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Reisebericht Leicester 29.12.08-2.1.09

Planung
Hinfahrt
Rückfahrt

Planung

Schon im Mai 2008 hatte eine gute Freundin ihren Freundeskreis über Silvester zu sich nach Leicester eingeladen. Relativ bald stand für mich natürlich fest, dass nach über neun Jahren mal wieder eine Fahrt durch den Kanaltunnel sein musste. Zurück hatte ich allerdings beschlossen zu fliegen, weil es einfach schneller geht und heutzutage (leider) meistens auch billiger ist als die Zugfahrt. Starten würde ich bei meinen Eltern in Marl, wo die Fahrt auch wieder enden sollte.
Für die Hinfahrt hätte ich gerne ein London-Spezial-Ticket der DB (Köln–London für 59 Euro) gebucht, aber das gab es für die Verbindung, die ich benutzen wollte, nicht mehr. Nach einigem Probieren buche ich auf drei verschiedenen Internetportalen Folgendes: ein Europa-Spezial Köln–Brüssel im ICE für 14 Euro, eine Einzelfahrt im Eurostar Brüssel–London für 97 Euro und ein „Advanced First Single Ticket“ London–Leicester für 22,50 Pfund (26,96 Euro) inklusive Buchungsgebühren. Die Fahrkarte für den Abschnitt Recklinghausen–Köln (17,25 Euro) kaufe ich am Abreisetag am Bahnhof.
Zurück fliege ich mit Flybe von Birmingham nach Düsseldorf. Mit 51,48 Pfund (65,24 Euro) ist das zwar nicht die allerbilligste Variante, aber Abflugzeit und Lage der Flughäfen sind einigermaßen günstig.

Hinfahrt

Montag, 29.12.08

Recklinghausen Hbf       ab  7.00 EC 115
Köln Hbf                 an  8.15

Um 5.30 Uhr klingelt der Wecker: Aufstehen, frühstücken und zur Bushaltestelle. Wie immer bin ich spät dran, aber den Bus bekomme ich noch ohne Probleme. In Recklinghausen kaufe ich die Fahrkarte nach Köln und setze mich in den IC, der pünktlich abfährt. Ich setze mich in einen Großraumwagen, weil die schwach beleuchteten Abteile schon relativ stark besetzt sind. Weil mir das helle Licht um diese Uhrzeit doch etwas zu viel ist, benutze ich mein Stirnband als Augenmaske, ohne dass ich allerdings einschlafe. Mit etwa 5 Minuten Verspätung wegen dichter Streckenbelegung in Duisburg erreichen wir Köln Hbf. Mittlerweile ist die Sonne herrlich über dem klaren Winterhimmel aufgegangen, und so ich bin etwas wacher geworden. In Köln begebe ich mich traditionell in den ersten Stock der Bahnhofsbuchhandlung und dann zum Abfahrtsgleis meines ICE.

Köln Hbf                 ab  8.44 ICE 16
Bruxelles-Midi           an 11.01

Der Zug fährt mit einer Doppeltraktion ICE 3M aus Frankfurt ein. Der vordere Teil (der übrigens den niederländischen NS zugeordnet ist) ist mein Zug nach Brüssel, der hintere macht Kopf und fährt weiter nach Amsterdam. Der Zug ist rappelvoll, weil eine Gruppe junger Österreicher ohne Reservierung unterwegs ist und fast alle Plätze reserviert sind. In der Lounge finde ich aber noch einen freien Platz direkt hinter dem Führerstand, weil der Inhaber der Reservierung nicht kommt.
Der Zug fährt über die Strecke nach Aachen, an der sich seit meiner ersten Fahrt 1999 einiges verändert hat: Der viergleisige Ausbau bis Düren ist fertig, dort fahren jetzt S-Bahn und beschleunigte Fernzüge auf getrennten Gleisen. In Aachen steigt der Lokführer aus und schaltet über einen Schlüsselkasten auf dem Bahnsteig den Fahrdraht auf Gleichstrom um. Währenddessen ist die Scheibe zwischen Lounge und Führerstand eingetrübt, weil der Hauptschalter abgeschaltet ist – das Sonnenlicht durch die Frontscheibe kann man aber trotzdem erkennen. Das wird unterwegs übrigens noch mehrmals passieren. Kurze Zeit später verlassen wir Aachen im Linksverkehr, der niveaufreie Gleistausch an der Grenze gehört inzwischen der Vergangenheit an. Hinter dem neuen eingleisigen Buschtunnel (der alte wird gerade saniert und ist ohne Gleise) kommen die Grenze und der erst im April wieder eröffnete Hp Hergenrath. Kurz dahinter sieht man aus dem vorderen Fenster, dass die Strecke über eine achterbahnartige Steigung verläuft: Das ist die Neubaustrecke nach Lüttich, die erst im Juni in Betrieb genommen wird. Zur alten Strecke müssen wir einen eingleisigen Abzweig benutzen.
Da jetzt erst einmal nichts Spannendes mehr kommt, mache ich wieder ein bisschen die Augen zu und schlafe diesmal sogar ein. Als der Zug stehen bleibt, wache ich kurz auf. Es ist aber noch nicht Lüttich, sondern Verviers, anscheinend ein Halt an einem roten Signal. Erst als ich zum zweiten Mal aufwache, sind wir in Lüttich, wo der alte Bahnhof, in dem wir 1999 gehalten haben, inzwischen durch eine moderne Dachkonstruktion von Santiago Calatrava ersetzt worden ist. Trotz des Zwischenhalts sind wir einige Minuten vor Plan, so dass ich aussteige und ein paar Bilder mache. Weiter geht es über die Hochgeschwindigkeitsstrecke westlich von Lüttich, die schon länger in Betrieb ist. Vor neun Jahren sind wir noch über die konventionelle Strecke gefahren, und auch die Musik von Rihanna, die ich mir jetzt auf die Ohren lege, gab es noch nicht, denn sie war damals gerade elf Jahre alt. Durch Löwen geht es langsamer, aber ohne Halt, und anschließend über ein Viadukt und eine Unterführung in die Mitte zwischen die Gleise der alten Strecke. Nicht lange danach wird Brüssel Nord angekündigt, und nach dem Halt dort und der Fahrt durch den Innenstadttunnel (ohne Halt im Zentralbahnhof) erreichen wir Brüssel Süd (Bruxelles-Midi). Im hinteren Teil desselben Gleises steht ein TGV, der kurz danach leer den Bahnhof verlässt. Nach dem Aussteigen mache ich noch ein paar Bilder von einem Thalys mit TGV-Triebkopf auf dem Nachbarbahnsteig und gehe dann zum Eincheckbereich des Eurostar.

Bruxelles-Midi           ab 11.50 EST 9127
London St. Pancras Int.  an 13.08

Die Schlange zum Einchecken ist so lang, dass sie beinahe die Drehtür am Eingang blockiert. Nachdem ich ein paar Minuten dort gestanden habe, merke ich allerdings, dass ich mit meinem bei der SNCF bestellten maschinenlesbaren Ticket gar nicht anstehen muss, sondern den Fahrschein automatisch einlesen lassen kann. Als nächstes folgen die belgische Ausreisekontrolle, die Sicherheitskontrolle mit Metalldetektor und Gepäckröntgen und die britische Einreisekontrolle. Inzwischen weiß ich, wie es am Flughafen abläuft und kann bestätigen, dass es fast das Gleiche ist. Nur die Unterscheidung zwischen Hand- und aufgegebenem Gepäck und die Einschränkungen bei Flüssigkeiten gibt es nicht.
Nun befinde ich mich im Wartebereich, wo bereits eine lange Schlange von Menschen ansteht, um in den Zug gelassen zu werden. Ein Brite spricht mich an, ob denn zwei Züge fahren würden – so viele Menschen würden doch in einen gar nicht passen. Es ist aber tatsächlich nur ein Zug, wenn man davon absieht, dass jeder Eurostar in zwei völlig autarke Einheiten getrennt werden kann, um eine Evakuierung aus dem Kanaltunnel zu ermöglichen.
Etwa zehn Minuten vor der Abfahrt werden die Zugänge zum Bahnsteig geöffnet. Mein Platz ist in Wagen 1. Das trifft sich gut, denn so muss ich zwar fast den gesamten Zug entlang laufen, kann aber den Zug von ganz vorne und das Tor, das den Eurostar-Bereich vom restlichen Schienennetz abriegelt, fotografieren. Nach dem Einsteigen kommt eine Durchsage, dass man bitte die reservierten Plätze einhalten solle, da in Lille noch weitere Passagiere erwartet werden. Trotzdem setze ich mich erst einmal auf einen Platz, an dem ich einen ganzen Tisch für mich alleine habe.
Zur planmäßigen Abfahrtszeit ist zwar das Tor offen, das Ausfahrsignal aber noch auf Halt. Etwa zehn Minuten später ist das Signal immer noch rot, allerdings ertönt jetzt der Warnton und die Türen gehen zu. Kurze Zeit später fahren wir tatsächlich ab. Ein Gegenzug wartet schon vor dem Bahnhof, um in unser Gleis einzufahren (das andere Eurostar-Gleis ist besetzt).
Die Hochgeschwindigkeitsstrecke ab hier hat sich seit 1999 nicht verändert: erst parallel zu einer konventionellen Bahnstrecke, dann zur Autobahn und dann quer durchs Land. Wenn man genau hinsieht, sieht man nach einiger Zeit ein Schild mit zwei auf der Spitze stehenden Quadraten und den Zeichen der nationalen Bahnen von Belgien und Frankreich – die Grenze ist erreicht. Kurz darauf bremst der Zug ab und biegt über die Dreiecksverzweigung in den Streckenast nach Lille ein. Tatsächlich steigen hier noch eine Menge Leute ein, so dass ich von meinem Tisch vertrieben werde. Zum Glück ist der Platz neben meinem reservierten noch frei: ein Fensterplatz, allerdings gegen die Fahrtrichtung. Weiter geht es durch die Landschaft von Französisch-Flandern, wo uns alle paar Minuten ein Gegenzug entgegen kommt. Das ist besonders erstaunlich, weil der Tunnel nach dem Brand im September immer noch teilweise gesperrt und die Zugkapazität daher reduziert ist – und außer dem Eurostar müssen ja auch noch Shuttle- und Güterzüge durch den Tunnel.
Eine Ansage, dass wir uns dem Tunnel nähern, gibt es übrigens diesmal nicht. Nach etwa einer halben Stunde wird der Zug langsamer, der Bahnhof Calais-Fréthun zieht draußen vorbei, und neben unserer Strecke tauchen jede Menge Gleise auf, über die der Güter- und Shuttlezugverkehr abgewickelt werden. Ein Regionalzug fährt gerade auf der parallel verlaufenden Strecke Richtung Calais. An unserer Strecke steht wieder eine Tafel mit zwei auf der Spitze stehenden Quadraten: die Infrastruktur wechselt hier von der SNCF zu Eurotunnel. Dann ist auch schon das Portal des Tunnels mit den runden Tunneleinfahrten und dem Eurotunnel-Logo erreicht, und es wird dunkel. Wenn man genau hinsieht, kann man in regelmäßigen Abständen die Notausgänge sehen, außerdem verläuft meistens ein Rohr an der Tunnelwand. Der Zug macht seltsame Geräusche, und ich finde, dass es auch etwas komisch riecht. Nachdem ich nach etwa zehn Minuten die französische Gleiswechselhalle gesehen habe (von hier bis zum französischen Tunnelende ist die andere Tunnelröhre zurzeit gesperrt), drücke ich mir die Nase nicht mehr am Fenster platt. Ich hole wieder meinen MP3-Player heraus und schalte Musik von Rihanna an, die sich in meinem Kopf mit den anderen Eindrücken zu einer Gesamtstimmung verknüpft. Von jetzt an muss ich, wenn ich diese Lieder höre, an die Fahrt durch den Tunnel denken.
Nach einer knappen halben Stunde erreichen wir das englische Tunnelportal, das nicht so repräsentativ ist wie das französische: Die beiden Gleise sind durch einen Sichtschutz getrennt, und hier gibt es auch kein Eurotunnel-Logo. Wieder erstreckt sich neben uns ein gewaltiges Gleiswirrwarr: zuerst der Bahnhof für die Shuttle-Züge, dann das Güterterminal Dollands Moor. Hier beginnt der Channel Tunnel Rail Link, die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke nach London. Die alte Strecke läuft bis Ashford, das wir ohne Halt durchfahren, parallel, danach kann man meistens die Autobahn neben den Gleisen erkennen. Die Strecke ist anscheinend nach französischen Standards gebaut, denn man sieht dieselben blau-gelben Abteilungszeichen. In der Wikipedia lese ich später, dass hier auch die französischen Zugsicherungssysteme TVM und KVB installiert sind. Einerseits mag ich ja das Reisen mit Hochgeschwindigkeit, andererseits entsteht dadurch auch eine Art „Einheitsbrei“. Jedenfalls sieht man bei Tempo 300 neben der Autobahn nicht viel von der gemütlichen Gartenlandschaft Südenglands, die mir von so vielen Urlauben vertraut ist. Der Himmel ist hier genau so blau wie auf dem Kontinent, und so genieße ich es noch mehr, nach über neun Jahren mal wieder in England zu sein.
Hinter dem Viadukt über den Fluss Medway erreichen wir den Bahnhof Ebbsfleet, wo wir laut Durchsage „a very short stop“ einlegen. Dahinter beginnt schon der Großraum London, der sich außer durch ein Gewirr von Straßen und Häusern vor allem durch Tunnel bemerkbar macht: dem Themse-Tunnel sowie den Tunnels London Ost und West – letzterer mit 7,5 km Länge der längste Eisenbahntunnel Großbritanniens. Am Ende des Tunnels liegt schon London St. Pancras, der neue Endbahnhof des Eurostar. Wir erreichen den Bahnhof in dem Moment, als gerade ein Gegenzug ausfährt.
Nach dem Aussteigen mache ich ein paar Bilder: von der mustergültig renovierten Haupthalle, die für die Eurostars reserviert ist, und von den Zügen. Erst danach gehe ich durch den Ausgang des Eurostar-Bereichs in den nationalen Teil des Bahnhofs. Ich hole mir Geld und den vorbestellten Fahrschein nach Leicester an den jeweiligen Automaten und gehe dann in den Seitenflügel, in dem die nationalen Züge abfahren. Nach englischer Tradition muss ich mein Ticket an der Bahnsteigsperre vorzeigen und kann erst dann auf das Gleis, wo ich meinen und den Nachbarzug (einen InterCity 125) fotografiere. Da die Strecke nur bis Bedford elektrifiziert ist, sind hier auf der Langstrecke nur Dieselzüge unterwegs. Überhaupt werden in Großbritannien nur relativ wenige Strecken elektrisch betrieben: im Südosten gibt es ein großes Netz mit 750 V Stromschiene, die auch einige Strecken im Raum Liverpool haben. Davon abgesehen sind nur die Ost- und Westküstenhauptstrecke und einige Linien in den Ballungsräumen mit 25 kV/50 Hz Oberleitung versehen.

London St. Pancras Int.  ab 13.55
Leicester                an 15.02

Ich steige in meinen Zug, in dem ich ja einen Fahrschein für die erste Klasse habe, weil das günstiger war als ein regulärer Fahrschein in der zweiten Klasse. Dass eine Reservierung inbegriffen war, habe ich erst beim Abholen der Fahrkarte gemerkt. Mein Platz ist zwar besetzt, aber da er gegen die Fahrtrichtung ist und noch genug andere Plätze frei sind, setze ich mich einfach woanders hin. Der Zug fährt überpünktlich ab und passiert die Vororte Londons. Da wir bis Leicester nicht halten, durchfahren wir jede Menge kleiner Haltepunkte in einer immer ländlicher werdenden Gegend. Der Zug hat eine angenehm gleichbleibende hohe Geschwindigkeit (mindestens 100 mph bzw. 160 km/h). Nachdem ich eine Clementine gegessen habe (ich hätte mir doch noch in London etwas zu essen kaufen sollen), kommt der Schaffner vorbei und ruft: „Next door it's warmer, if you want to move“. Jetzt erst fällt mir so richtig auf, dass ich meine Jacke noch anhabe und das überhaupt nicht zu warm ist, eher im Gegenteil. Momentan stört mich das aber nicht, zumal ich ziemlich müde bin und erst einmal noch eine Runde schlafe.
Als ich aufwache, ist nicht nur der blaue Himmel unter einer Wolkendecke verschwunden. Es wird mir auch langsam zu kalt, und ich gehe in den nächsten Wagen. Da es der erste Wagen ist, sitzt dort das Zugpersonal vor einer kleinen Küche und will meinen Fahrschein sehen. Ich zeige ihn noch einmal vor (im anderen Wagen bin ich auch schon kontrolliert worden). Den Rest der Fahrt verbringe ich damit, die Wagen von innen zu fotografieren und aus dem Fenster zu schauen, bis wir pünktlich um 15.02 Uhr Leicester erreichen. Den Ausgang erreiche ich nur durch eine automatische Bahnsteigsperre. Meine Gastgeberin ist noch nicht da, so dass ich erst einmal auf eigene Faust die Stadt ein wenig erkunde.

Rückfahrt

In fünf schönen Tagen in Leicester habe ich nicht nur jede Menge Bilder von den örtlichen Bussen gemacht, sondern auch Chips in seltsamen Sorten probiert und festgestellt, dass in England für uns dank des günstigen Wechselkurses alles enorm günstig ist, bevor am Freitag morgen die Rückfahrt – genauer gesagt der Rückflug – ansteht. Meine Gastgeberin bringt mich und einen anderen der neun Leute, mit denen wir gefeiert haben, zum Bahnhof – er fährt nach Cambridge weiter. Da sich vor dem Automaten eine kleine Schlange gebildet hat, kaufe ich meinen Fahrschein am Schalter, was tatsächlich weniger als eine Minute dauert. Kostenpunkt: 9,70 Pfund (nach damaligem Kurs genau 10 Euro). Ich verabschiede mich von den anderen und gehe zum Bahnsteig.

Freitag, 02.01.09

Leicester                ab 10.16
Birmingham New Street    an 11.15

Mein Zug ist einer von der Sorte, die ich am Montag bei meiner Ankunft fotografiert habe: ein Turbostar-Dieseltriebwagen der Gesellschaft CrossCountry, die Langstreckenverbindungen durch England, Schottland und Wales anbietet, interessanterweise ohne London zu berühren. Der Zug fährt pünktlich ab und fährt eine Weile parallel zur Strecke aus London, bis er am südlichen Stadtrand auf die Strecke nach Birmingham abbiegt. Anhand des Namens des Betreibers hatte ich ein intercity-ähnliches Angebot vermutet, aber der Zug ist eher mit einem Regionalexpress vergleichbar und hält zunächst an jeder der teilweise idyllischen kleinen Stationen – ein besonders schönes Bahnhofsgebäude gibt es in Narborough.
In Nuneaton kreuzen wir die Westküstenhauptstrecke, die von London nach Nordengland verläuft. Da sie elektrifiziert ist, haben auch unsere Gleise ein paar Meter Oberleitung. Nachdem wir die Hauptstrecke niveaufrei überquert haben, geht es wieder ohne Fahrdraht weiter nach Coleshill Parkway. Den Namen „Parkway“ tragen in Großbritannien viele Stationen, die abseits von Orten liegen und vorwiegend Umsteigern aus dem Auto dienen. Von hier könnte ich mit dem Bus zum Flughafen fahren, bei meinem Zug bringt das aber kaum einen Zeitvorteil. Hinter Coleshill Parkway wird die Landschaft urbaner, und es laufen immer mehr Gleise zusammen. Ab jetzt fahren wir auch an allen Bahnhöfen durch, bis wir pünktlich um 11.15 Uhr Birmingham New Street erreichen, neben Moor Street einen der beiden Hauptbahnhöfe der zweitgrößten britischen Stadt. Die Bahnsteige liegen größtenteils im Tunnel, nur an den Enden kann man einen kleinen Blick auf die Stadt werfen. Der Zug wird gleich von den Reisenden für die Rückfahrt zum Flughafen Stansted gestürmt, während ich mich auf dem Weg nach oben zum Quertunnel mache. Bis zu meinem Anschlusszug habe ich noch eine Viertelstunde Zeit, also streune ich ein wenig über die Bahnsteige. Die Bahnsteigsperre gibt es ja nur zwischen Empfangsgebäude und Gleisen, also kann ich mich hier ungehindert bewegen. Vor lauter Fotografieren verpasse ich glatt meinen Zug, einen Virgin Pendolino, da er schon eine halbe Minute vor der Abfahrtszeit die Türen schließt. Aber der nächste Zug fährt schon drei Minuten später auf dem Nachbarbahnsteig, auf den ich schnell meinen nicht allzu schweren Koffer trage. In letzter Minute mache ich auch noch eine Aufnahme einer Bahnhofsansage.

Birmingham New Street    ab 11.33
Birmingham International an 11.45

Der Zug ist, wie ich später aus der Wikipedia erfahre, ein Desiro UK, der überhaupt nicht wie seine kontinentalen Verwandten aussieht. Gemeinsam hat er mit ihnen aber, dass er auch von Siemens gebaut wird. Wir fahren pünktlich ab und fädeln uns diesmal auf einer elektrifizierten Strecke aus dem Gleisgewirr aus. Nach einem Zwischenhalt in Marston Green erreichen wir den Flughafenbahnhof, der oberhalb der Gleise ein nach 70er- oder 80er-Jahren aussehendes Empfangsgebäude besitzt. Von hier zum Terminal fahren zwei seilgetriebene Bahnen auf voneinander unabhängigen Gleisen.
Im Terminal angekommen, checke ich am Automaten ein, gebe meinen Koffer am Schalter ab und streife dann noch eine knappe Stunde lang durch die Läden, um meine letzten britischen Pfund auszugeben. Dann gehe ich durch die Sicherheitskontrolle, die erstaunlich schnell geht angesichts der Schlangen, die ich von anderen Flughäfen gewohnt bin. Kaum bin ich im Abflugbereich angekommen, treffe ich auch schon auf Katha, die in Leicester auch dabei war und die aufmerksame Leser vielleicht noch von den Reiseberichten aus Metz und Luxemburg kennen. Ihr Flug hat zwei Stunden Verspätung, so dass sie noch später abfliegen wird als ich, obwohl sie anderthalb Stunden früher in Leicester abgefahren ist. Wir unterhalten uns noch eine Weile, bis mein Flug einstiegsbereit ist. Ein Bus bringt mich und die anderen Fluggäste zum Flugzeug, das pünktlich abhebt.

Birmingham               ab 13.25 BE 7045
Düsseldorf               an 16.00 

Auf dem Flug passiert nichts Außergewöhnliches, und außerdem haben wir fast die ganze Zeit eine Wolkendecke unter uns. Also nutze ich die Zeit zum Schlafen, nachdem mir schon im Zug fast die Augen zugefallen sind – die letzten Nächte waren eben doch etwas kurz. Als ich aufwache, wird schon der Landeanflug in Düsseldorf angekündigt. Wir gehen in den Sinkflug, und die Wolken sind hier noch wesentlich dichter als in Birmingham. Es herrscht wirklich trübes Wetter in Düsseldorf, und überraschenderweise liegt sogar eine dünne Schneeschicht auf den Dächern. Fast auf die Minute pünktlich landen wir und werden wiederum mit einem Bus zum Terminal gebracht. Ich hole meinen Koffer ab und gehe zuerst zum Terminalbahnhof, weil ich weiß, dass auf der S7 die neue Baureihe 422 eingesetzt ist, von der ich noch kein Foto habe. Nachdem das Bild im Kasten ist, fahre ich mit der H-Bahn zum Flughafenbahnhof, ohne daran zu denken, dass ich dafür einen Fahrschein kaufen müsste. Am Bahnhof angekommen, stelle ich fest, dass der nächste Zug Richtung Norden die S 1 ist. Ich kaufe einen Fahrschein – interessanterweise liegt Marl von hier aus schon in der Preisstufe D – und gehe zum Bahnsteig.

Düsseldorf Flughafen     ab 16.47 S 1 
Essen Hbf                an 17.25 
Essen Hbf                ab 17.31 NWB 33926
Dorsten                  an 18.01 

Der Zug fährt pünktlich ab und die Fahrt durch das verschneite Ruhrgebiet in der Dämmerung verläuft ohne weitere Komplikationen. In Essen haben wir ein wenig Verspätung, aber die Zeit reicht, um auf den Nachbarbahnsteig zu gehen und in den RE 14 der NordWestBahn einzusteigen, der am Zungenbahnsteig Gleis 8 bereit steht. Er besteht aus zwei Talenten, die beide gut gefüllt sind. Nach der Abfahrt wird durchgesagt, dass der hintere Zugteil in Dorsten abgekoppelt wird. Auf den Unterwegsbahnhöfen leert sich der Zug immer weiter, so dass ich mich in Gladbeck schließlich auf einen Fensterplatz setzen kann. In Dorsten beobachte ich noch die Völkerwanderung vom hinteren in den vorderen Zugteil, bevor ich zum Bus gehe und nun endlich, nach immerhin sechs Stunden Reisezeit, wieder zu Hause bin.



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Letzte Änderung dieser Seite: 11.01.2009