Studie zur Fernbusnutzung

Fernbusse sprechen vor allem Nutzer an, die sich Bahnfahrten nicht leisten können – so das Fazit einer 2009 erschienenen Studie. Nachdem der Markt 2013 nun tatsächlich liberalisiert wurde, haben drei Forscher der TU Dresden* nun unter anderem untersucht, ob das stimmt. Da von den Fernbusbetreibern begreiflicherweise keine Daten zur Auslastung der Linien herausgegeben werden, haben sie sich einfach selber an den Busbahnhof gestellt und gezählt. Bei den 331 untersuchten Fahrten lag dabei die Auslastung bei 46%, also deutlich weniger als die 55%, die das Statistische Bundesamt annimmt. Die Fahrgäste der Busse wurden nicht nur gezählt, sondern auch nach dem Verkehrsmittel befragt, das sie vor dem Fernbus genutzt haben. 42% der Buspassagiere sind demnach vorher mit dem Zug unterwegs gewesen, während 26% Mitfahrgelegenheiten mit dem Auto genutzt haben und 23% selber gefahren sind. Immerhin 4% der Busfahrgäste konnten komplett neu gewonnen werden (Rest: „Sonstiges“).
Der ursprünglichen Studie muss man allerdings zugute halten, dass deren Aussage ja war, dass der gesamte Anteil der Bahn an der Verkehrsleistung (der so genannte Modal Split) unter dem Einfluss der Fernbusse nicht sinkt. Es könnte ja auch sein, dass die verbleibenden Bahnfahrer öfter fahren (z.B. wegen sinkender Preise oder leererer Züge). Um diese Frage zu beantworten, ist es wohl noch zu früh, jedenfalls habe ich auf die Schnelle keine entsprechenden Zahlen gefunden.
Bleibt noch die Frage nach der Umweltfreundlichkeit der Fernbusse. Nach der Studie der TU Dresden liegen auch bei der ermittelten Auslastung von 46% die CO2-Emissionen mit 37,5 g pro Personenkilometer immer noch unter dem des Schienenfernverkehrs (43,0). Jedoch geben die Autoren zu Recht zu bedenken, dass sich die Eisenbahn eher auf erneuerbare Energien umstellen lässt als der Bus und außerdem durch den Fernbus sinkende Auslastungen der Züge ebenfalls zu höheren Emissionen pro Bahnnutzer führen.
Fazit: Nicht nur bleibt zu hoffen, dass das offensichtlich von der neuen Konkurrenz angetriebene neue Fernverkehrskonzept der DB wirklich so umgesetzt wird – auch aus Umweltsicht bleibt der Wettbewerb der Verkehrsträger weiterhin spannend.

* Laage, T., Becker, T., Lißner, S.: Liberalisierung des Fernbusverkehrs. Wie hoch ist der Beitrag zum Klimaschutz?, in: Internationales Verkehrswesen 1/2015, S. 52-54

Gedanken zum Streik

Nachdem die GDL gerade den längsten Streik bisher beendet hat und möglicherweise bald einer der EVG ansteht, sind die Medien („offizielle“ wie soziale) voll mit Kritik, nach der es unverschämt sei, wie eine Gewerkschaft (bzw. nach Meinung mancher nur eine einzelne Person) einen Teil des öffentllichen Lebens lahmlege. Ich betrachte das differenziert: Es ist das gute Recht der GDL zu streiken, egal ob es nun für einen Tarifvertrag für Lokführer oder andere Berufsgruppen ist und egal, ob es für diese Berufsgruppe schon einen Tarifvertrag mit einer anderen Gewerkschaft gibt oder nicht. Aber: Das ist eine Sache zwischen der GDL und der DB, mit der ich als Fahrgast erst mal nichts zu tun habe. In einer idealen Welt dürfte die GDL also so viel und lange streiken, wie es geboten erscheint, während gleichzeitig aber die DB (die ja schließlich durch den Streik geschädigt werden soll) dafür sorgen müsste, dass die Fahrgäste mit möglichst wenigen Einschränkungen ans Ziel kommen (z.B. durch Busnotverkehre, die es ja in einigen Regionen auch gibt oder die etwa in Frankreich und Italien üblichen Garantiefahrpläne) und falls das nicht möglich ist, ihre dadurch entstandenen Schäden (verpasste Flüge, unbezahlte Urlaubstage etc.) ersetzt bekommen. Das würde gleichzeitig den Druck auf die DB erhöhen, einen Tarifvertrag abzuschließen. Insofern geht die Tatsache, dass ein Streik nicht mehr pauschal als „höhere Gewalt“ gilt, sondern zumindest die normalen Fahrgastrechte anzuwenden sind, in die richtige Richtung, wenn auch vielleicht noch nicht weit genug.
Ganz kurios finde ich den in diesem Zusammenhang immer wieder auftauchenden Wunsch nach Wiederverstaatlichung der Bahn. Es mag dafür wie dagegen viele Gründe geben, aber wenn gerade aus der linken Ecke (denn die ist es meist, die sich für eine Staatsbahn ausspricht) gefordert wird, Lokführer wieder zu Beamten zu machen, damit sie nicht mehr streiken dürfen, entbehrt das nicht einer gewissen Ironie. Im Übrigen ist, soweit ich weiß, das fehlende Streikrecht für Beamte eine ziemliche deutsche Spezialität und in vielen Ländern, die noch eine Staatsbahn haben, unbekannt.
Soweit meine Gedanken zum Thema. Ich wünsche den Tarifparteien einen baldigen akzeptablen Abschluss, wobei ich natürlich auch an mich und die vielen anderen Bahnreisenden denke, die gerne ohne größere Störungen an ihr Ziel kommen möchten.