Schon lange hatten meine Schwester und ich vor, mal nach St. Petersburg zu fahren. Über Himmelfahrt dieses Jahres klappte es dann endlich, inzwischen in der Begleitung ihres Freundes. Gerne wäre ich eine Strecke mit dem Zug gefahren, das scheiterte aber u.a. an beruflichen Zwängen. Also beschloss ich zu fliegen, aber wenigstens von Petersburg noch mit dem „Sapsan“ nach Moskau zu fahren und mir die Hauptstadt noch einen Tag anzugucken.
Für die Anreise am Feiertagsmorgen hatte ich wegen der spärlichen Verbindungen lange überlegt, wie ich zum Flughafen kommen und dabei das Optimum aus langem Schlaf und genug Zeitpuffer finden sollte. Letztendlich verlief alles problemlos, sogar der Nichtanschluss in FF klappte (ohne wäre ich aber auch noch rechtzeitig gekommen). Dafür war der Flug verspätet, da das Gepäck nicht erschienener Fluggäste ausgeladen werden musste. In Petersburg angekommen, lief ich mutig am offiziellen Taxistand vorbei, der sich ohne Rückkehrmöglichkeit im Fluggastbereich befindet, holte mir umringt von „Taxi“-Rufen Rubel und stieg damit in den Bus. Der Fahrkartenkauf bei der dortigen Schaffnerin war problemlos möglich. Allerdings kämpfte ich an der Umsteigestation zur Metro etwas mit dem dortigen Automaten, da der nur teilweise Englisch konnte und ich nicht die passenden Worte Russisch (inzwischen weiß ich aber auch, dass „сутки“ „24 Stunden“ bedeutet). Das Grundprinzip ist jedenfalls, dass man sich entweder einen Jeton für eine Fahrt oder eine Transponderkarte kauft. Letztere kann man dann mit einem Fahrten- oder Zeitkontingent aufladen.
Mit einem Guthaben von fünf Fahrten ausgestattet, erreichte ich schließlich das Hotel und traf meine Mitreisenden, so dass wir uns ins Getümmel stürzen konnten. Hier mal die besten Eindrücke:
An der Fontanka bei Nacht
Nikolaus-Marine-Kathedrale
Isaaks-Kathedrale
In der Isaaks-Kathedrale
Admiralität
Schlossplatz
Winterpalais
Toilettenbusse, im Hintergrund die St.-Peter-und-Pauls-Kathedrale
Spitze der Wassiliewski-Insel, noch geschmückt für den Tag des Sieges
Zwar kann man (mit etwas längerer Gehzeit) alles zu Fuß erreichen. Da die Metro aber auch eine Sehenswürdigkeit ist, fuhren wir alle zusammen eine Runde.
Mit der längsten Rolltreppe der Welt (in der Station Admiralitejskaja) fuhren wir auch. Auf dem Bild ist allerdings die nur unwesentlich kürzere der Station Tschernyschewskaja an meinem Anreisetag zu sehen.
Station Ploschad Wosstanija
Züge fahren natürlich auch
Viel zu früh kam der Sonntag, an dem meine beiden Mitfahrer wieder aufbrachen und ich mich auf den Weg nach Moskau machen wollte. Den Fahrschein hatte ich schon bei der Agentur meines Vertrauens gebucht, also bummelte ich noch ein wenig durch die Stadt und machte Bilder von (O-)Bussen und Straßenbahnen. Am Bahnhof angekommen, merkte ich, dass die Zeit etwas knapp wurde, machte aber trotzdem noch ein paar Bilder:
Jetzt aber schnell zum Zug, laut Anzeige von Gleis 7L. Tja: Ein Gleis 7 fand ich, aber ohne L und ohne den Sapsan. Resultat: Abfahrtszeit vorbei, Zug mutmaßlich weg, ich verschwitzt (über 20 Grad und Sonne) und fluchend. Also in die Schlange am Fernverkehrsschalter gestellt und schon mal russische Wörter zum Umbuchen bereitgelegt. Zu deren Anwendung kam es allerdings nicht, da ich nach über einer Stunde immer noch in der Schlange stand und mir lieber am Automaten (der auch Englisch spricht) eine neue Fahrkarte kaufte, um den nächsten Zug nicht auch noch zu verpassen (zumal Buchungsschluss wohl eine halbe Stunde vor Abfahrt ist). Auf Anfrage bei der Agentur stellte sich im Nachhinein heraus, dass Umbuchung und Stornierung nur bis 6 Stunden vor der Abfahrt möglich sind – 85 Euro Lehrgeld bezahlt.
Wenigstens konnte ich jetzt in Ruhe zum Zug gehen und dabei noch einen anderen Sapsan erlegen:
Mein Zug fuhr wieder vom ominösen Gleis 7L, das sinnigerweise im wahren Leben mit 11 beschriftet ist. Ebenso sinnigerweise musste ich noch durch eine Sicherheitskontrolle – nicht dass nicht schon zum Betreten des Bahnhofs eine nötig gewesen wäre. Beim Einsteigen musste ich dann auch noch meinen Pass vorzeigen, dessen Nummer ich bei der Buchung schon angeben musste. Man kann es auch übertreiben … Auch zum Einloggen ins WLAN musste ich die letzten Ziffern meiner Passnummer eingeben. Blöd nur, dass die fast nur Buchstaben enthält. Die von der Servicemitarbeiterin gerufene Zugchefin bekam es trotzdem irgendwie hin, allerdings war die Verbindung nicht sonderlich stabil. Aber die Landschaft draußen war auch viel schöner:
Etwas schockiert war ich, als ich an einem kleinen Bahnhof sah, dass alte Frauen, teilweise am Stock, das Gegengleis überquerten – der Sapsan fährt immerhin bis zu Tempo 220.
Da beim Ersatzticket die günstigere Klasse die Business war (für das ursprüngliche Ticket hatte ich mir die Differenz gegönnt), gab es derweil drinnen sogar Essen:
Den Nachtisch genoss ich zusammen mit Bordzeitung und -verkaufskatalog. Hoffentlich kommt die DB da nicht auf dumme Gedanken:
Einer der beiden Zwischenhalte war Twer,
schon bald wurden die Häuser immer mehr und höher,
der Ostankino-Turm zog vorbei
und wir erreichten nach 3:45 Stunden Fahrzeit pünktlich Moskau Leningrader Bahnhof. Draußen sah ich mich ein wenig um und entdeckte nebenan einen weiteren Bahnhof, den ich schon von Fotos kannte:
– den Jaroslawler, Ausgangspunkt der Transsibirischen Eisenbahn. Eine Metrostation gab es auch, und diesmal kaufte ich mir eine Fahrkarte für eine „сутки“, was genau für meinen Aufenthalt passte. Hier sind die Stationen noch palastartiger als in Petersburg:
Und als hätte ich es geahnt, habe ich just den Tag und die Linie erwischt, an dem und auf der die Geburtstagsparade der Metro mit historischen und aktuellen Zügen stattfand:
Nun aber zum Hotel, Sachen abgeladen, kurz ausgeruht und noch das Bolschoi-Theater und den Roten Platz bei Nacht angeguckt, natürlich mit Beweis-Selfie:
Mein Hotel war übrigens zwei Haltestellen mit der Straßenbahn vom Pawelezer Bahnhof entfernt. Als ich dort auf die Bahn wartete, wurde ich angesprochen, ob ich mich verlaufen hätte. Nett, dass man sich kümmert und interessant, dass ich zwar anscheinend wie ein Tourist aussehe, mich aber an untypischen Gegenden dafür aufhalte. Unsicher habe ich mich aber während der gesamten Reise nicht gefühlt.
Am nächsten Tag machte ich die gleiche Tour im hellen Tageslicht, guckte mir aber auch noch den Kreml mit der Verkündigungs-Kathedrale und der Zarenglocke von innen an:
Dann machte ich mich langsam auf den Rückweg zum Hotel, holte mein Gepäck ab und besorgte mir am Pawelezer Bahnhof ein Ticket für den Aeroexpress, der von hier zum Flughafen Domodedowo fährt. Danach reichten die Rubel gerade noch für einen Hotdog und ein paar Souvenirmünzen. Der Zug war neu und hatte eine 3+2-Sitzanordnung, die ich allerdings nicht fotografiert habe, wohl aber den Zug selber:
Auch am Flughafen war allein zum Betreten eine Sicherheitskontrolle nötig, die eigentliche für Fluggäste gab es natürlich auch noch. Sonst klappte alles reibungslos, aus dem Flugzeug erkannte ich u.a. den Leipziger und den Erfurter Flughafen. Den Frankfurter überflogen wir interessanterweise auch, weil wir vor der Landung noch eine große Schleife über Rheinhessen gedreht haben. Ich freute mich über die pünktliche Landung und am nächsten Tag auch darüber, dass sie überhaupt stattgefunden hat – der Flug meines Chefs aus Amsterdam wurde nämlich wegen Unwetters in Frankfurt gestrichen, von dem bei meiner Ankunft aber nichts zu sehen war.
Auch meine Rückfahrt aus FRA verlief problemlos, sieht man mal davon ab, dass der neue Transdev-Automat sich weigerte, Fahrkarten zu verkaufen. NAH erreichten wir leicht verspätet, was aber nichts machte, da der letzte Bus zu mir neuerdings um 22.40 statt .30 fährt. Es blieb also noch Zeit zum Essen und Schwelgen in Erinnerungen an diese schöne Reise. Sicher war das erste Mal in Russland nicht das letzte!