Bauhaus, Sternenhimmel und Toastbrot

Der wohl einzige längere Auswärtsurlaub dieses Jahr führte mich Ende September nach Dessau, wo ich mit meiner Freundin in einer Ferienwohnung nicht weit vom Hauptbahnhof und dem Hauptgebäude des Bauhauses unterkam. Dessen Bauten besichtigten wir natürlich zumindest von außen und nutzten auch das nette Café. Die Hinfahrt verlief für mich völlig problemlos: IC 1 bis HH, dann IC 2 bis Köthen und weiter mit der RB. Der ICE meiner Freundin, die aus dem Rhein-Main-Gebiet anreiste, wurde dagegen wegen eines Oberleitungsschadens umgeleitet, so dass sie den Anschluss in Halle verpasste und eine Stunde später kam als geplant.

Den Urlaub verbrachten wir nicht nur in Dessau selbst, sondern unter anderem in der Oranienbaumer Heide, von wo wir mit der Dessau-Wörlitzer Eisenbahn zurück fuhren. Diese nutzt leider nicht mehr die Doppelstock-Schienenbusse, die mir noch in meiner Sammlung fehlen, sondern LVT/S, die aber immerhin ansprechend beklebt sind:

LVT/S der Dessauer Verkehrs- und Eisenbahngesellschaft (DVE) In Dessau Hbf

Außerdem machten wir einen Ausflug nach Magdeburg, wohin meine Freundin das „BesserWeiter“-Abo-Upgrade nutzen konnte, das die Verkehrsbetriebe als Dank für die Treue ihrer Kunden in der Corona-Krise kostenlos anboten.

Zum Abschluss des Urlaubs ging es noch über Wittenberg nach Berlin, wo ich auch Kumpel Konny mal wieder besuchte. Gemeinsam fuhren wir an den Tegeler See, wo wir zufällig feststellten, dass ein autonomes Shuttle getestet wurde, das wir natürlich gleich mal ausprobierten. Natürlich war noch ein BVG-Mitarbeiter zur Überwachung des Probebetriebs an Bord, der auch tatsächlich ziemlich viel eingreifen musste, auch bei eigentlich normalen Vorgängen wie einem haltenden Auto vor uns.

Autonomes BVG-Shuttle in Berlin-Tegel

Von Tegel aus machte ich mich alleine auf den Weg, um eine Runde mit einem der neuen S-Bahn-Züge der BR 483/484 zu fahren, die gerade auf der kürzesten Linie S 47 getestet werden. Innerlich fielen sie mir durch ihre sehr geringe Lautstärke auf, äußerlich durch ihr sehr schlichtes Design, das mich an eine Packung Toastbrot erinnert. Da „Toaster“ aber schon der Spitzname der BR 480 ist, lautet der „offizielle“ der BR 483/484 „iPad“ oder „Tablet“.

Zug der Baureihe 483/484 in Berlin-Schöneweide

Vor der Rückfahrt besichtigten Konny und ich dann noch den frisch eröffneten U-Bahnhof Museumsinsel mit seinem Sternenhimmel, der an ein Bühnenbild von Karl Friedrich Schinkel angelehnt ist, der auch viele Bauten in Berlin entworfen hat.

Sternenhimmel-Gewölbe im U-Bahnhof Museumsinsel

Zurück ging es dann sowohl für meine Freundin als auch für mich jeweils ohne Umsteigen und auch ohne nennenswerte Verspätung, wobei sie in ihren ICE (der allerdings nur einmal täglich fährt) am weniger frequentierten Ostbahnhof einsteigen konnte, während ich für meinen (zweistündlichen) IC nur die Wahl zwischen Hbf und Spandau hatte. Von HO nach Hause wäre ich gerne angesichts von Koffer und Kälte mit dem Bus gefahren, da aber kein passender fuhr, war ich zu Fuß schneller.

Somewhere inside the rainbow

Mitte September fuhr ich aus Anlass meines letzten Arbeitstages noch mal in meinen frischgebackenen ehemaligen Wohnort. Hin ging es am Donnerstagmittag mit dem RE 2, diesmal bis Essen, wo sich der Besuch in der Lounge nicht wirklich lohnte, ich aber immerhin auf die Toilette gehen konnte. Beim Einstieg in den ICE stellte ich erfreut fest, dass es der Regenbogen-ICE war, von dem Stefanies Sohn mir schon beim Besuch in Bielefeld erzählt hatte. Zum zehnjährigen Bestehen der LGBT-Gruppe bei der DB ist nämlich der rot-grüne Streifen bei einem ICE 3 durch einen in Regenbogenfarben ersetzt worden. In diesem Fahrzeug saß ich nun in der Lounge, wiederum der der 1. Klasse, weil meine Schnupper-BahnCard immer noch galt. Die anfängliche Verspätung gab sich bis zum Zielbahnhof wieder, und beim Richtungswechsel in FF gelang mir auch ein Bild des Zuges:

ICE-3-Triebzug 304 „München“ mit Regenbogenband in Frankfurt (Main) Hbf

Am Freitag besuchte ich meinen Cousin in Frankfurt, was auf der Rückfahrt durch eine etwa 10-minütige Verspätung der RB gekennzeichnet war, die dazu führte, dass ich doch zu meinen Gastgebern laufen musste, anstatt die RB bis zur Hochschule zu nehmen.

Auf der Rückfahrt am Samstag hatte ich noch einen kleinen Schlenker eingebaut, um zum einen mit einem der Integral-Triebwagen zu fahren, die jetzt auf der Regiobahn zwischen Kaarst und Wuppertal eingesetzt werden, zum anderen damit den neuen Streckenabschnitt ab Mettmann zu befahren. Das klappte auch hervorragend, und an der neuen Endstation gelang mir noch ein Bild des Triebwagens, der wie seine Brüder von der Bayerischen Oberlandbahn (wie die Regiobahn Teil des Transdev-Konzerns) übernommen worden war. Die früheren Talente wurden dagegen zu Transferoviar nach Rumänien abgegeben, wo schon andere Oldtimer wie die 624 oder die niederländischen Wadloper ihr Gnadenbrot verdienen.

Integral der Regiobahn (ex-BOB) in Wuppertal Hbf

Von Wuppertal aus ging es mit dem RE 7 nach EMST. Dort war mein Anschlusszug der EC 8 aus Zürich, der an diesem Tag wegen Bauarbeiten zwischen Koblenz und Mainz planmäßig 40 min später fuhr, allerdings auch diesem Plan etwa 10 min hinterherhinkte. Da das der letzte Umstieg war, störte es mich wenig, zumal ich die Fahrt im SBB-Panoramawagen genoss, aus dem selbst die norddeutsche Tiefebene gleich viel beeindruckender aussieht.

Wochenrückblick

Die vergangene Woche hatte ich mir kurzfristig freigenommen und nutzte sie für eine Reihe von Tagesausflügen:

Am Samstag fuhr ich mit meiner Freundin nach Marl. Die Hinfahrt verlief bahnseitig problemlos, nur ein mitteilungsbedürftiger Mitreisender im RE 2 nervte etwas. Mit dem jetzt viertelstündlich fahrenden SB 25 erreichten wir meine Heimatstadt pünktlich, so dass wir Freunde treffen und ich meine alten Wirkungsstätten zeigen konnte. Zurück fuhren wir genauso, wobei der RE 2 diesmal mit +20 abfuhr und kurz hinter EMST wegen Personen im Gleis erst mal stehen blieb. Weiter ging es dann im Schritttempo und nur bis Lengerich, woraus wir messerscharf schlossen, dass wir freie Platzwahl in der nachfolgenden RB haben würden, wenn wir schon in Ostbevern umstiegen. Das funktionierte auch tadellos, so dass wir HO letztendlich mit knapp zwei Stunden Verspätung erreichten. Als Ticket nutzten wir ein SchönerTagTicket NRW.

Montag fuhr ich endlich mal wieder in die Niederlande, was möglicherweise meinen einzigen Auslandsaufenthalt dieses Jahr darstellt. Als Ziel hatte ich mir Oldenzaal ausgeguckt, das von HO direkt durch die Eurobahn angefahren wird und somit trotz des DB-Lokführerstreiks an diesem Tag problemlos erreichbar war. Nachdem ich die eher kleine Stadt erkundet hatte, fuhr ich mit dem „Twents“-Bus von Keolis weiter ins noch kleinere Denekamp. Von dort wollte ich eigentlich mit dem Bürgerbus über Nordhorn zurück. Nachdem der aber zur fahrplanmäßigen Zeit nicht auftauchte, eilte ich wieder zur Haltestelle des „Twents“ und fuhr auf dem gleichen Weg zurück, was problemlos klappte (auf der Hinfahrt hatte die RB etwa +10 gehabt). Für die Bahnfahrt nutzte ich Einzelfahrten des Niedersachsentarifs, die Busfahrten bezahlte ich einzeln beim Fahrer (keine Barzahlung möglich und teurer als mit OV-chipkaart).

Am Dienstag machte ich einen Ausflug zum Attersee, natürlich nicht dem in Österreich, sondern dem gleichnamigen Baggersee in Osnabrück. Praktischerweise fährt dorthin direkt vor meiner Haustür eine Buslinie, allerdings nur unter der Woche mit wenigen Kursen. Die dienen auch eher der Bedienung des dort liegenden Industriegebietes als des Sees, der im Wesentlichen aus einem Campingplatz mit gebührenpflichtigem Eintritt besteht und als Ausflugsziel daher eher uninteressant ist. Immerhin lernte ich aber durch die Fahrt meine neue Heimatstadt noch besser kennen. Für die Fahrt mit den Osnabrücker Bussen nutze ich die YANiQ-App mit wöchentlicher Bestpreisabrechnung.

Mittwoch ging es dann nach Bielefeld, genauer nach Brackwede zu Patentante und Mann sowie Stefanie und Familie. Hin wollte ich eigentlich den „Haller Willem“ nehmen, stieg dann aber, da ich diesen drohte zu verpassen, lieber in die Eurobahn, die trotz des Umwegs etwas schneller in der Ostwestfalenmetropole ist, und dort in die Stadtbahn. Die nahm ich auf dem Rückweg nur bis zum Bahnhof Brackwede und stieg diesmal in den Haller Willem, dessen Strecke landschaftlich durchaus sehenswert ist und der seit 2005 endlich wieder bis Osnabrück fährt. Für beide Fahrten galt der Westfalentarif. Da der DB-Navigator mir dafür keine Tickets verkaufen wollte, löste ich sie ganz klassisch am Automaten, wobei in Bielefeld auch noch nur Barzahlung möglich war.

Donnerstag machte ich mich mit dem Intercity auf den Weg zu meiner Tante nach Hamburg. Der war zunächst noch pünktlich unterwegs, zog sich aber wegen einer Türstörung kurz hinter Bremen +10 zu. Mir war es egal, denn da die Züge nach Rahlstedt momentan wegen Bauarbeiten nur stündlich fahren, fuhr ich sowieso mit der U-Bahn weiter. Diesmal nicht wie sonst bis Wandsbek Markt, sondern bis Farmsen, von wo ein Metrobus nach Rahlstedt fährt, diesmal wiederum wegen Bauarbeiten noch näher an mein Ziel als normalerweise. Auf der Rückfahrt probierte ich etwas ganz Neues: den X35, den Nachfolger des zuschlagpflichtigen Schnellbusses 35, der in etwa einer halben Stunde vom Süden Rahlstedts direkt zum Hbf fährt, und zwar fast komplett durch mir bis dahin völlig unbekannte Gegenden. Die Rückfahrt mit dem IC verzögerte sich dann wegen Personen im Gleis um etwa 20 Minuten, was bis HO nicht wesentlich weniger wurde. Aus unbekannten Gründen verzögerte sich dort die Weiterfahrt wiederum und es hielt sogar außerplanmäßig der Sprinter, was mir aber beides egal sein konnte. Als Ticket nutzte ich Sparpreise mit eingeschlossenem City-Ticket.

Am Freitag ging es zur Abwechslung mal zu einem Onkel, nämlich nach Versmold. Dafür nutzte ich wiederum den Haller Willem bis Borgholzhausen, wo ich einen 4-Minuten-Anschluss an den Bus hatte. Ich dachte, dass der auf so einer kleinen Regionalstrecke kaum gefährdet sei, aber natürlich hatte mein Zug wegen Wartens auf den Gegenzug in Wellendorf genau +4. Zum Glück wartete der Bus aber auf mich, so dass ich für ein paar Haltestellen der einzige Passagier wurde. Von der Haltestelle Gymnasium war es nur noch ein kurzer Spaziergang, während dessen es zum Glück nicht regnete. Diesmal konnte mir der Navigator auch wieder einen Westfalentarif verkaufen. Auf dem Rückweg nahmen mich meine Eltern im Auto mit.

Noch einmal auf den Weg nach Marl machte ich mich am Sonntag, diesmal zu einem Besuch der ehemaligen Nachbarn. Wieder fuhr ich mit dem RE 2, diesmal allerdings nur bis Haltern, wo ich einen Spaziergang durch die Innenstadt machte und dann mit der S 9 weiterfahren wollte. Die trudelte natürlich prompt mit +20 ein, und die Rückfahrt verzögerte sich auf unbestimmte Zeit. Also kündigte ich meine Verspätung bei den Nachbarn an, setzte mich in den Bus nach Marl und sah, während der noch an der Haltestelle stand, dass die S-Bahn abgefahren war … Statt einer Stunde hätte ich also auch eine halbe Stunde Verspätung haben können, aber wer weiß das schon vorher. So genoss ich wenigstens die „Stadtrundfahrt“ durch meine alte Heimat mit dem 227er.
Auf der Rückfahrt machte ich noch einen Schlenker über Buer nach Gladbeck, wo ich in die neue S 9 nach Recklinghausen stieg, die seit knapp einem Jahr endlich wieder regelmäßigen Personenverkehr über die „Hertener Bahn“ bietet. Der Zug war annähernd pünktlich, fuhr aber interessanterweise wegen Bauarbeiten die ganze Strecke auf dem linken Gleis. Vermutlich war die Baustelle auch der Grund für die Verspätung der Halterner Züge. Von den Arbeiten für die neuen Bahnsteige war nur in Herten etwas zu sehen, dieser soll auch als erstes eröffnet werden (im Dezember 2022). Ab ERE ging es wieder mit dem RE 2 zurück. Trotz eines eingleisigen Abschnitts bei Marl-Sinsen fuhr der Zug keine nennenswerte Verspätung ein, so dass ich mich in der neuen Heimat fast pünktlich auf mein Rad schwingen konnte. Als Ticket nutzte ich diesmal ein SchönerTagTicket NRW Single.

Gestern schließlich nahm ich noch einen einzelnen Urlaubstag, um nach Husum zu fahren. Da ich zurzeit eine von der Bahn geschenkte Schnupper-BahnCard 1. Klasse habe, buchte ich dafür einen erstklassigen Super-Sparpreis im durchgehenden IC. Dort genoss ich den Am-Platz-Service und folgte interessiert dem Lokwechsel in Itzehoe (Ellok hinten weg, Dieselloks vorne dran) und der Landschaft dahinter, wo die Marschbahn ihrem Namen alle Ehre macht. Aufgrund verschiedener Verzögerungen erreichte ich mit etwa +10 mein Ziel, wo ich meine Freundin und einen Teil ihrer Familie traf.
Die Freundin begleitete mich dann auch bis Bremen auf der Rückfahrt. Dafür nutzten wir ein weiteres Aktionsangebot der DB: den Mitfahrer-Flexpreis, wiederum in der 1. Klasse. Der trieb uns zunächst in den Wahnsinn, da er plötzlich teurer war als vorher abgefragt, der erste Zug in der Verbindung ausgebucht war und die Bezahlung mit Kreditkarte bei zwei Versuchen nur einen „technischen Fehler“ produzierte. Mit Lastschrift ging es aber, wenn sich das Ticket danach auch nicht in die App laden ließ, weil nur der Ausdruck des Online-Tickets gültig sei. Im ausgebuchten Zug fand sich doch noch ein leeres Abteil, das allerdings mit einem kontinuierlichen Knacken der Klimaanlage nervte. Insgesamt war es aber doch noch eine angenehme Fahrt, das Zub akzeptierte die vorgezeigte PDF-Datei anstandslos und wir erreichten pünktlich den Umsteigebahnhof AH und unsere jeweiligen Zielbahnhöfe.

Mit dem Fahrrad schneller

… als mit dem Zug war ich auf der Rückfahrt aus Aschaffenburg gestern, wo ich noch einige Dinge erledigt hatte. Die Hinfahrt dagegen war nahezu planmäßig gelaufen, sieht man einmal von der Verspätung ab, die durch den als Folge des Hochwassers nur eingleisig befahrbaren Abschnitt bei Solingen entstand. Dadurch verpasste ich in KK den Anschluss, nahm aber den nächsten Zug meiner früheren „Stammlinie“ 41 und traf so nur 20 Minuten später ein als gebucht. Dafür, dass nun wirklich höhere Gewalt am Werk war, mehr als akzeptabel.

Auf der Rückfahrt sollte ich mit der RB 75 bis Mainz fahren und dort dann in den IC umsteigen. Da ich mein Fahrrad in den Norden überführte, war es wichtig, dass ich es im Zug mitnehmen konnte. Das Rad dabei zu haben, erwies sich als Vor- und Nachteil zugleich, blieb die RB doch in Mainz-Gustavsburg für unbestimmte Zeit stehen. Die Begründung, dass ein liegengebliebener Güterzug die Ursache sei, konnte ich bestätigen, denn man sah ihn vom Bahnsteig aus noch. Kurioserweise stand daneben der Gegenzug nach Aschaffenburg, der nach einiger Zeit aber Richtung Mainz zurück fuhr. Auf unserem Gleis tat sich dagegen nichts, so dass ich mich auf den Drahtesel schwang und parallel zur Bahn, am Güterzug vorbei, über die Rheinbrücke nach Mainz radelte. Dort konnte ich problemlos auf den nächsten Zug mit Fahrradbeförderung umbuchen, der allerdings erst nach zwei Stunden fuhr. Die Zeit nutzte ich – wie könnte es auch anders sein – für eine Currywurst und ÖPNV-Fotos.

Mein neuer Anschlusszug war der EC 8 aus Zürich mit einer Schweizer Wagengarnitur. Dabei gibt es nicht wie bei der DB den einen Fahrradwagen, sondern jeder Wagen hat einige Stellplätze. Meiner war ganz am Schluss, wo zum Glück nicht nur die Fahrrad-, sondern auch die Sitzplätze kaum genutzt waren. Ausgerechnet zwei Schweizerinnen fragten die Zub-in nach dem gastronomischen Angebot und bekamen zur Antwort, dass die SBB es coronabedingt vorübergehend gestrichen hatten. Bei Sinzig überfuhren wir mit reduzierter Geschwindigkeit die beschädigte Ahrbrücke, die Straßenbrücke nebenan hatte es weitaus schlimmer getroffen. Solingen umfuhren wir diesmal über Düsseldorf, wobei es die zusätzliche Schwierigkeit gab, dass auf den Ferngleisen gerade gebaut wird und wir über die S-Bahn-Gleise fahren mussten. In Solingen und Hagen halten kurioserweise die Schweizer Züge aber auch planmäßig nicht. Meine neue Heimat erreichte ich letztendlich mit +35 gegenüber dem Plan des Zuges und mit +155 gegenüber meinem eigenen Plan, aber immerhin konnte ich ja jetzt schnell nach Hause kommen.

Ha(n)sestadt

Im Juni habe ich nach 15 Jahren Aschaffenburg den Wohnort gewechselt und wohne jetzt – je nach Definition – in einem der südlichsten Teile Norddeutschlands, in Osnabrück. Einen so imposanten Fluss wie den Main gibt es dort zwar nicht, aber immerhin die Hase, an der es sich auch ganz nett sitzen und spazieren gehen lässt.

Von meinem neuen Domizil aus machte ich mich am letzten Freitag auf den Weg zur Familie nach Lübeck. Für die Hinfahrt hatten wir (in Bremen stieg meine Freundin zu) uns eine Verbindung mit einem 8-Minuten-Umstieg in AH ausgesucht. Die Rollbahn-IC(E) sind zwar berüchtigt für ihre Verspätungsanfälligkeit, aber es kann ja auch mal gutgehen. Tat es in diesem Fall nicht, denn der IC hatte schon bei der Abfahrt in HO +15, so dass wir den Anschlusszug bei unserer Einfahrt gerade noch ausfahren sahen. Immerhin hatte uns die Zub-in schon einen alternativen Anschlusszug genannt, einen ICE, der interessanterweise nur zwischen AH und AL fuhr. Grund waren wohl die Bauarbeiten für die S-Bahn, wegen der auch der zweite stündliche RE erst ab Ahrensburg fuhr und daher für die Fahrt zwischen den Hansestädten unbrauchbar war. Der ICE fuhr immerhin durch, hatte allerdings einen längeren außerplanmäßigen Halt, so dass wir AL gerade mit Recht auf 25% Fahrpreiserstattung erreichten.

Für die Rückfahrt hatte ich mir vorgenommen, Bahn-Bonus-Punkte zu nutzen, da einige davon Ende Juni verfallen sollten. Den Zeitpunkt der genauen Rückfahrt wollten wir aber spontan entscheiden. Eine kontingentierte Bonus-Freifahrt gab es erst um 19.10 Uhr, so dass wir diesen Termin für die Rückfahrt wählten (und ich feststellte, dass die Buchung von Freifahrten für Mobilgeräte nicht wirklich optimiert ist). Diesmal klappte alles besser, allerdings hatten wir in AH auch fast eine Stunde Umstiegszeit. Der Anschluss-ICE 4 war aber pünktlich und angenehm leer, was man natürlich besonders in Coronazeiten zu schätzen weiß. Nachdem ich die Freundin in HB verabschiedete, hielt der Zug noch (diesmal planmäßig) in Diepholz und erreichte meine neue Heimat pünktlich um 22.35 Uhr, wo ich vom Bahnhof aus zum Glück laufen kann.

Diepholz ist das neue Nienburg?

Zum letzten Mal war Fronleichnam dieses Jahr für mich ein Feiertag (dazu demnächst mehr). Das nutzte ich, um gemütlich auszuschlafen und dann nach Bremen zu fahren. Wegen der Bauarbeiten zwischen Kassel und Göttingen lohnte es sich, mit dem ICE nach KD und dann mit dem IC weiter zu fahren. Beim Umstieg hatte ich vor, noch Fotos von den Integral-Triebwagen zu machen, die die Regiobahn von der Bayerischen Oberlandbahn übernommen hat. Die wurden leider nicht wirklich vorzeigbar, dafür kam aber zufällig der Europa-ICE vorbei:

Europa-ICE in Düsseldorf Hbf

Mein Anschluss-IC, der von +5 auf +30 geklettert war, fiel letztendlich ganz aus, so dass ich mit dem nächsten IC nach EMST fuhr. Dort fiel mir die originelle Methode auf, wie auf den SEV auf der RE 42 hingewiesen wurde:

Mit nur etwa +5 trudelte der nächste ICE nach Bremen ein. Da ja der Vorzug ausgefallen und außerdem statt eines 1ers ein 2er eingesetzt war, war er trotz Pandemie gut gefüllt, so dass für mich nur die Treppenstufe am Eingang blieb. Das funktionierte einigermaßen und ich stellte mich schon auf die Ankunft in HB ein, bis der Zug plötzlich in Diepholz zum Stehen kam. Der Zub zeigte sich davon genauso überrascht wie die Fahrgäste. Da gewittriges Wetter herrschte und am Nachbargleis der Sprinter ebenfalls außerplanmäßig hielt, ging ich von einer Streckensperrung aus. Interessanterweise begannen die Passagiere des Sprinters, auch noch unseren Zug zu entern, bis eine Ansage kam, dass dieser auch nicht weiter fahren könne. Was genau passiert ist, bleibt bis heute ein Mysterium, aber zum Glück war die Weiterfahrt deutlich weniger kompliziert als neulich, denn es ging mit dem RE, in den zum Glück alle Wartenden recht gut hineinpassten, weiter nach HB, das ich mit etwas über +120 gegenüber meinem ursprünglichen Plan erreichte. Für die Fahrpreiserstattung hatte ich mir schon aus alter Gewohnheit ein Papierformular geholt, bis mir einfiel, dass da ja was war: Seit diesem Monat kann man den Antrag auch im Navigator stellen. Das war erstaunlich einfach, ich musste nur geplante Verbindung und tatsächliche Ankunft eingeben.

Von Bremen aus machten wir am Samstag einen Abstecher nach Osnabrück – hin mit dem IC, wo uns zum Sitzen auch wieder nur die Treppenstufe blieb, zurück mit dem ICE, bei dem wir dafür ein ganzes Abteil für uns hatten. Pünktlich waren aber erfreulicherweise beide Fahrten.

Die Rückfahrt gestern Abend ging dann wieder über Hannover, wo ich aus dem IC 2 in einen ICE 2 umstieg. In dem war mein Wagen nicht klimatisiert, was mit T-Shirt aber noch auszuhalten war und außerdem den Lacher des Tages produzierte:

Meine gewählte Verbindung war zwar nicht die schnellste, hatte aber den Vorteil, dass der Zug wegen der Bauarbeiten von Göttingen direkt nach Fulda umgeleitet wurde und damit passend zu 30 Jahren ICE den Weg nahm, den die Intercitys vor der Eröffnung der NBS fuhren. Für mich war das gleichzeitig die Erstbefahrung der durchaus abwechslungsreichen Strecke Eichenberg – Bebra. Ab Fulda befuhren wir bis NWH wieder die NBS. Den Umstieg dort nutzte ich für einen Döner, den es allerdings nicht direkt am Bahnhof gibt, sondern nur in der zur Innenstadt führenden Kaiserstraße. Ich schaffte es aber problemlos, ihn aufzuessen und trotzdem den ICE nach NAH noch zu erreichen, in dem die Klimaanlage deutlich besser funktionierte. So bewahrheitete sich auch das anscheinende Naturgesetz, dass Nord-Süd-Fahrten im Gegensatz zu Süd-Nord-Fahrten immer pünktlich sind. Der angekündigte Regen war zum Glück auch ausgeblieben, so dass ich mich entspannt auf meinen Drahtesel nach Hause schwingen konnte, wo ich tatsächlich bereits vom Brief (ja, den bekommt man immer noch) mit dem Erstattungsbescheid für die Fahrt am Donnerstag empfangen wurde.

30 Jahre ICE – und ich

Heute vor 30 Jahren fuhr der erste planmäßige Hochgeschwindigkeitszug in Deutschland: der ICE, dessen Abkürzung damit nicht mehr „InterCityExperimental“, sondern „InterCityExpress“ bedeutete. Da damals mein Eisenbahninteresse gerade erwacht war, fand ich dieses Ereignis sehr spannend. Da ich aber selten selber Bahn fuhr und wenn, dann meistens vom Ruhrgebiet nach Hamburg, berührte es mich eher weniger persönlich. Immerhin hatte ich aber 1994 auf dem Bahnfest in Wanne-Eickel meine erste Begegnung mit einem stehenden ICE, dem späteren ICE 1:

Jan vor einem ICE 1

Auch das erste Innendesign hielt ich fotografisch fest, besonders faszinierten mich das damals hochmoderne Btx-Terminal und die Videobildschirme in der 1. Klasse:

1. Klasse eines ICE 1 im ursprünglichen Design
Bordrestaurant eines ICE 1 im ursprünglichen Design
Btx-Terminal in einem ICE 1
Videobildschirm im Sitz eines ICE 1

Es sollte noch drei weitere Jahre dauern, bis ich tatsächlich meine erste Fahrt in einem ICE machte, wenn auch noch nicht mit Hochgeschwindigkeit: Im Juni 1997 fuhr ich auf dem Rückweg von einem Seminar mit einem ICE 2 von Köln nach Essen. Auch dessen originales Design wirkte gleichzeitig poppig und kühl:

Einstiegsbereich eines ICE 2 im ursprünglichen Design

Erst 2002 fanden dann meine ersten Hochgeschwindigkeitsfahrten statt: Im August von Berlin ins Ruhrgebiet und im November von dort nach Bamberg über die gerade neu eröffnete Neubaustrecke Köln–Rhein-Main (KRM). Besonders letztere hat mich nachhaltig beeindruckt, konnte ich doch erstmals in Deutschland mit der Geschwindigkeit von 300 km/h reisen, die ich sonst nur vom TGV und seinen Brüdern Thalys und Eurostar kannte. Von meiner Premierenfahrt auf der KRM drehte ich sogar ein Video, das allerdings noch seiner Digitalisierung harrt und daher seit Jahren unangesehen ist. Sehr gediegen fand ich die Inneneinrichtung der für die KRM neu angeschafften ICE 3:

2. Klasse eines ICE 3 im ursprünglichen Design

Und heute? Bei der Eröffnung der KRM konnte ich noch nicht ahnen, dass sie wenige Jahre später zu meiner wohl meistbefahrenen Fernstrecke werden würde und ich dadurch so manche Stunde sparen würde (eine große rote 1 stand zur Eröffnung der KRM am Frankfurter Hbf, um die eingesparte Stunde zu symbolisieren). Durchs Rheintal fuhr ich nur noch, um Geld zu sparen und/oder die Aussicht zu genießen. Natürlich ist ICE-Fahren dadurch etwas viel Normaleres geworden, aber ich genieße immer mal wieder die Aussicht aus dem Fenster bei über 200 km/h, auch wenn sie natürlich nicht so spannend ist wie an der Loreley.

Die Zahl der ICE-Baureihen hat sich inzwischen noch weiter vergrößert, und mit dem ICE-TD ist eine leider schon wieder von deutschen (und dänischen) Schienen verschwunden (wenigstens nicht ohne dass ich mitgefahren wäre und ein nicht allzu gutes Foto gemacht hätte). Die älteren noch eingesetzten Baureihen haben auch schon ihr inneres und äußeres Redesign hinter sich, auch der Jubilar ICE 1, der durch eine Lebensdauerverlängerung noch ein paar Jährchen vor sich hat.

In Foren wie dem → ICE-Treff haben viele anlässlich des Jubiläums beklagt, dass das Reisen immer mehr der Beförderung gewichen sei, was sich unter anderem an Abstand und Design der Sitze bemerkbar macht. Das stimmt zwar einerseits, andererseits hat aber auch das Mobilitätsbedürfnis der Menschen (wie ja auch meins) zugenommen. Gerade unter dem Aspekt, dass die Bahn ein (halbwegs) klimafreundliches Verkehrsmittel ist, ist es gut, wenn sie daran teilhat, auch wenn Zuhausebleiben nicht nur gegen Corona, sondern auch für das Klima die wirksamste Methode ist. In diesem Sinne: Auf die nächsten 30 Jahre mit vielen (natürlich möglichst klima- und pandemieverträglichen) ICE-Fahrten!

Etwas anderes Ziel – viel pünktlichere Ankunft

Vorletzten Sonntag war mal nicht Bremen, sondern Osnabrück mein Ziel. Dahin sollte ich öfter fahren, denn sowohl die Hin- als auch die Rückfahrt klappten tadellos: hin mit dem ICE der L31, der nur frühmorgens und spät abends in NAH hält. Der würde zwar auch nach HO fahren, allerdings war es schneller und billiger, in FFLF in den ICE über die KRM und in KK in den IC nach Westerland umzusteigen. Beides klappte hervorragend, so dass ich das Zentrum des Osnabrücker Landes (sinnreiche Eigenwerbung) pünktlich um 11.21 Uhr erreichte. Zurück fuhr ich aus Kostengründen ohne Umstieg über die Rheinstrecke – richtig ungewohnt, so lange im selben Zug zu sitzen, wobei die Maskenpflicht erstaunlich wenig störte. Auch dieser Zug war einer, der in NAH hielt, das ich ebenfalls pünktlich erreichte.

Dreimal ist Bremer Recht

Erst bei der Recherche zu diesem Beitrag fand ich heraus, dass es zu all den Redewendungen mit der magischen Drei auch eine mit Bremen-Bezug gibt: Demnach werden einem in der Hansestadt immer zwei Fehlversuche zugestanden, bis man es beim dritten Mal dann hoffentlich schafft. Leider ist auch daran die Deutsche Bahn gescheitert: Über das verlängerte Wochenende sollte es mal wieder zur Freundin in den Norden gehen. Die Idee war, Donnerstag frühmorgens loszufahren und ein paar Stunden aus dem Zug zu arbeiten. Ab NWH sollte ich dabei einen der letzten durchgehenden Züge in die Hansestadt nehmen, bevor diese ab Samstag wegen der Baustelle zwischen Kassel und Göttingen für drei Monate eingestellt wurden.

In den Genuss nur eines Umstiegs kam ich allerdings nicht, denn statt der Doppeltraktion ICE 2, die für ein Flügeln nach Hamburg und Bremen in Hannover nötig gewesen wäre, hatte man einen ICE 1 bereitgestellt. Immerhin fuhr der pünktlich ab und hatte durch seine Länge auch ausreichend Sitzplätze. Das zweite Problem ergab sich bei der Abfahrt in Göttingen: Der Zugschluss dürfte den Bahnhof noch nicht verlassen gehabt haben, da bremste der Zug schon wieder scharf und hielt an. Nach einiger Zeit wurde uns mitgeteilt, dass es eine Störung am Zug gebe und der Tf versuche, ihn wieder zum Laufen zu bekommen. Langer Rede kurzer Sinn, das dauerte über eine Stunde, so dass in HH auch der folgende Anschluss nach Bremen über alle nicht vorhandenen Berge war. Also arbeitete ich noch eine halbe Stunde aus der Lounge (was den Vorteil hatte, dass ich von dort an einer Telefonkonferenz teilnehmen konnte) und setzte mich in den nächsten ICE. Mit dem hätte ich durchgehend aus Würzburg kommen können … Letztendlich erreichte ich mein Ziel sogar zum vierten Mal in Folge deutlich verspätet.

Ebenso scheint es allerdings Bremer Recht zu sein (oder eher das der DB), dass die Rückfahrt deutlich besser klappt als die Hinfahrt. Wegen der Baustelle musste ich nun allerdings in Hannover umsteigen und eine Stunde mehr Fahrzeit einkalkulieren. Als Bonus bekam ich noch die mir bisher unbekannte Strecke Göttingen–Eichenberg und die Fortsetzung nach Kassel zu sehen, die ich vor Jahren mal mit dem „Kyffhäuser“ gefahren war. Trotz etlicher Langsamfahrabschnitte und sogar einiger Standzeit erreichten wir FKW mit „nur“ +5, so dass mein Anschluss in Würzburg nicht gefährdet war und ich auch NAH pünktlich erreichte. Mal gucken, ob die zweifelhafte „Tradition“ sich bei der nächsten Fahrt fortsetzt.

Mit Abstand gefahren (leider auch zeitlichem)

Und schon wieder war Bremen angesagt, diesmal für eine ganze Woche. Hin ging es am Samstagmorgen. Bis NWH ging noch alles glatt, dann überraschte mich der Navigator mit der Hiobsbotschaft, dass der Anschluss-ICE verspätet sein würde. Genauer gesagt hatte er +30 wegen eines notwendig gewordenen Batterie-Resets, wie nach dem Einstieg per Ansage mitgeteilt wurde. Mehr Verspätung wurde es zwar nicht, trotzdem war der Anschluss in HH weg – besonders ärgerlich, weil es der Pendel-ICE HH–HB war, der zu Nicht-Corona-Zeiten der zweite Zugteil meines Zuges gewesen wäre. Also kurz in die Lounge, die mit ausnahmsloser Maskenpflicht, somit ohne Getränke- und fast ohne Zeitungsangebot aber auch nicht so wohnlich wie sonst war. Das motivierte mich, mal beim folgenden RE nach dem Füllungsgrad zu schauen, und siehe da: Dort war einigermaßen Abstand möglich, und so erreichte ich zur Abwechslung mal mit weniger als +60 HB, übrigens fast auf den Tag genau ein Jahr nach meiner letzten Fahrt „vor Corona“.

Zurück am Montagmittag klappte es netterweise deutlich besser: Wieder mit dem IC2 nach HH, dann in den ICE. Für Montagmittag im (mehr oder weniger) Lockdown war er gut gefüllt, aber im letzten Wagen gab es auch für ein größeres Abstandsbedürfnis noch genug Platz. Beim Einsteigen wunderte ich mich noch, dass das typische Buckelrestaurant nicht zu erkennen war. Ich dachte an eine Kombination aus Wagen von ICE 1 und 2. Des Rätsels Lösung war viel einfacher, zeigte sich aber erst bei der Abfahrt: Es gab schlicht kein Bordrestaurant, weil es wegen eines Defekts ausgereiht worden war. Hätte ich das gewusst, hätte ich noch genug Zeit gehabt, mir am Bahnhof einen Cappuccino zu kaufen … Den gab es dann beim Umstieg in NWH. Von dort ging es dann pünktlich weiter, so dass ich in NAH noch schnell in den Biomarkt hinterm Bahnhof springen und dann mit der Miltenberger RB nach Hause fahren konnte.