentakt, nachdem deren Stilllegung bereits im Gespräch war.
  • S 5: Hier war zum einen geplant, in Dortmund West einen Umsteigebahnhof zur S 4 zu bauen, bis heute eine der wenigen Kreuzungspunkte im Bahnnetz ohne Umsteigemöglichkeit. Außerdem sollte zwischen Witten und Hagen die Führung über das linke Ruhrufer geprüft werden. Aus beidem ist bisher nichts geworden.
  • S 7: Die damals von Düsseldorf Flughafen Terminal nach Solingen-Ohligs (heute Hbf) führende Linie sollte über die Müngstener Strecke bis Wuppertal verlängert werden. Ironischerweise ist diese Verlängerung das Einzige, was heute noch S 7 heißt, die Strecke vom Flughafen nach Solingen ist 2009 auf die S 11 und S 1 übergegangen. Ein Umstieg in Solingen ist, außer bei einigen Zügen im Berufsverkehr, weiterhin erforderlich, da die Müngstener Strecke weiterhin nicht elektrifiziert ist.
  • S 9: Nördlicher Endpunkt sollte statt Haltern ein neu zu bauender Bahnhof Bottrop Mitte sein. Im Süden sollte die damals noch im Bau befindliche Verlängerung nach Wuppertal unverändert bleiben. Nach Haltern sollte stattdessen eine neue S 19 fahren, interessanterweise ebenfalls im 20-Minuten-Takt, was zwischen Gelsenkirchen-Buer Nord und Haltern einige Ausbauten erfordert hätte.
  • S 14: Diese völlig neue Linie sollte zwischen Wuppertal und Köln fahren (heute RB 48 im 30-Minuten-Takt).
  • S 18: Die S 18 sollte von Düsseldorf über Grevenbroich nach Horrem fahren. Heute gibt es ernsthafte S-Bahn-Planungen nur noch für den Südteil ab Bedburg, weswegen auf der früher durchgehenden Relation hier auch seit 2018 umgestiegen werden muss. Beide Abschnitte werden unter der Woche tagsüber im 30-, sonst im 60-Minuten-Takt bedient. Nachtrag 27. Juni: Im Rahmen des Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen ist auch für Neuss–Bedburg die Planung wieder aktuell, zusätzlich soll eine Strecke von Bedburg nach Jülich neu gebaut werden (wobei ich den Wiederaufbau nach Düren ja netztechnisch sinnvoller fände).
  • S 20: sollte zwischen Duisburg und Wesel verkehren (heute drei stündliche RE-Linien mit Halt überall).
  • S 21: Die S 21 war von Kamen über Dortmund, Essen, Duisburg und Krefeld bis nach Mönchengladbach-Wickrath geplant. Hier ist es weitgehend beim alten Konzept aus verschiedenen RE- und RB-Linien sowie der S 1 geblieben, die aber immerhin unter der Woche tagsüber zwischen Dortmund und Essen im 15-Minuten-Takt fährt.
  • S 23: Diese Linie sollte Bottrop, Oberhausen und Duisburg-Ruhrort im 20-Minuten-Takt verbinden. Das dürfte eine der wenigen Verbindungen sein, auf denen sich das Angebot seit 1999 stattdessen verschlechtert hat: Bottrop–Oberhausen wird an allen Tagen nur noch stündlich befahren, Oberhausen–DU-Ruhrort immerhin unter der Woche noch alle 30 Minuten, aber selbst diese Fahrten werden aufgrund Personalmangels bei der NordWestBahn häufig durch Busse ersetzt. Einziger Lichtblick ist die seit 2019 unter der Woche bestehende Durchbindung von Bottrop nach Duisburg und Moers.

Fazit: Das Einzige, was von den hochtrabenden Planungen (bisher) umgesetzt wurde, sind drei neue Haltepunkte (Dortmund-Somborn, Neuss-Allerheiligen und Solingen-Grünewald). Die Verlängerung der S 28 über Mettmann hinaus nach Wuppertal ist zusammen mit der Elektrifizerung der Gesamtstrecke immerhin im Bau. Interessanterweise nur als „Untersuchungsstrecke aus dem ÖPNV-Bedarfsplan“ taucht die Reaktivierung der Hertener Bahn auf, die „eigentlich“ bereits seit Dezember 2019 in Betrieb ist und derzeit noch am Personalmangel bei Abellio scheitert (den man 1999 vermutlich genauso wenig geahnt hat wie die Coronakrise).

RegionalBahn (RB)

Da das Zielnetz 2015 sehr stark auf S-Bahnen setzte, beschränkten sich die Planungen für Regionalbahnen nur auf ein Rumpfnetz (das wahrscheinlich deswegen auch zum Schluss in der Broschüre kommt). Interessanterweise enthält dieses aber die Reaktivierung der Rheinischen Bahn für den Personenverkehr, und zwar auf den Strecken Düsseldorf–Duisburg, Düsseldorf–Mülheim–Essen City Nord–Essen-Kray Nord und Düsseldorf–Opladen–Köln. Auf der zweitgenannten Strecke hat man leider durch Stilllegung und Streckenabbau inzwischen Fakten geschaffen, allerdings wäre hier wahrscheinlich die Nachfrage an den Hauptbahnhöfen von Duisburg und Essen vorbei auch nicht sehr groß gewesen (Anmerkung von agw aus dem ICE-Treff: Die Strecke hätte die beiden Campi der Uni Duisburg-Essen verbunden). Zumindest zwischen Duisburg, Ratingen West und Düsseldorf werden die Reaktivierungspläne noch weiterverfolgt, auch wenn die RB 37, die jahrzehntelang das kurze Stück bis Duisburg Entenfang befuhr, im Dezember 2019 eingestellt wurde (ohne dass ich jemals mitgefahren wäre …).

Auch noch interessant ist die Planung für die Strecke zwischen Essen und Dorsten. Die damals in Dorsten endende RB 45 von Coesfeld sollte nämlich bis Essen verlängert werden, aber nicht wie heute als Flügelzug der RE 14, sondern eigenständig. Damit hätte sich zusammen mit der RB 44 von Borken und der S 9 zwischen Bottrop und Essen ein 10-Minuten-Takt ergeben (die S 19 nach Haltern sollte ein Flügel der RB 44/45 werden). Das wäre natürlich nur mit einem Ausbau des eingleisigen Abschnitts bei Bottrop möglich gewesen, den man wegen der hohen Kosten (sehr hoher Brückenanteil) nicht mehr weiterverfolgt. Immerhin gibt es mit der S 9 und der RE 14/RB 45 seit Dezember 2019 einen Viertelstundentakt zwischen Gladbeck West und Essen Hbf.

Fazit

Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt: Viel Wasser ist seit 1999 Rhein und Ruhr heruntergeflossen, und nennenswerte Verbesserungen gab es seitdem vor allem da, wo keine Investitionen in die Infrastruktur nötig waren, nämlich beim RE-Netz. Auf der Hauptachse zwischen Köln und Dortmund soll es diese Investitionen für die dringend benötigte Kapazitätserhöhung nun aber geben, die ersten Bauarbeiten laufen bereits.

Um viele andere Ideen, vor allem die umfangreichen Reaktivierungs- und Neubaupläne, ist es deutlich ruhiger geworden. Einzig der ebenfalls 1999 bereits geplante Regionalbahnsteig in Düsseldorf-Bilk ist im Bau, ebenso wie die bereits erwähnte Reaktivierung der Hertener Bahn. Ein weiteres Projekt, das nicht im Zielnetz enthalten war, ist der Personenverkehr auf der (allerdings damals noch nicht im VRR liegenden) Strecke von Moers nach Kamp-Lintfort, der in diesem Jahr probeweise anlässlich der Landesgartenschau eingeführt wurde. Bei meiner Streckenbereisung zeigte sich aber auch, wie viel an der Strecke noch für einen Regelbetrieb getan werden muss. Es bleibt also weiter spannend – warten wir ab, wie das Netz in 20 Jahren aussieht!